Wolfram Krisch

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Konsequenzen des Geburtenrückgangs für die Entwicklung Baden-Württembergs“, das ist ein sehr komplexes Thema. Es beinhaltet Fragen der Zuständigkeit der Europäischen Union über die Zuwanderung, und es betrifft weltweite Wanderungsbewegungen. Ich darf darauf hinweisen, dass die Bundesregierung durch das Bundespresseamt am 5. Februar Positionen unserer Fraktion zu diesen Punkten ausdrücklich bestätigt hat.
Das Thema betrifft auch die Integrationsförderung und alle Probleme, die damit verbunden sind. Vor allem aber betrifft es die Aushöhlung des Begriffs „Familie“, auch durch die Parteien im Bundestag. Artikel 6 des Grundgesetzes verlangt den Schutz von Ehe und Familie. Er definiert damit Familie als Eltern und Kinder und nicht in dem Sinn: Familie ist da, wo Kinder sind.
Meine Damen und Herren, seit etwa 1970 gibt es die Forderung nach einem Hausfrauengehalt. In den letzten 30 Jahren ist dieser Begriff weiterentwickelt worden auch unter dem Gesichtspunkt: Beendet den Geburtenrückgang. Ich verweise auf Arbeiten von Hatzold, Leipert und Opielka, die schon 1998 allen Bundestagsparteien ihr Konzept „Familiengeld“ vorgelegt haben. Leider ist das nur ein Randthema der Politik geblieben und nie zum Kernthema geworden.
Dabei ist die Frage nach dem Überleben kommender Generationen und die Frage, wie wichtig uns das Überleben unserer Nation, unseres Volkes ist, von größter Bedeutung. Wir haben gerade eine wichtige Debatte zum Thema Ethik erlebt. Ich glaube, die Grundfrage des Überlebens unseres Volkes muss mindestens den gleichen Stellenwert haben.
Denn eine alternde Gesellschaft destabilisiert diese Gesellschaft. Eine alternde Gesellschaft bedeutet Abnahme der Innovation, weil die Erfinder, die Unternehmer und die Arbeiter nie geboren werden. Eine alternde Gesellschaft bedeutet eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung und damit eine Auflösung unseres sozialen Netzes. Die alternde Gesellschaft kann unseren Sozialstaat in der jetzigen Form nicht beibehalten. Es wird zur Explosion der Gesundheitskosten und zum Kollaps des Rentensystems kommen.
Es gibt Politiker, die der Meinung sind: Ersatzmigration, also Ersatz nicht geborener eigener Kinder durch Ausländer, ist die Lösung. Wir sind anderer Meinung.
Wir sehen als einzige Lösung einer Verjüngung unserer Gesellschaft eine völlig neue Familienpolitik. Elternverantwortung und Kinder dürfen nicht wirtschaftliche Nachteile bewirken, wie es heute ist,
und auch keinen Verlust an Lebensqualität. Damit ist Familie nicht nur Privataufgabe, sondern eine existenzielle Frage unserer Solidargemeinschaft, eine Staatsaufgabe, ja ein Staatsziel.
Damit widerspreche ich ganz energisch den Aussagen des Herrn Ministerpräsidenten, der in diesem Punkt eine völlig andere Position bezogen hat.
Er hat.
Meine Fraktion hat das Konzept des Deutschen Arbeitskreises für Familienhilfe in Freiburg aufgegriffen und umgearbeitet. Wir haben ein vierstufiges Erziehungsgehalt vorgesehen. Das Konzept heißt „Zukunftsgeld“. Die mir zur Verfügung stehende Redezeit erlaubt keine Detailerläuterungen.
Aber ich kann sie Ihnen schriftlich vorlegen.
Das Problem dieses Konzepts liegt in der Finanzierung. Dafür dürften etwa 60 Milliarden bis 100 Milliarden DM erforderlich werden.
Aber wenn wir berücksichtigen, dass uns Misswirtschaft bei Bund, Ländern und Kommunen 100 Milliarden DM im Jahr kosten, dass sich Korruption, Subventionsbetrug und Ähnliches in Deutschland und in Europa auf eine Größenordnung von 50 Milliarden DM belaufen, dass uns die Arbeitslosenunterstützung etwa 100 Milliarden DM kostet und dass noch Kosten wie etwa im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg entstehen, dann relativieren sich Kosten für ein lebenserhaltendes Zukunftsgeld.
Meine Fraktion wird in der nächsten Legislaturperiode neue Initiativen zu diesem Thema einbringen. Wir bitten Sie sehr, das Thema Zukunftsgeld dann im Landtag mit uns durchzuziehen, um die Überalterung der Gesellschaft endlich zu beenden und Schritte vorzunehmen, die zu einer Verjüngung unserer Gesellschaft führen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich ein Thema aufgreife und höre: „ausgerechnet die Republikaner“, dann weiß ich: Ich liege richtig. Das ist auch diesmal wieder geschehen.
Der Schlusssatz, Frau Staatssekretärin, war versöhnlich: Wenn andere das Thema aufgreifen, ist es gut. Aber ich darf Sie an eines erinnern: Ich habe ausdrücklich gesagt, dass das ganze Thema – und auch die Arbeit der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion – auf den Arbeiten der Herren Hatzold, Opielka und Leipert basiert, und wenn Sie, Frau Kollegin Blank, von Abschreiben reden, dann haben Sie sich das selbst vorzuwerfen.
Herr Kollege Noll, Sie haben ein seltsames Verhältnis zum Grundgesetz. Artikel 6 definiert ganz eindeutig den Begriff Familie, und wenn Sie sich dagegen verwahren, dass wir sagen, Familie sei Eltern und Kinder, dann haben Sie eigentlich in dieser Regierungskoalition aus meiner persönlichen Sicht nichts verloren.
Und wenn Sie dann sagen – ich zitiere –, die Republikaner verlangten: „deutsche Frauen heim an den Herd“, dann disqualifizieren Sie sich als Person und Ihre Fraktion.
Meine Damen und Herren, ich verstehe es als die Aufgabe der Politik, ein Problem zu analysieren, eine Lösung zu suchen und die beste gefundene Lösung zu akzeptieren. Und da ist es völlig Wurst, ob die von Rot oder Grün oder Gelb oder Schwarz oder Blau kommt. Aus diesem Grund haben wir als einzige Fraktion dieses Hauses Vorschlägen aller anderen Fraktionen zugestimmt, wenn sie gut waren. Ich habe nie verstanden, dass vier Fraktionen so genannte Vier-Fraktionen-Anträge mit dem Ziel einbringen, unsere Fraktion zu diskriminieren. Unsere Ehre nehmen Sie uns dadurch nicht; Sie stärken eher unsere Position, und Sie machen sich selber lächerlich.
