Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Berlin hat die Masern – 32 Fälle sind bereits in diesem Jahr, 32 in den letzten zwei Monaten aufgetreten, darunter fünf Säuglinge. Die Dimension des Problems wird aber erst deutlich, wenn wir uns die Anzahl der Kinder mit nicht ausreichendem Impfschutz in Berlin anschauen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind allein 7 000 Kinder des Geburtsjahrgangs 2013 in Berlin ohne ausreichenden Impfschutz. Um es deutlich zu sagen: Das ist ein Skandal! Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, Masern sind hochgefährlich. Sie können dazu führen, dass ein Mensch, der diese Krankheit in jungen Jahren hatte, sein Leben lang gesundheitlich beeinträchtigt ist. Vor allem die Kleinsten sind es, die unseren Schutz brauchen, denn Säuglinge und Kleinkinder können erst nach dem elften Lebensmonat gegen diese hochgefährliche Krankheit geimpft werden; zuvor sind sie schutzlos. Lungenentzündungen sind keine Seltenheit. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts erkrankt 1 von 1 000 Kleinkindern an einer Gehirnentzündung mit starken Folgen, bis hin zum Todesfall. Ich bin sicher, Sie erinnern sich alle noch an das Kind, das im
Jahr 2015 an Masern erkrankt und infolge dieser Masernerkrankung gestorben ist. Ich hoffe, wir sind uns alle parteiübergreifend darin einig, dass so etwas nicht noch einmal passieren darf.
Gerade weil Masern eine so lebensbedrohliche Krankheit sind, hat es sich die WHO zum Ziel gesetzt, die Masern auszurotten – ein Ziel, das das Land Berlin konsequent verfehlt. Nach all dem, was wir in den letzten Jahren gelernt haben, bringt jede Aufklärungskampagne, noch jeder sonst gut gemeinte Appell nicht die ausreichende Impfquote. Insofern ist es meine Meinung, dass wir hier deutlich stärkere Maßnahmen ergreifen müssen. Eine meist ideologisch motivierte Haltung von Impfgegnern führt dazu, dass die Masernimpfung boykottiert wird, dabei handelt es sich, wissenschaftlich belegt, um eine maximal risikolose Impfung. Nicht risikolos ist es hingegen, seine Kinder nicht impfen zu lassen. Die jeweiligen Eltern gefährden damit nicht nur die Gesundheit des eigenen Kindes, sondern auch die fremder, teils schutzloser Kinder. Wir als CDU-Fraktion sind daher der festen Überzeugung, dass wir eine Masernimpfpflicht für den Zugang zu Kitaplätzen in Berlin benötigen, denn es kann nicht sein, dass Kinder, Säuglinge, junge Menschen aufgrund eines Selbstverwirklichungstrips einiger weniger Eltern am Ende gesundheitliche Schäden davontragen, bis hin dazu, dass sie mit dem Tod ringen müssen.
Wenn das Gemeinwohl aufgrund des unverantwortlichen Verhaltens einiger Weniger gefährdet ist, muss der Staat aktiv werden. Hier müssen Sie, Frau Senatorin Kolat, eingreifen! Sie tragen die Verantwortung für das Gemeinwohl. Sie müssen diese Kinder, insbesondere die, die schutzlos sind, vor diesen Antiimpffanatikern schützen! Da hilft es auch nicht, sich hinter den Koalitionsfraktionen zu verstecken und zu sagen: Die wollen das aber alles nicht –, sondern Sie sind gewählt, um politische Führung zu übernehmen. Das ist Ihr Amt, Frau Kolat!
Nein, jetzt nicht! – In allen Veröffentlichungen führen Sie und der Senat an, es wäre rechtlich nicht möglich. Ich finde das ja immer spannend, denn mit Juristen kann man über rechtliche Expertise streiten. Ich halte mich ausnahmsweise mal an den Bundesjustizminister Heiko Maas – SPD, falls es jemand vergessen haben sollte –, der Folgendes gesagt hat, Zitatanfang:
Rein rechtlich ist ein Impfzwang möglich. Zwar ist das Impfen ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Es dient aber dem Schutz der Gesundheit und des Lebens. Daher könnte eine Impfpflicht durchaus gerechtfertigt werden.
Zitatende. – Hören Sie also bitte endlich auf, meine Damen und Herren von der Koalition, sich hinter rechtlichen Ausreden zu verstecken! Werden Sie aktiv! Sehen Sie, was für wesentliche Probleme es in dieser Stadt gibt! Das sind nicht die Unisexsternchentoiletten, sondern hier geht es darum, kleinste Kinder vor einer tödlichen Krankheit zu schützen.
