Protokoll der Sitzung vom 27.03.2025

Tagesordnungspunkt 26 war Priorität der AfD-Fraktion, das war die laufende Nummer 4.1. Die Tagesordnungspunkte 27 bis 29 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 30 war Priorität der Fraktion der SPD unter der Nummer 4.3.

Somit rufe ich auf

lfd. Nr. 31:

Räume für das Ehrenamt bereitstellen – Orte für Engagement entwickeln

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD Drucksache 19/2294

In der Beratung beginnt die CDU-Fraktion mit dem Kollegen Haustein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste und Zuschauer! Die Bedeutung des Ehrenamtes für unsere Stadt ist herausragend. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Jeder kennt doch Beispiele aus dem unmittelbaren Umfeld, wo wir Menschen sehen, die ihre Freizeit aufwenden, um Gutes für unsere Gesellschaft zu tun.

Ein Beispiel: Bei uns, bei mir im Wahlkreis war ich vorgestern Gastgeber eines Frühlingskonzertes im Fennpfuhl. Über 230 Menschen sind der Einladung gefolgt. Lauschen durften wir dabei alle den ausschließlich ehrenamtlich organisierten und aktiven Kinder- und Jazzchören sowie einem Blechblasensemble – Menschen, die viel Zeit im Privaten investieren, um stundenlang zu proben, sich auf Stücke zu einigen, sich abstimmen, um dann uns ein musikalisches Highlight für den Abend zu bieten. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie unglaublich vielfältig unser Ehrenamt in der Stadt ist und weshalb wir unglaublich dankbar sein müssen für jeden, der sich einbringt und unsere Gesellschaft so besser macht.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Doch egal in welchem Bereich haben sie fast alle das gleiche Problem: Wo soll ich meine Veranstaltungen durchführen? Wo soll ich tagen? Wo kann ich mich überhaupt treffen, ohne mich dabei vielleicht finanziell zu ruinieren? – Die akute Raumnot. Das Problem hatte richtigerweise auch die Vorgängerregierung erkannt und das in der „Berliner Engagementstrategie 2020-2025“ niedergeschrieben. Diese hat unsere Koalition übernommen, da wir sie inhaltlich natürlich teilen.

Mit unseren Orten für Engagement, die ich für meine CDU-Fraktion hier vorstellen darf, werden wir aber hier nicht nur etwas aufschreiben, sondern für eine spürbare Verbesserung in der Raumsituation für unser Ehrenamt beitragen. Was soll das genau heißen, „Orte für Engage

ment?“ – Wir haben viele Flächen, die dem Bezirk oder dem Land gehören, da, wo sich Ämter und Behörden befinden. Jeder kennt sie doch. Und natürlich ist nicht jeder dieser Räume 24/7 mit Mitarbeitern, mit Kunden, mit Bürgern belegt. Diese Flächen sollen Stück für Stück herauskristallisiert, zusammengetragen und über eine Website zugänglich gemacht werden. Auf dieser Webseite sollte man am besten auch sehen, was für eine Raumgröße das ist, für welche Nutzungsarten der Raum infrage kommt, und dann soll er auch buchbar gemacht werden.

Dabei müssen wir nicht gleich den großen Wurf schaffen und ad hoc pro Bezirk Hunderte von neuen Räumen erschaffen und bereitstellen. Nein, wenn wir pro Bezirk mit zwei bis drei Räumen starten, dann sind wir einen ersten wichtigen Schritt gegangen für unser Ehrenamt. Geben wir deswegen uns und der Verwaltung Zeit und die Möglichkeit, Erfahrungen aus diesen ersten Piloten zu sammeln, um das Angebot sukzessive weiter auszubauen. Ich sage immer so schön, lassen Sie uns nicht den großen Sprung wagen, sondern lieber mit kleinen Schritten in die richtige Richtung gehen, dann stolpert man auch weniger.

Was wir dabei natürlich mitdenken müssen und werden, ist die Zugänglichkeit. Ehrenamt findet vor allem in den Abendstunden statt, nach der Arbeit. Wenn man daran vorbeiplant, plant man an der Lebensrealität der arbeitenden Bevölkerung vorbei. Das darf uns natürlich nicht passieren.

