Alle Achtung! Sie müssen sich also jetzt selbst auffordern, Gesetze zu erfüllen, meine Damen und Herren!
Sie sind es aber doch, die die Regierungsgeschäfte führen! Sie haben die Mittel und Möglichkeiten, um Veränderungen hier direkt anzustoßen. Inhaltlich ist die Sache klar: Ja, wir stehen an der Seite des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Wir sagen Ja zur Digitalisierung und Ja zur Entlastung der Gesundheitsämter. Wir Grünen haben bereits mit der SPD und der Linken viel zur dringend nötigen Stärkung der Gesundheitsämter beigetragen, beispielsweise mit dem Mustergesundheitsamt und dem Pakt für den ÖGD. Dass nun die CDU die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen wie der gesetzlich vorgeschriebenen Erstbelehrung zur Lebensmittelpersonalhygiene, die uns allen als Rote Karte bekannt ist, hier als ganz großen Wurf hinstellt und daraus heute sogar die Priorität macht, ist schon beachtlich.
Natürlich sind wir dafür, dass die Ressourcen der Ämter besser verteilt werden, natürlich sind wir dafür, dass mögliche Terminwartezeiten reduziert werden, und natürlich sind wir dafür, dass Barrieren gemindert werden. Auch sind wir immer dafür zu haben, wenn es darum geht, Leistungen bürgerinnen- und bürgernäher zu gestalten. Was an dieser Stelle beachtet werden sollte, ist, dass eine aktive und damit effektive Teilnahme sichergestellt werden muss. Die Belehrung würde schließlich obsolet, wenn sie einfach angeschaltet und nebenher laufen gelassen würde, denn, sind wir mal ehrlich: Wir kennen das alle von den zahlreichen Onlinemeetings, die zu unserer Normalität geworden sind.
Und nun Hand aufs Herz: Verwaltungsreform und Digitalisierung bedeutet mehr, als die Lebensmittelhygienebelehrungen aus dem Amtszimmer auf BigBlueButton zu verlegen. Ich freue mich also umso mehr, dass Sie im
Antrag bei Ihrer Positivaufzählung von Umsetzungsbeispielen mit Baden-Württemberg ein grün geführtes Bundesland an erster Stelle nennen, in dem die digitalisierte Rote Karte schon gut funktioniert. Wenn Sie also gute Vorschläge brauchen, lassen Sie es uns gerne wissen! Unsere grünen Verwaltungs- und Digitalisierungsexpertinnen haben dazu einiges parat, wie zum Beispiel mein Kollege Stefan Ziller.
Ich frage Sie allerdings: Wird die Koalition jetzt für jede einzelne zu digitalisierende Leistung einen Extraantrag ins parlamentarische Verfahren einbringen, oder wäre es nicht sinnvoller, bei der Verwaltungsreform insgesamt mal auf die Tube zu drücken, also im Sinne der Effizienz? Die digitalisierte Rote Karte ist sicher ein erster kleiner Schritt, es fehlt aber noch das große Ganze. Das ist ein bisschen so, als würden Sie bei einem Marathonlauf schon nach einem Kilometer die erfolgreiche Absolvierung feiern. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Gestern Abend, in der aktuell sehr bewegten welt- und bundespolitischen Lage, habe ich in der WhatsApp-Gruppe meiner Parteijugend beiläufig erwähnt, dass ich hier heute dazu sprechen werde, dass wir die Belehrung zur Roten Karte digitalisieren möchten, und die haben das gefeiert.
Ich gebe zu, ich war auch kurz ein bisschen perplex, aber die haben das völlig unironisch gefeiert. Warum? – Weil junge Menschen gerade darauf warten, dass wir zeigen, dass Politik endlich die Digitalisierung umsetzt, und dass wir zeigen, dass wir Dinge anpacken, die ihnen den Lebensalltag leichter machen. Die waren erleichtert, wenigstens dafür nicht mehr zum Amt zu rennen, und ich glaube, die Ämter werden auch erleichtert sein.
Aber es geht selbstverständlich nicht nur um junge Menschen. Stellen Sie sich vor, es ist Ihr Traum, in der Gastronomie zu arbeiten. Jeden Tag sind Sie dort im direkten Kontakt mit Menschen und auch im direkten Kontakt mit Lebensmitteln. Bevor Sie überhaupt damit anfangen können, müssen Sie erst mal durch diese mühsame Belehrung; wir haben es bereits gehört. So ging es mir selber zum Beispiel auch, als ich als Schülerin im Nebenjob in einer Bäckerei angefangen habe. Davor hieß es erst mal: im Amt einen Termin finden, gegebenenfalls warten bis
man aufgerufen wird, Belehrungsfilm gucken, unterschreiben, und für viele Berlinerinnen und Berliner ist das eben immer noch Alltag.