Ich habe auch nie Ihr Verhalten im Falle Dr. Peter Linder verstanden. Vier Fraktionen haben jahrelang seine Beförderung und Gehaltserhöhung verhindert. Ich war beim Landtagspräsidenten und habe gefragt: „Was hat Dr. Linder falsch gemacht?“ Antwort: „Nichts.“ Frage: „Was ist ihm vorzuwerfen?“ Antwort: „Nichts.“ Frage: „Warum wird er nicht befördert?“ Antwort: „Weil Ihre Partei im Verfassungsschutzbericht steht.“
Meine Damen und Herren, Dr. Peter Linder ist an dieser Behandlung durch diese vier Fraktionen zerbrochen. Mein Freund Peter Linder hat deshalb seinem Leben ein Ende gemacht, Herr Kluck. Strafrechtlich ist niemand verantwortlich. Aber ich bin überzeugt: Das höchste Gericht jedes Menschen, sein eigenes Gewissen, wird den Verantwortlichen noch zu schaffen machen.
Meine Damen und Herren, ich stehe nach neun Jahren zum letzten Mal an diesem Pult. Für mich war es ein Privileg, Mitglied dieses Hauses zu sein. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung für ihre faire Hilfe und Mitarbeit. Ich danke vor allem allen Kolleginnen und Kollegen, auch jenen, die es nicht fertig bringen, einen Republikaner zu grüßen; auch das gibt es. Aber die Debatte und Auseinandersetzung mit Ihnen, Kolleginnen und Kollegen, hat uns wachsen lassen.
Letzteres gilt ebenfalls für die Landesregierung. Die Streitkultur und die Auseinandersetzung mit der Landesregierung waren uns Ansporn und Motivation. All jenen in der Regierung, im Parlament und in der Verwaltung, zu denen über die Parteigrenzen hinweg persönliche Kontakte gewachsen sind, möchte ich danken.
Unser Land Baden-Württemberg hat eine lange, stolze und demokratische Tradition. Ich wünsche unserem Land eine gute, sichere und demokratische Zukunft. Diesem hohen Haus wünsche ich gute und bürgernahe Entscheidungen.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg soll leben, und ich verabschiede mich.
Herr Präsident, Herr Minister! Ich frage die Landesregierung:
a) In welchem Umfang sind Presseberichte zutreffend, wonach das zurzeit wegen Mordes beim Landgericht Frankfurt angeklagte Mitglied einer gewaltbereiten, linksextremen Frankfurter Schlägertruppe, Herr HansJoachim Klein, den französischen Staatsbürger JeanPaul Sartre am 12. April 1974 vom Stuttgarter Flughafen nach Stuttgart-Stammheim gefahren hat?
b) Inwieweit ist den Sicherheitsbehörden des Landes bekannt, dass es bereits vor der Ankunft des französischen Staatsbürgers in den frühen Morgenstunden dieses Tages zu einem konspirativen Treffen des vorher genannten linken Terroristen mit dem derzeitigen Europaabgeordneten der Grünen Cohn-Bendit und einer weiteren Person in der Abfertigungshalle des Stuttgarter Flughafens gekommen war?
Herr Minister, ich befürchte, dass Sie die Zusatzfrage sachlich nicht beantworten können,
möchte sie aber trotzdem stellen. Angesichts der Tatsache, dass ein damaliges Mitglied einer gewalttätigen Organisation,
ein Herr Joschka Fischer, sich erst vor kurzem als darüber schockiert bezeichnete, dass dieser Herr Klein mit Herrn Sartre nach Stammheim gefahren ist: Haben Sie eine Bestätigung für ernsthafte Hinweise, wonach es gerade Herr Joschka Fischer war, der sich damals mit seinem Freund Cohn-Bendit und mit Herrn Klein am Stuttgarter Flughafen traf?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kern der Debatte, die wir jetzt führen, wurde nicht angesprochen. Der Kern der Debatte ist der soziale Verfall unserer Städte. Die SPD hat in der Ersten Beratung die Stabilisierung bedrohter und von der Abwertung betroffener Stadtviertel verlangt, und Herr Kollege Schmiedel hat das heute wiederholt. Aber Sie haben nicht hinterfragt, was denn der Grund für die von Ihnen angesprochene Destabilisierung und für den Zerfall unserer Städte ist.
Der Gesetzentwurf spricht von sozialer Entmischung, von sinkender Lebensqualität und von problematischen Bewohnerstrukturen unserer Städte. Ja, und was ist der Grund für diese Entwicklung? Wenn Sie fordern, den Wegzug jener zu verhindern, die das Quartier stabilisieren, ist doch zu fragen: Wer sind denn die Stabilisatoren? Wer sind die Menschen, die für gute Qualität im Quartier sorgen?
Durch wen werden sie ersetzt? Denn wenn hier eine Gefahr besteht, kann sie nur in den neuen Bewohnern liegen. Das steht sogar im Gesetzestext. Das heißt, die neuen Bewohner sind das Ergebnis Ihrer Multikulti-Politik und der unkontrollierten Zuwanderung. Eine andere Erklärung gibt es nicht.
Es spielt dann auch keine Rolle mehr, welchen Pass die neuen Bewohner haben. Denn der deutsche Pass ist inzwischen nicht mehr wert als eine Postkarte.
Was früher Identifizierung mit der Heimat war, was Menschen stolz machte zu sagen: „Ich bin Türke“, „Ich bin Italiener“ oder „Ich bin Franzose“, das gilt nicht mehr für unsere Verfassung, und das haben Sie für dieses Land zerstört.
Die Folgen Ihrer Politik sind in diesem Gesetzentwurf zu finden.
Ich habe Sie von der SPD in der Ersten Beratung aufgefordert,
sich doch um eine Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe zu kümmern, und Ihnen mitgeteilt, dass das ein Bundesgesetz ist. Darüber haben Sie gelacht. Heute aber haben wir Ihren Antrag Drucksache 12/5971, der einen Skandal darstellt. Denn Sie von der SPD greifen eine Forderung der Republikaner an Sie auf. Ja, was sagt denn Ihre Ute Vogt im Wahlkampf dazu, wenn sie das entdeckt?
Ich muss den Kollegen Fleischer bestätigen:
Ihr Antrag ist nicht zulässig; denn er widerspricht geltendem Bundesrecht.
Der CDU muss man aber auch etwas sagen. In der Ersten Beratung hat ihr Sprecher davon gesprochen, wie ungerecht es doch ist, angeblich besser Verdienende in Wohnungen leben zu lassen, die die Allgemeinheit bezahlt hat. Offensichtlich haben Sie jetzt im Wahlkampf den Fehler dieser Aussage entdeckt und sind wieder einmal auf unsere Argumentation aufgesprungen,
sozial verträgliche Lösungen für die sozial Schwächeren, also für Ältere oder Rentner, durch eine Unterstützung beim Kauf der Wohnungen zu finden.
Wir werden Ihren Antrag unterstützen.
Aber, Herr Kollege, wenn ich den Antrag der CDU, Drucksache 12/5968, und den Antrag der SPD, Drucksache 12/5976, ansehe, finde ich Unterschiede nur in Oberflächlichkeiten und in Marginalien. Wer dem einen Antrag zustimmt, muss sinnvollerweise auch dem anderen zustimmen. Ihre Ablehnung des SPD-Antrags kann ich nicht verstehen.
