Protocol of the Session on September 3, 2020

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Insofern, das muss ich leider sagen, hat sich der Antrag schon ein bisschen erledigt. Das, was sich allerdings nicht erledigt hat, sind Appelle an die soziale Verantwortung der Berliner Unternehmen, aber auch an Unternehmen mit Landesbeteiligung und die Berliner Verwaltung.

Die Situation für junge Menschen, die derzeit einen Ausbildungsplatz suchen, ist angespannt, wir wissen es alle. Aktuell sind noch rund 8 000 auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, aber 6 000 Ausbildungsplätze sind noch gar nicht besetzt. Die Betriebe haben also die Wahl, und insofern werde ich in diesen Zeiten null Verständnis dafür haben, wenn wir wieder zahlreiche Ausbil

dungsplätze in der Wirtschaft nicht besetzt bekommen, mit der Begründung der Unternehmen: Wir haben keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber gefunden. – Die Plätze können noch bis zum 1. Oktober besetzt werden.

Noch eins meine Damen und Herren von der FDP: Sie lassen gerne immer alles vom Markt regeln, aber wir sehen am Beispiel Ausbildung einmal mehr, dass der sogenannte Markt, hier die Berliner Wirtschaft, seiner Verantwortung nicht gerecht wird. Lediglich 30 Prozent der Berliner Betriebe, die ausbilden können, bilden tatsächlich aus. Ich finde das nicht in Ordnung.

Ebenfalls nicht in Ordnung ist, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Sie die Verantwortung für Ausbildungsplätze regelmäßig bei uns abladen. Realisieren Sie bitte endlich, dass vorrangig die Berliner Wirtschaft in der Verantwortung steht, für die Fachkräftesicherung von morgen zu sorgen! Rot-Rot-Grün leistet da tatkräftige Unterstützung durch die Verbundausbildung, aber auch durch zahlreiche andere Programme. Ich schlage Ihnen vor, dass Sie Ihre Energie nicht mit unnötigen Anträgen verschwenden, sondern gemeinsam mit uns dafür sorgen, dass die Berliner Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden und allen Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen und eine Ausbildung machen wollen, dies auch ermöglichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 37 war Priorität der Fraktion der FDP unter Nr. 3.3. Tagessordnungspunkt 38 war Priorität der Fraktion der CDU unter Nr. 3.5. Die Tagesordnungspunkte 39 bis 41 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 42:

Kfz-Zulassung in Berlin – Wartezeiten verringern, Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben, Personal der Zulassungsstellen aufstocken, dritten Standort eröffnen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2936

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Friederici. – Bitte schön!

Recht herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berliner CDUFraktion bringt heute in der Plenarsitzung, auch wenn es schon etwas später ist, diesen Antrag zur Beschleunigung bei den Kfz Zulassungen ein – so wie von uns vor zweieinhalb Wochen versprochen; wir halten Wort. Wir wollen die Wartezeiten für Anmeldungen, Abmeldungen und Ummeldungen von Kraftfahrzeugen wesentlich verringern, die Digitalisierung der Verwaltung deutlich vorantreiben, unnötige Doppelverwaltungsaufgaben endlich abschaffen und das Personal in den Zulassungsstellen deutlich aufstocken – übrigens auch besser bezahlen, sodass man auch etwas mehr und einfacher Personalstellen besetzen können. Das Personal muss man zudem von vornherein entfristen und endlich einen dritten Standort für Berlin schaffen und zügig eröffnen.

Wir wollen prüfen, wie einzelne Aufgaben auch an die Zulassungsdienste ausgelagert werden können, und zwar zusätzlich, damit bei der Zulassungsstelle lediglich eine Prüfung der Unterlagen und das Stempeln und Signieren der Zulassungsbescheinigung erfolgt. Zu diesen Aufgaben zählen beispielsweise die Erfassung von Halterdaten, das Prüfen der Gültigkeit der sogenannten eVB-Nummer, die Vorabprüfung von Steuerschulden sowie das Anbringen der TÜV-Plakette auf Kennzeichen und das Drucken der Zulassungsbescheinigung Teil 1 und 2. Nicht alles muss, so wie andernorts, in Berlin staatlich organisiert und geregelt werden, gerade und vor allem nicht in Berlin, weil es ja hier offensichtlich auch nicht klappt. Wir sollten mutig vorangehen als Beispiel für Deutschland; bislang geben wir leider ein negatives Beispiel für ganz Deutschland ab.

