Wir stellen uns gegen jede Ausbürgerungsdebatte und wollen im Gegenteil, dass mehr Menschen eingebürgert werden können und zwar unabhängig vom Geldbeutel und entwürdigenden Einbürgerungstests. Wer Straftaten begeht, erhält ein entsprechendes Verfahren, so wie alle deutschen und nicht deutschen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen auch. Ansonsten müssen wir mal über die Ausbürgerung von verfassungsfeindlichen AfDlern reden. Aber einen Hinweis möchte ich auch noch an die CDU richten. Die CDU, das sind die Geister, die Sie riefen, und deswegen wurden Sie auch eben zitiert, denn Ihre Partei und ihr Kanzler Merz waren es, die im Bundestagswahlkampf rassistische Ausbürgerungsdebatten durchs Land jagten, um auf Stimmenfang von rechts zu gehen.
Dass Sie damit das Klima, das gesellschaftliche Klima, verschärft haben, war Ihnen herzlich egal. Selbst im Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD standen die Ausbürgerungen noch drin. Es ist aber eines der wenigen schlimmen Dinge, die die SPD noch aus dem Koalitionsvertrag herausverhandeln konnte. Aber bei so einer Lage ist doch klar, dass die AfD das Thema wieder auftischt.
Daher gilt weiter: Keine Kooperation mit Faschisten, niemals! Keine Übernahme von Forderungen der Faschisten, niemals! Wehret den Anfängen!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz vom 9. April 2025 Drucksache 19/2384
In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Herrmann, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier vor Ort und daheim an den Empfangsgeräten! Der demografische Wandel und die digitalisierte Gesellschaft stellen auch die Berliner Justiz vor große Herausforderungen. Wir haben hier und im Ausschuss schon sehr intensiv darüber gesprochen. Am Einsatz von KI und moderner IT führt auch in der Justiz kein Weg vorbei.
Dank unserer Senatorin Dr. Felor Badenberg und ihrem Team in der Verwaltung sind wir hier auf einem guten Weg, wie wir in den Ausschussberatungen miteinander
hören konnten. Wir haben mit Codefy eine KI-gestützte Analyse- und Struktursoftware im Einsatz, die es ermöglicht, umfangreiche Akten zu strukturieren und damit der Richterschaft Unterstützung im tagtäglichen Geschäft zu geben. Wir haben mit DIaLOGIKa ein ebenfalls automatisiertes Verfahren für Asylsachen, was es auch ermöglicht, dort entsprechende Mitteilungen an die Prozessbeteiligten zu versenden und Themen, Informationen zusammenführt. Wir haben mit EMIL – diese Programme haben immer ganz tolle Namen – eine KI-gestützte Datenbankrecherche in Asylsachen. Auch die ermöglicht es für die Richterschaft, sich schneller auf die eigentliche Entscheidung, nämlich Recht zu sprechen, Argumente zusammenzusuchen, zu konzentrieren. Und wir haben als Letztes, beziehungsweise als Vorletztes, mit der Justizcloud ein bundesweites Projekt hier in Berlin – und darauf können wir stolz sein – einen Proof-of-Concept geführt.
Wir haben mit dem Klageantragstool für zivilgerichtliche Verfahren – das ist eine Neuerung, die wir zusammen mit dem BMJ auf den Weg bringen – die Chance auch für den Rechtsuchenden, einen ganz einfachen Zugang zur Justiz zu ermöglichen, Datenanalyse KI-gestützt durchzuführen. Aber klar ist natürlich am Ende: Ohne Menschen geht es nicht. Wir reden über Hilfsmittel, wir reden über Unterstützung für die Beschäftigten in der Justiz. Wir reden natürlich über menschengemachte Rechtsprechung und nicht über Digitalisierung der Rechtsprechung. Das sei noch nochmal ganz klar gesagt, weil es in den Ausschussberatungen durchaus den einen oder anderen Kollegen gab, der dort große Sorge hatte. Das ist sichergestellt. Und dafür sage ich, lieber Staatssekretär Feuerberg, Sie nehmen es bitte mit, großen Dank an alle, die sich bei Ihnen im Haus mit dem Thema Digitalisierung und KI beschäftigen.