Auch muss die Verwaltung die notwendigen elektronischen Schließsysteme nicht erst neu erfinden. Da gibt es erprobte Mittel. Dieses antiquierte Bild der Mitarbeiter mit dem dicken Schlüsselbund, die dann auf und zuschließen, gehört wirklich der Vergangenheit an. Klingt für manche wie Zukunftsmusik; meine CDU-Fraktion und ich sind da sehr optimistisch, dass wir bis Ende des Jahres in die ersten Umsetzungen gehen, spätestens Anfang des Jahres die ersten Erfolge haben, um so die Ehrenamtlichen wirklich zu unterstützen.

Um den Redebeitrag der Opposition vorweg zu nehmen, Frau Dr. Kahlefeld, Frau Breitenbach, die nötigen finanziellen Mittel sind im Haushalt eingestellt und werden natürlich von uns verteidigt. Das Ehrenamt ist für die CDU-Fraktion eine Priorität, und daran halten wir fest.

Darüber hinaus haben wir natürlich auch einen Blick auf unsere zwölf bezirklichen Freiwilligenagenturen gelegt. Diese haben wir im aktuell laufenden Haushalt ja massiv gestärkt. Auch da können wir uns sehr gut eine tragende Rolle bei der Realisierung unserer Orte für Engagement vorstellen.

Insofern ist das ein kleiner, aber wirksamer Schritt, wichtig zur Unterstützung für unser Ehrenamt. Deswegen freue ich mich auf die Diskussion direkt am nächsten Montag im Kultur- und GZ-Ausschuss und freue mich

(Vizepräsident Dennis Buchner)

deshalb, dass wir schnell ins Handeln kommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Es folgt dann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Dr. Kahlefeld.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien!

[Zurufe von der AfD: Ja! Hallo! – Heiterkeit bei der AfD]

Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben in Berlin seit 2020 eine Engagementstrategie. Da ich damals als Ausschussvorsitzende am Erarbeitungsprozess beteiligt war, weiß ich aus eigenem Erleben, dass der Mangel an Räumen das erste und im Ranking am höchsten eingestufte Anliegen der Zivilgesellschaft war. Es finden sich daher etliche Vereinbarungen in der Strategie, die Abhilfe schaffen sollen.

Unter Punkt 52 wird gefordert, bezahlbare Gewerberäume zu erhalten. Der Senat wird aufgefordert, eine bundesgesetzliche Deckelung von Gewerbemieten zu erreichen. Unter Punkt 54 wird ein neues Bedarfsfeld für die Bewirtschaftung von Liegenschaften des Landes Berlin gefordert, nämlich Engagement und Beteiligung. Auch im Rahmen von Neubauvorhaben und bei der Stadtplanung sollten diese Berücksichtigung finden. Ich zitiere:

„Bei der Planung von öffentlichen Gebäuden …, aber auch bei Bauvorhaben öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften, sollten Räume beziehungsweise Nutzungsmöglichkeiten für zivilgesellschaftliche Organisationen einbezogen werden, auch durch die bauliche und organisatorische Erleichterung von Mehrfachnutzungen.“

Schließlich wird unter Punkt 55 gefordert, dass Zwischennutzungen und temporäre Nutzungen von Räumen zu ermöglichen sind. Ich zitiere wieder mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Gemeinnützige Organisationen sollten bei Zwischennutzungen und der temporären Nutzung urbaner Brachflächen vorrangig Berücksichtigung finden. Bei der Abwägung unterschiedlicher Nutzungsinteressen bei der Vergabe öffentlicher Räume sollte den Bedürfnissen gemeinnütziger Organisationen der Zivilgesellschaft künftig ein höherer Stellenwert beigemessen werden.“

Zitat Ende. – Hier, möchte ich ergänzen, besteht auch ein Zusammenhang zur urbanen Praxis. Von all dem steht aber nichts in dem mageren Antrag der Koalition. Seit gestern wissen wir, dass die BIM keine landeseigenen Gebäude mehr an NGOs vermietet. Mit dieser Begründung wurden nämlich „Moabit hilft“ die Räume gekündigt –

[Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

das genaue Gegenteil von Punkt 54 der Strategie. Falls es eines Belegs bedurft hätte: Die Engagementstrategie in Berlin ist tot. Stattdessen soll in der Enquete-Kommission untersucht werden, wie Engagement eine aktive Antidiskriminierungsarbeit überflüssig macht – Vereine statt LADG. Das alles ist der totale politische Blindflug. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von Dennis Haustein (CDU)]

Es folgt dann für die SPD-Fraktion die Kollegin Radziwill.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauende! Das ist schon ein ganz wichtiges Thema, nämlich: Wie können wir Ehrenamt unterstützen? Ehrenamt ist Kitt in der Gesellschaft und hält die Gesellschaft wirklich gut zusammen, hält uns beieinander, denn es ist ein Wert an sich – für sich selbst –, sich ehrenamtlich zu engagieren. Es gibt Studien, die belegen, dass, wer sich ehrenamtlich engagiert, gesünder lebt. Das ist doch schon einmal eine gute Sache.

