Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

dann brauchen Sie nicht mehr den zuständigen EU-Kommissar und die gesamte Kommission zu überzeugen, sondern dann müssen Sie Ihre rot-grüne Bundesregierung überzeugen. Dann bekommen Sie eine andere Agrarpolitik.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU – Bei- fall bei der FDP/DVP)

Gemäß § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Vorsitzenden der SPDFraktion, Herrn Maurer, das Wort.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das täte ich jetzt an seiner Stelle nicht mehr!)

Leider ist wieder die Notwendigkeit entstanden, einiges klarzustellen.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Deuschle REP: Ach was!)

Ja. Ich kann doch nichts dafür, dass Ihr Ministerpräsident sich ständig weiter reinreitet.

(Widerspruch bei der CDU)

Kollege Oettinger weiß, warum er es vorgezogen hat, dieser Debatte nicht zu folgen.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Drautz FDP/DVP: Was ist mit dem Kollegen Teßmer?)

Zunächst einmal zum Stil, damit das klar ist: Sie haben in Ihrer Regierungserklärung natürlich massivste Seitenhiebe an die Adresse der Bundesregierung verteilt,

(Zurufe von der CDU: Zu Recht! Fakten! – Abg. Zeller SPD: Polemik war das!)

ebenso an die Adresse sozialdemokratisch geführter Landesregierungen. Es ist schon eine besondere Kunst, dies zuerst zu tun und hinterher zu sagen: Ich habe das aber gar nicht gesagt.

Das war jetzt der Versuch, die eigene Regierungserklärung im Nachhinein anders zu interpretieren, als sie gehalten worden ist.

(Zuruf von der SPD: Halbwertszeit!)

Das ist schon bemerkenswert. Aber ich habe ja mittlerweile gelernt: Man muss die Dinge dann immer im Detail klären. Es ist ja auch schön, dass wir in diesen Debatten die Gelegenheit dazu haben.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade eben – Sie können das im Protokoll nachlesen – in Bezug auf die Intervention der Frau Staiblin gegenüber der Bundesgesundheitsministerin und gegenüber dem Bundeslandwirtschaftsminister, die ich zitiert habe, wörtlich gesagt, es sei niemals darum gegangen, dass irgendetwas in die Nahrungskette komme – das ist ein wörtliches Zitat, das ich mitgeschrieben habe –, sondern es sei nur um Entsorgung gegangen. Damit haben Sie wieder die Unwahrheit gesagt.

(Beifall des Abg. Zeller SPD – Abg. Zeller SPD: So ist es! – Lachen des Abg. Haas CDU)

Ja, das ist so. Er hat die Unwahrheit gesagt, weil es eben nicht um Entsorgung ging. Es ging vielmehr darum, dass die EU-Kommission angeordnet hatte, das Risikomaterial zu verbrennen, und Ihre Ministerin dies nicht wollte.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: So ist das!)

Vielmehr wollte sie, dass das Risikomaterial zu Tiermehl verarbeitet wird. Das wollte sie.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen zu Mi- nisterpräsident Teufel: Sie haben von Abfall ge- sprochen! – Ministerpräsident Teufel: Genau das habe ich doch gesagt! Das habe ich doch gesagt! Das ist eine Frechheit! Das habe ich doch gesagt! – Zuruf des Abg. Göbel CDU – Unruhe)

Hören Sie doch jetzt zu! – Damit ist doch wohl klar, dass Tiermehl anschließend in die Nahrungskette gelangt.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Na- türlich! Das ist doch das Problem!)

Das müssten doch sogar Sie wissen, selbst wenn Sie sich jahrelang nicht mehr mit dem Thema beschäftigt haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Ministerpräsident Teufel: Die Verarbeitung zu Tiermehl, habe ich gesagt!)

Da kann man doch nicht hergehen – das ist bei Ihnen immer das Gleiche – und sagen – und die Leute sollen Ihnen das glauben –, es ginge nur um Entsorgung und das Material würde nicht in die Nahrungskette kommen.

