Protokoll der Sitzung vom 21.11.2024

Haben wir diese Summe erarbeitet? – Ja, das haben wir. Ist diese Summe ausschließlich durch Einsparungen erbracht worden? – Gerade nicht, denn wir haben uns in den vergangenen Monaten viele Gedanken darüber gemacht, welche weiteren Möglichkeiten, welche alternativen Wege es gibt, um Lasten so zu verteilen, dass es für diese Stadt, dass es für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft auch verträglich ist. Deswegen wird rund 1 Milliarde Euro von diesen 3 Milliarden Euro eben nicht durch Kürzungen erbracht, sie wird auch durch Einnahmeerhöhungen erbracht.

Sie können mir glauben, das fällt gerade mir nicht leicht. Es entspricht nicht meiner ordnungspolitischen Grundüberzeugung, dass Steuererhöhungen die richtige Antwort auf zu hohe Ausgaben sind, aber wir haben gesehen, dass wir diesen Beitrag brauchen werden. Wir haben uns dazu durchgerungen, und wir haben einen Weg gefunden, der vor allem diejenigen belastet, die nicht hier in Berlin leben und arbeiten, sondern diejenigen, die wir in anderer Art und Weise heranziehen können – die Zweitwoh

nungssteuer, die City-Tax, die Vergnügungssteuer. Nichts davon fiel uns leicht, aber es war auf diesem Weg erforderlich.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Warum erst jetzt? Das haben wir schon in den Haushaltsberatungen vorgeschlagen!]

Ich sage Ihnen aber auch: Noch viel wichtiger ist, dass wir Wege gefunden haben, wichtige Investitionen in die Zukunft Berlins durch neue, durch andere Finanzierungsformen zu sichern.

[Steffen Zillich (LINKE): Zum Beispiel?]

Dieses Ausgabenniveau wird nicht sinken, es wird auf anderem Wege finanziert. Es ist eine Investition, die deswegen kreditfinanziert möglich ist, weil sie einen Wert hat, nicht nur weil sie bilanziell werthaltig ist, das ist die Logik der Schuldenbremse, sondern weil sie vor allem einen großen Wert für die Zukunft unserer Stadt hat. Diese Wege werden wir weiter miteinander suchen und beschreiben. Wir werden weiterhin hart daran arbeiten, Lasten so zu verteilen, dass diese Stadt sie auch tragen kann.

Zur Wahrheit gehört: Diese Stadt ist nicht arm. Ich habe es beschrieben: Von 3 Milliarden Euro sind 2 Milliarden Euro das tatsächliche Kürzungsvolumen. Das tatsächliche Ausgabenvolumen liegt damit immer noch bei 40 Milliarden Euro, auf historisch hohem Niveau.

[Tobias Schulze (LINKE): Inflation!]

Wer sagt, Berlin sei arm, der irrt. Berlin hat sich in den vergangenen Jahren schlicht zu viel vorgenommen, und das einem Realitätscheck zu unterziehen, war unsere Aufgabe.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich hätte mich sehr gefreut, wenn wir heute bessere Wege vorgestellt bekommen hätten.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE) – Tobias Schulze (LINKE): Grunderwerbsteuer!]

Das ist Sinn und Zweck der parlamentarischen Auseinandersetzung, darum ringen wir ja nicht nur in diesem Parlament. Seit Wochen, seit Monaten höre ich aufmerksam zu und alles, was ich beispielsweise von grüner Seite bekam, war zum Geburtstag – zugegeben mit einem Augenzwinkern – ein Geschenk des Kollegen André Schulze. Der hat mir ein Büchlein von Reclam geschenkt, „77 Tricks zur Steigerung der Staatseinnahmen“, und zwar aus dem alten Griechenland. Aristoteles hat sie damals zusammengetragen.

