In den letzten Jahren konnte man allerdings den Eindruck gewinnen, als ob auch Deutschland mehr und mehr zu einem segregierten Land geworden wäre. Auch bei uns ist jetzt immer mehr von Rassismus, ja gar von strukturellem und systemischem Rassismus die Rede, so, als lebten wir nun unsererseits in einem Apartheidstaat. Was hat es damit auf sich? Ist Deutschland zu einem Hort des Rassismus geworden, wie es auch der Antrag der Linken suggeriert, oder haben wir lediglich die Maßstäbe verschoben?
Wer die Debatten der letzten Jahre aufmerksam verfolgt hat, wird feststellen müssen, dass der Rassismusbegriff, der heute der These vom strukturellen Rassismus zu
grunde gelegt wird, nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem gewöhnlichen Rassismusbegriff zu tun hat, wie er noch vor wenigen Jahren üblich war und wie ihn auch heute noch die meisten Menschen verstehen. Dieser herkömmliche Rassismusbegriff leuchtet auch ohne großen Theorieaufwand intuitiv ein. Er versteht unter Rassismus Einstellungen und Handlungen, die andere Menschen aufgrund von ethnischen Unterschieden abwerten oder diesen bestimmte negative Eigenschaften zuschreiben.
Dem gegenüber schiebt sich immer mehr der neue, woke Antirassismusbegriff in den Vordergrund, der im Zuge postkolonialer Debatten auch bei uns Einzug gehalten hat. Er wird vor allem in den aktivistischen Sozialwissenschaften ventiliert, basiert auf der Critical Race Theory und zieht sich in vielen Verästelungen durch Disziplinen wie Critical Whiteness, Postcolonial Studies oder neuerdings verstärkt die sogenannten Settler Colonial Studies, deren Hauptzweck darin besteht, Israel als letztes weißes Siedlerprojekt zu imaginieren und als Apartheidstaat zu diffamieren.
Die neuen Theorien basieren im Prinzip alle auf einem Axiom, das mit den universalen Prinzipien der Aufklärung nichts mehr zu tun hat. Dieses Axiom besagt – ich vereinfache, aber es trifft den Kern –: Weiße Menschen können nur Täter sein, farbige Menschen können nur Opfer sein. – Mit anderen Worten: Keine Handlung eines weißen Menschen kann nicht rassistisch sein, sie kann per se immer nur rassistisch sein. – Das ist absurd, bestimmt aber immer mehr die Wahrnehmungen einer selbst erklärten woken Elite, vor allem an den Universitäten und im Kulturbetrieb. Dabei hat sich dieser woke Antirassismus mehr und mehr zu einer Ersatzreligion entwickelt. Seine Anhänger sind vorwiegend linksliberale Weiße, die sich, ähnlich wie bei der Klimareligion, ihrer Auserwähltheit durch die Unterwerfung unter einen Schuldkomplex versichern, sei es die Kolonialschuld oder sei es die Klimaschuld.
Ihre moralische Überlegenheit ziehen diese Personen aus immer neuen Bußritualen und versuchen dann mit diesem Rassismusvorwurf neue Jünger zu gewinnen. Jeder, der vom Eifer der Erwählten abweicht, wird an den Pranger gestellt. Wo das hinführt, zeigen die Beispiele, bei denen weiße Künstler angefeindet werden, weil sie Dreadlocks tragen, oder eine Rentnertanzgruppe, weil sie mit Sombreros auftreten will.
Was aber harmlos klingt, ist mittlerweile bitterernst. Spätestens mit dem Abdriften der postkolonialen Debatten seit der documenta fifteen, vor allem aber seit dem 7. Oktober ist aus akademischer Verschrobenheit bitterer Ernst geworden. Es kommt einer Bankrotterklärung gleich, wie vor allem linke Parteien immer wieder versu
Das verstärkt dann wiederum die Unwucht in der Rassismusdiskussion, sei es dadurch, dass die Schuld- und Bußrhetorik gegenüber einem vermeintlichen Globalen Süden für die heranwachsende, nachwachsende Generation immer drückender wird, sei es, dass die These um strukturellen Rassismus jede realitätsbezogene Wahrnehmung aktueller Probleme unterminiert, oder sei es, dass untadelige Mitarbeiter von Behörden und Polizei, aber auch ganz normale Bürger unter permanenten Rassismusverdacht gestellt werden.