KI ist kein Zukunftsthema, sondern gelebte Realität. Und ich sage es wieder, auch in der Berliner Justiz: Berlin muss hier Vorreiter sein, nicht Nachzügler. Wir sind auf einem guten Weg. Unser Antrag nimmt darauf noch einmal Bezug. Wir haben gesagt, wir wollen diese Schritte unterstützen. Auch das ist Intention des Antrags. Und wir wollen über das, was es auf Arbeitsebene gibt, einfach die ganzen Player – Berlin ist als Hauptstadt, als Bundeshauptstadt natürlich exzellent aufgestellt, als Wirtschaftsstandort, als Wissenschaftsstandort – zusammenbringen. Wir haben es heute Morgen von der Wirtschaftssenatorin gehört, wie schnell in Berlin regelmäßig Start-ups gegründet werden. Wir haben eine exzellente Hochschullandschaft. All diese Player zusammenzubringen, um das Thema KI für die Berliner Justiz auch nutzbar zu machen, ist das Gebot der Stunde. Ich freue mich darauf und bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Frau Dr. Vandrey das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Meine lieben Damen und Herren! KI in der Justiz, das ist nach wie vor ein wichtiges Thema. Aber nach wie vor stellt sich auch die Frage –
Da können Sie ruhig klatschen. – wie schon bei der ersten Lesung, die wir hier hatten: Wozu brauchen wir einen solchen Schaufensterantrag im Parlament? Ihr Antrag, ehrlich gesagt, liebe Koalition, besteht allein darin, dass sich die Senatsverwaltung für Justiz mit Experten der KI austauschen möchte. Man möchte sich also vernetzen, man möchte sich Expertise holen. Das ist fein. Nur ist das ohnehin die Aufgabe des Senats; es ist eine pure Selbstverständlichkeit. Das erwarten wir. Das erwarten wir schlicht von einer Senatsverwaltung.
KI jedenfalls wird Einzug in alle Lebensbereiche halten, natürlich auch in die Justiz. Gerade Recherchetools sind unter Juristen und Juristinnen gern benutzte Handwerkszeuge, schon jetzt im Einsatz und sehr hilfreich. So kann KI zum Beispiel genutzt werden, um die Auswertung großer Datenmengen zu vereinfachen, beispielsweise in Masseverfahren. Das kann die Arbeit von Juristen und Juristinnen extrem erleichtern und sie genauer machen. Daher wird KI in der Justiz zu Recht von vielen gefeiert.
Dennoch gilt es bei aller berechtigten Euphorie, die wir teilen, auch die Risiken in den Blick zu nehmen. Darauf werden wir als Grüne genau schauen. Die Kritik bezieht sich oft auf die Frage der richterlichen Unabhängigkeit – das hatte der Kollege Herrmann schon erwähnt –, darauf, dass es ein Mensch sein muss, der letztlich in Gerichtsverfahren entscheidet. Auch das wurde im Rechtsausschuss schon diskutiert. Auch das ist natürlich Konsens. Natürlich ist es der Mensch, also der Richter oder die Richterin, die letztlich entscheiden muss, nicht der Computer.
Was wir dafür allerdings brauchen, sind Juristen und Juristinnen, die mit IT verantwortungsvoll umgehen. Der Knackpunkt ist meines Erachtens: gut umgehen heißt nicht einfach, nur mit der Technik gut klar zu kommen. Gut umgehen heißt insbesondere, es sich nicht zu bequem zu machen. Denn es ist ja so einfach: Man lässt sich von der KI eine Entscheidung generieren, liest sie, findet sie toll und ist versucht sie einfach zu übernehmen. Genau das darf aber nicht passieren. Juristen und Juristinnen
müssen selber denken, selbst Sachverhalte bewerten und selbst entscheiden. Das muss das Wichtigste bleiben.
Auf ein weiteres Risiko möchte ich hinweisen: das Risiko möglicher Diskriminierungen durch KI-basierte Abläufe. Immer öfter übernehmen automatisierte Systeme die Entscheidungen. Es werden Wahrscheinlichkeitsaussagen auf der Grundlage von pauschalen Gruppenmerkmalen getroffen. Das wirkt auf den ersten Blick objektiv, kann aber Stereotype reproduzieren. Hier ist Sensibilität gefragt, besonders wenn solche Systeme nun an den Gerichten eingesetzt werden. Auch hierauf werden wir als Grüne genau schauen.
Viel wichtiger als der vorliegende Antrag wäre allerdings ein Blick auf die finanziellen Mittel, die in Berlin für die IT-Sicherheit zur Verfügung gestellt werden. Das sind nämlich definitiv zu wenige. Hier hat die Koalition definitiv an der falschen Stelle gespart. Denn, liebe Koalition, die öffentliche Sicherheit nimmt zu Recht einen breiten Raum im öffentlichen Diskurs ein. Zur Sicherheit in Berlin gehört aber auch die IT-Sicherheit. Es passiert leider immer häufiger, dass unsere Verwaltung, die Justiz, Universitäten oder Krankenhäuser Gegenstand von Cyberangriffen werden. Bei der IT spart die Koalition aber in einer Größenordnung, dass sogar die Chefin des ITDZ vor einem Gefährdungspotenzial warnte. Hier ist die Koalition aufzufordern, künftig einen Schwerpunkt zu setzen. Bei den anstehenden Haushaltsberatungen muss klar sein: An der IT-Sicherheit Berlins darf nicht gespart werden. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein guter Umgang mit KI und der Ausbau der IT-Infrastruktur in der Verwaltung und in der Justiz sind mir, der SPD und der ganzen Koalition eine Herzensangelegenheit. Als Sprecher für Recht und für Digitalisierung freue ich mich besonders, auch heute wieder, wie letzten Dezember, über den vorliegenden Antrag zu sprechen.
