Es geht um Cliquenwirtschaft, um Manipulationen von Zahlen, es geht um Angstmacherei, um Millionenverschwendung, um Machtmissbrauch. Es geht letztlich um alle Zutaten, aus denen Rot-Rot-Grün sein ideologisches Süppchen kocht – der Immobilienskandal rund um die dubiose DIESE eG hat sie. Rot-Rot-Grün und die DIESE eG, das ist, wie wenn sich Akten lesen wie Kriminalromane – wenn man sie denn überhaupt zu sehen bekommt. Bis heute ist das leider nicht vollumfänglich der Fall.
Seit über einem Jahr bemühen wir uns aus unterschiedlichen Fraktionen heraus um Aufklärung, und wir mussten erfahren, wie viele Steine einem dabei in den Weg gelegt werden können. Entweder wurden Akteneinsichten verzögert oder ganz verweigert. Es wurden undifferenzierte Geheimhaltungsvorgaben gemacht, um unsere Arbeit zu erschweren.
Trotz allem wissen wir, dass die Immobilienaffäre, mit der wir uns dort auseinandergesetzt haben, keine Affäre des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg war, sondern eine, die den gesamten Senat betrifft. Deswegen ist es gut, dass wir hier heute darüber reden.
Wir wissen, dass Florian Schmidt kein grüner Robin Hood ist – wie Sie ja gern romantisieren. Er ist im Grunde ein kleiner grüner Donald Trump, ein Politiker, dem Recht und Gesetz offensichtlich egal sind, bei dem Cliquenwirtschaft dem Gemeinwohl vorgeht,
der seine ideologische Agenda mit allen Mitteln der populistischen Kunst durchzudrücken versucht. Wie ein rotrot-grüner Senat und vor allem der heutige Senator Scheel nach Kräften und auf Kosten des Steuerzahlers in dieser Affäre kollaboriert haben, darum wird es in diesem Untersuchungsausschuss gehen, den FDP und CDU heute beantragen.
Ich habe eben schon beim RBB mit Frau Schmidberger diskutieren dürfen. Da kam ja durch, dass Sie schon lange Sehnsucht haben und sagen: Mensch, dieser Untersu
chungsausschuss hätte doch schon längst ins Leben gerufen werden sollen! – Ich sage Ihnen, es ist genau der richtige Zeitpunkt. Der Rechnungshof hat den ersten Schritt getan. Wir haben Ende Oktober den Bericht des Rechnungshofes erhalten, wir haben von schweren Pflichtverletzungen gehört. Wir wissen, dass der Rechnungshof jetzt anfängt, sich auch den Senat vorzuknöpfen. Was wir als Parlament dazu beitragen können, ihm die Arbeit zu erleichtern, das werden wir in Form dieses Untersuchungsausschusses auch tun.
Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schlüsselburg zulassen.
Vielen Dank, Herr Kollege! Es freut mich sehr, dass ich zu Ihrer Erheiterung oder Ihrer Freude am Rednerpult beitragen kann. – Sie haben ja gerade den Stadtrat Schmidt mit dem scheidenden US-Präsidenten verglichen. Sind Sie denn mit mir einer Meinung, dass es sich bei der Institution Staatsanwaltschaft um die vielleicht sogar objektivste Behörde handelt, die man sich bei der Untersuchung von Verfahrensgegenständen vorstellen kann? Und wie bewerten Sie vor dem Hintergrund denn, dass genau diese Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Stadtrat eingestellt hat?
Es steht der Staatsanwaltschaft ja frei, sie ob der Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses wieder aufzunehmen. Ich empfehle Ihnen aber sehr, die Gründe der Staatsanwaltschaft zu studieren, aus denen das Verfahren vorerst eingestellt wurde. Selbstverständlich ist nicht alles, was politisch grob verantwortungslos ist, zwingend strafrechtlich relevant. Sonst säße die halbe Senatsbank im Kittchen.
Ganz im Gegenteil! Es ist unser Job, die Anklagebank des Parlaments zu füllen mit den Senatoren, um die es geht, und das sind so einige: Das ist der heutige Senator Scheel, das ist Senator Geisel, das ist Senatorin Pop, in ihrer Rolle als Aufsicht der IBB, und das ist last but not
least Senator Kollatz als der Verantwortliche für die Berliner Finanzen – und wie mit denen umgegangen wurde, das hat es in kaum einem Berliner Finanzskandal in dieser Dreistigkeit gegeben.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Dr. Kristin Brinker (AfD) – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]
Am Anfang dieser Affäre mag ja ein hehres Motiv gestanden haben, und ich bin sogar bereit zu glauben, dass es den meisten Kollegen bei Ihnen sogar dem Grunde nach darum ging, die Sorgen von Mieterinnen und Mietern ernst zu nehmen – begründete Sorgen, wenn Häuser, und das oft zum Mondpreis – und dafür habe auch ich kein Verständnis – an neue Eigentümer verkauft werden, zu Preisen, bei denen natürlich die Furcht vor steigenden Mieten im Raum steht. Das ist doch überhaupt keine Frage. Ihre Antwort aber, die Antwort im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, war die falsche. Man bekämpft doch private Spekulation nicht mit öffentlicher Spekulation. Man bricht nicht geltendes Recht, um einen befürchteten Rechtsbruch abzuwenden. Man nimmt Sorgen auch nicht mit Angstmacherei.
