Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Anlage 2

Beschlüsse des Abgeordnetenhauses

Zu lfd. Nr. 3:

Volksinitiative

„Neue Wege für Berlin“

Volksinitiative gemäß Artikel 61 Abs. 1 der Verfassung von Berlin Drucksache 18/2711

hierzu:

Antrag der AfD-Fraktion auf Annahme einer Entschließung Drucksache 18/3016

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 16. September 2020 Drucksache 18/3017

Antrag der Fraktion der CDU auf Annahme einer Entschließung Drucksache 18/3018

Das Abgeordnetenhaus stimmt mit dem Ziel der Volksinitiative „Neue Wege für Berlin“ überein, mehr preis- und belegungsgebundene Sozialwohnungen zu errichten und begrüßt das Engagement der Unterzeichner*innen, sich für die Vergrößerung des Bestandes an Sozialwohnungen in Berlin einzusetzen. Die soziale Wohnraumförderung ist neben dem kommunalen Wohnungsneubau ein wichtiges Instrument, um die soziale Wohnraumversorgung für die vielen Berlinerinnen und Berlinern, die sich auf dem privatwirtschaftlichen Wohnungsmarkt nicht mit angemessenem Wohnraum versorgen können, sicherzustellen. Zu den Forderungen der Volksinitiative positioniert sich das Abgeordnetenhaus wie folgt:

1. Das Land Berlin soll die Errichtung von

12 500 Sozialwohnungen im Jahr mit Mieten von 6 bis 10 Euro je Quadratmeter fördern.

Das Land Berlin fördert bereits wieder seit 2014 den Neubau von Wohnungen auf der Grundlage des Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) mit Förderprogrammen, die in den letzten Jahren hinsichtlich der Fördervolumina, der Förderbedingungen sowie der Mietpreis- und Belegungsbindungen mehrfach den sich verändernden Bedingungen angepasst wurden. Die Anzahl der jährlich zu fördernden Wohnungen wurde in den letzten Jahren schrittweise (jeweils plus 500 WE) erhöht. Das Ziel der Regierungskoalition ist es, im Jahre 2021 eine Förderung von 5 000 Wohneinheiten pro Jahr zu erreichen.

Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land Berlin und den landeseigenen Wohnungsunternehmen sowie die kooperative Baulandentwicklung unterstützen diese angestrebte Ausweitung des geförderten preis- und belegungsgebundenen sozialen Wohnungsbaus. Das Abgeordnetenhaus wird im Rahmen kommender Haushaltsgesetzgebungen prüfen, inwiefern nach dem Jahre 2021 eine weitere Ausdehnung des sozialen Wohnungsbaus möglich und finanzierbar ist. Das Ziel des Berliner Abgeordnetenhauses ist es, langfristige Sozialbindungen zu erreichen.

2. Der Senat soll Grundstücke für den sozialen Woh

nungsbau zu günstigen Kaufpreisen bereitstellen.

Die Volksinitiative begehrt eine Verpflichtung des Senats, landeseigene Grundstücke für den Wohnungsbau schnell und preiswert zur Verfügung zu stellen. Bodenvorratspolitik ist die beste Vorsorge, die eine Stadt für ihre zukünftige Entwicklung treffen kann. Aktive Liegenschaftspolitik ist ein wichtiges Instrument der Daseinsvorsorge. Seit mehreren Jahren werden grundsätzlich keine Grundstücke mehr verkauft. Statt Grundstücksverkäufen ist der Aufbau einer strategischen Bodenreserve der Garant für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung. Aus diesem Grund hat die Koalition einen Bodenankaufsfonds eingerichtet und finanziell ausgestattet.

