Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/3357
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aller Anfang ist schwer, so lautet nicht nur eine Redensart, nein, so verhält es sich auch beim Erlernen des Radfahrens. Verhaltensregeln und unterschiedlichste motorische Bewegungsabläufe müssen erst für ein sicheres Bewegen im Straßenverkehr erlernt werden. Für Kinder, deren Sichtfeld, Wahrnehmung und Reaktionsvermögen noch eingeschränkt sind, ist die derzeitige Verkehrsdichte oft überfordernd. Für uns als Koalition ist es deshalb umso wichtiger, dass die Kinder das Radfahren zur sicheren und vor allem selbstsicheren Teilnahme am Berliner Straßenverkehr früh und gewissenhaft erlernen.
Mehr als 76 Millionen Fahrräder gibt es in Deutschland, Tendenz – auch aufgrund von Corona – steigend. Das freut jeden Verkehrspolitiker, jede Verkehrspolitikerin, zumal Radfahren nicht nur zur sportlichen Bewegung beiträgt, sondern auch die Umwelt schont. Nachdenklich stimmen uns jedoch die Unfallstatistiken, denn Unfälle mit Radfahrenden tauchen immer wieder an vorderster Stelle der Erhebungen auf. Dem gilt es, so früh wie möglich entgegenzuwirken. Denn wer Vision Zero erreichen will, darf den Radverkehr nicht außer Acht lassen, und das beginnt eben mit der Sensibilisierung der Kleinsten.
Dabei sind nicht nur die regelmäßigen Schulbesuche der Polizei von enormer Bedeutung – insbesondere die Jugendverkehrsschulen spielen eine zentrale Rolle im Bereich des Erlernens von Fähigkeiten, der Prävention und Gefahrenerkennung. In Zusammenarbeit mit den Polizeidirektionen sowie den Bezirksämtern werden schon heute in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen durchgeführt. Dabei können die Kinder auf den Übungsplätzen mit bereitgestellten Fahrrädern, Rollern und Kettcars praktische Fahrübungen unter Berücksichtigung der Verkehrsregeln durchführen. Hierbei werden sie betreut und lernen so, sich sicherer und vorrausschauender im Straßenverkehr zu bewegen.
Bereits 2013 wurde in der Berliner Radverkehrsstrategie festgehalten, dass die Rolle der Jugendverkehrsschulen gestärkt und die Mobilitätserziehung intensiviert werden soll und muss. Auch im Verkehrssicherheitsprogramm „Berlin Sicher Mobil 2020“ wurde die Bedeutung der Jugendverkehrsschulen für die Radfahrausbildung an den Grundschulen hervorgehoben. Das ist auch gut so, denn die Angebote der Verkehrsschulen sind vielfältig. Über das gesamte Stadtgebiet verteilt entwickeln sich diese an derzeit 25 Standorten zu regelrechten Kompetenzzentren für schulische und außerschulische Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung. Mit einem breit aufgestellten Angebot richten sich die Jugendverkehrsschulen heute an Kinder und Jugendliche, ebenso aber auch an deren Familien. So gehören beispielsweise Schulwegsicherheit, Ver
Mit diesem Antrag wollen wir den Weg weitergehen, Kindern und Jugendlichen einen chancengerechten Zugang zur Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung zu eröffnen. Ressortübergreifend soll der Senat mit den Bezirken und anderen Akteuren ein gesamtstädtisches sowie zeitgemäßes Konzept für die Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung einer wachsenden Stadt entwickeln. Dafür sollen die Jugendverkehrsschulen baulich und finanziell angemessen ausgestattet und mit fachlich und pädagogisch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestärkt werden. Mit dem Beschluss zum aktuellen Haushalt werden den Bezirken entsprechende Mittel für die Entwicklung der Jugendverkehrsschulen zur Verfügung gestellt. Damit schaffen wir die Grundlage dafür, diese dauerhaft zu sichern und ihr inhaltliches Angebot fachlich weiterzuentwickeln und auszubauen. – Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es richtig und geradezu geboten, die Jugendverkehrsschulen Berlins in jeder nur möglichen Hinsicht zu stärken. Unsere Verkehrssysteme in den Städten werden immer komplexer, und dadurch steigen auch die Anforderungen an die Verkehrsteilnehmer. Vor allem an die Kinder und Jugendlichen müssen wir dabei denken – dass sie einfach mitgenommen werden. Ich bin sehr dankbar dafür, dass der Abgeordnete Schopf von der SPD-Fraktion das Thema angesprochen hat. Mehr Verkehre – mehr Autoverkehr, aber auch gewünscht mehr Radverkehr – bedürfen auch einer gewissen Konsequenz in der Verkehrserziehung.
Der vorliegende Antrag weist daher auch in die richtige Richtung, wobei ich mir – das gehört leider auch immer dazu – einige gewisse Kritikpunkte nicht ersparen kann.