Im Übrigen: Wenn Sie schon nicht auf uns hören wollen, hören Sie doch wenigstens auf den Präsidenten der Berliner Ärztekammer, der – ich zitiere – sagt:
Sie werden vielleicht sagen: Das geht nicht, weil jedes Kind einen Anspruch auf einen Kitaplatz hat. – Wir sagen hingegen: Jemand, der aus ideologischen Gründen mit seinem Kind Leib und Leben anderer gefährdet, der soll bitte zu Hause bleiben!
Masern sind keine ideologische, keine parteipolitische Frage, da bin ich mir sicher, sondern eine menschliche. Schalten Sie also bitte Ihren gesunden Menschenverstand ein! Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl, statt sich für einzelne, kleine radikale Gruppen einzusetzen! Übernehmen Sie politische Führung, und lassen Sie es nicht weiter zu, dass eine hochgefährliche Krankheit weiterhin die Kleinsten und Schwächsten unserer Gesellschaft mit dem Tode bedroht! – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Kollege Ludewig! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion! Wo waren Sie eigentlich die letzten fünf Jahre? Sind Sie nur abgetaucht gewesen in der Gesundheitspolitik, oder hatten Sie damals schon den Anspruch zu gestalten, den man nicht bemerkt hat?
Herr Ludewig! Zu allem, was Sie hier einfordern – und wenn Sie dann noch die Senatorin angreifen –, muss man ganz deutlich sagen: Alles, was den Status quo der Gesundheitspolitik in dieser Stadt ausmacht, haben Sie zu verantworten, und zwar mit dem, was Sie getan haben, und mit dem, was Sie zu tun unterlassen haben. Das muss man zunächst einmal ganz deutlich feststellen.
Spielen Sie sich nicht als Retter der Kinder in dieser Welt auf! Das sind Sie weiß Gott nicht, lieber Herr Ludewig.
Lassen Sie mich auf Ihre inhaltlichen Punkte eingehen. Ja, es ist natürlich gut, wenn die Impfempfehlungen des Robert-Koch-Instituts umgesetzt werden. Das sind freiwillige Empfehlungen, bei denen jeder Mensch gut beraten ist, einen Impfschutz zu besitzen, und zwar zum Schutz seiner eigenen Gesundheit oder auch der von anderen. Insofern ist es gut, dass wir gerade bei der von Ihnen benannten Zielgruppe der Kinder eine sehr hohe Durchimpfung in Berlin haben, sowohl was den Erst- als auch den Zweitschutz betrifft.
Die Hauptprobleme liegen bei den 19- bis 49-Jährigen, was Sie im Übrigen auch den Beratungen in den Ausschüssen und in den Plenarsitzungen der letzten Legislaturperiode entnehmen können. Die Hauptbemühung muss insofern darin liegen, den Impfschutz der erwachsenen Bevölkerung zu erhöhen, weil da die Gefährdungspotenziale liegen, egal, über welche Krankheit wir reden, die durch Impfungen vermeidbar wäre.
Insofern begrüße ich sehr, dass die Senatsverwaltung mit ihrem Impfmobil die aufsuchende Impfberatung in dieser Legislaturperiode ausbauen wird, damit wir gerade an die Bevölkerung besser mit Informationen herankommen als bisher.
Das ist respektlos gegenüber jedem Menschen, der sich die notwendigen Gedanken macht: Wie sicher ist eine
Impfung? Was ist das Beste für mein Kind? Welche Nebenwirkungen kann es geben? – Wir als Koalition haben das Leitbild der informierten Selbstentscheidung von Bürgerinnen und Bürgern. Wir wollen keine Zwangsmedikation, wir wollen keine Zwangsverpflichtung bei Impfungen haben. Wir wollen nicht die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger mit staatlich angeordneten Zwangsmaßnahmen bedrängen – so wie Sie es wollen. Wir möchten, dass die Bevölkerung als Patientinnen und Patienten, aber auch als Bürgerinnen und Bürger wissen, was sie tun, dass sie über Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt sind und möglichst dann zu der Entscheidung kommen: Ja, ich lasse mich selbst impfen, und ja, ich schaue, dass meine Kinder einen guten Impfschutz haben.
Im konkreten Seuchenfall haben wir die staatlichen Reglementarien, diese Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu übergehen. Wenn es darum geht, eine konkrete Gefahr durch eine Pandemie abzuwehren, hat der Staat bis zur Quarantäne, bis zu jeglichem Entzug von Freiheitsrechten alle Möglichkeiten, eine pandemische Situation abzuwehren. Das ist ein Eingriff in die Bürger- und Freiheitsrechte, der dann auch sachlich geboten wäre.
