Protocol of the Session on August 19, 2021

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[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir sehen uns hier in Übereinstimmung mit den Hinweisen des Familienberichts 2020, und wir sehen auch eine enge Verknüpfung mit den strategischen Zielen und Leitlinien, wie sie die Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut in ihrem vor wenigen Tagen vorgelegten Bericht präsentiert hat. Dieses Gesetz schafft nicht nur die Grundlage für Teilhabe von Familien am

Leben in der Gesellschaft, sondern es entstand auch im engen Zusammenwirken mit ihnen. Das macht seine Stärke aus. Die im Gesetz verankerte Evaluierung werden wir deshalb auch gemeinsam mit den Familien in dieser Stadt durchführen.

Noch zwei Sätze zu den Änderungsanträgen: Zum Änderungsantrag der Koalition, der Bestandteil der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses ist, ist nur zu sagen, dass wir neue gesetzliche Vorlagen aus dem SGB VIII auf Bundesebene aufgenommen haben und der Raumfrage und der Verbindlichkeit von Standards mehr Gewicht gegeben haben. Der Änderungsantrag der CDU wurde bereits im Fachausschuss gut begründet abgelehnt. – Lieber Herr Simon, gerade im Interesse der Planungssicherheit ist es aus unserer Sicht gut, eine Entkoppelung der gesetzten Fristen von den Laufzeiten der Wahlperioden in Kauf zu nehmen. Und es geht um einen politischen Grundkonsens der demokratischen Parteien zur Familienpolitik, der länger anhält als eine Wahlperiode.

Die Beschlussvorlage für dieses Gesetz wurde in den Ausschüssen einstimmig angenommen. Wir bitten Sie, auch hier im Plenum dem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die CDU folgt dann der Kollege Simon.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Familienförderung ist eins, das immer wieder im Parlament besprochen wird, und das ist gut. Die Familien in Berlin sollen wissen: Sie sind uns wichtig. Kinder sind Zukunft, und Kinder und Familien sind nicht nur dem Parlament allgemein, sondern der CDU wichtig – so wichtig, dass es uns nicht genug ist, den Gesetzgebungsprozess einfach passiv zu begleiten, sondern wir fanden es wichtig, Vorschläge, die wir hatten – Frau Seidel hat erwähnt, dass wir sie im Ausschuss schon vorgebracht haben –, auch jetzt im Parlament noch einmal einzubringen. Wir freuen uns, dass wir mit unseren Argumenten die beiden anderen Oppositionsfraktionen überzeugen konnten, und wir würden uns freuen, wenn wir auch die Koalitionsfraktionen mit unseren Argumenten überzeugen könnten. Wir tragen sie heute sehr gerne noch einmal vor.

Was sieht der Gesetzentwurf vor? – Er sieht im Text des Gesetzes kein Datum für das erstmalige Inkrafttreten von bezirklichen Familienförderplänen und des Landesfamilienförderplans vor. Wieso nicht? – Erst in der Begründung des Gesetzentwurfs auf Seite 38 wird ausgeführt, ab wann die bezirklichen Familienförderpläne und wann der erste

(Katrin Seidel)

Landesfamilienförderplan aufgestellt werden sollen. Das ist zu unbestimmt. Zu wann diese Förderpläne aufgestellt sein sollen, muss in den Gesetzestext.

Auch die in der Begründung genannten Zeiten sind merkwürdig. Für die bezirklichen Familienförderpläne ist ausgeführt, dass diese ab dem Jahr 2026 aufgestellt werden sollen, und für den Landesfamilienförderplan ist ausgeführt, dass dieser im Jahr 2028 aufgestellt werden soll. Wir haben jetzt 2021. In 2028 – nicht so wahnsinnig ambitioniert, liebe Koalition! – Aber auch das ist reichlich schwammig, denn was ist denn „ab 2026“? Ist das 2026, ist es 2027, 2028, 2038, 2048? Was soll das? – Die Familien in Berlin verdienen es, dass wir hier im Parlament eine konkrete und baldige Aufstellung der bezirklichen Familienförderpläne regeln.

Ich frage Sie von Rot-Rot-Grün, von den Linken, von der SPD, von den Grünen: Weshalb möchten Sie das Ganze in die übernächste Wahlperiode schieben? Weshalb möchten Sie in der nächsten Wahlperiode keinen Landesfamilienförderplan aufstellen lassen? – Ich rufe Ihnen zu: Die Kinder, die Familien sind so wichtig für uns, dass wir uns dafür einsetzen, schon in der nächsten und nicht erst in der übernächsten Wahlperiode einen Landesfamilienförderplan aufzustellen.