Gerade, was Sie hinsichtlich des Radverkehrs sagten: Für mich und für die CDU-Fraktion ist es rätselhaft, dass bei dem aktuellen Wetter zur Verkehrssicherheit zwar die Radverkehrsstreifen auf den Straßen gestreut und gesalzt werden, Radwege gemäß Berliner Straßengesetz aber immer noch nicht. Ich hatte das bereits in der letzten Verkehrsausschusssitzung fragend kritisiert. Es wird
Das Angebot der Jugendverkehrsschulen muss dringend ausgebaut werden. Sie müssen personell und technisch besser ausgestattet werden. Deshalb hat die Berliner CDU-Fraktion bereits am 7. Oktober 2019 den Senat aufgefordert, gemeinsam mit den Bezirken die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Jugendverkehrsschulen in Berlin zu stärken. Die Forderungen des CDUAntrages waren und sind weiterhin: die einheitliche und ausreichende Ausstattung der Verkehrsschulen mit Fahrrädern und Fahrzeugen wie beispielsweise Kettcars; natürlich auch die einheitliche und ausreichende personelle Ausstattung; die einheitliche und ausreichende Ausstattung mit technischen Mitteln wie Verkehrszeichen und Ampeln sowie die Erhöhung der Zahl der Verkehrsschulen pro Bezirk – quasi all das, was im Antrag der Koalition heute auch steht. Wir freuen uns schon deswegen auf die Zustimmung der Koalitionsfraktionen zu unserem Antrag, wenn wir das entsprechend im Verkehrsausschuss aufrufen werden.
Die Erhöhung der Kapazitäten im Bereich der Verkehrsschulung in der Berliner Schule – und das durchgehend von der Kita über die Grund- bis zur Oberschule – ist uns sehr wichtig sowie einheitliche Standards und Qualitätsmaßstäbe. Aktuell, also nach Corona, können ja die meisten Jugendverkehrsschulen nur in den Ferien von Gruppen aus Kindertagesstätten besucht werden, da sie während der Schulzeit durch den Verkehrsunterricht der vierten Klassen der Grundschulen quasi vollständig ausgelastet sind. Das ist ein wesentliches Problem, und ich hoffe, dass die Koalition – in den acht Monaten, die Sie hier noch mitregieren und zusammen regieren, zumindest pflichtweise auf dem Papier – da vielleicht auch zu einer Lösung kommt.
Die CDU-Fraktion spricht sich selbstverständlich für die Stärkung der Jugendverkehrsschulen aus, und wir freuen uns, dass die Koalition das endlich auch so sieht, eineinhalb Jahre nach der CDU-Fraktion.
Wir hoffen, dass den Koalitionsideen des Antrags nun auch sichtliche Taten folgen werden, vor allem und zuerst in finanzieller Hinsicht. Mich würde es freuen, entsprechende Ausführungen demnächst auch von Finanzsenator Kollatz zu hören. Auch wenn die Koalition nunmehr eineinhalb Jahre nach dem CDU-Antrag mit diesem Antrag zur Förderung der Jugendverkehrsschulen und der Verkehrsschulbildung kommt, wird die CDU-Fraktion diesen Koalitionsantrag selbstverständlich weiter positiv begleiten. Es geht uns um die Sache, die Verkehrssicherheit, es geht um das Miteinander und nicht das tradierte grüne Gegeneinander, es geht uns um die Kinder, die Jugendlichen und die Menschen, die in dieser Stadt
zusammen leben – das wollen sie im Miteinander und eben nicht im Gegeneinander. Deswegen bin ich für die Worte des Abgeordneten Schopf sehr dankbar, die in die entsprechende Richtung gewiesen haben. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Oh! von der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Torsten Schneider (SPD) – Danny Freymark (CDU): Sie müssen Freunde sein!]
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin jetzt erst einmal etwas überrascht: eine sehr konziliante Rede des Kollegen Friederici! Ich bin völlig perplex.
[Burkard Dregger (CDU): Ja, so ist er! – Oliver Friederici (CDU): Das kommt nicht wieder vor! – Daniel Wesener (GRÜNE): Bedanken Sie sich beim Kollegen Schopf!]
Nun denn! Ich führe den Reigen fort, und ich möchte noch einen anderen Zugang zum Thema Jugendverkehrsschulen wählen. Ich darf zunächst die Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, dass wir erst in unserer letzten Plenarsitzung eigentlich über das Thema gesprochen haben, denn wir haben das Mobilitätsgesetz novelliert und den Fußverkehrsteil beschlossen, und dabei haben die Jugendverkehrsschulen natürlich eine Rolle gespielt. Wir haben die Jugendverkehrsschulen als unverzichtbaren Bestandteil des schulischen Mobilitätsmanagements in § 17a festgeschrieben und mit § 51 wesentliche Grundlagen für die Finanzierung dieses überaus wichtigen Anliegens unserer Koalition gelegt.
Worum geht es? – Es geht darum, die Verkehrssicherheit der Kinder in unserer Stadt zu erhöhen und frühzeitig mit der Mobilitätsbildung anzufangen, und das auf einem qualitativ hohen Niveau.
