Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Zu klären wäre unter anderem, wie es sich zum Beispiel rechtlich gesehen mit dem Zutritt der Ersthelfer beispielsweise im privaten Wohnraum bei Gefahr im Verzug verhält. Meiner Kenntnis nach ist diese hoheitliche Aufgabe der Feuerwehr vorenthalten. Vordringlicher als die Etablierung einer Ersthelfer-App ist daher aus unserer Sicht, die Berliner Feuerwehr endlich wieder so auszustatten, dass die Eintreffzeiten wieder nach unten gehen. Hierfür bedarf es deutlich mehr Personals. Es kann nicht sein, dass, wie jüngst den Medien zu entnehmen war, ein

(Dr. Wolfgang Albers)

Rettungswagen von Kreuzberg nach Zehlendorf über 10 Kilometer durch halb Berlin fahren muss. Dass bei einer solchen Strecke die Eintreffzeit nicht gehalten werden kann, sagt einem schon der gesunde Menschenverstand.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch der Bericht eines Zugführers der Berufsfeuerwehr, der mir kürzlich mitteilte, dass man inzwischen schon mit Löschfahrzeugen und Drehleitern zu Rettungseinsätzen ausrückt, wenn abzusehen ist, dass mangels Verfügbarkeit kein Rettungswagen innerhalb der vorgegebenen Rettungsfrist den Einsatzort erreichen kann. Das ist ein Zustand, der für die Feuerwehrbeamten, die täglich für unser aller Wohl im Einsatz sind, zu Recht nur noch schwer zu ertragen ist. Es ist allerdings kein Wunder, wenn man sich den extremen Anstieg der Rettungseinsätze in den letzten zehn Jahren vergegenwärtigt. Von im Jahr 2005 273 000 Alarmierungen ist die Zahl auf 412 000 Alarmierungen im Jahr 2015 gestiegen. Unser Fazit lautet daher, dass eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Wir sagen ja zur Überprüfung der Einsetzbarkeit einer Ersthelfer-App in Berlin, aber vor allen Dingen auch ja zu mehr Personal bei der Berliner Feuerwehr. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Ich würde mich auch gern für die Aufmerksamkeit bedanken, aber die fehlt im Moment völlig. Der Geräuschpegel ist deutlich zu laut für dieses Haus. Sehr verehrte Damen und Herren! Konzentrieren Sie sich bitte noch für den Moment! – Frau Pieroth-Manelli hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass zu dieser Stunde alle da sind und dass ich noch einmal zu Ihnen sprechen darf. Die Absicht hinter diesem Antrag ist nicht nur gut gemeint. Ich finde sie richtig, weil bei einem Herzstillstand oder bei einem Autounfall mit verletzten Menschen nicht nur, wie Herr Albers richtig sagte, jede Minute, sondern jede Sekunde zählt. Deswegen muss das Ziel sein, Verletzte so schnell wie möglich zu versorgen. Hier können wir in Berlin sicherlich besser werden. Hier kann man eigentlich nie gut genug sein. Ich bin aber im Zweifel, ob die vorgeschlagene Ersthelfer-App dieses Ziel erreicht oder ob die App allein dazu ausreicht, dieses Ziel zu erreichen.

Herr Ludewig hat das Beispiel Israel genannt. In Schweden und Österreich wird seit einigen Jahren eine solche App eingesetzt, in Israel auch mit guten Erfolgen. Das liegt allerdings verstärkt daran, dass auch Menschen in Erster Hilfe ausgebildet werden. Das genau fehlt meiner Fraktion und mir an Ihrem Antrag. Wir brauchen mehr Ersthelfer, mehr Menschen, die keine Angst haben, eine

Herz-Lungen-Massage vorzunehmen. Wir brauchen mehr Menschen, die einen qualifizierten Notruf absenden können.

Das ist erst der Anfang der Rettungskette. Gab es 2010 in Berlin noch etwas weniger als 280 000 Rettungsdiensteinsätze bei der Berliner Feuerwehr, so waren es 2015 schon mehr als 360 000 Einsätze. Die wachsende Stadt macht sich auch hier deutlich bemerkbar. Deshalb aber reicht ein solcher Ansatz nicht aus. Wir müssen auch endlich bei den Rettungsdiensten nachsteuern. Dazu kommt, dass auch die Notaufnahmen und Intensivstationen in dem gleichen Maße mitwachsen müssen. Nichts wäre schlimmer, als durch Herzdruckmassage gerettete Patientinnen und Patienten im Krankenhaus nicht angemessen versorgen zu können. Hier müssen wir dann über Überlastung der Notaufnahmen reden.