Was wäre aber, wenn dieser Prozess einfach und digital vonstattengehen könnte, ohne eben diesen langen Aufenthalt im Gesundheitsamt? Berlin hat bereits ein starkes Fundament für die digitale Verwaltung geschaffen, das ist vollkommen richtig, doch trotz dieser Fortschritte brauchen die Berliner Gesundheitsämter weitere Entlastung. Immer noch kosten diese verpflichtenden Belehrungen zu Lebensmittelhygiene viel zu viel Zeit, viel Personal – Ressourcen, die wir effizienter nutzen wollen. Mit der digitalen Roten Karte können wir den Belehrungsprozess für Bürgerinnen und Bürger einfacher und für die Ämter deutlich effizienter gestalten. Hier kommt jetzt unsere Lösung ins Spiel: eine volldigitale Belehrung für diese Lebensmittelhygiene, und das Beste daran: In Berlin gibt es dafür bereits digitale Infrastruktur.
Über den erfolgreichen IKT-Basisdienst Digitaler Antrag – das ist tatsächlich der Name – laufen bereits mehr als 90 digitale Verwaltungsprozesse, und ja, das geht Stück für Stück. Aber: Rund 220 000 Anträge pro Jahr werden hierüber bereits abgewickelt, und das System hat sich bewährt. Dank des barrierearmen und responsiven Designs ist es einfach zu nutzen und bietet Bürgerinnen und Bürgern auch die Möglichkeit, online zu bezahlen, ganz selbstverständlich und ganz unbürokratisch. Auch der Identitätsnachweis wäre kein Problem. Eine repräsentative Studie zeigt übrigens, dass Berlin deutschlandweit führend ist bei der Nutzung des digitalen Personalausweises. Schon 32 Prozent der Berlinerinnen und Berliner können diesen sofort einsetzen. Das bedeutet: Wir haben alles, was wir brauchen, um diese Belehrung online verfügbar zu machen und so die Ämter auch direkt zu entlasten.
Und jetzt stellen Sie sich mal alle gemeinsam mit mir vor: Keine langen Schlangen in den Gesundheitsämtern, kein Zeitverlust für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nur eine einzige Belehrung brauchen, stattdessen ein schneller und bequemer Prozess, der vom eigenen Computer oder von der Couch aus erledigt werden kann, inklusive eines kurzen Lehrfilms und eines Fragebogens. Mit dem digitalen Personalausweis wird die Identität auch sicher verifiziert und die Bescheinigung kann auf Wunsch per E-Mail zugestellt werden. Dieses Verfahren zeigt, dass Digitalisierung nicht nur linear verläuft. Hat man einmal die Grundlagen geschaffen, können wir neue Verfahren rasch aufbauen – und das werden und wollen wir tun.
Dieser digitale Fortschritt steht für moderne und bürgerfreundliche Verwaltung, die sich viele Berlinerinnen und Berliner sehnlich wünschen. Lassen Sie uns also dieses Potenzial nutzen und die digitale Belehrung Realität werden! Damit beweisen wir nämlich, dass Berlin in
Sachen Digitalisierung vorne mitspielt für mehr Service und eine starke Entlastung der Ämter. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir finden es schon ziemlich bemerkenswert, dass die Koalition ausgerechnet dieses Thema hier heute als Priorität nimmt,
denn der Koalitionsvertrag enthält ja sehr viele interessante Vorhaben aus dem Bereich Digitalisierung und wurde mit den Worten „Wir wollen einen Digitalisierungs-Turbo zünden“ vom Regierenden Bürgermeister eingeleitet. Insofern hätten wir uns schon auch interessante andere Anträge hier, beispielsweise zum digitalen Bürgeramt, das Sie vorhaben, vorstellen können oder zu dem angekündigten gemeinsamen Internetauftritt aller Verwaltungen, inklusive dem Single Point of Contact, oder auch zu dem Transparenzgesetz, das „schnellstmöglich“ – Zitat Koalitionsvertrag – auf den Weg gebracht werden soll. Dazu hätten wir uns auch eine Gesetzesvorlage hier gewünscht, oder zum Berlin Data Hub, der dort enthalten ist. Sie haben auch angekündigt, ein Digitalgesetz zu machen, davon ist weit und breit nicht viel zu sehen, oder auch ein neues ITDZ-Gesetz. Der Koalitionsvertrag ist da anspruchsvoll, und irgendwie kommt nichts dabei rum. Das Datenschutzcockpit, das Sie im Koalitionsvertrag angekündigt haben, sehen wir auch nicht. Insofern hätten Sie eigentlich genug Möglichkeiten gehabt, hier den Senat zum Handeln aufzufordern. Stattdessen legen Sie einen Antrag mit einem Vorhaben vor, das eigentlich Gesetzeslage ist, das Sie einfach machen könnten, ohne dass wir hier noch mal extra drüber sprechen müssen.
