So, meine Damen und Herren, dann darf ich bitten, wieder Platz zu nehmen, damit wir die Sitzung fortsetzen können. – Das hat sich an all diejenigen im Plenarsaal gerichtet, die noch stehen. – So, dann können wir verbunden mit einem großen Dank an die fleißig zählenden Mitglieder des Präsidiums fortfahren,
und ich darf das Ergebnis verlesen: Wahl eines Mitglieds des Präsidiums des Abgeordnetenhauses Drucksache 19/1990 auf Vorschlag der Fraktion Die Linke: Für die Abgeordnete Katina Schubert wurden abgegeben: 131 Stimmen, davon 1 ungültig, 81 Ja-Stimmen, 30 NeinStimmen und 19 Enthaltungen. Damit ist die Kollegin Schubert gewählt. Herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit!
Die Tagesordnungspunkte 16 bis 21 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 22 war Priorität der Fraktion der SPD unter der Nummer 3.1. Die Tagesordnungspunkte 23 bis 25 stehen auf der Konsensliste.
Nachträgliche Genehmigung der im Haushaltsjahr 2023 in Anspruch genommenen über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für die Hauptverwaltung und für die Bezirke
Der Dringlichkeit hatten Sie eingangs bereits zugestimmt. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu der Vorlage auf Drucksache 19/1926 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen die AfD-Fraktion – die Annahme. Wer die Vorlage gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/2034 annehmen möchte, den darf ich jetzt um das Handzeichen bitten. – Das sind die CDUFraktion, möglicherweise auch die SPD-Fraktion. Wer der Vorlage zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion und die SPDFraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gegenstimmen? – Die AfD-Fraktion. Enthaltungen? –
Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 50 Absatz 1 Satz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 19/2032
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt die Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien. Dementsprechend wird verfahren. Im Übrigen hat das Haus von der Vorlage hiermit Kenntnis genommen.
Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 19/2031
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt die Überweisung der Verordnung über ein Vorkaufsrecht des Landes Berlin an Grundstücken zwischen Kurfürstendamm, Rankestraße, Augsburger Straße und Joachimsthaler Straße im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin und der Dritten Verordnung zur Änderung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Dementsprechend wird verfahren. Im Übrigen hat das Haus von den vorgelegten Rechtsverordnungen hiermit Kenntnis genommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Wir haben in Deutschland und in Berlin ein massives Problem mit antimuslimischem Rassismus. Es ist gut, dass wir heute auf Antrag der Linken und der Grünen darüber reden, gerade hier in Berlin, dem Zuhause von vielen Musliminnen und muslimisch gelesenen Menschen.
Nicht gut ist, dass in dem Koalitionsantrag zur Einsetzung der Enquete-Kommission gegen Antisemitismus und Rassismus bei den Berichten, die er ausdrücklich aufzählt, der Bericht der vom rot-rot-grünen Senat eingesetzten Expert*innenkommission zu antimuslimischem Rassismus fehlt, genauso wie der Bericht der unabhängigen Kommission gegen Muslimfeindlichkeit. Nicht erwähnt sind übrigens auch entsprechende Berichte gegen Antiziganismus und Anti-Schwarzen Rassismus.
Wir wollen aber keine Doppelstandards. Für uns gehört der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus unteilbar zusammen. Deswegen habe ich beispielsweise am Berliner Gedenken zum antisemitischen und rassistischen Anschlag von Halle mitgewirkt und mit den verschiedenen Opfergruppen zusammengearbeitet.
Grundlage der Debatte heute sind zwei Anträge, die wir mit den Grünen anlässlich des Tages gegen antimuslimischen Rassismus am 1. Juli ins Parlament gebracht haben. In einem geht es um die Umsetzung der Empfehlungen der erwähnten Kommission, und in dem anderen Antrag geht es um die Einrichtung einer beauftragten Person gegen antimuslimischen Rassismus. Der Presse konnten wir letzte Woche entnehmen, dass sich nun auch Raed Saleh und Senatorin Kiziltepe dafür aussprechen und der Senat dies prüft. Ich freue mich darüber, dass der Druck aus der Zivilgesellschaft und von uns wirkt, denn es besteht dringend Handlungsbedarf.
Die bundesweite Meldestelle CLAIM meldet über fünf antimuslimische Vorfälle täglich, und der jüngste Bericht des BMI zählt für 2023 fast 1 500 islamfeindliche Straftaten, ein Anstieg von 140 Prozent. Es muss uns allen Sorge machen, wenn junge Frauen davon berichten, auf offener Straße beschimpft und bespuckt zu werden, nur weil sie ein Kopftuch tragen, wenn Moscheen angegriffen werden, wenn Menschen Gewalt erfahren, nur weil sie Muslime sind oder als solche wahrgenommen werden.
Um sich konkret vor Augen zu führen, was Menschen erleben, empfehle ich diesen Beitrag: „Was Muslimen in Deutschland passiert“ vom Mai auf ZEIT ONLINE.
Nach wissenschaftlichen Schätzungen ist das Dunkelfeld wesentlich höher, da nur ein Bruchteil den Behörden gemeldet wird, was auch am mangelnden Vertrauen von Opfern zu Sicherheitsbehörden liegt, kein Wunder im Hinblick auf die Verdächtigung der migrantischen und muslimisch markierten Opfer des NSU, Gefährderansprachen gegenüber Opferangehörigen von Hanau oder das Bekanntwerden von rechten Chatgruppen bei der Berliner Polizei und vieles mehr.
Daher ist es geboten, Vertrauen herzustellen und dafür zu sorgen, dass sich muslimische und so gelesene Menschen sicher fühlen und in keinem Lebensbereich mehr Diskriminierung und Herabwürdigung erfahren.
Deswegen fordern wir neben einer Beauftragten unter anderem verpflichtende Fortbildungen und Schulungen zum antimuslimischen Rassismus für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, Sichtbarmachung und dauerhafte Förderung muslimischen Lebens von Kulturträgern, Gemeinden und Projekten, eine Bundesratsinitiative zur Stärkung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, die Stärkung von Beratungs- und Registrierstrukturen, Aufhebung des Kopftuchverbots für Lehrkräfte durch das sogenannte Neutralitätsgesetz, wissenschaftliche Studien, Rahmenlehrpläne und Schulordnungen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, und die Sicherstellung von Chancengleichheit für muslimische und muslimisch gelesene Schüler. Gerade Letzteres ist wichtig, denn viele von ihnen fühlen sich aktuell von der Politik nicht gesehen, und Repression in die Schule zu tragen, wie es die CDU-Bildungsverwaltung getan hat, ist der völlig falsche Weg.
Der Senat antwortete auf meine Anfrage vom Dezember des letzten Jahres, warum diese Forderungen aus den Kommissionsberichten noch nicht umgesetzt wurden: Das werde noch geprüft. – Ist die Prüfung jetzt, nach einem Jahr, denn endlich mal vorbei? Das frage ich Sie. Wenn ich mir die Kürzungspläne des Senats anschaue, besteht aber viel mehr die Gefahr, dass sogar noch an bestehenden Projekten gespart wird und wichtige Errungenschaften zurückgedreht werden.
Wir fordern daher eine Strategie gegen antimuslimischen Rassismus, an der sich der gesamte Senat – der leider kaum noch anwesend ist – beteiligt, und die Umsetzung der aus der Zivilgesellschaft etliche Male vorgetragenen und wissenschaftlich untersetzten Maßnahmen – statt Projektkürzungen. – Danke!