Wir leben ja zum Glück in einer sozialen Marktwirtschaft. Wir haben ein Mietrecht mit starken sozialen Leitplanken, und egal, wie teuer jemand ein Haus kauft – er darf sich gegenüber keinem Mieter so verhalten wie ein Hai im Goldfischteich.
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Mieterrechte in dieser Stadt nicht durchgesetzt werden, dann halten Sie sich an Ihren Justizsenator. Ich glaube, da ist reichlich Luft nach oben.
Was ist aber in Friedrichshain-Kreuzberg passiert? – Da nimmt ein Stadtrat uns alle, ganz Berlin, alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, in Haftung und nutzt das Vorkaufsrecht als vermeintlich scharfes Schwert gegen den in seinen Augen allgegenwärtigen Raubtierkapitalismus. Er kauft Häuser zugunsten einer noch in Gründung befindlichen Genossenschaft, ohne jede Sicherheit, ohne jedes Kapital, für zig Millionen Euro, die der Bezirk nicht hat und die auch kein anderer auszugeben bereit war für diese überteuerten Immobilien, keine landeseigene Gesellschaft, keine Wohnungsbaugenossenschaft. Der Rechnungshof spricht zu Recht von einer schweren Pflichtverletzung. – Und was machen Sie? Sie bejubeln den Kampf gegen finstere Mächte. Na, herzlichen Glückwunsch!
Das Dumme ist nur, dass dieses scharfe Schwert des Vorkaufsrechts in der Art und Weise, wie in Friedrichshain-Kreuzberg damit umgegangen wird, vor allem in das Fleisch des Steuerzahlers schneidet und, wie wir inzwischen wissen, auch in das Fleisch der Mieterinnen und Mieter, denn die DIESE eG bedeutet nicht nur ein unverantwortliches Haftungsrisiko für die frischgebackenen Genossinnen und Genossen, sondern vor allem reihenweise Mieterhöhungen. An allen Bremsen und Deckeln des Mietrechts vorbei wurden in dieser DIESE eG die Mieten erhöht. Ich sage immer: Kein privater Immobilienspekulant hätte sich je so verhalten dürfen, wie Sie es bei der DIESE eG politisch billigen. Das finde ich einen Skandal ganz eigener Art. Das ist typisch grüne Doppelmoral.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Dr. Kristin Brinker (AfD) und Dr. Hugh Bronson (AfD)]
Ein Untersuchungsausschuss bewirkt keine Wunder, aber er hat viele Möglichkeiten. Er hat die Möglichkeit, Licht in dieses Dickicht zu bringen, Licht in die Immobiliengeschäfte in Zusammenarbeit zwischen Florian Schmidt und Senator Scheel. Es geht um mehr als einen experimentierfreudigen Stadtrat, wie Ihre grüne Spitzenkandidatin, wo auch immer sie gerade ist, ja verniedlichend meint. Es geht um die parlamentarische Aufklärung eines Skandals, der sinnbildlich steht für das Selbstverständnis dieser gesamten Koalition. Es geht um einen real existierenden Populismus in Berlin. Der Rechnungshof hat den ersten Schritt bei der Aufklärung getan, jetzt ist das Parlament am Zug, und dabei werden wir keine weitere Zeit mehr verlieren. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Zurufe von Katrin Schmidberger (GRÜNE) und Daniel Wesener (GRÜNE)]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Ratschlag an die FDP: Bekräftigen Sie bitte nicht – das wäre nämlich ein echter Fehler, karnevalesker Fehler –, dass es hier nicht um Wahlkampf geht. Nach diesem Wortbeitrag ist diese Frage entschieden, und zwar in dem Sinne, dass Sie hier nur eins im Blick haben: Radau im Wahlkampf.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Paul Fresdorf (FDP): Gut, dass Ihr so was nicht macht!]
Unseren Freunden von den Koalitionspartnern sage ich: Nehmen Sie nicht an, die SPD-Fraktion steuert diesen Untersuchungsausschuss, indem der Parlamentarische Geschäftsführer ihn leitet. Das wird der Kollege Zimmermann übernehmen.
Haben Sie keine Sorge – ich werde dort auch nicht Obmann sein. Das wird ein anderer Kollege übernehmen, die Frage ist entschieden. Ich sage das jetzt so, weil das schon oft gefragt wurde.
Wir haben unsere politische Auffassung, die wir hier vor über einem Jahr kenntlich gemacht haben, nicht geändert.
Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass wir nicht bereit sind, aus politischen Gründen mehr Geld für eine Wohnungsprivatisierung, auch zugunsten einer Genossenschaft, auszugeben als zum Vollerwerb zugunsten des Landes Berlin.
Das haben wir hier vor anderthalb Jahren erklärt, daran hat sich nichts geändert. Allerdings wird ein Klamaukausschuss daran auch nichts ändern. Das ist unsere Auffassung in der Sache. Ansonsten werden wir selbstverständlich den Untersuchungsausschuss konstruktiv begleiten, wir werden unsere parlamentarische Arbeit machen. Aber für Sie steht das Ergebnis bereits fest, und jetzt geht es um Orchestrierung. Da haben Sie uns ganz sicher nicht an Ihrer Seite. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!