Schließlich darf ich auf § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung hinweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Zuge des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Umwelt- und Verkehrsminister Schaufler sind neue Wahrheiten an den Tag gekommen, die, so meine ich, in diesem Hause diskutiert werden sollten.
Nach Aussagen von Herrn Schaufler und Herrn Kraft ist zumindest jetzt in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, dass Landesbetriebe die Verfügungskasse hauptsächlich der CDU-Landesregierung oder ihrer Regierungsmitglieder waren.
Es ist fast egal, ob es ein Pornofilm für einen Ministerialbeamten war, den die SWEG bezahlen musste, ob der ehemalige Innenminister Schlee mit Ministeriumsmitarbeitern eine Feier durchführen wollte, ob es ein Betriebsausflug des Innenministeriums war oder – noch viel trauriger – die Fahrt zu einer Trauerfeier für einen verstorbenen Ministerialdirektor – Leichenschmaus, auch von der SWEG bezahlt.
Das sind aus unserer Sicht absolut peinliche Vorgänge, und Herr Kraft hat im Zuge dieses Verfahrens wörtlich gesagt:
Überall musste die SWEG zur Finanzierung herhalten, um das Wohlwollen der Landesregierung zu erhalten.
Das sagte Herr Kraft, der ehemalige Vorstandschef der SWEG. Das heißt doch im Umkehrschluss und im Klartext: Wer nicht bezahlt, hat bei dieser Landesregierung verloren.
Das ist doch so: Man muss sich das Wohlwollen mit der Betriebskasse erkaufen. Das ist eine Politik, die wir bisher aus südamerikanischen Bananenrepubliken kannten. Wir haben uns auch daran gewöhnen können, dass das vielleicht in Afrika oder im Vorderen Orient ab und zu normal ist. Aber davon, dass sich die CDU Baden-Württemberg mitten in Deutschland, im Süden Deutschlands Leistungen von Landesbetrieben, also aus Landesgeld, über das Übliche hinaus erstatten lässt, ging man bisher nicht aus.
Herr Kollege Hauk, ich lese Ihnen jetzt einmal etwas vor, und zwar eine Stellungnahme zu einem Antrag, die von einem gewissen Herrn Stratthaus – er ist Ihnen wohl bekannt – unterzeichnet wurde. Darin steht:
Die Baden-Württembergische Bank AG – eine Privatbank –, an der das Land mit insgesamt rund 36 % beteiligt ist, hat nach eigenem Bekunden Spenden an politische Parteien geleistet, die sich wie folgt gliedern:
1990 CDU Kreisverband Stuttgart 5 000 DM 1991 SPD Kreisverband Stuttgart 1 000 DM FDP Kreisverband Stuttgart 5 000 DM
Und wir können weitermachen: Die CDU, Kreisverband Heilbronn, war auch einmal dran, auch der CDU-Bezirksverband Nordwürttemberg war mit 1 000 DM dran, der CDU-Kreisverband Stuttgart mit 5 000 DM, der CDUKreisverband Schwarzwald-Baar mit 5 000 DM und der CDU-Landesverband Baden-Württemberg. Wenn Sie die ganze Litanei wollen, kann ich Ihnen gerne eine Fotokopie machen.
Dann können Sie das selber nachlesen. Aber ich gehe davon aus, dass Sie parlamentarische Initiativen ohnehin lesen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bimbes-Koffer war etwas, was man mit Helmut Kohl in Verbindung bringt,
aber seit dem Prozess gegen Herrn Schaufler wissen wir, dass auch Umschläge in Hotels abgegeben werden – Empfänger gibt es keinen, aber wir kennen den Absender und wissen, wo das Geld herausgeholt wurde.
Das war auch wieder die SWEG-Kasse. Nach Aussagen der Vereinsoberen des SSV Reutlingen sollen letzten Endes 45 000 DM verschwunden sein; sie sind auch nicht wieder aufgetaucht.
Auch da muss ich doch die Frage nach dem Verbleib dieses Geldes stellen. War Herr Schaufler Geldbote zur CDU Reutlingen oder zum SSV Reutlingen?
