Was Sie wollen, ist das genaue Gegenteil. Sie propagieren die ethnisch segregierte Gesellschaft, wo Chancen nach Hautfarbe zugeteilt werden.
Das lehnen wir aus tiefster Überzeugung ab, gerade weil wir glauben, dass alle Menschen gleich sind.
Dabei geht es gar nicht darum, Benachteiligungen kleinzureden, es geht darum abzuwägen und zu differenzieren, denn kein Mensch wird als Täter oder als Opfer geboren. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in diesem Land fühlt sich Deutschland zugehörig, mit und ohne Migrationshintergrund, und das ist auch gut so. Hören Sie endlich auf, mit Ihrem Gerede vom strukturellen Rassismus das Zusammenleben in diesem Land madig zu machen und die Menschen gegeneinander auszuspielen!
Ihre gönnerhafte Zuweisung von Diskriminierungskapital auf der einen Seite und Schuldverstrickung auf der anderen Seite wird der gesellschaftlichen Realität im Jahre 2024 nicht mehr gerecht.
Gerade junge Menschen lehnen diese Schablonen immer mehr ab und wollen Zugehörigkeit positiv definieren statt in Abgrenzung voneinander oder gar gegeneinander.
[Orkan Özdemir (SPD): Sie sind der Inbegriff von Abgrenzung! – Zurufe von Werner Graf (GRÜNE) und Elif Eralp (LINKE)]
Wir jedenfalls wollen positive Identifikationsmöglichkeiten schaffen für alle Menschen in diesem Land; das ist der Ansatz der AfD. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Bürger dieses Landes wertschätzend und respektvoll miteinander umgehen. Dazu bedarf es keines permanenten Antirassismustrainings oder ständig neuer Diversityrichtlinien,
ganz im Gegenteil: Mehr Gelassenheit, Pragmatismus, Zugewandtheit und Vertrauen zu den Menschen statt wokem Schubladendenken sind der Schlüssel für eine
[Beifall bei der AfD – Beifall von Antonin Brousek (fraktionslos) – Anne Helm (LINKE): Was für eine widerliche Hetze! Da kann sich Berlin nur schämen!]
Für den Senat spricht nun die Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung. – Bitte sehr, Frau Senatorin Kiziltepe!
Senatorin Cansel Kiziltepe (Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung):
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Knapp 3,9 Millionen Menschen leben in Berlin. Knapp ein Viertel davon hat eine ausländische Staatsbürgerschaft, knapp 40 Prozent der Berliner und Berlinerinnen haben eine Migrationsgeschichte. Das ist das Profil unserer bundesdeutschen Hauptstadt, und für viele Menschen ist es die gelebte Berliner Identität dieser wunderbaren Stadt.
Berlin – das ist Vielfalt und Freiheit. Berlin ist Sehnsuchtsort für junge Menschen aus aller Welt und trotzdem das Zuhause der Schrebergärten und Eckkneipen. Wir haben es geschafft, Berlin als weltoffene Metropole und Heimat aller Kulturen und Religionen zu etablieren, und das ist auch gut so.
Doch zur Wahrheit gehört auch, dass in vielen Parlamenten Deutschlands und Europas mittlerweile leider wieder Parteien sitzen, deren Mandatsträger und Mandatsträgerinnen rassistische Narrative vorantreiben und bedienen.
Auch in Deutschland gibt es insbesondere in einer Partei Mitglieder, die sich ein Deutschland nur für sogenannte Biodeutsche wünschen und die leider längst damit begonnen haben, ihre kruden Gedanken gesamtgesellschaftlich zu verankern.
Im Dezember des letzten Jahres habe ich gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren die Zahlen des BerlinMonitors, einer Studie zur Verbreitung von rassistischen Ansichten in der Berliner Bevölkerung, vorgestellt. Die Ergebnisse? – Ehrlich gesagt mehr als erschreckend. In dieser Studie zeigt sich, dass die Zustimmung zu rassistischen Aussagen in den vergangenen Jahren enorm ge
wachsen ist. 20 Prozent der Berlinerinnen und Berliner weisen demnach ein geschlossenes muslimfeindliches, rassistisches Verständnis auf; 15 Prozent vertreten antisemitische Ansichten. Leider ist das auch in unserem Berlin im Jahr 2024 so.
Wir haben uns in diesem Land lange Zeit für die Erinnerungskultur im Nachgang des Zweiten Weltkriegs gerühmt, doch wir müssen anerkennen, dass wir als Gesellschaft zu bequem waren, zu viel als selbstverständlich angesehen haben und dass die große Mehrheit in zu vielen Fällen schweigsam an der Seitenlinie stand; so auch angesichts Tausender applaudierender Schaulustiger beim rassistischen Pogrom in Rostock-Lichtenhagen. Dieser Ort, den ich gestern auf dem Weg zur Integrationsministerinnenkonferenz besucht habe, steht für das Leid, das Rassismus auslösen kann.
Nicht weit vor den Toren Berlins wurde 1990 Amadeu Antonio Opfer eines rechtsradikalen und ausländerfeindlichen Mordanschlags. Amadeu Antonio kam aus Angola nach Deutschland, um hier ein besseres Leben und Arbeit zu finden. Er fand seine Liebe, er fand Arbeit; doch er fand auch seinen Tod. Seine Geschichte muss uns auch heute noch Mahnmal sein. Sie zeigt, dass der rassistische Hass einiger weniger bis zum Tod für die Betroffenen führen kann.