Wer sich ehrenamtlich engagiert, macht auch etwas Gutes für andere, und deswegen ist es aus politischer Sicht wichtig, dafür zu sorgen, dass wir das ehrenamtliche Engagement, das bürgerschaftliche Engagement von so vielen in dieser Stadt unterstützen, aber es auch würdigen. In dem Rahmen möchte ich mich bei allen, die sich engagieren, mit Ihrer Unterstützung herzlich bedanken. Da kann eigentlich jede Fraktion applaudieren, denn

[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

danke, danke! – Ehrenamt ist nicht nur für eine Fraktion etwas ganz Besonderes, sondern aus meiner Sicht als langjährige Abgeordnete habe ich festgestellt, dass es zumindest für die demokratischen Parteien und Fraktionen immer ein wichtiges Anliegen ist.

Daher hat die Koalition, auch basierend auf der Engagementstrategie, diesen Antrag eingebracht, weil wir sehr wohl sehr wichtig finden, Strukturen zu schaffen, wo wir für Initiativen – aber nicht nur für sie, aus meiner Sicht

(Dennis Haustein)

auch für Vereine – eine Unterstützung liefern, dass sie Räume bekommen. Deswegen haben wir den Senat mit Ihrer Unterstützung jetzt aufgefordert, dass er ein Konzept vorlegt. Ich hoffe, es wird im Ausschuss auch so durchgehen. Wir werden es ja auch in der zweiten Lesung abstimmen.

Ich glaube, das ist eine gute Weiterentwicklung der Engagementstrategie. Ich will aber auch festhalten, dass Ehrenamt auch hauptamtliche Strukturen braucht und wir sehr wohl schauen, wo es nötig ist, auch hauptamtlich zu unterstützen. Das sind ganz wichtige Aspekte. Dass die Umsetzung beziehungsweise Fortsetzung der Engagementstrategie von der letzten Legislatur in dieser Legislatur fortgeführt wird, halte ich für ganz wichtig. Es ist auch wichtig, wenn wir so viele Stakeholder und Beteiligte an den Tisch holen und sagen, dass wir eine gemeinsame Strategie machen, dann soll es nicht nur in einer Legislatur anfangen und enden und dann in der Schublade verschwinden, sondern es muss auch über den notwendigen Zeitraum umgesetzt werden.

Es ist gut, dass wir es über vier Fraktionen hinweg gemeinsam umsetzen. Dafür will ich mich bei allen Beteiligten bedanken und wünsche gute Beratung zu diesem Antrag in unserem Ausschuss und hoffe, dass wir das gemeinsam in der zweiten Lesung durchbringen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Dann folgt nun für die Linksfraktion die Kollegin Breitenbach.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Kollegin Radziwill eben gesagt hat, dass wir alle das Ehrenamt unterstützen und dass das Ehrenamt der Kitt der Gesellschaft ist, begrüße ich, und ich sehe es auch so.

Ich teile im Übrigen auch viele Punkte, die die Kollegin Kahlefeld genannt hat, vor allem die detaillierten Fragen, die wir schon seit vielen Jahren diskutiert haben und die in diesem Antrag nicht auftauchen. Das finde ich jetzt, ehrlich gesagt, ein bisschen schade, und es hat mich auch ein bisschen enttäuscht. Ich freue mich aber erst einmal, dass wir dieses Thema haben. Wir werden am kommenden Montag im Ausschuss noch über die Raumbörse reden, die es ja schon gibt, die jetzt in diesem Antrag gefordert wird.

Ich will aber an dieser Stelle sagen: Dass Sie heute diesen Antrag einbringen und von der Koalition nicht ein Wort dazu gesagt wurde, dass man „Moabit hilft“ jetzt zum Sommer die Räume weggenommen hat, finde ich, ist ein Armutszeugnis.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Wir alle wissen, dass es im Jahr 2015 die Zivilgesellschaft war – und es war der Beginn von „Moabit hilft“ –, die auf dem Gelände des LAGeSo geholfen hat. Auf diesem Gelände waren Menschen unter erbärmlichen Zuständen, Menschen in Not, die hierher geflohen waren.

[Gunnar Lindemann (AfD): Die alle illegal hier waren!]