Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

[Zuruf: Das ist Hetze!]

Sie sagen „Hetze“ zu mir? Das ist wirklich lustig.

[Unruhe]

Einen Moment! Ich unterbreche kurz die Debatte. Es gibt hier den Antrag auf Sitzung des Ältestenrates. In Anbetracht der Zuspitzung der Debatte werde ich am Anschluss an diese Sitzung zum Ältestenrat einberufen. Dann liegt auch das Protokoll vor. Nun bitte ich um Ruhe. Jetzt hat der Abgeordnete Herr Schneider das Wort, und nur Herr Schneider.

Es ist eine Abwägungsentscheidung, die wir für nicht nur vertretbar, sondern für richtig halten. Wie wäre die politische Debatte, der Regierende Bürgermeister wäre in Ansehung von zwölf Todesopfern dort nicht hingegangen? Das hätte ich einmal in der Stadt sehen wollen, was dann hier los gewesen wäre.

(Dr. Gottfried Curio)

[Frank-Christian Hansel (AfD): Der Senat hätte selbst etwas machen können! – Beifall bei der AfD]

Jetzt komme ich einmal zur Glaubwürdigkeit und zur Glaubhaftigkeit Ihres Antrages. Herr Fraktionsvorsitzender! Ich habe es Ihnen im Ältestenrat schon gesagt. Sie sind doch Soldat gewesen. Sie haben einen Eid geschworen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verteidigen. Das ist das, was hier gerade im Redebeitrag adressiert wurde. Es ist essenziell für die Demokratie. Demos ist altgriechisch und steht für Staatsvolk. Es ist essenziell, freie Wahlen zu haben. Es ist essenziell, dass Abgeordnete im System der repräsentativen Demokratie hier das Staatsvolk – nicht das Volk, sondern das Staatsvolk, sonst hätten wir ethnos, wenn Sie sich im Altgriechischen auskennen, das muss ein Soldat nicht wissen – und hier Volksvertreter sind. Ihr Kollege, den ich gerade gegeißelt habe, dass ich nur mit Mandatsträgern rede, hat hier in diesem Parlament erklärt, dass Mitglieder aller anderen Fraktionen keine Vertreter des Volkes sind. Das ist ein eigentlicher Skandal. Sie haben Ihre Maske fallen lassen. Darum geht es.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Deshalb fällt dieses wirre Geschreie auf Sie selbst zurück, dieses Geschreie, ich müsse gerügt werden und dergleichen mehr. Das akzeptiere ich im Übrigen. Aber ich konfrontiere Sie mit Ihrer eigenen unparlamentarischen Hetze in diesem Haus. Das ist der Fakt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Nun ist es in der öffentlichen Wahrnehmung so gewesen – ich habe von Latten am Zaun und Architektur gesprochen –, dass es in den Kontext mit einem Antrag zur Hintergrundbeleuchtung irgendeiner Nachrichtensendung gerückt wurde. Das ist unter meiner politischen Wahrnehmungsschwelle, auch wenn es uns alle erheitert hat. Geredet habe ich zu diesem staatsfeindlichen und verfassungsfeindlichen Fallenlassen der Maske, dass Sie hier den Kollegen sagen, sie seien keine Vertreter des Volkes. Sie müssen jetzt bewerten, ob Sie da an der Seite stehen.

[Anhaltender Beifall und Bravo bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Es ist jetzt eine Kurzintervention angemeldet durch die Fraktion der AfD. – Herr Curio! Sie haben das Wort.

[Georg Pazderski (AfD): Dr.! Das muss schon sein! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie können den doch nicht ernst nehmen! – Zuruf: Stasi! Georg Pazderski (AfD): Wir sind hier nicht in der Volkskammer!]