Beide Anträge sind gleichwertig, und wir werden beiden Anträgen zustimmen, Herr Kollege.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Zweite Beratung des Informationsfreiheitsgesetzes ist ein Musterbeispiel für die Art und Weise,
wie in Baden-Württemberg und in diesem Haus Demokratie praktiziert wird.
Damit wird diese Debatte zu einer der wichtigeren in diesem Haus.
Wir Republikaner haben seit 1992 schon manchen Gesetzentwurf eingebracht, der nicht in den zuständigen Ausschuss gelangt ist, obwohl nur Wochen später von anderen Fraktionen – zum Teil mit Trommelwirbel – vergleichbare Gesetzentwürfe vorgelegt und diese dann umgesetzt wurden. Ich erinnere nur an das famose Gesetz des Herrn Ministerpräsidenten zu verdachtsunabhängigen Polizeikontrollen – eine schlechte Kopie unseres nur kurz vorher von der CDU abgelehnten Gesetzentwurfs.
Der vorliegende Gesetzentwurf eines IFG gelangte diesmal immerhin bis in den zuständigen Ausschuss. Doch erst kurz vor der Beratung im Ausschuss und nach der Ersten Beratung in diesem Haus haben wir Folgendes entdeckt:
Am 17. August brachte die Fraktion der Grünen im Hessischen Landtag die Drucksache 15/1474 ein, das Informationsfreiheitsgesetz Hessen.
Ebenfalls am 17. August brachte die Fraktion der SPD im Sächsischen Landtag die Drucksache 3/2394 ein, das Informationsfreiheitsgesetz Sachsen.
Am 8. November brachte die Fraktion der CDU im Landtag von Nordrhein-Westfalen die Drucksache 13/321 ein, das IFG Nordrhein-Westfalen.
Interessant ist: In all diesen Fällen gab es Sachdiskussionen in der Ersten Beratung und jeweils eine einstimmige Überweisung an die zuständigen Ausschüsse.
Meine Damen und Herren von den anderen Fraktionen, es gibt keine Sitzung dieses hohen Hauses, in der Sie sich nicht als die demokratischen Fraktionen bezeichnen. Doch mit der Behandlung dieses Gesetzentwurfs haben Sie sich demaskiert.
Sie haben durch Ihr Handeln bewiesen, dass in diesem Haus tatsächlich nur eine demokratische Fraktion sitzt und auch in der nächsten Legislaturperiode sitzen wird, und das ist die Fraktion der Republikaner.
Denn, Herr Kollege von der SPD: Wir haben die Gesetzentwürfe aus Hessen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen verglichen.
In der Zielsetzung sind alle diese Gesetzentwürfe – der von den Grünen, der von der CDU, der von der SPD und unserer – im Kern gleich:
Der Bürger soll ein Recht auf Akteneinsicht und Aktenzugang erhalten. Das ist der ausschlaggebende Punkt, Herr Kollege. Alle Gesetze haben das gleiche Ziel: die Stärkung der Demokratie. Wir Republikaner hätten jedem dieser anderen Gesetzentwürfe zugestimmt, wären sie in diesem hohen Haus eingebracht worden, so wie wir immer zustimmen, wenn ein Antrag gut ist – wir haben das auch heute bewiesen –, unabhängig davon, von wem der Antrag kommt; denn das ist das Zeichen demokratischen Verhaltens, nach der Sache zu stimmen und nicht nach der Herkunft.
Sie konnten frühere Entwürfe meiner Fraktion oft mit der Scheinbegründung ablehnen: politisch nicht unsere Linie. Das haben wir akzeptiert. Aber hier handelt es sich um einen Gesetzentwurf, den Sie selber in der kommenden Periode einbringen werden und einbringen wollen.
Ihr Verhalten, Herr Kollege, beweist: Ihnen allen geht es im Prinzip nur um Machtpolitik. Ein Gesetzentwurf wird, obwohl man selbst Vergleichbares haben möchte, abgelehnt, nur weil der Entwurf von den Republikanern kommt. Der Abg. Kluck hat es glänzend formuliert.
Sie, meine Damen und Herren, zeigen Ihr Verständnis von Demokratie. Sie zertrampeln Demokratie. In Sachsen, in Hessen, in Nordrhein-Westfalen wurde bei jeder Beratung sachlich diskutiert. Da wurden die Gedanken der anderen Fraktionen und der Opposition überprüft. Und hier in Baden-Württemberg haben Sie, die sich immer die demokratischen Fraktionen nennen, jede Sachdiskussion verweigert. Im Ausschuss hat der Sprecher unserer Fraktion das Gesetzesziel vorgetragen. Doch während sich in NordrheinWestfalen sogar zwei Ausschüsse mit dem dortigen Gesetzentwurf beschäftigten, wurde unser Sprecher im Ausschuss vom Ausschussvorsitzenden aufgefordert, sich doch kurz zu halten und seine Begründung des Gesetzentwurfs zu beenden.
Meine Damen und Herren, in neun Jahren Mitgliedschaft in diesem Haus habe ich es noch nicht erlebt, dass eine noch so langatmige Ausführung einer anderen Fraktion dadurch unterbrochen wurde, dass der Abgeordnete aufgefordert wurde, seinen Gesetzentwurf nicht zu begründen.
Herr Innenminister, noch ein kurzes Wort zu Ihnen.
Herr Präsident, ich bitte, noch den Schlusssatz sagen zu dürfen.
Herr Innenminister, Sie haben bei der Ersten Beratung gesagt, das Gesetz müsse abgelehnt werden, es sei überflüssig. Ich gehe davon aus, dass Sie gute Mitarbeiter haben. Ich gehe auch davon aus, dass Sie zum Zeitpunkt der Ersten Beratung wissen mussten, dass die CDU-Fraktion in Nordrhein-Westfalen einen vergleichbaren Gesetzentwurf eingebracht hat. Ihr Verhalten ist demnach nur Scheinpolitik. Sie haben hier eine Scheindebatte geführt, Herr Minister, nur um die Republikaner im Vorfeld dieses Landtagswahlkampfes schlecht aussehen zu lassen. Wir kritisieren Ihr Verhalten, Herr Minister.
Wir wollen über unseren Zusatzantrag namentlich abgestimmt haben bzw. in der Endabstimmung.
Dann ziehe ich den Änderungsantrag zurück und beantrage namentliche Abstimmung über das Gesetz im Ganzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Grundlage unserer Demokratie ist Freiheit; denn Demokratie ohne Freiheit gibt es nicht. Freiheit beinhaltet selbstverständlich auch Verantwortung.
Die Freiheit verpflichtet, Herr Kollege, zur Einhaltung gesellschaftlicher und rechtlicher Regeln; denn sonst wird Freiheit zur Anarchie und zerstört die Gesellschaft.
Meilensteine zur Freiheit sind beispielsweise das Hambacher Fest, die Freiheitskämpfe in Baden, Bauernaufstände früherer Zeiten oder weltweite Freiheitsbewegungen. Das alles waren Forderungen nach Freiheit. Menschen wollen frei sein.
Ich bin in diesem hohen Haus der Siebtälteste.
