Schreien Sie nicht so bei der SPD! Sie sind sowieso bald abgewählt. – Herzlichen Dank! Schönen Abend!
[Beifall bei der AfD – Tobias Schulze (LINKE): Was ist mit denen, die ausreisepflichtig sind und arbeiten? Dazu haben Sie nichts gesagt!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Lindemann! Ihr Gemischtwarenladen aus Sozialneidschüren und falschen Zahlen verfolgt offenbar nur das Ziel, die Stimmung in diesem Land in Ihrem politischen Sinne weiter anzuheizen. Ich lehne das einfach ab, weil von dem, was Sie vorgetragen haben, nichts zutreffend ist.
Sie legen uns hier einen Antrag vom 8. November 2022 vor, und Sie operieren mit Zahlen vom 8. November 2022.
Herzlichen Dank, Herr Kollege! Ich frage: Sie werfen dem Kollegen Lindemann vor, die falschen Zahlen zu haben. Welche waren denn konkret falsch, und wie müssten sie richtig sein?
Hören Sie mir einfach zu! Ich werde natürlich jetzt dazu ausführen. Ich habe gerade dazu angesetzt. – Sie haben einen Antrag vom 8. November 2022 hier zur Diskussion angemeldet, der mit den Zahlen vom 8. November 2022 operiert. Auch am Ende des ersten Quartals 2023 gab es tatsächlich 18 399 Ausreisepflichtige, übrigens nicht vollziehbar Ausreisepflichtige, wie Sie fälschlicherweise in Ihrem Antrag schreiben, sondern Ausreisepflichtige. Das heißt, die große Zahl der aufgrund gesetzlicher Grundlagen Geduldeten ignorieren Sie schlicht und einfach und wollen hier den Eindruck erwecken, diese Menschen müssten eigentlich schon zu Hause in ihren Herkunftsländern sein. Das ist faktisch einfach falsch. Das ignoriert das geltende Recht.
Aber zu den Zahlen: Dennoch haben sich die Zahlen ja substanziell verändert. Während sie also im ersten Quartal 2023, genau zum Zeitpunkt der Wiederholungswahl, bei 18 399 Ausreisepflichtigen lagen – nach Auskunft des LEA, das hier dafür zuständig ist –, waren es ein Jahr später 15 662. Das ist ein Rückgang um 15 Prozent innerhalb eines Jahres. Das sind Fakten.
Ich möchte Ihnen dazu auch weitere Zahlen liefern, die unterlegen, wie es dazu kommen konnte. Wir hatten im Jahr 2022, also dem Jahr vor unserer Beteiligung an der Regierung hier in Berlin, freiwillige Ausreisen in Höhe von 8 910. Das ist viel, aber nicht ausreichend. Ein Jahr später waren es 13 813 freiwillige Ausreisen. Das ist eine Steigerung um 55 Prozent. Und Sie wissen, dass Menschen unter die freiwillig Ausreisenden fallen, die sich natürlich aus der Sorge vor einer Abschiebung entschließen, freiwillig auszureisen. Dieses hohe Niveau haben wir im Wesentlichen gehalten.
Auch die Zahl der zwangsweisen Rückführungen ist 2023 im Vergleich zu dem Vorjahr 2022 um 52,7 Prozent erhöht worden. Statt wie 2022 897 waren es im Jahr 2023 1 370.
Sie operieren also mit falschen Zahlen. Sie wollen den Leuten in ihren sozialen Netzwerken, die Sie bearbeiten, falsche Zahlen liefern und aufstacheln gegen den sozialen Zusammenhalt in diesem Land, und das lehne ich einfach ab.
Es ist in der Tat noch nicht alles erreicht, was wir erreichen können. In der Tat, wir haben insbesondere in Berlin eine hohe Zahl von Ausreisepflichtigen aus den sicheren Herkunftsstaaten Moldau, Georgien, BosnienHerzegowina und Serbien, nämlich 5 504. Die dortigen Herkunftsstaaten kooperieren bei der Rückführung, und es ist allein eine Aufgabe unsererseits, die Rückführung so zu organisieren, dass sie effizient funktionieren kann. Dazu kommt, und das machen wir als Erfahrung, dass viele bei dem Versuch, sie nach Hause zurückzuführen, untertauchen.
Dafür werden wir weitere Mittel in Erwägung ziehen. Wir arbeiten daran, das zu optimieren, und ich bin sicher: Wenn wir heute in einem Jahr darüber diskutieren, werden wir auch insoweit Ergebnisse erzielen.
Im Übrigen folgen wir dem Grundsatz: Humanität und Ordnung. Wir sorgen dafür, dass Rückführungen, die schwer sind, gesetzmäßig und effizient erfolgen, und wir wahren auch im Einzelfall über die Härtefallkommission humanitäre Grundsätze, wenn das geboten ist, und daran werden wir festhalten. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Omar das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die AfD hier als rechtsstaatskonforme Rückkehrpolitik fordert, ist in Wahrheit nichts anderes als Forderungen im Sinne der unsäglichen Massendeportationspläne, die längst bekannt sind.
Es ist ein Antrag der Hetze und Ignoranz. Dieser Antrag ignoriert bewusst die Fakten, nämlich dass die Mehrheit der ausreisepflichtigen Menschen in Berlin, sowie in Deutschland generell, eine sogenannte Duldung besitzt.