Ich habe das aufmerksam gelesen, aber ich muss sagen, dass es mir dann schwer fiel, diesen Anregungen zu folgen. Die alten Griechen mögen sich mit Geiselnahmen, mit Erpressung, mit der Nichtbezahlung des öffentlichen Dienstes beholfen haben. Ganz besonders apart fand ich,

(Bürgermeister Stefan Evers)

verschwenderische Bezirksvertreter vorzuladen und zu hängen.

[Heiterkeit bei der CDU und der AfD]

Das können Sie gerne mit Ihren grünen Bezirksbürgermeistern ausmachen, wir werden einem solchen Weg nicht folgen.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Wir gehen andere Wege. Wir suchen nach verträglicheren Wegen, die Staatseinnahmen zu erhöhen.

[Tobias Schulze (LINKE): Grunderwerbsteuer!]

Ja, wir greifen auf ungenutzte Rücklagen aus unseren Beteiligungen zurück. Ja, wir nutzen die Möglichkeiten unserer Landesunternehmen, in den nächsten Jahren leicht erhöhte Gewinne abzuführen, ohne dass es auf Kosten von Gebühren und auf Kosten der Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen ginge. Ja, all das tun wir, all das hilft uns, nicht 3 Milliarden Euro hart kürzen und einsparen zu müssen, aber auch 2 Milliarden Euro sind eine ganz Menge Schmerz.

Deswegen will ich nicht verschweigen, dass wir natürlich sehen, welche Härte die Einsparungen beispielsweise für einen Kulturbereich bedeuten. Es gab übrigens Listen, wo deutlich über 200 Millionen Euro Kürzungsvolumen standen.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das macht es ja nicht besser!]

Es ist nicht so, dass wir keinen Kultursenator hätten, der nicht engagiert für seine Kulturlandschaft kämpft, aber vielleicht liegt hier ein Missverständnis vor.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Ein guter Kultursenator ist kein Schutzheiliger des Status quo, sondern das ist jemand, der die Herausforderung annimmt und der sich aufmacht, gemeinsam mit der Kulturlandschaft unserer Stadt diesen schwierigen Weg zu beschreiten,

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Gemeinsam?]

diese Landschaft neu zu gestalten, sich auf eine Zukunft unter veränderten Rahmenbedingungen einzustellen. Diese Rahmenbedingungen sind nicht die schlechtesten. Klaus Lederer hatte als Kultursenator ein Volumen von 918 Millionen Euro zu bewirtschaften; das war 2023 das Haushaltsvolumen unter Rot-Rot-Grün. Auch nach der Konsolidierung wird es mit rund 1 Milliarde Euro verfügbarer Mittel deutlich mehr sein.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Manuela Schmidt (LINKE)]

Mit diesem Rekordniveau wird es gelingen, Berlin auch zukünftig zu einer Metropole, zu einer Hauptstadt der Kultur, der Weltkultur zu machen. Das ist bei Joe Chialo in hervorragenden Händen. Es geht genau darum, dafür zu kämpfen, dass sich diese Kultur darauf einstellt, dass Dinge nicht bleiben, wie sie sind, sondern dass sie sich darauf einstellt, Teil dieser Entwicklung zu sein und Teil einer Last zu schultern, die sonst andere für die Kultur mitbezahlen müssten.

Ich war neulich in meinem Wahlkreis unterwegs und habe mich dort mit einer Polizistin unterhalten. Die geht nie in die Oper und hat mich gefragt, warum wir denn nicht vor allem bei der Kultur, bei all diesen Einrichtungen kürzen würden. Ich habe ihr versucht zu erklären, welche bedeutende Rolle die für Berlin hat. Sie hat es verstanden, aber sie sagte: Was nicht geht, ist, diesen Bereich zu meinen Lasten auszunehmen. – Deswegen geht es auch hier um einen Ausgleich. Es geht um eine faire Verteilung. Es geht darum, eine Last gemeinsam zu schultern. Da werden wir die Kultur nicht ausnehmen können, sondern wir behandeln sie so, dass sie weiterhin auf einem soliden finanziellen Fundament stehen kann.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das ist echt ein Witz!]

