Protocol of the Session on September 17, 2020

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verlagern, um den verschärften Kontrollen zu entgehen, ihr Hauptgeschäft aber weiter in Berlin betreiben. Wir werden auch sicherstellen, dass die Stellen beim LABO und der Eichbehörde für ihre Arbeit personell und technisch ausgestattet werden, und zwar an den Herausforderungen ausgerichtet, mit denen sie konfrontiert sind. Ein Organisationsgutachten für das LABO haben wir bereits über den Doppelhaushalt auf den Weg gebracht.

Lassen Sie mich zuletzt noch etwas zu dem Thema sagen, was wir noch auf Bundesseite brauchen, denn wir fokussieren uns vor allem darauf, die Einhaltung der Regeln wirklich sicherzustellen: Wir brauchen viele wichtige Weichenstellungen auf Bundesebene bei der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes. Ich will vier Punkte kurz und exemplarisch anreißen: Wir brauchen eine klare Abgrenzung zwischen Taxi- und Mietwagengewerbe. Wir brauchen die Pflicht der Taxi-, Mietwagen- und Ridesharing-Unternehmen zur Datenübermittlung an die Aufsichtsbehörden. Wir brauchen die Kennzeichnungspflicht für Mietwagen für die bessere Kontrolle. Wir brauchen die angemessene Entlohnung der Fahrerinnen und Fahrer. Wir sagen als Linke: Arbeitsbedingungen und Entlohnung müssen Teil der Landesvergabe und der Konzessionierung werden. Wir brauchen auch die Möglichkeit, weitere Vorgaben zu machen, wie zum Beispiel den Anteil von Inklusionstaxis an der Taxiflotte vorzugeben. Wir brauchen mehr Möglichkeiten, um spontane Mobilität für alle in Berlin zu ermöglichen.

In diesem Sinne hoffe ich auf Weichenstellungen vom Bund und empfehle natürlich die Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei SPD und Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Friederici das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme dem Vorredner Herrn Ronneburg, aber auch der Koalition in Gänze ab, dass Sie etwas Gutes tun wollen.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Sie wollen es dem Taxigewerbe, nachdem Sie, ehrlich gesagt, bei der Vereinbarung, wie wir den Flughafen BER künftig erreichen und von ihm fahren sollen, in einigen Punkten wiedergutmachen. Darum haben Sie den Antrag vorher eingebracht. Trotzdem erkenne ich und die Unionsfraktion sehr gerne an, dass Sie für das Taxigewerbe etwas tun wollen, weil es eben doch das eine oder andere schwarze Schaf gibt, natürlich nicht immer nur

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Steuerehrlichkeit – das tritt so, wie das in jedem anderen Gewerbe vorkommt, auch hier zutage.

Dass zu bekämpfen, glaube ich Ihnen – auch vor allen Dingen dem Kollegen Tino Schopf von der SPD –, und dass Sie es ehrlich meinen, Steuerehrlichkeit, Aufzeichnungspflichten und den Grundsatz der Rückkehrpflicht für das Mietwagengewerbe durchzusetzen.

Aber das, was Sie in dem Antrag beschreiben – und, Herr Ronneburg, Sie haben es sehr blumig formuliert –, ist etwas, was Sie a schon seit vier Jahren hätten umsetzen können, weil Sie hier fast vier Jahre regieren, und b – weil Sie es nun nicht gemacht haben – es wahrscheinlich ordentlich in der Koalition gerappelt haben muss, dass es nun dieses Antrags bedarf und das normale Verwaltungshandeln des Senats nicht ausgereicht hat, das bereits einzuführen.

Deswegen sage ich als Vertreter der Union, finde ich den Antrag im Grundsatz gut. Jedoch fehlt eben ein wesentlicher Punkt, und das haben wir heute Mittag erörtert: Das ist der Taxitarif für den Flughafen BER. Da Sie auch mit der gestrigen Verlautbarung des Senats immer noch keinen Taxitarif vorgelegt haben, sondern lediglich geregelt haben, wie viele Taxis den Flughafen erreichen und von ihm losfahren dürfen, ist das nicht ausreichend für das Gewerbe. Denn das, was sich jetzt im Taxigewerbe in Berlin abspielt, ist vor allen Dingen die Diskussion: Warum darf der Landkreis Dahme-Spreewald mit genauso vielen Taxis nach Berlin fahren wie Berlin nach Brandenburg?

