Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

Mit den Berliner Stadtwerken bekommt das Land aber auch ein wirkungsvolles Werkzeug in die Hand. Wir bekommen endlich die Handlungshoheit wieder zurück,

die wir seit der Privatisierung der Bewag und der GASAG komplett aus der Hand gegeben haben. Und während sich das Energiesystem um uns radikal verändert, will die Opposition, dass das Land Berlin dabei auf der Zuschauertribüne sitzt und darauf wartet und zuschauen kann, was die anderen hier in dieser Stadt für uns tun oder eben nicht tun.

Wir von Rot-Rot-Grün wollen das ändern. Wir wollen aktiv in das Spielgeschehen eingreifen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das Spielgeschehen!]

Wir wollen mitgestalten. Und dafür schaffen wir heute die Voraussetzung mit den Berliner Stadtwerken.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Koalition zeigt aber heute deutlich mehr. Wir zeigen, dass es uns ernst ist mit einer anderen Energie- und Klimaschutzpolitik in dieser Stadt. Ja, wir machen ernst. Bei uns verstauben eben gute Konzepte und Ideen nicht in den Schubladen. Bei uns liegen der Enquete-Bericht und das BEK ganz oben auf dem Schreibtisch. Wir verstehen diese beiden sehr guten Konzepte als Richtschnur, als Hausaufgabenheft. Und heute machen wir den ersten Haken hinter dem Stadtwerk und sagen „erledigt“. Aber noch viele weitere Aufgaben stehen in diesem Hausaufgabenheft drin. Und werden uns daran machen, auch viele weitere Haken zu setzen, das kann ich Ihnen jetzt schon versprechen. Das war heute nur der erste Streich. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Herr Abgeordnete Schmidt das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind jetzt seit der ersten Lesung dieses Gesetzes inhaltlich kein Stück vorangekommen. Der Gesetzentwurf ist völlig unverändert geblieben. Deshalb ist auch die Argumentation von uns Freien Demokraten dieselbe. Wir sehen immer noch nicht den Nutzen dieses Vorhabens, weder wirtschaftlich noch technisch noch energiepolitisch. Wir sehen weiterhin erhebliche Risiken. Eins davon ist, wie viele Kunden Sie tatsächlich gewinnen können. Ich bin ja mal gespannt, wie viele von den 600 000, die Sie immer erwähnen, tatsächlich das Portemonnaie zücken und Kunden werden. In Hamburg waren es jedenfalls nur ein paar Tausend, die das dann tatsächlich gemacht haben.

Daraus entstehen dann natürlich auch Verluste für das Stadtwerk. Und wenn Herr Efler die Liste von den 1 000

(Dr. Stefan Taschner)

Stadtwerken durchgegangen wäre, hätte er auch gesehen, dass eine ganze Menge von denen Verluste machen oder zumindest keine Rendite erwirtschaften. Es kommt eben doch auch auf das Betriebswirtschaftliche an und nicht nur auf das, was ideologisch gewollt ist.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Christian Buchholz (AfD) und Stefan Franz Kerker (AfD)]

Wenn die Koalition große Erwartungen in den Vordergrund stellt, dann fällt im Detail auf, dass auch deren Umsetzung in dem Gesetzentwurf nicht gut untersetzt ist. Ich nehme einmal ein Beispiel: § 13, das ist die Regelung zum Beirat. Gerade, wenn es um die im Gesetz genannten Ziele Gemeinwohl und Daseinsvorsorge geht, wäre es durchaus sinnvoll gewesen, die Anforderungen an das Profil der Beiratsmitglieder besser zu beschreiben. Das wurde versäumt. Ob der Beirat die hohen Ziele erfüllen kann, das liegt jetzt allein bei den Fraktionen im Abgeordnetenhaus. Was der Beirat konkret tun darf, ist ins Belieben der Stadtwerksführung gestellt. Das macht mir zumindest Bauchschmerzen.

Die Neugründung des Stadtwerks hätte eine breitere und besser fundierte Debatte verdient. Sie haben nicht nur uns Freie Demokraten nicht überzeugt, sondern Sie haben auch gar nicht versucht, andere zu überzeugen. Ich fand es ja nett, dass Herr Efler alle meine Argumente einzeln aufgelistet hat: Aber was ist nun eigentlich Ihre Gegenargumentation? Die habe ich bisher dazu noch nicht gehört. Das ist schade, dass Sie sich damit nicht beschäftigen.