Ich habe ganz bewusst noch eine Zeit erlebt, die Jüngere nur vom Hörensagen kennen. Selbst 1944 habe ich manch Schönes erlebt und viele Dinge, die bei dem damals Zehnjährigen zu zwei Entschlüssen führten. Der erste Entschluss: Wenn ich einmal groß bin, wird mir niemand, aber auch niemand Befehle erteilen.
Der zweite Entschluss: Wenn ich einmal groß bin, werde ich nie und nimmer Uniform tragen.
Ich habe beides umgesetzt. Allerdings sehe ich heute den Begriff Uniform weiter gehend als damals der Zehnjährige. Denn Uniform als Kleidung ist doch nur der Ausdruck einer tiefer gehenden Einstellung und der Hinweis auf die Uniformierung der Gedanken und der Persönlichkeit. Uniform in diesem weiter gehenden Sinn ist auch das Betroffenheitsritual nach jeder „Bild“-Zeitungsmeldung: die Betroffenheit zum Beispiel nach dem Handgranatenanschlag der Russen-Mafia, also einem Bandenkrieg unter Russlandaussiedlern.
Uniform in diesem Sinne ist auch das Betroffenheitsritual, wenn Palästinenser oder Islamisten ihren Krieg gegen Israel an Synagogen in Deutschland führen.
Meine Damen und Herren, diese geistige Uniform ist die wahre Gefahr für unsere Demokratie; denn Terror und die Morde der RAF haben wir doch ohne Schaden für unsere Demokratie überstanden.
Sie wurde dadurch eher gefestigt, Herr Kollege Jacobi. Wenn Schaden entstand, dann erst heute, da einige der damaligen Terroristenfreunde – auch aus Ihrer Partei – in politisch einflussreiche Positionen rücken.
Die ernst zu nehmende Gefahr, Herr Kollege Jacobi,
für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ist doch der zur Duldsamkeit und zur Fernsehkultur erzogene Bürger, der Bürger ohne eigenes Denken. Die Gefahr liegt in der Uniformierung des Denkens, im fehlenden kritischen Nachdenken und Querdenken.
Um aber querdenken und nachdenken zu können, sind Wissen und Information Voraussetzung. Der Wissenserwerb, der Zugang zur Information setzt wiederum den freien, ungehinderten Zugang zu dieser Information voraus. Genau das sichert der vorliegende Gesetzentwurf, der damit ein Grundstein unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sein wird.
Drei Bundesländer – Schleswig-Holstein, Brandenburg und Berlin – haben das vor uns erkannt und Informationsfreiheitsgesetze geschaffen. Die Bundesregierung müht sich mit Vorbereitungen. Sie hat das in ihrem Koalitionsvertrag stehen. Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg war in politischen Dingen immer ein Vorreiter.
Wir waren immer Wegbereiter, Visionäre und Anstoßer. Baden-Württemberg hat die längste demokratische Kultur und Geschichte in Deutschland. Darauf sind wir stolz. Aber diese Geschichte und diese demokratische Vergangenheit Baden-Württembergs muss uns Verpflichtung sein.
Artikel 2 des Grundgesetzes betrifft die Freiheit der Person.
Artikel 5 des Grundgesetzes, Herr Kollege Brechtken, besagt, jeder habe das Recht, sich frei zu äußern und ungehindert zu unterrichten.
Dieses Recht wird durch viele praktische, politische und verwaltungsrechtliche Schranken eingegrenzt. Dem muss zum Wohle unserer Demokratie begegnet werden. Das ist Sinn und Zweck dieses Gesetzentwurfs.
Jetzt mögen Sie im Einzelnen an dem Gesetzentwurf Kritik üben. Dazu sind die Ausschussberatungen da, um Änderungen oder Verbesserungen auch aus Ihrer Sicht vorzunehmen. Wer dieses Gesetz jedoch grundsätzlich ablehnt, der kritisiert nicht nur drei deutsche Bundesländer, der kritisiert nicht nur die Bundesregierung und deren Koalitionsvertrag, sondern der muss sich ernsthaft fragen lassen, wie er oder sie es denn mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hält. Ein Demokrat stimmt dem Gesetzentwurf zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte ein Wort von Dr. Hans-Günther Weber zitieren: „Nur ein Volk, das sich zur Freiheit bekennt, wird vor der Geschichte bestehen. Ein Volk ohne Freiheit ist nichts.“
Damit ganz kurz zu meinen vier Vorrednern.
Herr Kluck hat sich wieder einmal als Landtagskasper bewährt. Dazu brauchen wir nichts zu sagen.
Herrn Jacobi spreche ich meinen Respekt aus.
Die SPD hat ein Problem.
Sie haben ständig das Thema Kosten hervorgehoben. Ich frage Sie: Wie wollen Sie in der Bundesregierung Ihren eigenen Koalitionsvertrag umsetzen, in dem ein solches Gesetz zur Informationsfreiheit ausdrücklich festgeschrieben ist?
Und der Schlüsselsatz aller vier Vorredner, Herr Kollege, war Ihrer: „Wir werden ein gleiches Gesetz in Zukunft vorlegen.“
Genau das haben wir erwartet. Damit können wir rechnen. Genau das passiert regelmäßig mit unseren Anträgen: Sie lehnen ab, und kurz darauf finden wir unsere Entwürfe und unsere Vorschläge in anderen Worten wieder.
Meine Damen und Herren, der Deutsche Journalistenverband, der DJV, verlangt das Recht auf Akteneinsicht in öffentlichen Einrichtungen, ein „Recht zu wissen“ – –
Herr Kollege, es gibt drei Bundesländer, die solche Gesetze schon erarbeitet haben. Wir erfinden das Rad nicht zum vierten Mal. Selbstverständlich haben wir die Pflicht, bestehende Gesetze zu prüfen und handwerkliche Fehler aufzuspüren. In unserem Entwurf sind handwerkliche Fehler bestehender Gesetze herausgenommen. Unser Entwurf schließt ausdrücklich zukünftige Entwicklungen im Informationssektor mit ein. Unser Gesetzentwurf ist genauso auf das Internet und auf Nachfolger des Internets anwendbar – lesen Sie ihn bitte genau durch.
Meine Damen und Herren, nur Wissen um Fakten und Vorgänge schützt die Bürger und unseren Staat.
Nun zum Kollegen Reinhart: Ausgerechnet die Fraktion, die gestern ein Überwachungsgesetz hervorgebracht hat,
die das Polizeigesetz um eine Überwachung der Bürger durch Videotechnik ergänzt hat, ausgerechnet diese Fraktion sagt hier: Die Verfassung braucht dieses Gesetz nicht. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sind in der Verteidigung, weil Sie gemerkt haben, dass Sie mit dem gleichen Gesetzentwurf zu spät gekommen sind. Sie werden das selbst noch machen.
Das Gesetz soll den „gläsernen“ Bürger schützen, der angesichts von Videoüberwachung oder Kontrolle über das Mobiltelefon gegenüber anderen im Nachteil ist, denn dieser Bürger braucht Schutz und Hilfe. Dem dient dieses Gesetz.