Aber jetzt kommen wir zu den konkreten Umsetzungsschritten. Es ist natürlich total sinnvoll, solche Dinge wie die Belehrung zum Infektionsschutz von Menschen, die mit Lebensmitteln umgehen müssen, zu digitalisieren. Aber es macht natürlich auch Sinn, das Ganze so inklusiv wie möglich zu machen. Wir haben die Erfahrung, dass die Online-Ausweisfunktion, die Identifikationsfunktion des neuen Personalausweises, nur von einem kleinen Prozentanteil der Menschen, die ihn schon haben, überhaupt genutzt wird. Das heißt, da werden insbesondere Menschen ohne deutschen Pass, aber auch viele Staatsbürgerinnen, die Deutsche sind und hier den Online
Dabei gibt es auch andere Möglichkeiten. Zum Beispiel so, wie es das rot-rot-grün regierte Bremen umsetzt. In Bremen ist die Identifikation beispielsweise einfach und zugänglich, auch über Handy, Messengerdienste und die integrierte Videofunktion, zusammen mit einem normalen Ausweisdokument, möglich. Vielleicht gucken Sie sich das mal an, was die linksgeführte Gesundheitsverwaltung dort in der Geschichte gemacht hat. Wir haben auch gerade in Berlin viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gerade keinen deutschen Pass haben, die nicht den Onlineausweis nutzen können; und für die brauchen wir auch Wege des Zugangs.
Natürlich – der Zwischenruf kam gerade – muss auch das analoge Prinzip erhalten bleiben, aber wenn wir Effizienzfortschritte wollen, dann ist das ja nicht die Lösung, zu sagen: Wir behalten es analog bei –, sondern dann kann man ja überlegen, wie man Digitalisierung inklusiv gestaltet. Das wäre unser Vorschlag. Wir finden auch, dass die eigenständige Schulung über die Unternehmen durchaus geprüft werden kann. Auch die können das machen, das muss nicht immer eine amtliche Sache sein. Wir machen das ja in anderen Bereichen auch. Entscheidend sollte dann aber nicht die Anzahl der Mitarbeitenden sein, sondern einheitliche und überprüfbare Qualitätskriterien für die Belehrung, die die Unternehmen dann selbst durchführen und die dann auch entsprechend amtlich kontrolliert werden, auch das ist denkbar, um die Gesundheitsämter zu entlasten.
Insofern finden wir: Machen Sie jetzt mal, gehen Sie mal voran! Vielleicht gehen Sie dann auch noch an die konkreten, größeren Vorhaben im Bereich Digitalisierung ran, und diese kleinen können Sie auch ganz ohne uns im Parlament machen. – Danke schön!
[Beifall bei der LINKEN – Dennis Haustein (CDU): Mit kleinen Schritten stolpert man weniger! – Tobias Schulze (LINKE): Das merken wir uns! Das ist dann aber kein Turbo mehr!]
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion über die Digitalisierung der Belehrung nach § 42 und 43 Infektionsschutzgesetz, kurioserweise bekannt als Rote Karte, ist auch aus Sicht der Berliner AfDFraktion zu führen, sowohl hinsichtlich der Verwaltungs
Wer im Berufsleben in direktem Kontakt mit Lebensmitteln steht, muss dahingehend gesund sein, dass er selbst darüber keine Krankheiten übertragen kann. So weit klar, so weit gut. Zudem müssen auch diverse weitere Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Die Rote Karte dient gegenüber dem Arbeitgeber und befugten Dritten als Nachweis, dass das der Fall ist. Das ist nicht zuletzt im Interesse der Verbraucher. So weit die Theorie.
In der Praxis sind die Voraussetzungen, eine Rote Karte ausgestellt zu bekommen, auffallend leicht zu erfüllen. Im Ergebnis reicht es aus, dass Antragsteller ein Belehrungsvideo ansehen und einen Selbstauskunftsbogen ausfüllen. Treten bei diesem Standardverfahren keine Auffälligkeiten auf, bekommen sie die Rote Karte ohne ärztliche Untersuchung. Aus diesem Grund müsste bereits aus gesundheitspolitischer Sicht das ganze Verfahren auf den Prüfstand gestellt werden.