Auf jeden Fall ist das Geld nicht mehr da. – Wäre das Geld beim SSV Reutlingen angekommen, hätte man wenigstens sagen können, es habe eine gewisse sportliche Rentabilität gehabt, aber bei der CDU war das offensichtlich nicht so.
Ich möchte den Komplex, der sich da aufgetan hat, auch nicht alleine auf die Person Schaufler begrenzen, denn wenn man die Drucksache 12/4797 liest, stellt man fest, dass es nicht allein Herr Schaufler gewesen sein kann.
Ich finde es schon beschämend, ich finde es jämmerlich, dass die CDU Baden-Württemberg weiterhin auf den 35 000 DM sitzt, die sie von der SWEG, einem 100-prozentigen Landesbetrieb, bekommen hat, der Ministerpräsident sich nicht der Diskussion stellt und die CDU dieses Geld, das absolutes Landesgeld ist, nicht rausrückt und nicht sagt: „Wir möchten mit dieser Affäre nichts zu tun haben. Es war ein Versehen. Wir entschuldigen uns dafür. Das Geld geht wieder zurück, dorthin, woher es gekommen ist, damit wir nächstes Jahr 35 000 DM weniger subventionieren müssen.“ Das wäre eine ehrliche Politik.
Aber ich glaube, dass Sie, wenn Sie bei der CDU dieses Fass aufmachen und dann über ein paar Jahre zurückrechnen, auf Hunderttausenderbeträge oder auf Millionenbeträge kommen, die Sie einfach nicht mehr zurückzahlen können.
Herr Schaufler hat jetzt in dem Verfahren, wie ich gelesen habe – er hat es mir nicht persönlich gesagt –, sehr wohl davon gesprochen, dass die CDU von Landesbetrieben fünfstellige Summen bekommen habe und SPD und Grüne – auf Neudeutsch – mit Peanuts abgefertigt worden seien.
Das müssen Sie mal erklären. Uns hat man bisher immer nur Kleinigkeiten gesagt: die Südwestdeutsche Salzwerke AG unter anderem an die CDU, Kreisverband Heilbronn, 3 000 DM und an den CDU-Landesverband eine Sachspende von 1 200 DM. Die SPD hat vor zwei Jahren kalte Füße bekommen und wieder zurückbezahlt. Wenigstens im Unrecht denken die noch ein bisschen ehrlicher als Sie von der CDU. Ich denke, die CDU sollte ganz klar Stellung nehmen.
Sie von der CDU sollten sich überlegen, ob Sie mit dem Geld, das Ihnen nicht gehört, aber in Ihrer Kasse gelandet ist, weiterhin leben können und ob Sie die Schuld allein auf Herrn Schaufler schieben wollen. Sie sollten sich die Frage stellen, ob Sie für das, was Sie angenommen haben, zumindest eine gemeinsame Verantwortung übernehmen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was Herr Rapp hier abgelassen hat, ist schon jenseits von gut und böse.
Im ersten einleitenden Satz hieß es: „Es sind neue Wahrheiten an den Tag gekommen.“ Das ist eine Vorverurteilung, die eines Rechtsstaats unwürdig ist.
Die ganze Materie liegt in den Händen der Staatsanwaltschaft, und die Staatsanwaltschaft wird aufgrund rechtsstaatlicher Mittel und rechtsstaatlicher Möglichkeiten die Ermittlungen durchführen. Wir leben in einem Rechtsstaat, und in einem Rechtsstaat werden Gerichte objektiv und unter fairer Beachtung der Umstände in jedem Einzelfall ihr Urteil sprechen.
Wogegen wir etwas haben, sind selbst ernannte Ermittler wie Sie und selbst ernannte kleine Hilfsstaatsanwälte, die versuchen, Unruhe in die Bürgerschaft zu tragen, ohne dass echtes Fehlverhalten festgestellt ist.
Was Sie, Herr Rapp, gemacht haben, hemmungslos zu verdächtigen und zu beschuldigen, ohne dass zunächst eine Schuld bewiesen ist, sollte in einer Parlamentsdebatte keinen Platz haben.