Ich bedauere insbesondere, dass die Koalition über die Bedenken zu Risiken, die aus allen Oppositionsfraktionen kamen, einfach hinweggeht, trotz der Anhörung, trotz der zahlreichen Debattenbeiträge, und nicht versucht, darauf einzugehen. Nein, Herr Stroedter und Herr Taschner sind noch total stolz darauf, dass sie das Ding jetzt einfach durchgezogen haben und in Rekordtempo den Gesetzentwurf unverändert durch die Ausschüsse gebracht haben. Da hätte das, was Sie sich auf die Fahnen schreiben mit Partizipation und Beteiligung, tatsächlich einmal seinen Platz gehabt. Diese Chance haben Sie nicht genutzt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Dass Sie die Risiken überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen wollen, das finde ich verantwortungslos. Was passiert denn, wenn nur ein paar Tausend Kunden überzeugt werden können? Wie lange sind Sie denn bereit, das Stadtwerk als Zuschussgeschäft durchzuschleppen? Nachdem Herr Efler geschildert hat, dass offensichtlich auch angeboten werden soll, Strom zu beziehen, ohne ihn bezahlen zu müssen, ist die Frage umso dringlicher. Wie beugen Sie dem in Berlin historisch nicht völlig unbekannten Filz und der Parteibuchwirtschaft eigentlich vor? Was passiert denn bei plötzlichen Rechtsänderungen im Energiewirtschaftsbereich? Sie haben hier locker RWE

und E.ON kritisiert, weil sie auf willkürliche Änderungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vorbereitet waren. Sie sind es doch mit Ihrem Geschäftsmodell genauso wenig!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Ein Federstrich einer neuen Bundesregierung – und das ganze Ding hängt in der Luft.

Statt auf diese berechtigten Fragen eine Antwort zu geben, haben Sie sich entschlossen, die Augen zuzumachen und das Vorhaben durchzuziehen. Sie haben aber als Regierungsfraktionen auch eine Verantwortung gegenüber der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern. Und die Verantwortung beinhaltet auch, die Risiken Ihres Handelns zu erkennen und Vorsorge zu treffen, dass diese nicht eintreten. Angesichts der Tatsache, dass Sie von der Regierungskoalition ja noch ganz anderes vorhaben – Sie wollen ja die Verteilnetze für Gas, Fernwärme, Strom aufkaufen und durch das Land Berlin betreiben lassen –, reden wir also über Risiken in Milliardenhöhe. Die wurden ja eben von Herrn Buchholz genannt. Angesichts dieser Tragweite finde ich diese bewusste Risikoblindheit hochgefährlich und auch wirklich erschreckend.

Die Koalition hat sich entschlossen, trotz der offensichtlichen Probleme und Mängel keine Änderung am Gesetzentwurf vorzunehmen. Wir Freien Demokraten können diesen Entwurf deshalb nur ablehnen. Ich hoffe aber, dass dieser Stil, Diskussionen auszuweichen, Fakten zu schaffen, der derzeit gerade das Senatshandeln auch in anderen Bereichen prägt, ich nenne da nur den Verkehrsbereich, wo das genauso offensichtlich ist, uns nicht fünf Jahre lang weiter begleiten wird. – Mit dieser Hoffnung danke ich Ihnen sehr für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Gesetzesantrag Drucksache 18/0116 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Annahme. Wer dem Gesetzesantrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer stimmt gegen diesen Gesetzesantrag? – Das sind die Fraktionen AfD, der FDP, der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist das Gesetz zur Änderung des Berliner Betriebe-Gesetzes so beschlossen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich rufe auf:

(Henner Schmidt)

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 35

Dank an den Berliner Sport für seine Willkommensleistung für Geflüchtete

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0184

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Für die Grünen spricht jetzt Frau Abgeordnete Schillhaneck. – Bitte, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste und Zuschauer und Zuschauerinnen, Zuhörer, Zuhörerinnen!

[Sven Rissmann (CDU): Sternchen, Innen …!]

Der Berliner Sport hat sich in vorbildlichster Art und Weise vom allerersten Tag an dafür eingesetzt, den Menschen, die zu uns kommen, aus Not, aus Krieg, aus Krisensituationen sofort ein Dach über dem Kopf zu bieten, Hilfe anzubieten. Sie haben ihre Hallen geräumt, sie haben auf ihren Plätzen Raum gegeben für Notunterbringungen. Sie haben die Leute mit offenen Armen in ihren Vereinen empfangen, haben jenseits von allen Sprachbarrieren und auch den schwierigen Bedingungen für Geflüchtete bei uns gesagt: Komm, mach mit! Wir spielen Fußball, wir spielen Handball, Basketball, sind eine Hockeymannschaft, mach mit! – Das kann man gar nicht oft genug herausheben. Es ist ganz wichtig, an der Stelle deutlich den Dank an die Vereine, an die Sportler und Sportlerinnen und die Verbandsvertreter und Verbandsvertreterinnen noch einmal heute hier zu äußern.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der FDP]