Wir als CDU-Fraktion verstehen es als unsere Aufgabe, das Verwaltungshandeln anzuregen und die politische Führung der Innenverwaltung dabei zu unterstützen, dass die Verhältnisse sich bessern, sowohl für die Privaten wie auch für die Händler und die vielen Unternehmen in Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Der Herr Innensenator hat in den letzten Tagen schon die mediale Öffentlichkeit gesucht und ein sehr markantes Auftreten auch hier bewiesen. Es gibt sicherlich auch einige Schritte wie zum Beispiel die Samstagsarbeit oder auch die Onlineanmeldungen, die in die richtige Richtung weisen, nur fragen wir uns als CDU-Fraktion: Warum eigentlich erst jetzt? Warum auf Druck der Unionsfraktion? Warum eigentlich erst auf Druck der Medien und eben auf Druck der vielen Händler, Unternehmen und privaten Menschen, die hier ein Auto zulassen, ummelden oder auch nur abmelden wollen? Sie müssen immer bedenken, und das zeigt eben auch die Wirtschaftsferne dieser Koalition von SPD, Linken und Grünen: Ein Händler, der ein Auto zulassen will, kriegt kein Geld dafür, wenn er das Auto verkauft hat, solange es nicht

(Sabine Bangert)

angemeldet ist. Das bedeutet Zwischenfinanzierung, eine ganze Reihe von Maßnahmen müssen zum Erhalt dieses Gutes Fahrzeug getroffen werden. Es ist ungerecht und heutzutage einfach nicht tragbar, dass Menschen privat, aber auch Unternehmen sechs Wochen warten müssen, bis sie einen Termin für die Anmeldung bekommen.

[Beifall bei der CDU]

Ich sprach von den markigen Worten des Innensenators. Unser CDU-Konzept ist da schon viel weitreichender, auch in die Zukunft betrachtet, damit sich die langen, sehr langen Wartezeiten nun endlich wieder verkürzen und sich auch nicht wieder das wiederholt, was wir in diesen Tagen noch immer erleben müssen. Aus Sicht der Verkehrspolitik und der mittelständischen Wirtschaft, vor allem im Kfz-Bereich, haben wir diesen CDU-Antrag eingebracht, um dem Senat Beine zu machen. Selbstverständlich müssen und werden auch Privatleute von dieser Zulassungsbeschleunigung profitieren. Wir wollen maximal fünf Tage Wartezeit; ich sage maximal. Besser sind zwei Tage, und das Beste, was wir in Berlin erreichen könnten, wären Verhältnisse wie in vielen Landratsämtern und Kommunen, wo es 20 Minuten dauert, wo Sie ohne Termin vorstellig werden können. Das sollte das Ziel für Berlin sein.

[Beifall bei der CDU]

Deshalb fordern wir als Union in einem Bündel von Einzelmaßnahmen zunächst einmal Berichte an das Parlament und parallel die Implementierung der von mir vorgeschlagenen Schritte für eine Beschleunigung dieser Verwaltungshandlungen, damit Fahrzeuge in Berlin angemeldet, umgemeldet und zugelassen werden können. Wir bitten das Parlament um Zustimmung, denn sechs Wochen Wartezeit sind in der heutigen digitalisierten Welt wirklich nicht mehr up to date, und es ist eigentlich zum Schämen, wie das hier in Berlin, in der deutschen Hauptstadt, aktuell gelöst wird und geregelt ist. Wir wollen das ändern.

[Beifall bei der CDU]

Deswegen bitten wir Sie um Unterstützung für diesen CDU-Antrag, für ein neues Konzept für die KfzZulassungsstellen, damit es in Berlin endlich schneller geht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die SPD-Fraktion hat nunmehr Herr Kollege Schopf das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Kollege Friederici! Sie haben insofern recht, und ich teile Ihre Ansicht, dass die gegenwärtigen, pandemiebedingten Wartezeiten deutlich zu lang ausfallen

und keinesfalls dem Serviceanspruch an unsere KfzZulassungsbehörde genügen. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass ihnen die Dienstleistungen, die sie benötigen, schnell und unkompliziert erbracht werden. Und ja, man blickt aktuell zum Beispiel nach München oder Hamburg und stellt fest, dass die Wartezeiten für die Neuzulassung eines Kfz hier teilweise gegen null laufen. Das muss auch wieder unser Anspruch hier in Berlin sein.