Es liegen also gerichtlich anerkannte Abschiebehindernisse vor, sei es aufgrund akuter Lebensgefahr, drohender Folter oder schwerer Erkrankungen. Diese Menschen haben also einen rechtlich gesicherten Schutzanspruch, den wir als Staat einhalten müssen.
Das ist keine Schlupfloch-Politik, wie die AfD fälschlicherweise behauptet, sondern eine Pflicht zum Schutz von Menschenrechten, und das werden wir auch in Berlin verteidigen. Die AfD verbreitet zudem permanent falsche Behauptungen, dass Berlin nicht genug abschiebt. Doch das ist schlichtweg unwahr. Berlin liegt im bundesweiten Vergleich leider – leider, muss ich sagen – im oberen Drittel der Abschiebestatistik, weil auch die Innensenatorin Iris Spranger von der SPD – Sozialdemokratie – sich leider seit Jahren von den Rechtsextremen treiben lässt und auf eine harte Abschiebungspolitik setzt,
die teilweise auch friedlich hier lebende Menschen, die hier integriert sind, trifft. Trotzdem geht der AfD diese Abschiebepolitik nicht weit genug. Vielleicht hören Sie, liebe Senatorin Spranger, damit auf, den Rechten hinterherzulaufen.
Wir als Grünenfraktion fordern den Senat auf, zu einer humanen Asylpolitik zurückzukehren – einer Politik, die auf Menschenwürde basiert und auf Teilhabe setzt. Schaffen Sie Perspektiven für alle Schutzsuchenden, die hier in Berlin leben. Nutzen Sie die bundesgesetzlichen Regelungen, wie zum Beispiel den Spurwechsel, damit diese Menschen schneller Deutsch lernen und hier arbeiten können, denn das wird auch Berlin zugutekommen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn etwas länger liegen bleibt, gibt es ja die Chance, dass es dadurch reift und besser wird. Es gibt natürlich aber auch die Gefahr, dass es ein bisschen faulig wird und in der Zwischenzeit nicht besser wird. Bei dem Antrag der AfD, der nun schon ein bisschen älter ist, stellen wir zumindest fest, dass wir von 2022 – von da stammt der Antrag – bis heute, 2025, hier keinen Erkenntnisfortschritt irgendeiner Art haben.
Wir haben bei der Anhörung im Innenausschuss einen wirklich intensiven Austausch gehabt und haben uns mit allen Seiten, allen Perspektiven der Frage von Abschiebungen in der Praxis in Berlin und ihren Möglichkeiten,
Grenzen und den Auswirkungen, die sie auf die Menschen hat, befasst. Bei der Anhörung ist deutlich geworden, worauf es ankommt: Es kommt nicht auf lautstarke, symbolhafte Forderungen nach mehr Abschiebungen an, obwohl die meisten der sogenannten Ausreisepflichtigen gar nicht abgeschoben werden können. Denn in der Praxis ist es doch so, dass innerhalb der Ausreisepflichtigen viele Menschen dabei sind, deren Ausreisepflicht aus faktischen und individuellen Gründen gar nicht durchsetzbar ist.
Da kommen wir jetzt einmal darauf, dass es nicht immer nur so eine Zahl ist, sondern dass es konkrete Menschen sind. Darunter befindet sich eine Vielzahl von Menschen, die eine Beschäftigungsduldung, eine Ausbildungsduldung, eine Duldung aufgrund von Schulbesuch von Familienmitgliedern oder aufgrund von Zuständen in ihrem Herkunftsland haben, sodass sie nicht abgeschoben werden können. Die Gründe sind vielfältig.
Ende 2024 hatten wir nach Auskunft unseres Landesamts LEA auf eine Schriftliche Anfrage, die ich dazu noch einmal ausführlicher gestellt hatte, 16 587 ausreisepflichtige Personen, von denen aber 14 270 in der Duldung waren. Das heißt: Es geht nur um einen Personenkreis von 2 317 Menschen, über die wir hier in diesem Kontext überhaupt reden können. Deswegen ist das ein völlig aufgeblasenes Thema, das nichts mit dem zu tun hat, was Sie an Zuständen in der Stadt oder an irgendwelchen Dingen, die viel Geld kosten, hier beibringen, sondern es ist eine überschaubare Zahl von Menschen.
Es gibt ja auch Abschiebungen. Es gibt vor allen Dingen aber in den letzten beiden vergangenen Jahren auch jedes Jahr 13 000 freiwillige Ausreisen. Auch das ist eine Zahl, die man bei Ihnen überhaupt noch nie gehört hat. Das hätte aber etwas mit Fakten zu tun, und Fakten können natürlich bei Hass und Hetze nur stören, deswegen sind die Fakten bei Ihnen einfach nicht erwünscht und werden nicht genannt und werden nicht gehört.
Aber in einem täusche man sich auch nicht: Die Berlinerinnen und Berliner wollen mit großer Mehrheit weiterhin, dass wir alle Menschen in der Stadt mit Humanität und mit Anstand behandeln.
Das hat übrigens auch die Bundestagswahl in Berlin gezeigt. Das ist so, das sind die Mehrheiten in der Stadt gewesen, die das so sehen.