Protokoll der Sitzung vom 31.01.2001

Sie wollen einem vernünftigen Antrag der Linken – ich stehe bestimmt nicht in dem Verdacht, mit den Linken zu sympathisieren oder gar zu kungeln –

(Abg. Zeller SPD: Ach, Herr König! – Abg. Döp- per CDU: Wer weiß!)

nicht zustimmen und reichen selber einen etwas verwässerten ein. Das ist doch Taktik.

Wenn ich die Frau Kollegin Berroth höre, die ja in typischer FDP-Manier sehr viel geschwätzt, aber überhaupt nichts gesagt hat,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Nichts über Ausländerinnen!)

muss ich Sie einfach daran erinnern,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wer schwätzt hier?)

liebe Frau Berroth:

(Abg. Dr. Birk CDU: König faselt!)

Die FDP/DVP hat in der 11. Legislaturperiode von 1992 bis 1996, als sie in der Opposition war – dorthin gehört sie auch wieder; denn da hat sie eine viel bessere Politik gemacht –, die gleiche Auffassung vertreten. Heute aber hat sie einen Schwenk um 180 Grad gemacht.

Es wird höchste Zeit, dass die Politik genügend Mut aufbringt, alles selbst zu regeln, damit sie es sich nicht von Gerichten vorschreiben und damit sie sich nicht abwatschen lassen muss.

(Abg. Rech CDU: Vorher haben Sie das Gegenteil gesagt!)

Mit ihrem Haushaltsstrukturgesetz hat die Landesregierung die Watschen damals regelrecht herausgefordert, und jetzt hat sie sie auch erhalten. Warnungen vonseiten der Opposition – vonseiten von uns Republikanern – wurden belächelt. Jetzt aber versucht man, das Ganze etwas schönzureden.

Meine Damen und Herren, das nicht verfassungsgemäße Handeln einer CDU-geführten Regierung reiht sich nahtlos in all das ein, was in den vergangenen Monaten und Jahren passiert ist. Immer wieder hat man feststellen müssen: Die CDU und von ihr geführte Regierungen handeln verfassungswidrig. Ich erinnere nur an die in der Verfassung stehende Verpflichtung, dass sich die Landesregierung von Baden-Württemberg eine Geschäftsordnung geben muss.

(Abg. Deuschle REP: Richtig!)

Bis heute ist das nicht geschehen. Auch hier werden Sie eine Watschen erhalten, und zwar zu Recht.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erteile ich der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Frau Dr. Schavan.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Rastätter hat darauf hingewiesen, dass die in die Verfassung aufgenommene Lernmittelfreiheit ein Grundpfeiler unseres Bildungswesens ist. Es gibt sie in der Bundesrepublik Deutschland ansonsten nur in Hessen, in Bremen und in Brandenburg. In keiner sonstigen Landesverfassung hat die Lernmittelfreiheit einen solchen Stellenwert wie bei uns. Sie ist ein hohes Gut.

(Abg. Maurer SPD: Ah, ja!)

Das zeigt sich auch faktisch im Vergleich der Praxis und der tatsächlichen Bildungsausgaben in den Bundesländern, über die wir hier ja auch schon mehrfach gestritten haben.

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

(Abg. Zeller SPD: Jetzt lenkt sie schon wieder ab! Ablenkung!)

In Rheinland-Pfalz werden Schulbücher privat bezahlt; für Einkommensschwache gibt es Gutscheine. In Niedersachsen erhalten Schulen pro Schüler – –

(Abg. Zeller SPD: Wir sind jetzt aber in Baden- Württemberg! – Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Jetzt reden wir einmal über Fakten.

(Beifall bei der CDU – Abg. Birzele SPD: Die Landesverfassung ist ein Faktum! – Weitere Zuru- fe von der SPD)

Jetzt bin ich dran, und dann sind Sie wieder dran. Sie haben noch vier Minuten Redezeit. Also ist alles paletti.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Carla Bregenzer: Nicht ablenken!)