Herr Schneider! Es ist keine neue Erfahrung, dass Sie Ihr Vakuum an Argumentation mit Pöbeleien füllen. So auch dieses Mal. Ich entnehme Ihren Darlegungen, die von Pöbeleien strotzten, dass Sie in der Sache nichts zu erwidern haben. Insbesondere stelle ich jetzt Ihre Falschdarstellung dessen, was ich gesagt habe, richtig. Die Stelle mit der Beihilfe, auf die Sie sich bezogen haben, lautet:

Der Zweck der Veranstaltung bestand offenbar darin, die islamistischen Vereine weißzuwaschen und mit ihnen das auf Tötung Ungläubiger ausgerichtete islamistische Gedankengut. Deshalb hat das Abgeordnetenhaus allen Grund, dem Regierenden Bürgermeister seine Missbilligung auszudrücken, hier Beihilfe geleistet zu haben.

[Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]

Mit anderen Worten: Beihilfe bei der Weißwaschung dieser islamistischen Vereine. Das hat er getan.

Und ich muss sagen: Es ist eine besonders schlimme Steigerung dessen, dass wir heute Morgen in der persönlichen Erklärung des Regierenden Bürgermeisters anlässlich der Fragestunde bei der entsprechenden Frage gelernt haben, dass er seine persönlich Einschätzung an die Stelle des Verfassungsschutzes setzt. Er hat befunden: Solange eine Veränderung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hin zu einem islamischen Staat auf Grundlage der Scharia mit friedlichen Mitteln geschieht, ist dagegen gar nichts einzuwenden.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das war der Skandal!]

Das waren die Äußerungen von Herrn Müller. Mit anderen Worten: Wenn wir Moslems unbeschränkt Wahlrecht geben und die irgendwann einfach von sich aus mit Zweidrittelmehrheit die Scharia einführen, dann ist das für Herrn Müller okay. Das sind seine Freunde. An deren Seite hat er sich gestellt. Das haben wir heute hier erfahren. Das ist das eigentliche Ereignis.

[Beifall bei der AfD – Beifall im Stehen von Frank-Christian Hansel (AfD) – Zurufe von der LINKEN und der AfD – Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Herr Dregger das Wort.

[Zurufe von der LINKEN]

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, wir sollten jetzt zur Sache zurückkehren, zu dem Thema, das wir heute diskutieren wollen.

(Torsten Schneider)

Ich glaube, die geäußerte Kritik an der Teilnahme des Regierenden Bürgermeisters an der interreligiösen Veranstaltung auf dem Breitscheidplatz sollten wir nutzen, um unseren Umgang mit Organisationen zu debattieren, die nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes verfassungsfeindliche Ziele verfolgen.

Der Regierende Bürgermeister hat in der heutigen Fragestunde dargelegt, wo seine rote Linie verläuft, nämlich da, wo Gewalt gepredigt und dazu aufgestachelt wird. Ohne Zweifel kommt eine Zusammenarbeit mit gewaltbereiten Extremisten für einen aufrechten Demokraten nicht infrage. Das gilt im Übrigen nicht nur für islamistische Extremisten, sondern ebenso für Rechtsextremisten und Linksextremisten.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Aber, sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, reicht das? Ist das nicht ein bisschen unbedarft? Wie ist Ihre Haltung gegenüber Verfassungsfeinden, die bislang gewaltfrei auf die Beseitigung unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung hinarbeiten?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]

Wollen Sie diese weiterhin durch gemeinsame öffentliche Auftritte aufwerten und dadurch gesellschaftlich anerkennen? Haben wir Demokraten an einer solchen Aufwertung von Verfassungsfeinden ein Interesse?

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Mein Eindruck ist: Die Haltung des rot-rot-grünen Senates ist an Naivität nicht zu überbieten.

