Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Natürlich, weil Sie nicht aufklären.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oelmayer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verstehe ja Ihre Aufregung, Kollege Kurz und auch Herr Minister Stratthaus. Ich habe ja nichts anderes getan, als einmal ein paar Vorfälle aufzuzeigen, die ich selbst als Abgeordneter, seit ich diesem Haus angehöre – das sind jetzt gerade viereinhalb Jahre –, von Ihnen erlebt habe. Nichts anderes habe ich getan. Ich habe das deshalb getan, meine Kolleginnen und Kollegen, um aufzuzeigen, dass es sich hier um keinen Einzelfall handelt.

Wir diskutieren heute natürlich über den Fall des Herrn Exministers Schaufler, weil es da gerade ein Strafverfahren gibt. Aber ich bin mit Ihnen ja einig, dass Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden Gott sei Dank auch bei uns, wenn es darauf ankommt, gegen CDU-Umweltminister oder gegen CDU-Exminister ermitteln. Das wäre ja noch schöner, wenn das nicht der Fall wäre.

(Zuruf des Abg. Weiser CDU)

Aber es bleibt natürlich die politische Bewertung dieses Vorgangs, all dessen, was dahinter steckt. Einen Fall habe ich Ihnen ja vorgetragen. Das ist die Spende von 35 000 DM, zu der Sie bis heute wieder keine Stellungnahme, Kollege Kurz, abgegeben haben. Auch der Finanzminister als Mitglied der CDU hat sich dazu nicht geäußert.

(Abg. Kurz CDU: Der Herr Ministerpräsident hat persönlich Stellung genommen!)

Es gehört doch einfach zum politischen Anstand und zur politischen Kultur, dass Sie diese Spende zurückerstatten, weil es sich dabei um Steuergelder gehandelt hat. Das hätte ich eigentlich von Ihnen heute als Konsequenz erwartet, nicht in Demut, aber in der Einsicht, dass politische Kultur keine Spenden aus Steuergeldern über landeseigene Betriebe möglich machen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ein weiterer Punkt, Herr Minister Stratthaus, den Sie angesprochen haben: Das von Ihnen vorgetragene Verständnis kann man natürlich haben, und mit diesem Verständnis kann man auch Politik in Baden-Württemberg machen. Ich komme auf dieses Verständnis, Herr Minister. Wenn Sie sagen, die politische Kultur bestehe darin, dass Abgeordnete und Minister die Strafvorschriften, die im Strafgesetz

buch normiert sind, nicht verletzen, dann sage ich Ihnen: Das ist der untere Level dessen, was wir von allen Menschen in unserem Land erwarten müssen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ja- wohl!)

Aber von Ihnen als Ministerinnen und Minister, als Regierungsmitglieder, als Aufsichtsratsvorsitzende, zumal wenn Sie in doppelter Funktion mit Steuergeldern umgehen, müssen wir natürlich mehr erwarten. Wir müssen von Ihnen den sorgsamen, transparenten und zweckgemäßen Umgang mit Steuergeldern erwarten. Gegen diesen Grundsatz der politischen Kultur hat der Exminister Schaufler in eklatanter Weise verstoßen, und Sie sind nicht bereit, diesen Verstoß gegen die politische Kultur in diesem Land auszugleichen, indem Sie diese Spende zurückerstatten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Und ein weiterer Punkt, den ich benennen möchte. Natürlich wird es jetzt interessant sein – der Kollege Drexler hat es ja vorgetragen –, wie Sie auf diesen Antrag antworten werden. Einen Vorgeschmack haben wir ja schon erhalten. Sie haben ja offensichtlich schon fast alle Belege der SWEG geprüft. Da wäre die erste Frage: Seit Jahren diskutieren wir hier die SWEG-Problematik. Wir wissen, dass der Exminister Gelder zweckentfremdet verwendet hat, für päpstliche Besuche, für Fußballvereine, für Beerdigungsfestivitäten. Das kann man bei den Beträgen, die dort ausgezahlt worden sind, schon so nennen. Da muss man doch fragen, Herr Minister Stratthaus: Wieso prüfen Sie denn die Belege erst jetzt? Wieso haben Sie denn die Belege nicht schon in den vergangenen Jahren geprüft?

Jetzt der Vorgeschmack. Wir hören von Ihnen, dass zu diesen Vorgängen, um die es geht, natürlich keine Belege da sind. Das ist ja ein ganz klarer Zusammenhang mit dem, was dort in dem Strafverfahren von den Betroffenen und den Zeugen geäußert worden ist, dass man natürlich solche Machenschaften nicht auch noch durch Belege abdeckt. Das leuchtet mir ein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das ist aber nicht die Aufklärung, Herr Minister, die wir meinen. Deshalb dürfen wir gespannt sein, wie die Antwort auf den Antrag aussehen wird.