Ich will auch andere Bereiche nicht ausnehmen. Wir wissen – da schaue ich Franziska Giffey an –, dass es auch für den Bereich der Wirtschaftsförderung kein Leichtes ist, dieses Konsolidierungsvolumen zu stemmen, auch hier waren Prioritäten neu zu setzen.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das war schon bei der Haushaltsaufstellung ein einziges Chaos!]

Auch hier wird es darauf ankommen, gemeinsam mit der Wirtschaft nach neuen Wegen, neuen Modellen, auch neuen Fördermodellen zu suchen, die unsere Wirtschaft so zukunftsfest machen, wie sie sich in den vergangenen Jahren auch als zukunftsfest erwiesen hat. Wir haben Prioritäten gesetzt, Prioritäten in genau den Bereichen gesetzt, die Sie gerade so lautstark beklagt haben. Es geht um die Umstellung unserer Energieversorgung, es geht um die Transformation unserer Wirtschaft. Genau dafür stehen auch weiterhin Kulissen bereit, das ist die Prioritätensetzung. Zu der waren Sie damals nicht in der Lage. Damals ging es nur um das Füllhorn, das ausgeschüttet werden wollte.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das stimmt doch überhaupt nicht!]

Noch einmal: Ein Weiter-so dieser Politik konnte es nie geben.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Auch die Berliner Wissenschaft, auch sie eine tragende Säule der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt, steht mit

(Bürgermeister Stefan Evers)

diesen Konsolidierungsbeschlüssen vor gewaltigen Herausforderungen.

[Tobias Schulze (LINKE): 100 Millionen Euro runter!]

Auch das ist uns bewusst, auch das ist Ina Czyborra bewusst, aber auch das sehen wir als gemeinsame Gestaltungsaufgabe. Wir sehen es als Zukunftsauftrag. Ich sage Ihnen: Auch mit diesem Weniger an Mitteln wird es bei dem, was wir in dieser Wissenschaftslandschaft an Kreativität, an Exzellenz stecken haben, gelingen, einen Weg zu beschreiten, der Berlin auch in Zukunft zur Hauptstadt der deutschen Wissenschaft und Exzellenz macht. Das ist mehr als angemessen.

[Tobias Schulze (LINKE): Sagen Sie das den Demonstranten vor dem Haus!]

Last but not least: Wir werden als Verwaltung auch nicht nachlassen, selbst immer besser zu werden. Das Thema Verwaltungsreform, das Thema Verwaltungsmodernisieren wird nicht an fehlendem Geld scheitern. Seien Sie sich da ganz sicher. Wir haben uns auf einen Weg gemacht, der kein leichter wird. Wir haben alle Senatsverwaltungen aufgefordert, über Zukunftskonzepte nachzudenken, darüber nachzudenken, wo Standards abgesenkt werden können, beispielsweise im Baubereich.

[Katalin Gennburg (LINKE): Noch mehr Baufilz! – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Wo sind die denn?]

Beim Schneller-Bauen-Gesetz reden wir gerade darüber, wie wir Denkmalschutz so gestalten können, dass er weniger kostentreibend ist. Wir reden darüber, wie wir zu weniger Flächenverbrauch unserer öffentlichen Verwaltung kommen, was neue Arbeitsformen für uns bedeuten, um künftige Haushalte zu entlasten. Wir reden darüber, wie Baumaßnahmen wie der Friedrich-Ludwig-JahnSportpark deutlich günstiger werden müssen, damit wir sie uns auch weiter werden leisten können. Das Gebot der Stunde sind nicht Sonderlocken, nicht Sonderwünsche, sondern ist quadratisch, praktisch, gut.

[Zurufe von Kristian Ronneburg (LINKE)]

Wir werden uns auf das Machbare, auf das Wesentliche konzentrieren, und das ist genau das, was die Berliner von uns erwarten dürfen.