Dazu ein Beispiel: Der rot-rot-grüne Senat und sein Innensenator Geisel lassen es zu, dass verfassungsfeindliche islamistische Vereine Räumlichkeiten des Landes Berlin und der Berliner Bezirke dafür missbrauchen, dort Veranstaltungen abzuhalten und an der Beseitigung unserer Verfassungsordnung zu arbeiten. Dies hat meine Schriftliche Anfrage vom 6. Februar 2017 zutage gefördert. Die Bibliothek am Luisenbad in Mitte hatte ihre Räumlichkeiten an einen Verein vermietet, der sich Berliner Muslime e. V. nennt. Dieser lud dort zu einer Veranstaltung zum Thema „Projekt Dialog Islam – eine Initiative für ein besseres Miteinander in unserer Stadt!“ ein. Sehr unverdächtig! Ich war übrigens eingeladen. Meine Recherchen haben dann zutage gefördert, was der Berliner Senat in seiner Antwort auf meine Schriftliche Anfrage eingestehen musste: Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ist ein Teil der Funktionsträger dieses Vereines der salafistischen Szene zuzuordnen. – Der Gastredner der Veranstaltung in der Bibliothek des Bezirksamtes Mitte ist einer der Gründungsväter der salafistischen Ideologie in Deutschland. Er ist dem politischen Salafismus zuzuordnen. Er tritt gelegentlich in der AlNur-Moschee und der As-Sahaba-Moschee auf – weitere Nester des salafistischen Extremismus.

Der politische Salafismus – das schreibt der Senat in seiner Antwort – propagiert zentrale verfassungsfeindliche Inhalte wie die Ablehnung des demokratischen Systems in Deutschland. Daher frage ich den Regierenden Bürgermeister und seinen Innensenator: Bleibt es bei Ihrer Antwort auf meine Schriftliche Anfrage? Wollen Sie auch weiterhin nicht verhindern, dass Verfassungsfeinde die Einrichtungen unseres demokratischen Staates missbrauchen, um diesen zu bekämpfen?

[Sven Rissmann (CDU): Unglaublich!]

Um sich als wehrhafte Demokraten zu erweisen, muss der rot-rot-grüne Senat diesen Missbrauch öffentlicher Einrichtungen unverzüglich untersagen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Seine Untätigkeit kommt einem völligen Versagen gleich.

Ein Weiteres ist wichtig: Unsere Verantwortung besteht darin, den politischen Extremismus zu bekämpfen. Dazu müssen wir differenziert vorgehen. Wir grenzen diejenigen aus, die entschlossen als islamistische Extremisten auf die Beseitigung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeiten. Aber unser Kampf besteht nicht nur aus Ausgrenzung, sondern er erfordert es auch, diejenigen zu unterstützen, die sich aus dem Spektrum des politischen Islamismus wirklich und glaubwürdig lösen wollen. Wer dazu bereit ist, wer tut, was wir von ihm verlangen, den müssen und werden wir auf seinem Weg in die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterstützen.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Daher rate ich uns: Schauen wir genau hin, um wen es sich handelt, und pauschalisieren wir nicht nur mit den üblichen Schubladen!

Deswegen, meine Damen und Herren von der AfD, werden wir als CDU-Fraktion Ihren Antrag nicht unterstützen. Wir werden uns enthalten; denn wir wollen an diesem Schubladensystem nicht teilhaben, das wird der Realität nicht gerecht. Und wenn Sie sich mit dem politischen Salafismus, aber auch dem sonstigen politischen Islamismus in Berlin beschäftigen, werden Sie erkennen, dass es notwendig ist, dass es unser Interesse als demokratisches Land ist, diejenigen, die zur Veränderung bereit sind, an die Hand und mit in unser demokratisches System zu nehmen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Selbstverständlich!]

Deswegen, vor dem Hintergrund Ihrer Antragsbegründung, aber auch der Rede, die ich gerade gehört habe, sehen wir uns nicht in der Lage, diesen Antrag zu unterstützen. Wir sehen aber auch keinen Anlass, den Regierenden Bürgermeister zu exkulpieren. Deswegen werden wir uns enthalten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Holger Krestel (FDP) (Burkard Dregger) und Marcel Luthe (FDP) – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Abgeordnete Herr Zillich das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kurz vorweg: Herr Dregger! Zu Ihnen: Auf welcher Vorlage, auf welcher Folie Sie welche Auseinandersetzungen führen wollen, müssen Sie selbst verantworten. Ich glaube, hier war es die falsche.

[Beifall bei der LINKEN]