[Beifall von Heiko Melzer (CDU) und Emine Demirbüken-Wegner (CDU) – Christian Buchholz (AfD): Aber die linken Parteien arbeiten doch gegen Familien!]

Die CDU schlägt mit dem heute hier erneut vorliegenden Änderungsantrag vor, die bezirklichen Familienförderpläne zum 1. Mai 2025 – konkretes Datum, anders als in Ihrer Gesetzesbegründung, da steht reichlich schwammig „ab 2026“ – und den ersten Landesfamilienförderplan zum 1. November 2025 – auch konkretes Datum und zwar in der nächsten und nicht erst in der übernächsten Wahlperiode – aufzustellen.

Außerdem schlagen wir vor, die Fristen für die Fortschreibung der bezirklichen Familienförderpläne und des Landesfamilienförderplans so zu regeln, dass bei der Fortschreibung der jeweils aktuelle Bericht über die Lage der Familien, der sogenannte Familienbericht, berücksichtigt werden kann. In § 24, Abs. 1 Satz 2 Nummer 3 ist richtigerweise vorgesehen – das finden wir gut –, dass spätestens drei Jahre nach dem erstmaligen Zusammentritt des Berliner Beirats für Familienfragen ein solcher Bericht vorzulegen ist. Richtig ist, dass im Gesetz nicht nur die Beratungsfunktion dieses Beirats, sondern auch vorgesehen ist, dass der Berliner Beirat für Familienfragen Interessenvertreter für die Familien sein soll. Wir alle wollen, dass dieser Beirat, dessen Arbeit aus Steuermitteln finanziert wird, so arbeitet, dass politisch Verantwortliche auf Bezirks- und auch auf der Landesebene davon profitieren können, und zwar maximal profitieren können. Dann sollten wir auch dafür sorgen, dass bei der jeweiligen Fortschreibung der Familienförderpläne auch

ein aktueller Familienbericht vorliegt und nicht einer, der schon älter ist.

Was aber haben Sie im Gesetzentwurf geregelt? – Im Gesetzentwurf schlagen Sie vor, zu regeln – im jeweils letzten Satz von Absatz 2 und 3 des § 43 b –, die Förderpläne alle vier Jahre fortzuschreiben. – Frau Seidel! Sie haben es eben auch erwähnt: Sie wollen die Unabhängigkeit von Wahlperioden. Wir meinen aber, dass wir das anders regeln sollten, denn die bezirklichen Familienförderpläne sind nach Ihrer Gesetzesbegründung ab 2026 zu beschließen. Es wird also Bezirke geben, die den jeweils aktuellen Bericht des Familienbeirats berücksichtigen können, und andere werden einen Bericht vorzulegen haben, der zwei, drei oder auch vier Jahre alt ist. Lassen Sie uns die sinnvolle Regelung in § 24 Abs. 1 Satz 2 Nummer 3 auch in den § 43 übernehmen, dort aufgreifen!

Wir schlagen vor, dass die bezirklichen Familienförderpläne spätestens ein halbes Jahr nach Vorlage des aktuellen Familienberichts fortzuschreiben sind und der Landesfamilienförderplan wiederum danach – nämlich nach Vorlage des aktuellen Familienberichts, ein Jahr danach und ein halbes Jahr nach Fortschreibung der bezirklichen Familienförderpläne. Wir hätten dann also nicht den Bezirk A, der im Jahr 2026 den ersten bezirklichen Familienförderplan vorlegt, und den Bezirk B, der das im Jahr 2030 macht, sondern wir hätten das gleichlaufend.

Ich werbe für Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Ich werbe dafür, dass die erstmalige Aufstellung des Landesfamilienförderplans nicht in die übernächste Wahlperiode geschoben wird. Ich werbe dafür, dass Kindern und Familien der Stellenwert gegeben wird, der ihnen zusteht. Es steht ihnen zu, dass wir uns auch auf Landesebene schon in der nächsten Wahlperiode mit der Familienförderung befassen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Maren Jasper-Winter (FDP)]

Für die SPD-Fraktion folgt dann Frau Kollegin Kühnemann-Grunow. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein richtig guter Tag für die Familien in Berlin,

[Zuruf von Roman Simon (CDU)]

denn heute beschließen wir deutschlandweit das erste Familienfördergesetz überhaupt. Mit der Idee, Familien gezielt zu fördern und zu unterstützen, zeigt Rot-RotGrün einmal mehr, dass wir die Situation von Familien in der Stadt ernst nehmen.