Dabei wiederhole ich noch einmal, dass es für einen Berliner Taxifahrer völlig uninteressant ist, zum Flughafen BER zu fahren, dort einen Kunden aufzunehmen und ihn etwa nach Lübben zu fahren. Das ist völlig undenkbar; das macht keiner. Es wird auch nicht passieren. Umgekehrt aber kann der Taxifahrer aus Brandenburg, wenn er nach Berlin fährt und es nicht genau nimmt, theoretisch hin- und herfahren. Denn ich weiß genau, wie in Berlin die Kontrollmechanismen laufen: Bei der Kontrolle der 300 bis 550 Taxis, die vom BER mit Brandenburger Kennzeichen sich in Berlin hin- und herbewegen dürfen, durch Ordnungsbehörden des Landes Berlin, da glauben Sie nach den Zuständen im Görlitzer Park, nach den chaotischen Zuständen in der Rigaer Straße allen Ernstes, dass Sie diese einfachen Ordnungsmechanismen beim Taxigewerbe durchsetzen können? – Daran habe ich erhebliche Zweifel.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Deswegen sagen wir als CDU es ganz deutlich: Es bedarf des Änderungs- und Ergänzungsantrags unserer Fraktion hinsichtlich der Regelung einer Definition eines klar, hart ausgehandelten Taxitarifvertrags für das Tarifgebiet des Flughafens BER. – Das fehlt in Ihrem Antrag, das muss rein. Deswegen stellt die CDU-Fraktion den Antrag und bittet um Zustimmung zu diesem Änderungsantrag zu

dem Antrag der Koalitionsfraktionen, bei dem wir uns natürlich enthalten werden. Wichtig ist vor allem der Änderungsantrag, weil der Taxitarif für den BER das Entscheidende für das Taxigewerbe in Berlin ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD spricht Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Oliver Friederici! Ich finde es schon erstaunlich, wie urplötzlich die CDU-Fraktion hier und heute auf einmal ihr Herz für das Berliner Taxigewerbe entdeckt.

[Zurufe von Danny Freymark (CDU) und Oliver Friederici (CDU)]

Dieses Engagement, lieber Oliver Friederici, hätte ich mir von Ihnen zu diesem wichtigen Thema auch auf der Bundesebene gewünscht.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Denn Ihr Bundesminister Andreas Scheuer will das Personenbeförderungsgesetz zum Nachteil des Taxigewerbes und der Verbraucherinnen und Verbraucher ändern. Uber, dessen Erfolgsmodell rechtlich zweifelhaft ist, soll, wenn es nach Ihrem Minister geht, mit einer Liberalisierung belohnt werden. Scheuer erhofft sich Verbesserungen für den ländlichen Raum und die ältere Bevölkerung. – Lieber Kollege! Uber ist bisher nirgendwo auf der Welt als Problemlöser für den ländlichen Raum in Erscheinung getreten. Ein Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge soll privatisiert werden, anstatt ihn so auszugestalten, dass er ohne Profit funktioniert. Hier wären Sie als Union gefordert.

Für das Berliner Taxigewerbe ist es fünf vor zwölf, und das nicht erst seit Corona. Jedem muss klar sein, dass das Taxi strukturell benachteiligt ist, wenn wir uns das Geschäftsmodell von Uber und Co. anschauen. Das Taxi ist Teil des ÖPNV und der öffentlichen Daseinsvorsorge. Als solches ist er verpflichtet, Beförderungen für jedermann rund um die Uhr, flächendeckend und zu festen Preisen anzubieten. Um diese besondere Funktion erfüllen zu können, muss das Taxigewerbe aktiv vor unfairem Wettbewerb geschützt werden. Da sind wir als Gesetzgeber gefordert.

7 300 Taxis in Berlin werden von 2 655 Unternehmen betrieben. Die Mehrheit der Taxibesitzer finanziert ihre Taxis über vier bis fünf Jahre, zumeist bei Hausbanken. Die Taxitarife ermöglichen für die große Mehrheit nur

(Oliver Friederici)

dann ein Auskommen, wenn sie mehr als 60 Stunden pro Woche fahren. Wenn vor diesem Hintergrund ein nichtreguliertes Unternehmen wie Uber zu vermeintlich günstigeren Preisen auftritt, dann ruft das massive Existenzängste hervor. Unternehmen wie Uber handeln nach dem klassischen Marktprinzip von Angebot und Nachfrage: Ist die Nachfrage groß, steigt der Preis.

Wie kann ich als selbstständiger Mietwagenfahrer mit Uber Gewinne erzielen, wenn ich 25 Prozent vom Ertrag an Uber abtreten muss, günstiger als ein Taxi bin und sämtliche Kosten für mein Auto trage? – Die aktuelle Ausnahmegenehmigung vom Einbau des Wegstreckenzählers aufzuheben, ist ein erster Schritt in Richtung fairer Wettbewerb. Mit dem Wegstreckenzähler können Daten digital und unveränderbar aufbewahrt werden. Hierzu zählen die Arbeits- und Pausenzeiten, Fahrzeiten, die Angaben zum Fahrpersonal und steuerlich relevante Einzeldaten. Allerdings ist der Wegstreckenzähler nicht dazu geeignet, Verstöße von Mietwagen gegen die Rückkehrpflicht zu verhindern oder eindeutig zu dokumentieren. Umso wichtiger ist es, dafür Sorge zu tragen, dass wir dem LABO die entsprechenden Personalmittel für eine angemessene Kontrolle zur Verfügung stellen.