(Ministerpräsident Teufel: Das habe ich gesagt! – Zuruf des Abg. Göbel CDU)

Sie wollten, dass dieses Material über die Verarbeitung zu Tiermehl in die Nahrungskette kommt. Das ist die schlichte Wahrheit.

(Zurufe des Ministerpräsidenten Teufel und des Abg. Göbel CDU)

Das ist die Wahrheit. Dann reden Sie nicht solches. Tiermehl wird verfüttert, und damit kommt es in die Nahrungskette. Das wollten Sie gegen den Willen der EU-Kommission.

(Zuruf von der SPD)

Erzählen Sie hier einfach nicht solches Zeug, denn Sie werden regelmäßig dabei ertappt. Das müssen Sie jetzt einmal lernen.

(Zuruf des Abg. Brechtken SPD – Gegenruf des Abg. Göbel CDU: Weil du es nicht anders verwer- ten kannst! – Abg. Kiefl CDU: Die machen heute noch Tiermehl! – Gegenruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Aber nicht aus Risikoma- terial! – Unruhe)

Nächster Punkt: Ich habe Ihnen gesagt, dass in dem Herkunfts- und Qualitätszeichen eine große Chance für die bäuerliche Landwirtschaft in Baden-Württemberg liegt. Ich kann mich übrigens noch daran erinnern: Diese Strategie haben wir Ihnen zur Zeit der großen Koalition fast aufgedrängt.

(Lachen bei der CDU)

Ja, ja. Das können Sie alles nachlesen. Ich habe ein gutes Gedächtnis.

Was ich Ihnen gesagt habe, ist: Wenn Sie wollen, dass die Menschen Vertrauen in das HQZ haben,

(Zuruf des Abg. Göbel CDU)

dann müssen Sie die Kontrolle über ein solches Qualitätszeichen auch an Gruppen in der Gesellschaft geben, die bekanntermaßen gegenüber bestimmten Formen der Agrarproduktion misstrauisch sind.

(Abg. Haas CDU: Aha! Der Herr Maurer zum Bei- spiel!)

Deswegen habe ich Ihnen gesagt: Es ist falsch, nur die Erzeuger und die Händler und nur einen einzigen aus dem Bereich der Verbraucherverbände in diesem Gremium zu haben.

(Abg. Haas CDU: Aber nicht bei der Kontrolle! Das ist ein Beirat!)

Das war ein sehr konkreter Vorschlag. Ich habe Ihnen gesagt: Sie brauchen dann ein Kontrollgremium, in dem die Verbraucherverbände, die Umweltverbände und der Tierschutz paritätisch am Tisch sitzen. Dann können Sie Vertrauen herstellen.

(Abg. Kiefl CDU: Die kontrollieren doch nichts! – Abg. Haas CDU: Die kontrollieren doch nichts! Das ist ein Beirat! So ein Blödsinn!)

Konkret dazu habe ich von Ihnen nichts gehört. Ich frage Sie einmal: Lesen Sie eigentlich noch die Zeitung? Heute Morgen lese ich in der Zeitung, dass Ihre eigene Ministerin gegenüber den „Stuttgarter Nachrichten“ angekündigt hat, sie sei für eine Verschärfung der Qualitätskriterien beim HQZ.

(Abg. Haas CDU: Was ist da falsch? – Weitere Zu- rufe von der CDU)

Das können Sie nachlesen. Es ist doch eine Irrsinnsnummer, dass der Herr Ministerpräsident sich hinstellt und sagt, es sei Polemik, wenn wir für stärkere, härtere Kriterien beim HQZ eintreten – Herr Hauk hat sich zu der Aussage verstiegen, damit würden wir die Landwirtschaft niedermachen –, und am selben Tag die eigene Ministerin – wie die SPD – sagt: „Jawohl, ich bin auch für eine Verschärfung der Qualitätskriterien beim HQZ.“

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Schä- fer Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will Ihnen bei diesen Dingen jetzt nicht unterstellen, dass Sie bewusst die Unwahrheit sagten. Aber ich glaube, Sie haben den Überblick verloren, Herr Ministerpräsident.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen – Zurufe der Abg. Göbel und Kiefl CDU)