Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

(Abg. Haasis CDU: Oje! Da müssen wir aufpas- sen! – Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das muss eine andere Veranstaltung gewesen sein!)

muss ich hier keine weitere Überzeugungsarbeit leisten. Ich glaube, wir sind uns alle einig darüber, dass unsere Polizei nicht nur Ausstattung und technische Möglichkeiten, sondern auch rechtliche Rahmenbedingungen braucht, die es ihr ermöglichen, ihre Pflicht so zu tun, wie dies die Bürger unseres Landes erwarten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Diskussion in der Presse und anderswo hat längst gezeigt, dass diejenigen, die uns glauben machen wollen, die Bürger wähnten sich dann in einem Überwachungsstaat, falsch liegen und ohne Mandat handeln. Die Bürger fordern geradezu diese Überwachung und fühlen sich in ihren Persönlichkeitsrechten keinesfalls über Gebühr beeinträchtigt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist also gewahrt. Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Videoüberwachung nur ein Baustein in einem ganzen Bild ist und dass wir der Polizei die Möglichkeit geben, im Zusammenwirken mit der Ortspolizeibehörde auch Orte festzusetzen, wo dies geschehen kann.

(Abg. Redling SPD: Eine Minute!)

Die Änderungsanträge, die heute auf dem Tisch liegen, lehnen wir ab. Wir haben das mehrfach im Ständigen Ausschuss besprochen; Sie kennen die Gründe. Deswegen tun wir, was überfällig ist, was die Bürger erwarten und was der Polizei nützt. Wir kommen damit einen großen Schritt vorwärts; davon bin ich überzeugt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Hervor- ragend! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Was woll- ten Sie jetzt eigentlich in der Sache sagen?)

Das Wort hat Herr Abg. Redling.

(Abg. Seimetz CDU: Julius, zwei Minuten!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wiederhole es hier an dieser Stelle zum vierten Mal:

(Zurufe von der CDU – Unruhe)

Die SPD-Fraktion ist für die Videoüberwachung.

(Unruhe – Abg. Ursula Haußmann SPD: Herr Prä- sident, hier ist ein Tumult!)

Allerdings wollen wir keine Scheinlösung haben. Wir wollen den Menschen nichts vorgaukeln, sondern wir wollen eine vernünftige Lösung. Wir sehen die technische Möglichkeit, mit Videokameras bestimmte Plätze zu überwachen, als eine Verstärkung der Präsenz, aber nicht als Ersatz der Präsenz. Deshalb können wir einer Videoüberwachung nur zustimmen, wenn die Polizeibeamten auch

gleich eingreifen können, wenn etwas entdeckt wird. Solange dies im Gesetz nicht so vorgesehen ist, halten wir diese Lösung für falsch. Deshalb werden wir, was Ihnen ja nicht neu sein dürfte, diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Wir sind der Meinung, dass bestimmte Straftaten Voraussetzung für eine Überwachung sind und dass man nicht die vage Formulierung, wie sie im Gesetzentwurf vorgesehen ist, nehmen soll. Den Eingriff in das informationelle Grundrecht der Menschen, das vom Verfassungsgericht als ein sehr starkes Grundrecht apostrophiert wird, halten wir – nach der hier vorgesehenen Regelung – für zu weit gehend. Auch hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt.

Zum Meldegesetz nur einen Satz. Wir halten die vorgesehene Änderung für richtig. Allerdings, Herr Innenminister, wenn ich daran denke, dass andere Bundesländer in diesem Bereich weiter sind und schon die Möglichkeit eröffnen, elektronisch die Ummeldung vorzunehmen, dann muss ich sagen, dass wir mit unserer Änderung sehr weit hinterherhinken.

Wir werden dem Gesetzentwurf insgesamt, wie gesagt, nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Haasis CDU: Mäßige Unterstützung in der SPD!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oelmayer.

(Abg. Seimetz CDU: Anderthalb Minuten, Herr Oelmayer! – Zuruf von der CDU: Schnell und kurz! – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rech, das Beste an Ihrer Rede – das muss ich gleich zu Beginn sagen – war ihre Kürze.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Rückert CDU: Machen Sie es nach! – Abg. Seimetz CDU: Tue das Gleiche!)

Insofern versuche ich, Sie am heutigen Tage nicht nachzuahmen.

Es ist auch nicht richtig, wie Sie Bündnisgrüne hier zitiert haben. Wir haben in der Tat grundsätzlich keine Einwendungen, für bestimmte Situationen die Videoüberwachung einzusetzen. Sie haben es ja selber oft genug gesagt: Das soll ja nur ein Mosaikstein in der Ermittlungsarbeit der Polizei sein.

Deswegen haben wir auch den Änderungsantrag eingebracht, der von Ihnen im Innenausschuss leider abgelehnt worden ist. Jetzt habe ich aufgrund Ihrer Aussage schon gehofft, Sie würden diesem heute hier zustimmen. Sie haben sich dann aber selber quasi wieder offenbart, indem Sie dann gleich noch hinzugefügt haben, Sie würden den Antrag ablehnen.

Wir haben den Änderungsantrag in die Beratungen im Innenausschuss eingebracht und am heutigen Plenumsabend noch einmal gestellt, weil wir der Meinung sind, dass der Eingriff, den Sie mit dieser Änderung des Polizeigesetzes vornehmen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entspricht. Der Eingriff ist deswegen nicht gerechtfertigt, weil man auch mit geringerer Eingriffsintensität die Erfolge erzielen kann, die das Gesetz insgesamt verfolgt, nämlich zum einen wesentlich präventiv tätig zu sein, also Verbrechensvorbeugung allein durch die Installation von Videokameras.