Hinzu kommen ein paar Fragen der technischen Umsetzbarkeit. Bisher wird eine solche App in Deutschland nur in Städten eingesetzt, die deutlich kleiner sind als Berlin. Was muss an einer solchen App geändert werden, damit sie auch in Berlin eingesetzt werden kann? Wie hoch ist der Aufwand der Implementierung? Was muss bei der Feuerwehr geändert werden? Stehen die Kosten eines solchen Projekts im richtigen Verhältnis zum Nutzen? Was passiert, wenn ein Ersthelfer in der U-Bahn sitzt und keine Internetverbindung hat?

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Wir sollten uns für dieses wichtige Thema Zeit nehmen. Wir sollten uns aber auch über Folgendes unterhalten: über die Situation in Notaufnahmen, über die Einrichtung von Portalpraxen und deren Ausgestaltung und Finanzierung, über die Situation der Rettungskräfte und nicht zuletzt über mehr Schulungsangebote für Ersthelfer. Abschließend sollten wir uns sorgfältig überlegen, wie wir unser Steuergeld am besten einsetzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit um diese Uhrzeit.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank!

[Unruhe]

Ich bitte jetzt für die letzten Dinge noch um Ihre Aufmerksamkeit. – Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor.

Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, Digitale Verwaltung, Datenschutz, Informationsfreiheit und zur Umsetzung von Artikel 13 Abs. 6 GG sowie § 25 Abs. 10 ASOG empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

(Herbert Mohr)

Die laufende Nr. 25 steht auf der Konsensliste.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 26:

Masterplan Wohnen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0205

Der Tagesordnungspunkt soll nunmehr vertagt werden. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 27 steht ebenfalls auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 28 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nummer 3.5. Die Tagesordnungspunkte 29 bis 31 stehen auch auf der Konsensliste.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 32:

Wahlkampfveranstaltungen türkischer Regierungsmitglieder

Antrag der Fraktion der FDP, der Fraktion der CDU und der AfD-Fraktion auf Annahme einer Entschließung Drucksache 18/0218

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu dem Antrag hat die Fraktion der FDP die sofortige Abstimmung beantragt. Die Fraktion der SPD beantragt dagegen die Überweisung federführend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, Digitale Verwaltung, Datenschutz, Informationsfreiheit und zur Umsetzung von Artikel 13 Abs. 6 GG sowie § 25 Abs. 10 ASOG. Hierüber lasse ich zuerst abstimmen. Wer den Überweisungen zustimmen möchte, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD. Wer stimmt gegen die Überweisung? – Das sind die Fraktionen der CDU, der FDP, der AfD und der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist der Antrag überwiesen, und der Antrag auf sofortige Abstimmung hat sich damit erledigt.

Ich komme zur

lfd. Nr. 33:

Richtig „Maas“-nehmen: kein Führerscheinentzug bei Nichtverkehrsstraftaten

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0219

Der Tagesordnungspunkt soll nunmehr vertagt werden. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 34 und 35 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 36 war Priorität der Frak

tion der FDP unter Nummer 3.1. Die Tagesordnungspunkte 37 und 38 stehen ebenfalls auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 38 A war Priorität der AfDFraktion unter Nummer 3.6.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 38 B:

Groben Unfug verhindern – kein Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen in Berlin

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0236

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. – Der Tagesordnungspunkt soll nunmehr ebenfalls vertagt werden. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Dies war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste, die 9. Sitzung findet statt am Donnerstag, dem 6. April 2017 um 10 Uhr.

Damit ist die Sitzung geschlossen.

[Unruhe]

Ich wünsche allen einen guten Heimweg und bitte, darüber nachzudenken, ob Sie es schaffen, sich auch mal bis zum Ende einer Sitzung zu konzentrieren. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall]

[Schluss der Sitzung: 18.44 Uhr]

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Anlage 1