(Roman Simon)

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Anne Helm (LINKE), Katrin Seidel (LINKE) und Dr. Turgut Altuḡ (GRÜNE)]

Herr Simon! Es ist schon sehr niedlich: Sie sprechen davon, wie wichtig der CDU dieses Thema ist. Man muss einfach nur einen Blick in Ihre Reihen werfen, dann sieht man, wie wichtig der CDU die Familienpolitik ist.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der CDU]

Es geht jetzt vor allem darum, erst einmal die Grundstrukturen zu schaffen. Wenn man mit den Trägern spricht, so wie wir das von Rot-Rot-Grün in der Regel auch tun, merkt man, dass es jetzt nicht um Förderpläne geht. Es geht darum, die Strukturen aufzubauen, und dann werden wir weitersehen. Förderpläne haben wir im Gesetz fest verankert und werden sie dann dementsprechend nachhalten.

Wir haben in dieser Legislaturperiode sehr viel erreicht. Wir haben das Jugendfördergesetz auf den Weg gebracht – das ist übrigens sozusagen die Blaupause für dieses Familienfördergesetz –, und wir haben damit endlich verbindliche Standards in der Jugendarbeit gesetzt. Wir haben neben dem Ausbau der Kitaplätze mit dem KitaFöG auch die Qualität in der Kita verbessert. Und das Allerwichtigste ist: Wir halten am Grundprinzip der gebührenfreien Bildung von der Kita bis zur Hochschule fest und haben neben der Abschaffung der Kitagebühren noch zahlreiche weitere Erleichterungen für Familien erreichen können. Ich will hier nur ganz kurz noch das gebührenfreie Schülerticket und das gebührenfreie Mittagessen in der Grundschule ansprechen. – Wir entlasten Familien effektiv.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD), Frank Zimmermann (SPD) und Katrin Seidel (LINKE) – Ülker Radziwill (SPD): Gut so!]

Berlin ist eine attraktive Metropole. Viele Familien entscheiden sich, herzuziehen und hier Kinder zu bekommen. Seit vielen Jahren hat Berlin einen Geburtenzuwachs. Mehr als 40 000 Kinder kommen hier jährlich zur Welt. Das ist großartig, aber eines ist auch klar: Die Bedeutung der Familienförderung nimmt ebenso stark zu. Viele Familien brauchen Unterstützung. Jüngst hat die Köller-Kommission attestiert, dass sich der spätere Bildungsweg eines Kindes schon vor dem Schulbesuch entscheidet und wie wichtig der Besuch der Kita ist. – Da hat die CDU ganz häufig noch von Verwahrungsanstalt gesprochen

[Heiko Melzer (CDU): Was? In welchem Land leben Sie?]

und noch nicht wirklich von Bildungseinrichtungen – aber Ihnen sind die Familien ja wichtig.

Wir brauchen auch Beratungsangebote für den Bildungsweg. Immer noch zu viele Eltern wissen nicht, wie wichtig der Besuch der Kita ist. Viele Familien leben in Berlin in zunehmend komplexer werdenden Lebenssituationen und brauchen vor allem auch niedrigschwellige Beratungs- und Entlastungsangebote.

Sie haben den Beirat für Familienfragen angesprochen. Da hören wir natürlich immer wieder, dass die Familien auch über steigende Mieten klagen und es ihnen zu schaffen macht, dass sie keine Wohnungen finden. Für die Zukunft kann das nur heißen, dass der Wohnungsbau in Berlin Chefinnensache werden muss.