Lassen Sie uns heute ein Zeichen der Geschlossenheit an das Berliner Taxigewerbe senden! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Denn nur ein funktionierender Markt ist auch ein guter Markt. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Sven Kohlmeier (SPD): Er hat gerade „Markt“ gesagt! Warum klatscht ihr nicht? – Weitere Zurufe]

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abgeordne

ter Scholtysek.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem ich mich heute Mittag schon über das Interesse bzw. Desinteresse des Berliner Senats am Fortbestand des Berliner Taxigewerbes äußern konnte, zeigt dieser Antrag noch einmal auf, dass meine Kritik absolut berechtigt ist. Nicht nur wir von der AfD sehen das Taxigewerbe aufgrund der völlig verfehlten Politik des Senats mit dessen kruden Mobilitätsexperimenten akut gefährdet. Offenbar gibt es auch innerhalb der Koalition vereinzelt Abgeordnete, die das ebenfalls mit Sorge zur Kenntnis nehmen. So wurde ein Antrag auf die Beine gestellt, der zunächst nach außen den Eindruck erweckt, als könne man ihm gar nicht widersprechen. Aber genau dort steckt der Teufel im Detail.

Der Antrag ist ein reiner Schaufensterantrag, ein Blendwerk, wie es strahlender nicht daherkommen könnte. Alles in diesem Antrag ist bereits geregelt, und zwar auf Bundesebene: im Personenbeförderungsgesetz und in der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr, abgekürzt BOKraft. Das Problem ist nur – wie so oft in Berlin –, dass diese Gesetze und Verordnungen hier in Berlin in dem Maße, wie sie angewendet werden könnten, nicht angewendet werden.

Schauen wir uns den Antrag an! Nehmen wir als Beispiel den Punkt eins des Antrag! Da heißt es:

… Mietwagen sind zur Installation von Wegstreckenzählern mit fiskalischer Erfassungseinrichtung zu verpflichten.

Dazu habe ich einmal eine Anfrage gestellt. Als Antwort bekam ich vom Senat – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin – Folgendes:

Aufzeichnungspflichten beziehen sich … beim Mietwagenverkehr auf die im Wegstreckenzähler generierten Daten. Daher besteht auch für Mietwagen grundsätzlich die Pflicht, ein sogenanntes Fiskaltaxameter … einzusetzen.

Und weiter:

Gemäß § 43 … BOKraft kann in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte … Antragsteller durch die Genehmigungsbehörde eine Ausnahme … davon genehmigt werden, einen Wegstreckenzähler im Mietwagen anzubringen. In Berlin werden solche Ausnahmegenehmigungen … regelmäßig von den Unternehmen beantragt und diese auch vom LABO … erteilt.

Das heißt, dass das, was laut Gesetz nur ausnahmsweise sein sollte, in Berlin natürlich schon längst wieder die Regel ist.

Das ist nur ein Beispiel, um aufzuzeigen, dass dieser Antrag letzten Endes nur Dinge fordert, die längst geregelt sind, und deren Umsetzung in Berlin dementsprechend eine Selbstverständlichkeit sein müsste. Mit diesem Antrag versucht Rot-Rot-Grün, nach außen den Eindruck zu erwecken, sie setzten sich für die Taxibranche ein. Tatsächlich findet sich jedoch nichts Neues darin, nichts, was dem Taxigewerbe wirklich hilft. Das ist nichts anderes als Täuschung und Blendwerk.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wenn dem Senat und der Koalition wirklich etwas am Taxigewerbe läge, würden schon längst Fahrer, Fahrzeuge und Betriebe besser und öfter geprüft und kontrolliert. Es wäre schon längst Usus, auch Mietwagen zum Fiskal- taxameter zu verpflichten, und es würde auch schon längst die Rückkehrpflicht der fast 3 000 Mietwagen kontrolliert und auch durchgesetzt. Das alles findet aber nicht statt, und die Frage lautet: Warum nicht? Alles, was

(Tino Schopf)

Sie fordern, existiert bereits, es muss nur umgesetzt werden.

Warum stellen Sie also solch einen Antrag? –, fragt man sich, erst recht, wo Sie doch selbst die Regierung stellen und das alles längst umsetzen könnten. Ich vermute mal: Es geht ja auf die Wahl 2021 zu, die Taxibranche ist hochgradig unzufrieden, weil ja auch nichts für sie gemacht wird, und jeder Taxifahrer ist ein Multiplikator mit seinen vielen täglichen Kundenkontakten – Sie wollen lediglich die Branche ruhigstellen, das ist der ganze Hintergrund.

Dieser Antrag bringt also nichts Neues, aber immerhin erinnert er den Senat daran, seine Pflichten endlich zu erfüllen, und zeigt mit dem Finger auf die bisherigen ständigen Versäumnisse. Und aus diesem Grund – und nur aus diesem einen Grund – werden auch wir tatsächlich diesem Erinnerungsantrag zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]