Sie sagten vorhin, Herr Kollege Bebber, dieses Gesetz sei überflüssig. Das Gesetz sichert die bessere Kontrolle der Exekutive. Genau das ist doch die Aufgabe dieses Parlaments: die Kontrolle der Exekutive. Dieses Gesetz wird ein Werkzeug zur Umsetzung unseres verfassungsmäßigen Auftrags sein.
Meine Damen und Herren, die Europäische Union, Herr Solana plant, die Informationsfreiheit und die Gedankenfreiheit der Bürger einzuschränken.
Sie wissen das ganz genauso gut wie wir: Es ist geplant, fünf, sechs verschiedene Themenbereiche einzuschränken. Es soll sogar politischen Mandatsträgern verboten werden, Informationen im Sicherheitsbereich, im Verteidigungsbereich und vor allem im Währungsbereich zu erhalten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sind Pflöcke einzuschlagen. Dem Schutz unserer Verfassung dient dieses Gesetz.
Ich wundere mich, wo Ihr Aufschrei gegen die Einschränkungen der Informations- und Verfassungsfreiheit bleibt. Ein Beispiel: Wir erleben die Entdemokratisierung unserer Gesellschaft. Ein Herr Schrempp hat doch mehr wirtschaftliche Macht als ein Ministerpräsident Teufel.
Auch dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden. Ein derartiges Informationsfreiheitsgesetz – ich glaube, Herr Jacobi hat das genau erkannt – setzt auch dem Grenzen. Das verlangt sogar unser Grundgesetz.
Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Sie können an diesem Gesetzentwurf Kritik üben. Er kann in einzelnen Punkten geändert werden; dazu sind wir bereit. Das ist der Sinn einer jeden ersten Lesung, den Entwurf vorzulegen und Verbesserungen anzufragen. Aber dieser Gesetzentwurf ist dringend und hat noch in dieser Legislaturperiode seine zweite Lesung zu erhalten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es überrascht ein bisschen, dass einige der Fraktionen hier wortgewaltige Redebeiträge bringen, die im Ausschuss nur einen Bruchteil dessen gesagt haben, was sie hier gesagt haben.
Im Ausschuss waren es die Grünen, Herr Walter, und ein Mitglied unserer Fraktion, die das hinterfragten.
Der Ausschuss ist nicht öffentlich.
Herr Präsident, ich erkläre hiermit, dass ein Abgeordneter der Fraktion Grüne kritisch hinterfragt hat – –
Kann ich weitermachen?
Im Ausschuss haben sich alle Fraktionen für die Annahme des Gesetzentwurfs ausgesprochen. Zwei Fraktionen haben kritisch hinterfragt, wie zuverlässig eigentlich Planungen der Landesregierung sind und ob man sich wirklich auf alle Empfehlungen der Landesregierung verlassen kann oder ob dort nicht irgendwie schlampig, also inkompetent, gearbeitet wird oder ob irgendwelche Verflechtungen möglich sind. Aber da im Detail auch darüber im Ausschuss nicht diskutiert wurde, wie aus dem Protokoll hervorgeht, können wir die Diskussion beenden.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf ebenfalls zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat seine Rede vorhin mit den Worten eröffnet: „Die Fehlbelegungsabgabe ist nach wie vor richtig.“ Aber das Wirtschaftsministerium hat die Aussage getroffen, dass die Fehlbelegungsabgabe landesweit entfallen könnte, wenn nur in der Durchführungsverordnung kei
ne fehlbelegungsabgabeerhebungspflichtigen Städte ausgewiesen würden. Herr Minister, offiziell äußern Sie sich so und quasi unter vier Augen etwas anders. Dieses Verhalten halte ich für nicht ganz richtig und nicht ganz redlich.
Die SPD – so habe ich den Kollegen Schmiedel verstanden – tendiert eigentlich dazu, die Fehlbelegungsabgabe ganz entfallen zu lassen. So hat sich auch die SPD in Stuttgart verhalten. Aber warum setzen Sie das nicht bei der Bundesregierung durch? Es handelt sich hier um ein Bundesgesetz.
Zum Handwerklichen des Gesetzentwurfs, Herr Minister. Laut Ziffer 3 des Artikels 1 soll in § 3 ein Absatz 3 angefügt werden. Kollegin Fauser hat dies auch angeschnitten. Danach kann von der Erhebung einer Ausgleichszahlung abgesehen werden, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies dem Erhalt oder der Wiederherstellung sozial gemischter Belegungsstrukturen dient“. Jetzt ist die Frage: Wer definiert eigentlich, was „Erhalt oder Wiederherstellung gemischter Belegungsstrukturen“ ist? Ist es noch gemischt, wenn nur noch 5 % der Anwohner deutsche Staatsbürger sind, oder dürfen es auch 50 % sein, und wie weit dürfen Kommunen widerspruchslos selbst entscheiden? Frau Kollegin Fauser hat es erwähnt. Korrigiert – und, wenn ja, nach welchen Kriterien – beispielsweise das Regierungspräsidium oder das Wirtschaftsministerium solche Entscheidungen? Das alles steht nicht im Detail im Gesetzentwurf. Das wird Probleme geben. Was wäre beispielsweise, wenn Stuttgart den Stadtteil Ostheim gänzlich freistellen würde, Heslach aber nicht? Das wäre doch eine Diskriminierung von Heslach. Hier muss im Ausschuss nachgebessert werden. Wir werden dazu Anträge einbringen, auch zur Einstufung der Ausgleichszahlungen.
Schließlich, Herr Minister, sollte die Umstellung von D-Mark auf Euro direkt im Gesetzestext genannt und nicht irgendwo in einer Begründung versteckt werden.
Solange die Fehlbelegungsabgabe nicht gänzlich abgeschafft wird, müsste auch § 3 geändert werden, und zwar durch den Zusatz:
Rentner und Schwerbeschädigte werden grundsätzlich von der Fehlbelegungsabgabe befreit.
Gerade dieser Personenkreis ist ein ausgleichender und stabilisierender Faktor im Wohnquartier; Kollege Winckler hat das ausdrücklich bestätigt. Aber, Herr Kollege Winckler, zur Lebensqualität gehört auch die Qualität des Umfelds. Soziale Gerechtigkeit hat die Umfeldqualität mit einzuschließen. Als diese Rentner vor 20 oder 30 Jahren in ihren Wohnbezirk einzogen, sprachen doch so gut wie alle Nachbarn Schwäbisch, auf jeden Fall Deutsch.
Die Nachbarn hatten gleiche Gewohnheiten, sie hatten gleiche oder ähnliche Feste und Regeln, sogar die Kehrwoche wurde gleich gehandhabt. Schon das wäre ein Grund, Rent
ner und Schwerbeschädigte grundsätzlich von der Fehlbelegungsabgabe freizustellen.
Aber jetzt haben wir noch einen politischen Aspekt dieses Gesetzentwurfs. Alle Vorredner haben sich strikt an die Political Correctness gehalten, auch diejenigen, die dort hinten gerade so laut quaken. Keiner hat angesprochen, was in diesem Gesetzentwurf verbrämt steht, aber es brennt allen Beteiligten auf den Nägeln, der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und dem Mieterbund.