Dieser Mord bildet das äußerste Spektrum des Rassismus ab, und dieser furchtbare rassistische Mord ist leider kein Einzelfall. Er steht in einer Reihe mit weiteren rassistischen Anschlägen vom NSU und Hanau über die rechte Neuköllner Anschlagsserie, die bis in dieses Abgeordnetenhaus hineinreicht, bis zu vielen kleinen Fällen von Alltagsrassismus. Wir müssen uns allen diesen Formen des Rassismus entgegenstellen, denn auch die kleinste Form des Alltagsrassismus bereitet den Boden und sorgt für eine Normalisierung von Rassismus. Diese Normalisierung können wir nicht akzeptieren und werden wir nicht akzeptieren.
Ich bin froh und stolz, dass Berlin als einziges Bundesland – das wurde gestern noch einmal betont bei der Integrationsministerinnenkonferenz – ein Landesantidiskriminierungsgesetz verabschiedet hat und wir im Zusammenhang mit der Landesantidiskriminierungsstelle eine eigene Ombudsstelle haben, die sich für die Unterstützung von Menschen, die Diskriminierung erfahren haben, einsetzt.
264 der 883 Hinweise, die die Ombudsstelle im Jahr 2023 gesammelt hat, gehen auf Rassismuserfahrungen zurück. Ich bin froh, dass das Parlament sich dafür ausgesprochen hat, die Finanzierung der Antidiskriminierungsprogramme signifikant zu stärken. Den ursprünglichen Förder
betrag konnten wir von 15 auf fast 30 Millionen Euro verdoppeln. Das ist ein Riesenerfolg. Danke dafür!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Bahar Haghanipour (GRÜNE)]
Wir haben damit die Möglichkeit, die starken zivilgesellschaftlichen Organisationen in ihrem Kampf gegen Rassismus zu stärken und die Fundamente für eine nachhaltige Antidiskriminierungspolitik in Berlin zu legen. Der Berliner Senat steht für die Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt. Wir haben uns als Senat damit eine klare antirassistische Agenda gesetzt. Wir werden in Bündnissen und Projekten wie dem Forum Brückenbauer und der Expertinnenkommission zu antimuslimischem Rassismus sowie mit den zahlreichen Zuwendungen im Bereich des Antirassismus den gesellschaftlichen Dialog weiter stärken. Mit der Initiative für ein Landesdemokratiefördergesetz werden wir unsere Demokratie verteidigen, indem wir den Kampf gegen verfassungsfeindliches rechtes Gedankengut stärken und auf eine verlässliche Grundlage stellen.
Viele dieser Maßnahmen gehen auch auf gemeinsame Initiativen der demokratischen Fraktionen hier im Haus zurück. Demokratie lebt von der freien Meinungsäußerung, den Debatten und dem Streit um die besten Argumente. Auch wir gehen hier nicht immer zimperlich miteinander um, aber in einem bin ich mir bei allen Kolleginnen und Kollegen der SPD, der CDU, von den Grünen und den Linken sicher:
Ich weiß Sie alle an meiner Seite im Kampf gegen rechte und rechtsextreme Parteien, die an den Grundfesten unserer Demokratie und an der Gleichbehandlung unserer Bürgerinnen und Bürger rütteln wollen. Und ich weiß, dass es für einige hier im Saal nur schwer auszuhalten ist, dass ich als Frau mit Migrationsgeschichte hier als Senatorin vor Ihnen stehe, dann auch noch als einzige Antidiskriminierungssenatorin bundesweit, die zuständig für die Bereiche Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung ist.
Ich bin eine deutsche Senatorin, eine Tochter von sogenannten Gastarbeitern der ersten Generation aus der Türkei, die in den Sechzigerjahren nach Deutschland gekommen sind. Menschen, die eine Geschichte haben wie ich und so aussehen wie ich, sollen in den Fantasien von diesen Rechtsextremen deportiert werden.
der sich an der düsteren Vergangenheit Deutschlands orientiert; ein Rassismus, der von einem Bevölkerungsaustausch spricht, von Überbevölkerung und einer jüdischen Weltherrschaft. Menschen mit einer Migrationsgeschichte wie ich, Geflüchtete und Asylbewerber und Asylbewerberinnen haben darin keinen Platz – und doch stehe ich hier. Und doch ist hier der Platz von Kultursenator Joe Chialo. Und doch sitzt hier die Justizsenatorin. Denn wir sind hier und wir bleiben hier. Niemand wird uns vertreiben und in eine gepachtete Sonderwirtschaftszone in Nordafrika deportieren.
Dafür werde ich mich von ganzem Herzen einsetzen, und das versichere ich auch allen Migrantinnen und Migranten in unserer Stadt. Wir Antirassisten machen Berlin zu dem, was es ist, und wir gehen hier auch nicht weg.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]
Die Gewissheit, dass wir demokratische Parteien an die gleichen Rechte aller Menschen glauben und bereit sind, diese zu verteidigen, gibt auch für die Zeiten, die jetzt kommen, mir Sicherheit und Zuversicht. Ich will jedoch um eines bitten: Lassen Sie uns streiten, lassen Sie uns debattieren und prüfen, doch lassen Sie uns diese Gewissheit des Antirassismus wahren und sie nicht für den vermeintlich schnellen politischen Gewinn in Gefahr bringen!