[Beifall bei der SPD]

Das gilt insbesondere nach dem Scheitern des Mietendeckels. Hier hat die CDU noch einmal sehr eindrücklich bewiesen, dass sie nicht an der Seite der Mieterinnen und Mieter und nicht an der Seite der Familien in Berlin steht. Familien brauchen bezahlbaren Wohnraum und eben auch Beratungsangebote, wie sie an eine solche Wohnung kommen können. Obwohl wir auch in dieser Legislatur weitere Familienzentren auf den Weg bringen, hält die Ausstattung mit konkreten Angeboten der Familienförderung bisher mit der Entwicklung in unserer Stadt nicht Schritt, und das werden wir mit dem Familienfördergesetz ändern. Alle Angebote, mit denen wir Familien finanziell entlasten, sind gut. Viele Familien brauchen aber zusätzlich Beratung und Begleitung. Wir wundern uns über Kinder, die nicht schulreif sind, wissen aber, dass Familien ihren Alltag oft nur sehr schwer bewältigen.

Dies ist der Grund, warum wir uns als Koalition dazu entschlossen haben, das Familienfördergesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen, und heute ist es endlich so weit. Marianne Burkert-Eulitz hat schon gesagt, wie glücklich sie darüber ist. Fünf Jahre haben wir daran gearbeitet, und nach einem sehr kooperativen Beratungsprozess liegt heute das Gesetz zur Abstimmung vor, und ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die daran mitgearbeitet haben. Wir wollten wieder ein breites Beteiligungsverfahren – Katrin Seidel hat es angesprochen –, das an die positiven Erfahrungen des Jugendfördergesetzes anschließt, und deshalb freue ich mich sehr, dass viele Eltern, aber auch Fachkräfte aus Familienzentren und Beratungsstellen, der Liga der Wohlfahrtsverbände und des Landesjugendhilfeausschusses in den Fachforen mitgearbeitet haben und sich eben auch einbringen konnten. Der Dialog mit den betroffenen Gruppen der Stadtgesellschaft war eine Grundvoraussetzung dafür, dass dieses Gesetz auch gelingt.

Ich möchte mich aber auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Fachausschuss für die vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit bedanken, und natürlich bei der Senatsverwaltung für Jugend, die in diesem kurzen

Zeitraum – das muss man auch mal sagen – diesen Entwurf vorgelegt und in den Fachforen hat diskutieren lassen. Es ist uns außerdem so gelungen, in der Verhandlung noch eine Ombudsstelle zu implementieren. Von daher war das eine wunderbare Zusammenarbeit. Vielen Dank dafür!

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Mit dem vorliegenden Gesetz wird eine quantitative und qualitative Verbesserung und eine grundsätzlich bessere gesamtstädtische Verteilung der Beratungs- und Entlastungsangebote in Berlin ermöglicht. In der Zukunft werden wir sicherlich noch genau darauf gucken müssen, dass die Bezirke das Geld auch ausgeben und das Geld auch wirklich für Familien einsetzen. Vielleicht braucht es darauf auch noch mal den genauen Blick bei den Haushaltsberatungen, aber wir schaffen mit dem Familienfördergesetz neue Rahmenbedingungen für ein vielfältiges und bedarfsgerechtes Angebot für Familien in allen Berliner Bezirken. Das gilt für die ganze Bandbreite der Angebote zu Erziehungsfragen, zur Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung, zur Teilhabe, Integration, der Minderung von Armutsfolgen und Unterstützung rund um Partnerschaftsfragen.

Mit dem vorliegenden Gesetz beteiligen wir außerdem Familien zukünftig bei der Angebotsplanung vor Ort und orientieren uns bei der Bemessung des Bedarfs an einwohnerbezogenen Richtwerten, und das sucht in Deutschland wirklich seinesgleichen. Im Jugendbereich haben wir mit dem Förder- und Beteiligungsgesetz bereits Maßstäbe gesetzt, und mit der Familienförderung geht es jetzt weiter. Ich freue mich, wenn wir dieses Gesetz heute hier so verabschieden und damit der Familienförderung in Berlin entscheidend den Rücken stärken. Rot-Rot-Grün hat in dieser Legislatur im Jugend- und Familienbereich ambitionierte Pläne gehabt, und ich kann für mich – aber da, glaube ich, spreche ich auch für die komplette Koalition – frohen Mutes sagen: Wir haben es versprochen, aber wir haben es eben auch gehalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Tabor jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Berliner Familien! Nicht nur Merkels „Wir schaffen das!“, sondern auch Konrad Adenauers Satz: „Kinder kriegen die Leute immer“ war historisch gesehen völlig falsch.

[Beifall bei der AfD]

Dieser Irrtum konnte auch nach Jahrzehnten verfehlter Familienpolitik nicht behoben werden. Die CDU hat den