Es wird von sozialer Entmischung gesprochen, es wird von sinkender Lebensqualität, von sinkender Attraktivität und von steigender Kriminalitätsrate in diesen Sozialwohnungsbaugebieten gesprochen. Meine Damen und Herren, seien Sie doch endlich einmal ehrlich: Wir reden hier über das Thema Ausländer, und Sie sprechen das nicht offen aus.
Wir haben das angesprochen. Was wir hier erleben, ist eine Verfremdung dieser Wohngebiete. Es ist die Ethnisierung unserer Städte, die Entstehung von Parallelgesellschaften in unserer Mitte.
Das wird erstmals sogar in einem Gesetzestext zugegeben, wenn auch politisch korrekt, mit anderer Wortwahl. Aber dieses Problem wurde von Politikern geschaffen, von Politikern aus Bonner und Berliner Parteien. Ich sage ausdrücklich: Die Ausländer tragen keine Schuld an diesem Problem; es waren die Politiker, die das gemacht haben.
Wir haben in der 70. Plenarsitzung des Landtags eine Debatte hierüber geführt. Wir haben die Heitmeyer-Studie und die Pfeiffer-Studie angesprochen. Mit dem heutigen Tagesordnungspunkt holt die Realität all jene ein, die uns damals widersprochen haben.
Ich habe das gelbe Licht gesehen, Herr Präsident.
Einen Schlusssatz: Lassen wir einmal beiseite, ob diese Entwicklung gut oder schlecht für unser Land ist. Wir müssen stattdessen fragen, ob die Bürger, ob die Einheimischen jemals gefragt wurden, ob sie denn wollen, dass der Anteil der deutschen Wohnbevölkerung so rapide sinkt. Die Antwort ist nein. Sie hatten nie eine Chance. Sie müssen wehrlos erdulden, was mit ihnen gemacht wird. Und Sie alle bezeichnen Ihre Parteien als demokratisch.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Ziel der Landesregierung ist doch angeblich eine schlanke Verwaltung, eine Entschlackung von überflüssigen Vorschriften und der Wegfall von nicht notwendigen Anordnungen.
Herr Kollege Mühlbeyer, jetzt stellt sich die Frage: Muss dieses neue Gesetz sein?
Die Antwort: Es ist so überflüssig wie zwei Kröpfe. Ich will Ihnen das belegen.
Sie haben die EG-Richtlinie 96/82 gelesen. Darin steht nirgends, dass zwei Gesetze notwendig sind, nämlich für gewerbliche und für nicht gewerbliche Einrichtungen, um die Anordnung umzusetzen. Im vorliegenden Gesetzentwurf wird auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz verwiesen, zum Beispiel auf § 5 a. Der bezieht sich auf gewerbliche Betriebe. Ein Gleiches gilt für § 20 und für § 25. Es könnte sein, dass das der Grund für diesen Gesetzentwurf ist. Jetzt muss ich die Landesregierung etwas fragen; denn ich verstehe sie nicht.
Die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom Oktober 1998 trägt die Unterschrift der Herren Schröder und Trittin. Die beiden haben geschrödert und trittint; das heißt, sie haben schlampig gearbeitet.
Die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom Oktober 1998 hat die Umsetzung der EG-Richtlinie 96/82 schon gebracht, aber gleichzeitig die ursprüngliche Fassung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von 1990 verschlechtert. In der ersten Fassung galt das Bundes-Immissionsschutzgesetz für sämtliche Betriebseinrichtungen, egal, ob gewerblich oder nicht gewerblich. Mit jener Fassung wäre das heutige Gesetz überflüssig, total überflüssig. Die Landesregierung hätte jetzt die große Chance gehabt, die Herren Schröder und Trittin
am Nasenring vorzuführen. Sie hätte die Rückführung des Gesetzes zur ursprünglichen Fassung verlangen können. Herr Minister, ich rufe Sie auf: Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück und verlangen Sie stattdessen von der Bundesregierung die Korrektur des Fehlers von 1998.
Sie würden damit Geld sparen und die Rechtssicherheit erhöhen. Sie ersparten 15 weiteren Bundesländern diese unnötige Prozedur, und die EU-Richtlinie wäre trotzdem umgesetzt.
Sollten Sie diesen Vorschlag nicht annehmen können, noch ein Hinweis: Weder in dieser EG-Verordnung 96/82 noch im neuen Gesetzentwurf erscheint das Wort „Störfall“. Dort ist ausschließlich von schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen die Rede. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die Störfall-Verordnung sprechen jedoch nur von Störfällen. Das ist ein rechtliches Problem. Da sollten die Anwälte im Haus einmal aufpassen. Wie argumentiert denn ein kluger Anwalt bei einem Unfall? Ist es ein Unfall oder ein Störfall? Was ist der rechtliche Unterschied? Der ist bedeutend.
Zweitens: Das Wort „Störfall“ gibt es in identischer Bedeutung in der englischen Sprache nicht. Und wie lautet denn die Originalformulierung der EG-Richtlinie auf Englisch und Französisch, und wie setzen unsere Nachbarstaaten diese Richtlinie um? Es ist zu erwarten, dass die StörfallVerordnung mit dem Begriff „Störfall“ weiter gehend ist als die einschlägigen Regelungen in unseren Nachbarstaaten. Wenn diese Annahme stimmt, ist die deutsche Wirtschaft benachteiligt – wieder einmal benachteiligt.
Es geht hier um die Begriffe „Störfall“ oder „Unfall“, Herr Kollege Scheuermann.
Zum Schluss: Die Begriffsbestimmung in der Störfall-Verordnung zu den Begriffen „Unfall“ oder „Störfall“ ist sachlich nicht geklärt, sie ist schwammig.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf bringt keine Verbesserung. Es wird zusätzlichen Papierverbrauch, Verwaltungsaufwand und zusätzliche Verwaltungskosten geben. Und was passiert, wenn sich jemand nicht an die neue Gesetzeslage hält?
Vor kurzem wurde Dioxin in der Milch festgestellt, weil Dioxin im Tierfutter war. Das ist eine ernste Gefahr mit schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen entsprechend § 2 der Störfall-Verordnung. Aber niemand hat die Öffentlichkeit informiert, wie dies nach diesem Gesetz erforderlich ist.
Wenn bestehende Gesetze, meine Damen und Herren, nicht umgesetzt werden, dann ist ein neues Gesetz mit gleichen Formulierungen völlig überflüssig. Aus all diesen Gründen müssen wir das Gesetz ablehnen.
Herr Staatssekretär, das Bundes-Immissionsschutzgesetz vom Mai 1990 gilt sowohl für gewerbliche als auch für nicht gewerbliche Betriebseinrichtungen.
Da steht das drin. – Erst durch die Änderung vom Oktober 1998 wurden die nicht gewerblichen Einrichtungen herausgenommen. Könnten Sie mir zustimmen, dass es einfacher wäre, zur Fassung von 1990 zurückzukehren, die dann sowohl für gewerbliche als auch für nicht gewerbliche Zwecke gälte, und diese ganze Prozedur zu ersparen?
Das Zweite, Ihr letzter Hinweis: Wir verlangen die Einhaltung dieser Informationspflicht, und wir haben Fälle festgestellt, in denen die Information nicht erfolgte.