(Abg. Rech CDU: Oh! War das jetzt ein Argument von mir?)

Die andere Intention war aber die, dann auch tatsächlich polizeilicherseits immer dann eingreifen zu können, wenn Gefahr im Verzug ist.

Sie wollen generell aufzeichnen. 99,9 % der erfassten Menschen, meine Kolleginnen und Kollegen, werden dann zu Unrecht erfasst. Das stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dar, und dieser Eingriff ist so nicht gerechtfertigt.

Meine Kollegen insbesondere aus der CDU, wir haben uns ja kundig gemacht. Wir stellen uns ja nicht hierhin und erzählen Ihnen irgendwas, sondern wir haben uns auch über die Erfahrungen, die die Polizei in Leipzig gemacht hat,

(Abg. Rech CDU: Die waren nicht gut!)

mit dem dortigen Leitenden Polizeidirektor unterhalten. Er hat uns berichtet, dass die Regelung, dass immer nur dann aufgezeichnet wird, wenn Gefahr im Verzug ist, dort sehr wohl gegriffen hat. Deswegen hat es mich sehr verwundert, Kollege Rech, dass Sie uns bei Ihrem letzten Beitrag hier in diesem Hause noch kundgetan haben, dass generell aufgezeichnet werden soll und dass es gar nicht notwendig sei, dass immer ein Beamter hinter dem Bildschirm sitzt. Diese Äußerung haben Sie hier getan.

(Abg. Rech CDU: Das ist ein alter Hut!)

Das ist kein alter Hut, sondern das zeigt die Intention, die Sie ursprünglich verfolgt haben.

Wenn aber die Videoüberwachung Wirkung zeigen und nicht nur einen Placeboeffekt haben und der Bevölkerung Sicherheit vorgaukeln soll, dann muss tatsächlich hinter jedem Bildschirm ein Beamter sitzen. Wenn aber hinter jedem Bildschirm ein Beamter sitzen muss, dann ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur dann gewahrt, wenn Sie nur dann aufzeichnen, wenn der Beamte an dem Bildschirm auch etwas erkennt. Eine Regelung in dieser Form hätten wir mitgetragen. Wir haben sie in dem Änderungsantrag auch so formuliert, und Sie haben ja nach wie vor die Möglichkeit, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Dann können wir auch dem entgegenkommen, was der Kollege Rech hier verkündet hat, dass wir dann vielleicht sogar grundsätzlich den Gesetzentwurf mittragen.

Ein letzter Punkt, den ich nennen möchte, betrifft das Thema Datenschutz bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen, auf das Sie ja gar nie eingegangen sind,

dass nämlich vonseiten des Datenschutzes eine Vorabkontrolle für die Standorte stattfinden muss, die Sie für die Videoüberwachung auswählen. Auch dies haben Sie gar nie problematisiert.

Ein letzter Gesichtspunkt: Es soll ja im Land nicht nur stationär videoüberwacht werden, sondern in dem Gesetzentwurf und in der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dass durchaus auch mobile Anlagen eingesetzt werden sollen. Dies bedeutet aber wieder einen Interessenkonflikt mit der offenen Videoüberwachung. Je mehr Sie mit der Videoüberwachung rochieren, umso weniger wird sie offen sein. Auch hierfür hätten wir klare Regelungen im Gesetz erwartet und nicht zuletzt auch eine klare und präzise Definition, was für Sie gefährliche Orte sind. Diese gefährlichen Orte haben wir hier definiert. Der Änderungsantrag enthält einen Vorschlag, der das Gesetz so formuliert bzw. so ausgestaltet, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist und die Polizei tatsächlich ein weiteres Mosaiksteinchen in die Hand bekommt, um Ermittlungsarbeit durchzuführen. Da Sie aber, wie Sie angekündigt haben, diesen Änderungsantrag nicht mittragen wollen, können wir aus den Gründen, die ich Ihnen hier noch einmal vorgetragen habe, dieses Gesetz von der CDU und insbesondere von der FDP/DVP nicht mittragen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Haa- sis CDU: Das wurde im Innenausschuss deutlich dargelegt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kiesswetter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Insbesondere die FDP/DVP ist stolz auf diesen Gesetzentwurf, weil er sehr liberal ist und eigentlich allen Anforderungen sowohl des Datenschützers als auch der Sicherheit des Bürgers sowie der Kriminalitätsbekämpfung Rechnung trägt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Alle die Bedenken, die Sie hier vortragen, haben wir schon x-mal erörtert und abgelehnt und auch inhaltlich widerlegt.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Deshalb ist die Ablehnung immer wieder falsch, Herr Kol- lege!)

Erstens ist es offen. Es muss angekündigt werden, dass videoüberwacht wird. Das ist eines der Grundprinzipien. Auch bei einem mobilen Einsatz ist dies möglich. Es ist ja nicht so, dass einer mit der Videokamera herumfährt, sondern die Kamera wird doch irgendwo stationär installiert. Dann hat man dort eine Videoüberwachung, die man auch deklarieren kann.

Das Zweite: Beobachten, Herr Kollege Redling. Wir haben im Gesetz drinstehen, dass beobachtet werden muss und dass dann aufgezeichnet werden kann. Das Beobachten ist wichtig. Es kann nicht selbsttätig aufgezeichnet werden, und ich meine, es ist wesentlich, dass nur mitgeschnitten werden kann, wenn beobachtet wird. Wir halten es für völlig unpraktikabel – was wohl in Leipzig gemacht wird –, dass der Polizeibeamte auf einen Knopf drücken muss,

wenn er Gefahr im Verzug sieht. Das halte ich praktisch nicht für möglich.

(Abg. Rech CDU: Weil er es meistens gar nicht sieht!)