Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

die das Polizeigesetz um eine Überwachung der Bürger durch Videotechnik ergänzt hat, ausgerechnet diese Fraktion sagt hier: Die Verfassung braucht dieses Gesetz nicht. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sind in der Verteidigung, weil Sie gemerkt haben, dass Sie mit dem gleichen Gesetzentwurf zu spät gekommen sind. Sie werden das selbst noch machen.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Gesetz soll den „gläsernen“ Bürger schützen, der angesichts von Videoüberwachung oder Kontrolle über das Mobiltelefon gegenüber anderen im Nachteil ist, denn dieser Bürger braucht Schutz und Hilfe. Dem dient dieses Gesetz.

Sie sagten vorhin, Herr Kollege Bebber, dieses Gesetz sei überflüssig. Das Gesetz sichert die bessere Kontrolle der Exekutive. Genau das ist doch die Aufgabe dieses Parlaments: die Kontrolle der Exekutive. Dieses Gesetz wird ein Werkzeug zur Umsetzung unseres verfassungsmäßigen Auftrags sein.

Meine Damen und Herren, die Europäische Union, Herr Solana plant, die Informationsfreiheit und die Gedankenfreiheit der Bürger einzuschränken.

(Abg. Bebber SPD: Das ist barer Unsinn, was Sie da gerade reden, barer Unsinn!)

Sie wissen das ganz genauso gut wie wir: Es ist geplant, fünf, sechs verschiedene Themenbereiche einzuschränken. Es soll sogar politischen Mandatsträgern verboten werden, Informationen im Sicherheitsbereich, im Verteidigungsbereich und vor allem im Währungsbereich zu erhalten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sind Pflöcke einzuschlagen. Dem Schutz unserer Verfassung dient dieses Gesetz.

(Zuruf der Abg. Birgit Kipfer SPD)

Ich wundere mich, wo Ihr Aufschrei gegen die Einschränkungen der Informations- und Verfassungsfreiheit bleibt. Ein Beispiel: Wir erleben die Entdemokratisierung unserer Gesellschaft. Ein Herr Schrempp hat doch mehr wirtschaftliche Macht als ein Ministerpräsident Teufel.

(Zuruf des Abg. Brechtken SPD)

Auch dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden. Ein derartiges Informationsfreiheitsgesetz – ich glaube, Herr Jacobi hat das genau erkannt – setzt auch dem Grenzen. Das verlangt sogar unser Grundgesetz.

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Sie können an diesem Gesetzentwurf Kritik üben. Er kann in einzelnen Punkten geändert werden; dazu sind wir bereit. Das ist der Sinn einer jeden ersten Lesung, den Entwurf vorzulegen und Verbesserungen anzufragen. Aber dieser Gesetzentwurf ist dringend und hat noch in dieser Legislaturperiode seine zweite Lesung zu erhalten.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort hat der Herr Innenminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann einfach feststellen: Mit Ausnahme logischerweise der antragstellenden Fraktion der Republikaner sind alle anderen Fraktionen – die Fraktionen der CDU, der FDP/DVP, der Grünen und der SPD – gegen diesen Gesetzentwurf der Republikaner.

(Abg. Krisch REP: Gegen Informationsfreiheit!)

Damit ist, glaube ich, das Wichtigste heute gesagt.

(Heiterkeit – Abg. Göbel CDU: Wir sind für kon- zentrierte Reden immer dankbar!)

Das Zweite: Wir hatten am 1. März 2000 eine Besprechung, immerhin auf Staatssekretärsebene, mit dem Bundesinnenminister. Mit Ausnahme der drei Länder Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein, die ein vergleichbares Gesetz haben, waren interessanterweise die anderen 13 Länder übereinstimmend der Auffassung, dass ein solches Gesetz nicht notwendig sei.

Im Übrigen kann man einfach festhalten: Wir haben aufgrund unserer bestehenden Rechtsordnung ein umfassen

des Auskunfts- und Informationsrecht, jedenfalls für diejenigen, die ein entsprechendes Interesse, zum Beispiel ein berechtigtes Interesse als Betroffene, geltend machen können. In der Praxis, im Vollzug, wie wir ihn täglich erleben, sind bisher nirgendwo irgendwelche Defizite festgestellt worden, sodass sich schlicht und ergreifend die Frage stellt: Warum soll man, wenn wir immer über die Normenflut klagen, dann in einer Situation, in der überhaupt keine Missstände bekannt geworden sind, weil wir ja eine umfassende Information betreiben, ein neues, zusätzliches Gesetz erlassen? Das kann, glaube ich, eigentlich niemandem einleuchten.