Die Europäische KI-Verordnung, die in Teilen bereits in Kraft getreten ist, wird in naher Zukunft einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Entwicklung und Nutzung von KI in der EU schaffen. Mit unserem Antrag stellen wir die Weichen dazu, für eine moderne und effiziente Justiz in Berlin, bleiben aber auch insoweit ergebnisoffen,
denn bei dem schnellen technischen Fortschritt sollte sich die Politik hüten, das Ergebnis von Innovationen stets vorwegzunehmen.
Nur wenn man am Ball bleibt, kann man aber auch gestalten. Wir dürfen uns jedenfalls nicht gegen neue Technologien sperren. Berlin kann vielmehr Vorreiterin für eine moderne und leistungsfähige Justiz sein; nein, es muss, wenn wir das Thema jetzt gemeinsam weiterdenken. Deshalb wollen wir die bestehenden Plattformen, den Cyber-Innovation-Hub und das Legal-Tech-Center, für die Berliner Justiz gezielt weiterentwickeln. Und irgendwann muss uns die KI für diese englischen Beschreibungen auch mal deutsche Bezeichnungen generieren, unter denen sich dann auch jeder Unbeteiligte etwas vorstellen kann.
Durch den demografischen Wandel und die steigenden Fallzahlen an den Berliner Gerichten sind wir ohnehin gezwungen, effektiver zu werden. Dabei müssen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung einfach nutzen und auch die künstliche Intelligenz einbinden. Der Einsatz dieser Technologie ist unerlässlich, um die Berliner Justiz zukunftsfähig zu machen. Gemeinsam haben wir mit Blick auf die Digitalisierung der Justiz in den vergangenen Monaten und Jahren durchaus viel Gutes erreicht, Kollege Herrmann hat es skizziert. In vielen Bereichen sind die E-Akten flächendeckend eingeführt, über 70 Prozent der Berliner Gerichtssäle sind digital nutzbar.
Doch die digitale Entwicklung geht eben weiter. Künstliche Intelligenz hält Einzug in die Justiz, und wir sehen, wie sich diese hilfreiche neue Technologie zunehmend durchsetzt. Unsere Aufgabe ist es, diesen Wandel aktiv mitzugestalten, aber nach unseren Regeln und nach unserem Werteverständnis. Dafür ist es wichtig, dass alle relevanten Akteure aus der Justiz selbst, aber auch aus anderen Verwaltungen, der Wirtschaft und der Wissenschaft zusammengebracht werden. Denn bevor man konkrete Maßnahmen und Projekte auf den Weg bringt, muss man sich zunächst fragen, was KI überhaupt leisten kann und was sie leisten soll. Konkret sollte man prüfen, auf welchen Feldern KI den Menschen in Justiz und Rechtspflege den Arbeitsalltag erleichtern kann und wo der Einsatz von KI ausgeschlossen werden soll. Denn eins muss klar sein: Es geht keinesfalls darum, Richterinnen und ihre Entscheidungen durch die KI zu ersetzen. Eine KI kann niemals die Expertise, die Empathie, die Lebenserfahrung ersetzen, aber sie kann unterstützen.
Wenn mehr als 1 000 Seiten lange Gerichtsakten durchsucht, strukturiert und ausgewertet werden müssen, kann KI wertvolle Zeit der Berliner Richterinnen und Richter einsparen und sie entlasten. Auch im Bereich der Übersetzung und der Spracherkennung kann KI eine entscheidende Arbeitserleichterung darstellen.
Neben aller Technologieoffenheit ist aber auch ein gesundes Maß an Skepsis angebracht; ich sprach davon. Die KI-Technologie der letzten Jahre ist für Menschen, die sie nutzen, meist doch eine Blackbox. Entscheidungen von KI-Systemen müssen aber gerade für die Anwender und, noch wichtiger, für die von den Entscheidungen Betroffenen nachvollziehbar sein. Das gilt insbesondere in gerichtlichen Verfahren. Hier ist die Kontrolle notwendig, da sich die KI als alles andere als diskriminierungsfrei erwiesen hat. Fragen zu Nachvollziehbarkeit und Diskriminierungen von KI-Entscheidungen müssen diskutiert werden. Hilfreiche neue Technologien werden sich durchsetzen, es ist aber an uns, immer auf unsere Regeln zu achten und die Regeln zu gestalten.
Rechtsstaatliche Garantien wie das Recht auf richterliches Gehör und die richterliche Unabhängigkeit dürfen durch den Einsatz von KI in Gerichtsverfahren nie eingeschränkt oder gar umgangen werden. Eine KI darf nicht die letzte Entscheidung treffen. KI kann die Justiz effizienter, zugänglicher und konsistenter machen, wenn sie als Werkzeug mit klaren Leitplanken eingesetzt wird. Menschliche Urteilskraft, ethische Reflexion und rechtliche Kontrolle sind unersetzlich; eben diese Leitplanken sind aber auch unersetzlich. Diese Leitplanken müssen wir immer behalten, auch im Zeitalter der KI. Denn am Ende geht es um die Menschen, um die Berlinerinnen und Berliner. – Vielen Dank!