Aus diesem Grund hat die für die Dienstaufsicht zuständige Innenverwaltung Maßnahmen ergriffen, um die massiven Rückstände in der Zulassungsstelle abzubauen. Seit August arbeiten an den Wochenenden rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um den erheblichen Rückstau abzuarbeiten. – Keine Zwischenfrage! – Samstagsarbeit ist dabei für die Beschäftigten keine Selbstverständlichkeit, insofern möchte ich mich an dieser Stelle sowohl beim Personalrat als auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für dieses Engagement herzlich bedanken.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Privatkunden können viele Dienstleistungen der Zulassungsbehörde in Berlin schon heute online nutzen, wie die Neuzulassung, Abmeldung sowie Wiederzulassung. Ab kommendem Donnerstag, Herr Friederici, Sie hatten es erwähnt, wird die Onlinebeantragung noch einfacher und ist dann auch ohne elektronischen Personalausweis möglich. Damit ist zum Beispiel die Neuzulassung oder Abmeldung eines Autos bequem von zu Hause aus möglich. Eine Ausweitung der Öffnungszeiten in den Zulassungsstellen ist ebenso angedacht, und es wird zusätzliches Personal eingestellt. Zielstellung all dieser Maßnahmen ist es, die Bearbeitungskapazitäten zu erhöhen, um wieder an die Bearbeitungszeiten von vor Corona anzuknüpfen. Dort lagen wir mit den Warte- bzw. Bearbeitungszeiten bei unter einer Woche, teilweise bei drei, vier Arbeitstagen. Das sind die erforderlichen Maßnahmen, die notwendigen Schritte in die richtige Richtung, und ich erwarte eine zeitnahe Entspannung und dass sich die Situation bei der Terminvergabe wieder normalisiert. Und für die einzelnen Vorschläge Ihres Antrages werden wir sicherlich Zeit haben, im Ausschuss zu diskutieren und uns auszutauschen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Für die AfD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Gläser das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Autofahrer! Zunächst mal zu meinem Vorredner: Ich wünschte

(Oliver Friederici)

mir, dass das schneller ginge mit dem Abmelden eines Autos.

Sie wissen ja vielleicht, dass meins vor zwei Wochen abgefackelt worden ist, und ich habe gerade eben, als ich hier saß, versucht das vorzunehmen. Das geht aber nur bei Autos, die nach 2015 zugelassen worden sind. Bei Autos, die davor zugelassen worden sind, und wenn was fehlt – wie die Kennzeichen oder die Unterlagen –, dann müssen Sie auf jeden Fall hingehen. Und dann habe ich versucht, sofort einen Termin zu beantragen – es geht nicht, es war keiner frei. So viel zu den Geschichten, die Sie uns immer erzählen – das ginge jetzt alles online. In Wahrheit funktioniert das alles nicht. Das haben wir auch bei der Diskussionen über das digitale Rathaus vorhin schon gehört. Da es noch viel Luft nach oben

[Beifall bei der AfD]

Nun wollte ich Ihnen noch einen anderen kurzen Bericht, auch aus der Wirklichkeit, mitteilen. Ich habe mir im März auch ein weiteres Auto gekauft, für meine Frau –

[Tobias Schulze (LINKE): Sie haben sich ein Auto für Ihre Frau gekauft?]

von einer Person, die das vorher in Sachsen angemeldet hatte und dann auch da abgemeldet hat – ganz schwieriger Fall: länderübergreifend. Und das war wenige Tage bevor der Lockdown kam. Und just an dem Tag, wo ich hinfahren wollte, um es bei der Kfz-Zulassungsstelle anzumelden, sah ich auf der Internetseite, dass Privatpersonen jetzt nicht mehr willkommen sind.

Also habe ich mich erst mal vertrösten lassen. Dann habe ich die Werkstatt um die Ecke angerufen, die so was öfter macht, aber die wussten auch nichts. Die haben mich dann auch vier Wochen vertröstet, und nichts ist passiert. Und dann habe ich es irgendwann aufgegeben und bin zu einem dieser professionellen Dienstleister gegangen, die sagen, dass sie 50 oder 100 am Tag haben und deswegen auch bevorzugt behandelt werden, und bin durch die ganze Stadt gefahren, habe die Unterlagen dahin gebracht – und dann haben wir festgestellt, dass der Pass meiner Frau – die ist Ausländerin, nicht aus der EU – abgelaufen war. Das hat die Sache dann noch weiter verkompliziert. Sie musste dann noch mal in ihrer Botschaft einen neuen Pass abholen.

Aber die Hauptverzögerung kam davon, dass wir hinterher eine erweiterte Meldebescheinigung brauchten. Das ist hier das nächste Dokument, welches Sie für die Bürokratie einholen müssen. Und da müssen Sie wieder zum Bezirksamt, und da gibt es wieder keinen Termin. Also alles noch mal von vorne. Es hat weitere Wochen gedauert.

Fazit: Die Geschichte ist, ich habe diese Woche noch mal angerufen, und da wurde mir von dem Zulassungsdiensten gesagt: Das Auto ist immer noch nicht fertig. Ich habe Anfang März ein Auto gekauft und es steht heute noch in

Brandenburg ohne Kennzeichen auf einem Brandenburger Parkplatz. Und das ist kein Zustand, meine Damen und Herren.

[Beifall bei der AfD – Zuruf: Ihre Privatprobleme sind hier nicht zu behandeln!]

Doch, weil das die Wirklichkeit ist. Sie beschäftigen sich mit ihren Hochglanzbroschüren, Wunschvorstellungen, aber das funktioniert nicht so schnell. Und so wie mir geht es ganz vielen Berlinern da draußen, dass sie ewig darauf warten müssen.

Der texanische Senator Ted Cruz hat neulich mal gesagt: Wenn es auch Inkompetenz sein könnte, dann unterstelle keine Boshaftigkeit.