All diese Entwicklungen waren schon seit dem 7. Oktober deutlich erkennbar, haben jetzt aber eine Dynamik entwickelt, die das friedliche Zusammenleben gefährdet. Denn wir müssen feststellen: Der woke Antirassismus ist zum Einfallstor für Antisemitismus geworden,
vor allem für den muslimischen Antisemitismus. Und jeder, der diesen muslimischen Antisemitismus kritisiert, wird dann unter Rassismusverdacht gestellt. Wer diese Auswüchse des neuen Antirassismus nicht sieht, wer nicht darüber reden will, der sollte besser auch von der Bekämpfung des Antisemitismus schweigen.
und heuchlerisch aus dem Munde derjenigen, die dem woken Antirassismus nach dem Munde reden, so, wie Sie das machen, Frau Helm!
Dabei ist es ja nicht so, dass es auf der linken Seite des politischen Spektrums keine kritischen Debatten gäbe, aber die scheinen nicht hier in diesem Hause, nicht bei Ihnen, Frau Helm, angekommen zu sein!
So hat sich zum Beispiel der kleine Kreuzberger Verlag Edition Tiamat von Klaus Bittermann große Verdienste erworben, als er bereits 2022 in einem Sammelband unter dem Titel „Probleme des Antirassismus“ viele Autoren versammelt hat, die auf die problematische Entwicklung des woken Antirassismus hingewiesen haben.
Der Band setzt sich kritisch mit Critical Race Theory, Intersektionalitätsforschung, Critical Whiteness und
[Zuruf: Reden Sie auch von Antisemitismus und Rassismus in Ihrer eigenen Partei? – Orkan Özdemir (SPD): Seinen eigenen hat er doch gerade vorgetragen!]
Man darf vor diesem Hintergrund auf die nächste Woche in der Edition Tiamat erscheinende Monografie von Ingo Elbe unter dem Titel „Antisemitismus und postkoloniale Theorie“ jedenfalls sehr gespannt sein. Denn es sind gerade die kruden Thesen der postkolonialen Theorie, die auf die abschüssige Bahn des Antizionismus und von dort zum Antisemitismus führen.
Richtig schräg wird es dann, wenn das Festhalten am woken Rassismusbegriff auch noch als Kampf gegen rechts verkauft wird. Das ist schon eine besonders infame Art der Realitätsflucht.
Verantwortungsvolle Politik sollte demgegenüber die Herausforderungen für das Zusammenleben nach dem 7. Oktober ernst nehmen. Stattdessen entwerfen Sie hier das Zerrbild eines von Rassismus zerfressenen Landes, um damit Ihr politisches Süppchen zu kochen, und dafür sollten Sie sich wirklich schämen, Frau Helm!
Die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Menschen in diesem Land mittlerweile glaubt, ihre Meinung nicht mehr frei sagen zu können,
[Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Hört, hört! – Orkan Özdemir (SPD): Sie stehen im Parlament und sagen es!]
Herr Özdemir! Wir für unseren Teil wollen jedenfalls kein Land, in dem die Menschen mit woken Rassismustheorien gegängelt werden. Unsere Vorstellung von Deutschland ist eine andere.
Wir wollen ein freies Land. Wir wollen ein freies Land, in dem jeder Deutsche die gleichen Chancen haben soll, sich zu entfalten und sein Glück zu finden,
Was Sie wollen, ist das genaue Gegenteil. Sie propagieren die ethnisch segregierte Gesellschaft, wo Chancen nach Hautfarbe zugeteilt werden.