Ein Letztes. Da haben wir ja gestern in diesem Haus das Paradebeispiel erlebt. Kollege Kurz, da können Sie den Kopf schütteln, so lange Sie wollen. Wenn Sie durch Mitglieder Ihrer Partei in der Landesregierung oder auch in anderen Funktionen Vorgänge produzieren, etwa als Aufsichtsratsvorsitzende, dann haben Sie – verdammt noch mal – die Pflicht, alles Mögliche zu tun, um dies aufzuklären, transparent zu machen und dem Parlament Rechenschaft abzulegen. Dann dürfen Sie nicht hier hinstehen und so tun, als ginge es nur darum, Strafvorschriften einzuhalten. Die politische Kultur in diesem demokratischen Baden-Württemberg lebt auch davon, dass sich die Vorzeigemenschen, die die Regierung in diesem Land stellen, mehr als gesetzestreu verhalten, indem sie ganz transparent, of

fen und natürlich gesetzestreu – keine Frage – und demokratisch legitimiert mit Steuergeldern umgehen. Gegen diese Grundsätze verstoßen Sie latent. Da fordere ich Sie einfach auf: Finden Sie zurück zu einer politischen Kultur in diesem Land, die durch Transparenz, Bürgernähe und Offenheit gestaltet ist. Das wäre die Forderung, die sich aus dieser Debatte für Sie ergibt, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kiesswetter.

Meine Damen und Herren! Ich gehe eigentlich davon aus, dass die Landesregierung einen Prozessbeobachter in diesem Verfahren hat, der genau die Äußerungen der einzelnen – –

(Lachen bei der SPD)

Davon gehe ich aus.

(Abg. Drexler SPD: Herr Schaufler ist dort!)

Das gehört sich eigentlich, dass eine Landesregierung verfolgt – da werden Sie mir doch Recht geben –, was dort geäußert wird; denn nicht alles, was dort gesagt wird, landet im Urteil oder wird von der Staatsanwaltschaft aufgegriffen. Das ist ganz klar. Dort wird nur strafrechtlich Relevantes wirklich verwertet.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Warum reden Sie von Selbstverständlichkeiten? – Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Strafrecht, Herr Kollege!)

Manche Verfahren werden auch eingestellt, die zwar für die politische Landschaft nicht unbedingt einstellungswürdig oder zu vernachlässigen sind, aber vom Strafrechtlichen her. Deshalb gehe ich davon aus, dass hier alsbald eine klare Antwort vonseiten der Landesregierung kommen kann.

(Abg. Birzele SPD: Und wenn nicht?)

Die Vorwürfe können dort von einem Verantwortlichen noch einmal beantwortet werden. Ich halte es aber für unerträglich, Herr Drexler, wenn Sie sagen, Sie würden, bis die Antwort da sei – drei Wochen hat die Landesregierung Zeit –, ständig Vorwürfe machen und diese ständig wiederholen.

(Abg. Drexler SPD: Nein! Ich habe gesagt: Wenn sie nicht antwortet!)

Ich möchte das aber klar machen: Es kann auch sein, dass ein paar Fragen nicht innerhalb von drei Wochen beantwortet werden können. Wenn das dann vier Wochen dauert, ist es unerträglich, meine ich, wenn Sie in der Landschaft herumlaufen und ständig Sachen behaupten, die in einem Strafverfahren von Angeklagten vorgetragen werden. Das weise ich zurück.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir werden uns hier als FDP/DVP an das Rechtsstaatliche halten. Wir werden diese Vorwürfe nicht öffentlich wiederholen. Wir warten auf die Antwort der Landesregierung.

(Abg. Zeller SPD: Wie lange warten Sie? – Gegen- ruf des Abg. Rech CDU: Bis der Drexler vor Gift platzt! So lange warten wir!)

Bis die Antwort da ist, und die kommt bald. Auch wir haben ein Interesse daran, dass das vor Abschluss des Wahlkampfs aufgeklärt wird. Wir werden darauf achten und werden nachfragen, wenn sie nicht kommt, warum das nicht beantwortet werden kann. Auch wenn es nur eine Teilantwort auf einzelne Komplexe ist, können wir das schon einmal behandeln.

Ich meine, das gehört auch zur politischen Kultur. Wir als Rechtsstaatspartei stehen dafür ein, dass diese Kultur eingehalten wird. Ich glaube, dass wir in einer der nächsten Landtagsdebatten noch einmal über dieses Problem ganz objektiv reden und diese Sache aufklären, auch die zivilrechtlichen Teile, nicht nur die strafrechtlichen Teile, die politischen Aspekte hier aufarbeiten, um dann Konsequenzen zu ziehen, wie wir in Zukunft mit solchen Fällen umgehen, und hier vielleicht auch neue Maßstäbe zu setzen. Das ist unsere Aufgabe, und dafür stehen wir ein.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Finanzminister Stratthaus.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist doch erstaunlich, dass hier immer wieder Behauptungen aufgestellt werden, die schon ganz eindeutig widerlegt sind. Zu dem Komplex „Spenden – Papst – Frau Teufel“ wird nachher wohl Herr Minister Palmer noch etwas sagen.

(Abg. Weiser CDU: Aber deutlich!)

Das ist schon eindeutig aufgeklärt, aber Sie bringen das immer noch. Da merkt man die Absicht.

(Zuruf des Abg. Hans-Michael Bender CDU)

Im Übrigen: Natürlich haben wir den Sachverhalt, was Spenden und Reutlingen betrifft, schon längst untersucht und uns damit beschäftigt. Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Meine vorigen Ausführungen, dass sämtliche Belege durchgearbeitet werden, haben sich auf diese neuen Vorwürfe, die in dem Prozess erhoben worden sind, und auf andere Auffälligkeiten bezogen.

(Zuruf des Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grü- nen)

Im Übrigen hat die SPD in der ganzen Angelegenheit in den vergangenen Jahren zahlreiche Anträge gestellt. Alle Anträge wurden vom Finanzministerium zur Zufriedenheit des Finanzausschusses und des Parlaments beantwortet.

(Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

(Minister Stratthaus)