Nun wissen wir alle, dass die eigentlich unhaltbare Situation der als vorübergehend gedachten Unterbringung in Massenunterkünften in dafür beschlagnahmten oder sichergestellten insbesondere Sporthallen erheblich länger gedauert hat, als das je angedacht war. Warum das so war, insbesondere unter der Ägide eines CDU-Senators Czaja, der für den Bereich Soziales usw. zuständig war und seines Kollegen, der für Inneres und Sport zuständig war, und warum es direkt nach dem Wechsel zu Rot-RotGrün mit einem Schlag möglich war, da rauszukommen, anzufangen, die Turnhallen in großem Umfang freizuziehen, das kann eigentlich nur die CDU beantworten. Oder aber, ich weiß nicht, vielleicht ist es auch allgemeine Unerfindlichkeit.

Eine Tatsache, der man sich in dem Zusammenhang aber leider stellen muss, ist, dass viele Vereine, auch durch Mitgliederschwund in der Zeit der Belegung ihrer Turnhallen, jetzt ein erhebliches finanzielles Problem haben.

Es ist so, es ist eben nicht nur die Frage von Anmietung von Ersatzflächen, die es in der Form oft gar nicht gab. Es ist nicht die Frage des Umziehens von Sportgerät von einem Ort zum nächsten. Da hängt viel mehr dran. Jede und jeder von Ihnen und von uns, der sich schon mal damit beschäftigt hat, was zur Organisation von Spielbetrieb, von Trainingsbetrieb, von normalem Vereinsbetrieb gehört, weiß, das ist viel mehr.

Wir hatten in der letzten Legislaturperiode eine Regelung, die den Vereinen ermöglichen sollte, gewisse Kosten geltend zu machen, um Ersatz dafür zu bekommen. Das Problem ist, das Verfahren war so was von hochbürokratisch, fast niemand wusste davon, wie es wirklich geht, und ganz ehrlich, so ein kleinerer, ehrenamtlich geführter Verein mit einer ehrenamtlichen Kassenwartin und einem ehrenamtlichen Vorstand, die können das auch einfach nicht leisten, die sind keine Verwaltung. Da war die Regelung zwar nett gemeint, aber schlecht gemacht.

Diesen Fehler werden wir jetzt ausbügeln. Der Senat hat schon signalisiert, das ist ganz klar, die Vereine dürfen auf keinen Fall hängengelassen werden, und wir sagen ganz klar, wir brauchen eine Regelung, die ganz einfach jedem Verein hilft, der davon betroffen war und ist, dass die Hallen belegt sind, dass Trainings- und Spielbetrieb ausgefallen ist, dass ihnen möglicherweise die Mitglieder davongegangen sind, weil sie gesagt haben, was soll das, wenn wir hier anderthalb Jahre nicht mehr Sport treiben können, die keine Gesundheitskurse mehr haben stattfinden lassen, was übrigens ein relativ wichtiger Punkt im Bereich von Prävention und Rehabilitation ist, solche Angebote genau auch bei unseren Berliner Sportvereinen, und nicht nur bei sehr teuren Rehabilitationseinrichtungen, anzubieten. Das hat in vielen Vereinen so nicht mehr stattfinden können. Die Vereine haben dadurch ein Problem, und ich glaube, es ist mindestens unsere Pflicht, jenseits von einem feuchten Händedruck und einem formulierten Danke dafür zu sorgen, dass sie keine finanziellen Nachteile daraus haben, und genau darum kümmert sich dieser Antrag. Das werden wir umsetzen, und zwar sehr schnell!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Standfuß. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht mal vorweg, es handelt sich hier, wie man es im Sport so schön sagt, um ein Abstaubertor der jetzigen Koalition, denn ich sage mal, die Vorbereitung für das Thema Hallenräumung war bereits durch den Senator Czaja gegeben. Und wenn man am

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Ende den Ball, der vor dem Tor liegt, einfach nur noch einschiebt, dann ist das in aller Regel keine große Leistung, auch wenn Sie das anders sehen.

[Beifall bei der CDU– Lachen von Steffen Zillich (LINKE)]

Jeder, der selber mal in der Vereinsorganisation tätig war, weiß, wie misslich es ist, wenn Sportstätten plötzlich für längere Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen und dadurch Trainingszeiten wegfallen, Kurse nicht mehr angeboten werden können, die damit verbundenen Trainer- bzw. Übungsleiterstellen nicht mehr besetzt werden und am Ende auch die betroffenen Mitglieder verärgert den Verein verlassen. Diese Willkommensleistung der Berliner Sportvereine ist selbstverständlich zu würdigen, ja, man kann sie gar nicht hoch genug einschätzen. Deshalb dankt die CDU-Fraktion den Sportvereinen an dieser Stelle noch mal ausdrücklich für ihre erbrachte Unterstützung!