Die gegenwärtige Wohnungsbaustrategie des Landes Berlin beinhaltet die Bereitstellung von Wohnungsbaugrundstücken. Diese erfolgt in erster Linie zugunsten landeseigener Wohnungsunternehmen sowie an Genossenschaften und gemeinnützige soziale Träger. Die Bereitstellung an Dritte erfolgt grundsätzlich auf dem Wege des Erbbaurechts. Maßgeblich ist dabei die langfristige, dauerhafte Sicherung von preisgünstigen sozialen Wohnungen. Hier sieht das Abgeordnetenhaus Verbesserungsbedarf und fordert den Senat auf, seine Bemühungen zu intensivieren, Grundstücke an Genossenschaften durch Konzeptverfahren zu vergeben. Das Abgeordnetenhaus wird diese Forderung der Volksinitiative daher nicht annehmen.

3. Das Land Berlin soll eigene Grundstücke für die Er

richtung neuer Wohnquartiere nutzen.

Neue Wohnungsbauquartiere entwickelt das Land Berlin bereits im großen Umfang auf eigenen Flächen. Sie sind Teil der strategischen Planung neuer Stadtquartiere (derzeit 16). Im Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen sind diese Standorte als Flächenpotentiale ausgewiesen. Für deren Entwicklung gelten die vom Abgeordnetenhaus am

8. März 2018 beschlossenen qualitativen Leitlinien (Drucksache 18/0724), die eine nachhaltige Quartiersentwicklung sichern sollen. Der StEP Wohnen wird auch in den kommenden Jahren stets evaluiert und fortgeschrieben.

4. Zuständigkeit und Ombudsstelle

Die Zuständigkeit für die Durchführung der Wohnungsbauprogramme lag und liegt auf der Landesebene beim Senat und der von diesem beauftragten landeseigenen Förderbank IBB. Das Land Berlin verfügt bereits über eine Wohnungsbauleitstelle, die Wohnungsbauvorhaben begleitet, Bauträger betreut und berät sowie die Umsetzungsprozesse der Wohnungsbaupläne monitort. Sie wirkt auch als Clearingstelle bei Konflikten. Zudem wurde ein Konfliktbewältigungsverfahren installiert, bei dem Probleme und Konflikte bei der Realisierung von Wohnungsbauvorhaben verwaltungsübergreifend unter Einschaltung der politischen Spitzen der Verwaltungen bearbeitet werden.

Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, ihm über die bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse der Wohnungsbauleitstelle innerhalb von drei Monaten zu berichten. Dem weitergehenden Vorschlag der Volksinitiative, dass „bei Verzögerungen und Behinderungen bei Wohnungsbauprojekten“ jede*r Bürger*in die Ombudsstelle anrufen und Untersuchungen beantragen können soll, ist nicht hilfreich, um Wohnungsneubau zu beschleunigen bzw. würde sogar den Neubau blockieren.

Zu lfd. Nr. 11:

Bester Start in die Berliner Schule – Verbesserungen bei Willkommensklassen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 27. August 2020 Drucksache 18/2959

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2727

Der Senat wird aufgefordert, die Integration der schulpflichtigen neu zugewanderten Kinder in das Regelschulsystem weiterzuentwickeln. Dafür sind insbesondere die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass folgende Schritte umgesetzt werden:

Schulpflicht geht vor: Neu zugewanderte Schul

pflichtige sind zeitnah und binnen maximal zwei Wochen nach ihrer Ankunft und im Zweifel auch bereits vor einer schulärztlichen Untersuchung zu beschulen. Durch eine frühzeitige Meldung durch die Bezirke sollen zukünftig Wartelisten vermieden und genügend Plätze in den Willkommensklassen vorgehalten werden können.

Verbindlichkeit statt Empfehlungen: Die im Leit

faden zur Integration neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher festgehaltenen Empfehlungen werden in verbindliche Rechtsvorschriften übernommen. Dies betrifft insbesondere die Verpflichtung zu Fachunterricht in den Kernfächern und verbindliche Curricula für sämtliche zu erteilende Fächer in Willkommensklassen sowie eine verpflichtende Verzahnung von Teilen des Unterrichts von Willkommensklassen mit Regelklassen.