Die Berliner AfD-Fraktion sieht deshalb in dem vorliegenden Antrag grundsätzlich erhebliches Potenzial, aber auch Herausforderungen, die es abzuwägen gilt. In erster Linie steht die Frage im Raum, inwieweit eine digitale Transformation dieses Belegungsverfahrens zum einen zu einer Effizienzsteigerung beitragen kann und zum anderen die präventive Gesundheitsvorsorge nicht nur erhalten, sondern nachhaltig verbessern helfen kann. So würde eine digitale Durchführung der Erstbelehrung zur Lebensmittelpersonalhygiene nicht nur den Zugang erheblich erleichtern, sondern auch die Gesundheitsämter durch den Wegfall von Vor-Ort-Terminen – das wurde schon angesprochen – entlasten.
Menschen könnten flexibel und ortsunabhängig an den Schulungen teilnehmen, und so der organisatorische Aufwand erheblich reduziert werden. Aber natürlich sind auch bei einer digitalisierten Durchführung die Aspekte des Datenschutzes ernst zu nehmen. Konkret geht es um die Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten, die nach der Datenschutz-Grundverordnung – Sie wissen das – ausdrücklich als besonders schutzwürdig gelten. Die Vorgänge der Datenverarbeitung müssen so ausgestaltet werden, dass die Risiken minimiert werden, dass Daten an Unberechtigte abfließen könnten. Dies erfordert ein durchdachtes technisches und organisatorisches Konzept, um den Anforderungen an den Schutz dieser sensiblen Daten zu genügen. Eine mögliche Verbesserung könnte darin bestehen, den Unternehmen die Verantwortung der Durchführung der Erstbelehrung zu übertragen, sofern sie über die notwendigen Ressourcen und Standards verfügen. Das könnte zu einer praxisnäheren, auf unternehmensspezifische Bedürfnisse zugeschnittenen Belehrung führen.
Allerdings bleibt die Überwachung der Einhaltung der behördlichen Standards essenziell. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter die grundlegenden Grundsätze der Hygiene vollständig verstanden und verinnerlicht haben. Sofern es auch weiterhin dabei bleiben soll, dass eine Rote Karte auch ohne ärztliche Begutachtung ausgestellt werden kann, würden wir als AfDFraktion weiterhin anregen, dass einige variable Prüfungsfragen gestellt werden, um erkennen zu können, ob ein Antragsteller die grundlegenden Hygienemaßnahmen auch wirklich verstanden hat.
Selbstverständlich bietet eine digitale Lösung Vorteile in puncto Nachvollziehbarkeit und Kontrolle. Zertifikate und Teilnahmebestätigungen können digital gespeichert und einfach abgerufen werden. Dies verringert das Risiko von Fälschungen und hilft, die Integrität des Prozesses zu gewährleisten. Eine automatisierte Erinnerung an die Erneuerung der Roten Karte könnte zudem sicherstellen, dass alle Mitarbeiter stets aktuell belehrt sind – ein weiterer positiver, praktischer und sinnvoller Aspekt.
Die Digitalisierung muss auch im Kontext der Kosten und Zeiteffizienz betrachtet werden. Eine moderne Verwaltung muss bestrebt sein, Verwaltungsprozesse schlanker zu gestalten und Ressourcen sinnvoll einzusetzen; das wurde in dieser Diskussion ja schon genügend deutlich. Die Umstellung des Belehrungsverfahrens auf ein digitales Format bietet hier auch aus Sicht der AfD-Fraktion erhebliche Chancen zur Effizienzsteigerung sowohl aufseiten der Behörden als auch aufseiten der betroffenen Unternehmen. Die Digitalisierung der Belehrung nach §§ 42 und 43 wäre ein wichtiger Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen Verwaltung. Selbstverständlich gilt es, diesen Weg mit Bedacht zu gehen, um alle Chancen, aber auch alle Risiken angemessen zu berücksichtigen. Auf jeden Fall ist das eine große Chance, von der aktuellen bürokratischen Pflichtübung hin zu einer wirklich aus gesundheitspolitischer Sicht sinnvollen Roten Karte mit wirklicher Aussagekraft für alle Beteiligten zu kommen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die hygienische Gesundheitsvorsorge auch tatsächlich präventiv erfüllt ist. Nun gilt es, zu starten und das umzusetzen. – Danke!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Gesundheit und Pflege sowie mitberatend an den Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz. – Widerspruch höre ich dazu nicht; dann verfahren wir so.