Zur Begründung des Antrags möchte ich einmal zurückblicken, denn es ist fast fünf Jahre her, dass außerschulische Lernorte wie die Jugendverkehrsschulen in § 124a des Schulgesetzes verankert wurden. Vorausgegangen war, dass mit der Beschlussfassung über den Doppelhaushalt 2016/17 erstmals Mittel aus dem Landeshaushalt an die zuständigen Bezirke gingen. Wir haben das damals als Opposition unterstützt,
denn wichtig war zu diesem Zeitpunkt, dass die Jugendverkehrsschulen als schulische Einrichtungen anerkannt und gesichert werden, zumal damals etlichen aus verschiedenen Gründen das Aus drohte: wegen Flächenkon
Mit den Beschlüssen der Haushalte 2018/19 und 2020/21 haben wir den Bezirken weitere Mittel bereitgestellt. Im letzten Bericht dazu von Juli 2020 heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
Positiv zu bewerten ist, dass die Bezirke die zusätzlichen Mittel im Rahmen ihrer Möglichkeiten nutzen, um die Einrichtungen zu stabilisieren und weiter auszubauen. Augenscheinlich ist aber auch, dass zusätzliche Mittel für einzelne Haushaltsjahre nur eingeschränkt in strukturbildende Maßnahmen fließen können. … In den nächsten Jahren wird es darauf ankommen, die Einrichtungen und deren Leistungsfähigkeit, unter Bezug auf Standards, überbezirklich vergleichbar zu entwickeln.
Das heißt, wir haben 25 Jugendverkehrsschulen in zwölf Bezirken mit unterschiedlicher Verteilung, Ausstattung und Anspruch erst einmal gesichert, mehr aber noch nicht. Das Personal ist in den meisten Fällen engagiert, aber nicht vom Fach und abhängig von den Schwerpunktsetzungen der Jobcenter und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit. Es fehlen also eine gesamtstädtische fachliche Steuerung und auch der Austausch. Jeder macht ein Stück weit seins und ist abhängig von der bezirklichen Finanzlage und dem Anspruch. Das reicht uns als Koalition nicht. Jetzt kommt es darauf an, die Jugendverkehrsschulen in ein Konzept der Mobilitätsbildung und der Verkehrserziehung einzubetten, sie neu aufzustellen und vor allem fachlich-qualitativ weiterzuentwickeln.
In unserem Antrag geht es um einen bedarfsgerechten Ausbau, der sich an der wachsenden Stadt orientiert. Beim Bau neuer Stadtquartiere müssen Jugendverkehrsschulen mitgedacht werden. Es geht um eine Ausstattung, die nicht nur modern, sondern auch inklusiv ist. Es geht um eine Ausstattung mit Personal, das fachlich und pädagogisch qualifiziert, fest angestellt ist und für das gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung selbstverständlich sind. Es geht um quantitative und qualitative Standards, die in der ganzen Stadt gelten sollen, denn längst sind Jugendverkehrsschulen mehr als Orte, an denen Grundschülerinnen und Grundschüler das Radfahren lernen und die Radverkehrsprüfung ablegen. Sie sind vielerorts fest im Sozialraum verankert, bieten bezirksund stadtteilbezogene Angebote, insbesondere für Kitas, beispielsweise bei der Vorbereitung der Kinder auf die Bewältigung des Schulwegs, für Seniorinnen und Senioren, für Geflüchtete, für Menschen mit Handicap und für Menschen, die beispielsweise Unterstützung brauchen, um ihr Fahrrad zu reparieren. – Das wollen wir erhalten und fördern, und ich will hinzufügen: möglichst auch in den Abendstunden und an den Wochenenden. Zu diesen Zeiten muss auch eine Öffnung möglich sein, gerne auch mithilfe ehrenamtlicher Unterstützung.
Lassen Sie uns im Ausschuss also über Standards, über Geld und vor allem darüber reden, wie es gelingt, die Zusammenarbeit zwischen den Bezirken und dem Land, zwischen den Ressorts und mit den Kindern, Eltern und anderen Betroffenen und Beteiligten in unserer Stadt für mehr Verkehrssicherheit, insbesondere für Kinder und Jugendliche, zu organisieren! Ich freue mich auf die Ausschussdebatte und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Das Thema Jugendverkehrsschule und Jugendverkehrserziehung ist sicherlich ein wichtiges Thema. Ich freue mich, dass die Koalition dieses Thema für sich entdeckt hat, und ich freue mich auch, dass Herr Friederici hier betont, dass die CDU 2019 das Thema für sich entdeckt hat, denn ich möchte an Folgendes erinnern: In MarzahnHellersdorf hat 2015 eine Zählgemeinschaft aus SPD, CDU und Grünen unter dem SPD-Bezirksbürgermeister Komoß die Jugendverkehrsschule in Marzahn geschlossen.
Wir als AfD waren es 2016, die die Wiedereröffnung der Jugendverkehrsschule in Marzahn forderten, gemeinsam mit dem Bezirkselternausschuss, also mit den Elternvertretern. Damals haben Sie sich sehr schwer damit getan. Glücklicherweise ist die Jugendverkehrsschule wieder geöffnet. Es freut uns auch, dass Sie das jetzt dauerhaft sichern wollen. In diese Richtung werden wir natürlich mit Ihnen mitgehen,