Im Übrigen muss ich auch noch einen Satz sagen, Herr Kollege Bebber, weil Sie ja mit Recht vermutet haben, das Thema werde auf der Tagesordnung bleiben und es werde immer wieder einmal darüber gesprochen werden: Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass wir eine Art Placeboeffekt konstruieren. Denn eines ist auch klar: Sie können ein solches Gesetz gestalten, wie Sie wollen. Diejenigen Gründe, die auch heute bestehen und die dann dazu führen, dass bestimmte Informationen und Auskünfte nicht erteilt werden dürfen, in der Regel weil es um schutzwürdige Interessen von dritten Personen geht – Datenschutz usw. –, würden genau bei einem solchen Gesetz logischerweise wieder greifen, sodass man einfach sagen muss: Mit einem solchen Gesetz wäre auch die Gefahr verbunden, dass irgendwelche abstrakten, konfusen Erwartungen erweckt würden, die man dann nachher gar nicht erfüllen könnte.

(Abg. Krisch REP: Und dass Manipulationen auf- gedeckt werden, Herr Minister!)

Deshalb ist auch die Landesregierung wie alle anderen Fraktionen der Auffassung: Dieser Gesetzentwurf muss abgelehnt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Brechtken SPD – Abg. Krisch REP: In der nächsten Legislaturperiode machen Sie es selber!)

Meine Damen und Herren, in der Aussprache liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor.

Welche Anträge werden zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung gestellt?

(Abg. Krisch REP: Überweisung an den zuständi- gen Ausschuss!)

Meine Damen und Herren, es ist beantragt, diesen Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss zu überweisen.

(Abg. Brechtken SPD: Das ist der Innenaus- schuss!)

Wer dieser Überweisung zustimmt – der zuständige Ausschuss wird der Ständige Ausschuss sein –, den bitte ich um ein Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Meine Damen und Herren, bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen wird dieser Gesetzentwurf an den Ständigen Ausschuss überwiesen.

(Beifall des Abg. Schonath REP)

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung abgeschlossen.

(Stellv. Präsident Weiser)

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, zur Änderung des Landesmediengesetzes und zur Aufhebung von Rechtsvorschriften – Drucksache 12/5672

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses – Drucksache 12/5797

Berichterstatter: Abg. Kluck

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, darf ich um mehr Ruhe bitten.

Wünscht der Berichterstatter das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Dann darf ich darauf hinweisen, dass das Präsidium für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion, und zwar nicht gestaffelt, festgelegt hat.

Das Wort hat Herr Abg. Rech.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Abg. Brechtken SPD: Bis zu fünf Minuten, Herr Kollege!)

Elf Landtage haben dem vorliegenden Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag bereits zugestimmt; fünf entscheiden heute oder morgen. Kern des Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrags sind die darin vorgesehene Gebührenanhebung um 3,33 DM auf 31,58 DM für die kommenden vier Jahre und auch die Neuordnung des ARD-Finanzausgleichs.

Die Gebührenerhöhung – dies muss ich nicht eigens betonen – löst auch bei uns keine Jubelstürme aus, aber wir halten sie immerhin für nachvollziehbar. Wir werden dem Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen. Die CDU-Fraktion zeigt damit auch, dass sie zur dualen Rundfunkordnung steht. Wir gehen davon aus, dass auch die Landtage, deren Entscheidung noch aussteht, diesem Vertrag zustimmen werden und damit die ARD-Anstalten, das ZDF und – ein stiller Gruß ins Studio – auch das Deutschlandradio in die Lage versetzt werden, ihren Auftrag weiterhin erfüllen zu können.

Die Bedenken, die es da gibt und die man auch in Relativsätze kleiden könnte, die weniger auf die Gebührenerhöhung als vielmehr auf die mangelnde Transparenz,

(Abg. Brechtken SPD: Das kann kein Grund sein, Herr Kollege!)

auf grundsätzliche Fragen der Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks und auf das Ratifizierungsverfahren abgezielt haben, sind berechtigt und ernst zu nehmen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle noch einmal deutlich davor warnen, die Rundfunkgebührenerhöhung in einen Automatismus verfallen zu lassen, sodass am Ende die Landesparlamente nur noch als Notare dastehen und nur noch abzusegnen haben.

Meine Damen und Herren, der Vorstoß der Sachsen hat gezeigt, dass in einigen Bundesländern Nachholbedarf hinsichtlich der Transparenz des Finanzgebarens der Rundfunkanstalten besteht. Mit § 4 des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland, nach dem die Landesregierung gemeinsam mit dem Intendanten jährlich berichtet, und mit § 35 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk, der eine Prüfung des SWR durch die Rechnungshöfe und die Berichterstattung dieser in die Landtage vorsieht, haben wir zumindest in Baden-Württemberg, wie ich denke, eine sehr weit reichende Regelung, die von der Arbeit unserer Gremienmitglieder zusätzlich flankiert wird.