Sie aber sagen, es gebe ein theoretisches Risiko. Sie gehen nicht vom konkreten Risiko des betroffenen Menschen aus, ob der nun ein Merkmalsträger oder krank oder nicht krank ist, Sie sagen, es gebe ein theoretisches Risiko, und deswegen sollten die Kinder, die nicht geimpft sind – und da reden wir ja noch nicht mal über die Frage, ob überhaupt eine konkrete Gefährdungslage gegeben ist –, nicht in die Kita oder Schule gehen dürfen. Diese abstrakte Diskussion ist extrem problematisch. Sie konkurrieren hier mit verschiedenen Bürgerrechten – mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, mit dem Recht der Eltern, über die Erziehung der Kinder selbst zu bestimmen –, aber auch mit unserem gemeinsamen Ziel, die Lebensorte Kita und Schule zu einem Ort zu gestalten, wo sich Persönlichkeiten entfalten. Deswegen wollen wir natürlich auch, dass die Eltern ihre Kinder zur Kita schicken, dass man dort Beratung und Information anbietet und mit ihnen über weitergehende Maßnahmen spricht.
Ja, es wäre möglich, eine Impfpflicht durch eine Allgemeinverfügung anzuordnen. Aber ich sage ganz klar: Ich möchte gesundheitspolitisch nicht eine Allgemeinverfügung haben. Und wir werden hier im Ausschuss sicherlich die Vor- und Nachteile weiter erörtern.
Ich lobe sehr den Antrag der FDP-Fraktion, der entsprechende Änderungen auch zu Ihrem seltsamen Antrag vorlegt, der sehr die Notwendigkeiten betont, mehr in Aufklärung und Prävention hineinzugehen, auch sehr betont, über das Personal zu motivieren, einen hohen Impfstatus zu haben. Auch da müssen wir schauen, ob die in den Impfempfehlungen benannten Risikogruppen auch von Beschäftigten in den Kitas, in den Schulen, in den
Gesundheitseinrichtungen, bei Busfahrerinnen und Busfahrern, Menschen, die viel Kontakt mit anderen Menschen haben, ob die denn Impfempfehlungen nachkommen, am besten auf freiwillige Art und Weise.
Natürlich müssen wir uns auch darüber unterhalten, wie vielleicht routinemäßig beim Antritt an der Schule oder bei der Eingliederung des Kindes in die Kita gefragt wird, ob man einen Impfpass hat und ob man ihn vorlegen kann. Aber das sind alles Maßnahmen, die die Akzeptanz stärken. Wir können kein Gesundheitswesen aufbauen in dieser Stadt, das bürgerliche Freiheitsrechte dermaßen eklatant ignoriert, wie Ihr Antrag von der CDU das tut. Im Übrigen haben Sie aus guten Gründen auch nicht in den letzten fünf Jahren entsprechende staatliche Initiativen ergriffen, als Sie in der Umsetzungsverantwortung waren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Isenberg! Meine sehr geehrten Damen und Kollegen! Ein „seltsamer“ Antrag, der zumindest vom Präsidenten der Berliner Ärztekammer und von vielen weiteren eine absolute Unterstützung erfährt – das dürfen Sie dann beurteilen, wie seltsam dieser Antrag ist – erstens. Zweitens: Sie reden von einer abstrakten Gefahr und von einer guten Durchimpfung. Ich sage Ihnen: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind 7 000 Kinder in Berlin ohne ausreichenden Impfschutz. Wenn Sie das als eine gute Durchimpfungsquote bemessen, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Gesundheitspolitik von der SPD-Fraktion!
Und der dritte Punkt, Herr Isenberg: Wir reden nicht über eine generelle Impfpflicht, wie Ihr Bundesjustizminister Heiko Maas sie 2015 befürwortet hat, nein, wir reden über eine freiwillige Leistungsinanspruchnahme, einen Kitaplatz. Und da sind kleine Kinder auch unter elf Monaten, die schutzlos sind. Jetzt können Sie sagen, wir reden über eine abstrakte Gefahr. Ja, wir reden über eine abstrakte Gefahr. Wir wollen, dass ein Säugling oder ein Kleinkind, das schutzlos ist, nicht durch Kinder angesteckt wird, die von fanatischen Impfgegnern nicht geimpft werden und diesen Virus dorthin bringen, damit wir wieder einen Todesfall in Berlin haben. Wenn Sie meinen, das sei nur abstrakt: Herzlichen Glückwunsch! Wir meinen, wir wollen unsere Kinder vor dieser abstrakten