Können Sie mir zustimmen, dass Ihre Ausführung deshalb falsch war?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema ist wichtig. Umso bedauernswerter ist es – zwei Vorredner haben das angeschnitten –: Zu Beginn der Debatte waren nur fünf Vertreter der CDU und ein Vertreter der FDP/DVP im Raum. Dabei ist das Thema Europapolitik bedeutend.
Doch eine Frage drängt sich auf: Was versteht eigentlich die Landesregierung unter Europapolitik? Kollege Reinhart sprach davon, dass wir jetzt 50 Jahre Frieden in Europa haben. Aber die zerbombten Donaubrücken und das zerstörte Kosovo scheinen für Sie kein Krieg zu sein. Auch das ist Europapolitik.
Meine Damen und Herren, Politik bedeutet doch, politische Entscheidungen zu treffen und daran durch Initiativen oder Abstimmungen mitzuwirken. Ist das in der EU aber wirklich noch möglich? Wo bleibt denn das tatsächliche Ergebnis der Europapolitik der Landesregierung? Immer noch ist diese EU eine weitgehend undemokratische, aber kostspielig arbeitende Organisation mit falschen Entscheidungsstrukturen, mit viel zu gegensätzlichen Interessen der Entscheidungsträger, und sie ist immer noch unfähig, mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.
Deshalb ist die Europapolitik dieser Landesregierung, aber leider auch die Europapolitik dieses hohen Hauses in der Praxis nur das Anhören dessen, was Brüssel sagt, und das zustimmende Nicken. Da sind die Forderungen meiner Vorredner, das Land mehr in die europäischen Entscheidungen einzubinden, doch nur leere Worte. Wir haben mit den Verträgen von Maastricht und Amsterdam unsere Souveränität verschenkt und keine Möglichkeiten mehr, mitzuwirken.
Subsidiarität ist nur noch ein leeres Wort. Viel zu oft bewirkten die Entscheidungen der EU die Zerstörung vieler unserer verfassungsmäßigen Grundsätze. Das wurde schon
erwähnt. Ein konkretes Beispiel dieser Tage: Der Vorsitzende des Städtetags Baden-Württemberg, Bernd Doll, bezeichnet die Richtlinien und Planspiele der EU-Kommission zur Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen als Generalangriff der Europäischen Union auf die kommunale Selbstverwaltung.
Meine Damen und Herren, diese Entdemokratisierung und diese Zerstörung demokratischer und verfassungsrechtlicher Grundsätze waren doch von Anfang an Teil und Inhalt der Verträge von Maastricht und von Amsterdam. Wer damals für Maastricht stimmte, Herr Kollege Vetter, der musste das wissen.
Herr Doll erwähnte, bewährte und Demokratie stiftende kommunale Strukturen dürften nicht einer neoliberalen Wirtschaftsphilosophie der EU geopfert werden. Er sagte im Oktober 2000 das, was Republikaner seit 1992 in diesem Parlament sagen. Lesen Sie einmal wieder die Protokolle über die alten Debatten der Jahre 1992 bis 1996.
Kommen wir konkret zum Thema EU-Osterweiterung im Bericht der Landesregierung. Die Landesregierung und offensichtlich auch meine Vorredner betrachten dies als eine politische und wirtschaftliche Notwendigkeit und behaupten, das sei für Deutschland und besonders für BadenWürttemberg ein wirtschaftlicher Vorteil. Haben Sie denn alle die Veranstaltung Agenda 2000 vergessen, die wir hier im November 1998 mit Vertretern von Landesregierung, Landtag und Europäischem Parlament durchführten? Die EU-Osterweiterung war eines unserer Themen. Wir Republikaner hatten damals als einzige Fraktion ein eigenes Papier vorgelegt, und wir hatten im Detail auf all jene Probleme hingewiesen, die heute noch ungelöst sind; denn die EU-Osterweiterung setzt auch die Erweiterungsfähigkeit der Union und institutionelle Reformen voraus, zusätzlich zu all den Forderungen an die Beitrittsländer.
Haben Sie denn alle das Europaforum des Landtags vom Mai 1997 vergessen, bei dem die Stuttgarter Thesen vorgestellt wurden und wir die Stuttgarter Thesen der Republikaner vorstellten,
mit ganz konkreten Vorschlägen für Reformen der Europäischen Union?
Heute wurde wieder gesagt, Einwanderung dürfe kein Wahlkampfthema sein. Und was ist mit dem Migrationsdruck durch die Osterweiterung? Wie wird denn berücksichtigt, dass wegen der EU-Osterweiterung Mittel für Struktur- und Kohäsionsfonds neu zu verteilen sind, und wie wird denn berücksichtigt, dass für die über 60 Millionen zukünftigen EU-Bürger jährliche Transfersummen in Höhe von mindestens 500 Euro pro Person eingesetzt werden müssen, um diese Länder auch nur annähernd so wie Griechenland oder Portugal zu stützen? Das ist nicht finanzierbar, aber das wäre notwendig; denn das kaufkraftbereinigte Bruttosozialprodukt pro Kopf liegt in den Beitrittsstaaten immer noch bei nur etwa einem Drittel des kaufkraftbereinigten Bruttosozialprodukts der EU-Mitgliedsländer.
Meine Damen und Herren, die EU wird nach der Osterweiterung eine größere wirtschaftliche Ungleichheit und eine
größere soziale Ungleichheit aufweisen als zuvor, mit allen negativen Folgen.
Nur mit einem Nebensatz erledigt die Landesregierung das Problem der grenzüberschreitenden Kriminalität an den östlichen Außengrenzen. Wie wird denn berücksichtigt, dass diese östlichen Beitrittsländer ausnahmslos Transitländer für den internationalen Drogenhandel und die Schleuserkriminalität sind? Und wie wird berücksichtigt, Herr Kollege Caroli, dass diese Beitrittsstaaten weder finanziell noch organisatorisch in der Lage sind, die neuen Außengrenzen so zu schützen, wie es für Deutschland von Interesse wäre?
Schon heute zeigen sich destabilisierende Auswirkungen durch diese Entwicklung für die EU im Ganzen. Doch kein Wort dazu von der Landesregierung. All die hier angeschnittenen Fragen lassen die inneren Probleme der neuen Beitrittsländer völlig außer Acht. Die Auswirkungen auf unseren Sozialstaat und die akuten Probleme des Euro habe ich damit noch gar nicht angesprochen.
Herr Staatssekretär, der Konsens mit Ausnahme der Rechten: Sie sollten sich korrigieren. Wir sind die Einzigen, die bis jetzt kritisch, aber sachlich zu diesem Bericht diskutieren.
Ein Punkt fehlt völlig: Keiner meiner Vorredner hat über die europäische Integration und über die Grundrechtecharta gesprochen.
Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Die Verträge von Maastricht und Amsterdam haben unser Grundgesetz und auch die Verfassung von Baden-Württemberg beeinflusst. Die Behauptung der Landesregierung, eine neue Grundrechtecharta würde der EU keine neuen Kompetenzen geben, ist so glaubwürdig wie die Behauptung vor Einführung des Euro, dieser sei so stabil wie die D-Mark. Wir müssen uns diese neue Grundrechtecharta einmal ansehen. Die Fassung vom 14. September liegt uns in deutscher Sprache vor. Amtssprache ist Englisch und Französisch, und keiner weiß genau, was dort drinsteht.