Individualität achten: Voraussetzungen und Bedarfe

neu zugewanderter Schulpflichtiger sind unterschiedlich. Dies muss auch bei der Arbeit in den Willkommensklassen berücksichtigt werden. Unter anderem ist die Verweildauer nach diesen Maßgaben auszurichten, insbesondere bei Schüler*innen, die entweder gar nicht alphabetisiert sind oder nur wenige bzw. gar keine schulischen Vorkenntnisse haben. Auch beim Übergang in Regelangebote muss es eine spezielle Förderung geben. Besondere Aufmerksamkeit soll der Förderung von Mädchen und jungen Frauen gelten.

Übergänge gestalten, Nachteile ausgleichen: Die

Einrichtung von Regelklassen, die ausschließlich aus ehemaligen Schüler*innen aus Willkommensklassen bestehen, ist grundsätzlich zu vermeiden.

Beim Übergang von der Kita in die Grundschule sind die individuellen Bedarfe zugewanderter Kinder bei der Prüfung der Lernausgangslage besonders in den Blick zu nehmen und deren Förderung daran auszurichten. Die Hinweise der Eltern und Kita

Erzieher*innen (Sprachlerntagebuch) sind dabei einzubeziehen. Es ist sicherzustellen, dass zugewanderte Schüler*innen beim Übergang in die weiterführende Schule bzw. nach Schulabschluss in die Ausbildung entsprechend ihren individuellen Bedarfen weiter kontinuierlich gefördert werden. Entsprechende Anschlussförderungen sind zu gewährleisten.

In zu erlassenden Rechtsvorschriften sind klare Regelungen festzuschreiben, welche Lernstandards im Bereich des Spracherwerbs die Schüler*innen für einen Übergang von den Willkommens- in die Regelklassen erreicht haben müssen. Verbindliche Sprachförderkonzepte der Schulen müssen zudem die Übergänge von Willkommens- in Regelklassen berücksichtigen. Sprachförderunterricht für alle Kinder und Jugendliche mit Sprachförderbedarf, insbesondere aber von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen, ist dabei verpflichtend in den Regelklassen fortzuführen. Es sind verbindliche Regelungen für Nachteilsausgleiche, auch bei Prüfungen, für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche zu schaffen. Unabhängig von der Dauer des Aufenthalts sind die Herkunftssprachen der neu zugewanderten Kinder und Jugendlichen als erste oder zweite Fremdsprache von Berliner Schulen an

zuerkennen und unterrichtlich zu fördern. Es ist zu prüfen, inwiefern eine Anerkennung der Herkunftssprachen als Prüfungsfach möglich ist.

Arbeit der Pädagog*innen stärken: Zur Stärkung

der Arbeit von Lehrkräften in Willkommensklassen ist in diesem Bereich der Ausbau von festen Stellen vorzunehmen. Ergänzend ist Deutsch als Zweitsprache zur Stärkung der Sprachförderung in Willkommensklassen sowie als Festigung der Sprachförderung als Querschnittsaufgabe als ein Fach der Berliner Schule einzuführen. Die Lehrkräfte der Willkommensklassen sind in sämtliche Fragen der Schulorganisation und Schulentwicklung einzubeziehen.

Zu lfd. Nr. 13:

Anforderungen an Privatstraßen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 2. September 2020 Drucksache 18/2975

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2678

Der Senat wird aufgefordert, bei Planungs- und Bauvorhaben (einschließlich des Abschlusses von städtebaulichen Verträgen) grundsätzlich keine „Privatstraßen“ mehr vorzusehen, sondern die Erschließung bzw. Zuwegung generell nur über gewidmetes öffentliches Straßenland anzuwenden. Ausnahmen hiervon sind besonders zu begründen. Eine gleiche Verfahrensweise bei den Bezirken ist sicherzustellen. Für die Unterhaltung der Straßen sind dauerhaft entsprechende Finanzmittel vorzusehen.