Sie sprechen nicht juristisches Englisch. Sie sind nicht in der Lage, sich juristisch in Französisch zu unterhalten. Die deutsche Fassung ist im Rechtsstreit unbedeutend.
Nehmen Sie einmal Kapitel V Artikel 40 Abs. 4. Zitat:
Jede Person kann sich auf Englisch oder Französisch
so steht es in der Charta; nicht auf Deutsch –
an die Organe der Union wenden und muss eine Antwort in dieser Sprache erhalten.
Meine Damen und Herren, was bedeutet das für unsere Wirtschaft? Was bedeutet das für unsere Forschung? Was bedeutet das für unsere Kultur? Und welche Kosten entstehen dadurch? Und welche Nachteile sind damit verbunden? Deutsch ist immer noch die am häufigsten gesprochene Sprache in der Europäischen Union. Der Verlust von Deutsch als Amtssprache ist ein unbeschreiblicher Nachteil und Verlust für Deutschland. Das soll in einer Grundrechtecharta stehen, ohne das Recht auf die eigene Sprache? Sprache ist Denken und Sprache ist Identität.
Herr Kollege Dr. Caroli, wir gehen es jetzt einmal im Einzelnen durch.
Kapitel I Artikel 3: Recht auf Unversehrtheit. Da steht das Verbot drin – wörtliches Zitat –,
den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen,...
Aber Experimente am Embryo und die Patentierung des menschlichen Erbguts erlaubt diese Union. Und das soll eine Grundrechtecharta sein? Und das unterstützt diese Landesregierung? Und das ist das Ergebnis intensiver Europapolitik?
Kapitel III Artikel 20: Die Gleichheit vor dem Gesetz. In der Juli-Fassung stand noch:
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Das wurde im September geändert in: „Alle Personen“. Warum? Was ist der Grund? Welche Bedeutung steckt in der Fassung der Amtssprache? Diese Änderung muss einen Grund haben. Welchen? Das sagt niemand.
Kapitel III Artikel 21 – Nichtdiskriminierung –: Was bedeutet der Satz – ich zitiere – „Diskriminierungen... wegen... der Weltanschauung, der politischen... Anschauung... sind verboten“. Was heißt denn das politisch?
Oder welche Folgen hat folgender Satz: „Jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist verboten“?
Wann kommt denn die erste Klage vor dem Europäischen Gerichtshof von einem Nicht-EU-Ausländer, der das Fehlen eines aktiven und passiven Wahlrechts als Diskriminierung bezeichnet und der dann womöglich vor dem Gerichtshof gewinnt? Und wie lauten – um diese Frage zu beantworten – die verbindliche französische und englische Fassung?
Kapitel III, neuer Artikel 22, Herr Caroli – Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen –: Was bedeutet denn das? Wir Republikaner reden seit 1997 – lesen Sie das mal im Landtagsprotokoll vom 20. März 1997 nach –
von der französischen Leitkultur der Franzosen in Frankreich, der englischen Leitkultur der Engländer in England und von der deutschen Leitkultur, und die CDU greift diesen Begriff jetzt endlich auf. Aber die SPD hat vorhin die Bedeutung dieser Leitkultur geleugnet. Schumachers Erben treten seine Position mit Füßen.
Ist dieser neue Artikel 22 Ausfluss sozialistischen Denkens, und ist das der Anfang vom Ende der Leitkulturen, der Abschied von den Wertekulturen, die Wendung zu Misch- und Mixkulturen?
Ganz zum Schluss noch – meine Redezeit ist zu Ende – etwas zur Gleichheit von Männern und Frauen. Warum wurde denn die Formulierung vom Juli „Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen sind sicherzustellen“ in der Septemberfassung der Charta geändert in: „Die Gleichheit von Männern und Frauen ist in allen Bereichen sicherzustellen“?
Was bedeutet das: „die Gleichheit von Männern und Frauen“? Was steht da in der Amtsfassung?
Meine Damen und Herren, Herr Präsident, diese Grundrechtecharta ist ein ganz explosives Gemisch, sprachlich unverständlich, juristisch fragwürdig. Wir werden den Bericht der Landesregierung natürlich zur Kenntnis nehmen. Dem Inhalt können wir nicht zustimmen.
Herr Minister, Sie erwähnten vorhin Gewalt von Rechtsextremisten. Können Sie bestätigen, dass die jetzige Diskussion gegen Rechtsextremismus ausgelöst wurde durch den Handgranatenanschlag in Düsseldorf, und würden Sie bestätigen, dass die Vermutung besteht, dass dieser nicht durch Rechtsextremisten erfolgte, sondern angeblich durch die Russenmafia? Wie passt das dann zu Ihrer eben gemachten Aussage?
Herr Minister, Sie sagten eben, die Republikaner hätten in diesem Landtag Plakate zerrissen. Könnten Sie mir bitte sagen, wann und welche Plakate?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben es schon gesagt: Die Schaffung einer eigenen Kammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ist durch das Psychotherapeutengesetz des Bundes vorgegeben. Die Schaffung dieser neuen Kammer entspricht nur jener Berufstätigenselbstverwaltung, wie sie für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker schon längst besteht. Deshalb kann ich die Kritik der Kollegin Bender mit dem Hinweis auf angeblichen Standesdünkel im Kammerwesen nicht verstehen.
Schließlich ist die Tatsache, dass die neue Kammer nicht zur Schaffung einer eigenen Versorgungseinrichtung für ihre Mitglieder führen wird, die dann in Konkurrenz zur gesetzlichen Rentenversicherung treten könnte, sehr zu begrüßen.
Zu dem Thema Weiterbildung und ebenfalls zu der Kritik der Kollegin Bender möchte ich nur den Ausführungen des Kollegen Noll zustimmen.
Meine Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf im Ganzen zu.
Jetzt bleibt nur noch eine kurze Nebenbemerkung. In der neuen Kammer wurde auf die Schaffung einer eigenen Ethikkommission zu Recht verzichtet, denn diese ist für die neue Kammer nicht erforderlich. Aber die Diskussion über Ethik in Heilberufen gewinnt angesichts der technischen Entwicklungen und der Forschung in der Medizin eine völlig neue Dimension. Ansätze bzw. Bestrebungen in Ethikverordnungen der Europäischen Union müssen uns alle aufhorchen lassen. Denn Formulierungen und Verordnungen der EU in der Bewertung menschlichen Lebens müssen nicht nur in Ethikkommissionen hinter verschlossenen Türen, sondern auch hier in unserem Parlament und in der Öffentlichkeit und mit der und von der und durch die Bevölkerung diskutiert werden. Manipulationen am menschlichen Erbgut, Manipulationen an Embryonen oder Bestrebungen, bestimmte Eigenschaften am menschlichen Erbgut zu verändern, sind doch vergleichbar einer modernen Version der Rassenvorstellungen des Dritten Reiches.