In Niedersachsen erhalten Schulen 45 DM pro Schüler für Klassenfahrten, Lehrerfortbildung, Schulpartnerschaften und Lernmittel.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Was sagt das Ge- richt? – Abg. Wieser CDU: Oh Gott, oh Gott!)

In Nordrhein-Westfalen gibt es einen Pauschbetrag, der zu einem Drittel von den Eltern finanziert wird.

(Abg. Wintruff SPD: Sie sind aber nicht in Nord- rhein-Westfalen!)

Das heißt, im Vergleich der Flächenländer – und nur mit denen können wir uns vergleichen – ist der Anteil der Elternbeiträge in anderen Ländern weitaus höher als bei uns. Er ist sogar um ein Vielfaches höher als bei uns.

(Abg. Drexler SPD: Ändern Sie doch die Verfas- sung! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Dann müssen Sie doch die Verfassung ändern! – Abg. Brechtken SPD: Wir haben eine andere Verfassungslage! Dann müssen Sie die Verfassung ändern! – Unru- he)

Deshalb zeigt der Ländervergleich zwischen den alten Flächenländern, dass Bayern und Baden-Württemberg bei den Bildungsausgaben pro Schüler an der Spitze liegen. Und das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zurufe der Abg. Brechtken und Carla Bregenzer SPD – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen: Das Protokoll verzeichnet „heitere Gelassenheit“!)

Das soll so bleiben, weil wir wissen und davon überzeugt sind, dass Bildung, ob in Schule oder Hochschule, nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf.

(Oh-Rufe von der SPD)

Deshalb wird von unseren Städten und Gemeinden und vom Land investiert, und zwar jedes Jahr mehr als im Jahr zuvor.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Zur Sache!)

Zweitens – damit komme ich zum eigentlichen Vorgang –:

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Es wird auch Zeit! – Abg. Zeller SPD: Bisher haben Sie das Thema verfehlt! – Abg. Bebber SPD: Jetzt kommen wir zur Debatte! – Gegenruf des Abg. Rau CDU: So, Herr Oberlehrer! – Unruhe)

Zum Thema gehört immer nur das, was Sie dazu definiert haben. Das ist Ihr Problem, weshalb Sie als Landes-SPD in vielen bildungspolitischen Themen weit hinter der sonstigen SPD herhinken.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Abg. Zeller SPD: Sie lenken ab! Sie haben das Problem! – Abg. Bebber SPD: Sie haben ein Problem! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Wir haben 1996 das Gemeindehaushaltsstrukturgesetz verabschiedet.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU – Gegenruf des Abg. Drexler SPD)

In Verbindung damit haben wir eine Schulgesetzänderung vorgenommen und schließlich 1998 eine neue Lernmittelverordnung erlassen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, das bislang ausschließlich mündlich vorliegt – die schriftliche Begründung liegt noch nicht vor; das heißt, was wir bis heute haben, sind mündliche Aussagen bzw. die mündliche Urteilsbegründung, die meine Mitarbeiter erhalten haben –, bezieht sich eindeutig nicht auf eine Verfassungswidrigkeit dieser Lernmittelverordnung. Es bezieht sich nicht auf eine Verfassungswidrigkeit der Schulgesetzänderung, sondern ausschließlich – so ist die Feststellung – auf die Definition der Bagatellgrenze durch die Stadt Gengenbach und nur darauf.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Damit komme ich zu dem, was Sie zitiert haben, nämlich zu meiner damaligen Aussage, es wäre gut, wir würden hier über Spielräume reden. Daraufhin sind Empfehlungen des Städtetags und des Gemeindetags an die Kommunen erfolgt. Die anwesenden Bürgermeister und Oberbürgermeister können das bestätigen. Städtetag und Gemeindetag haben eine Empfehlung an die Gemeinden abgegeben, die Bagatellgrenze, also die Beschreibung dessen, was unter der Rubrik „geringfügiger Wert“ erfolgt, in einer bestimmten Bandbreite anzusiedeln. Diese einzelne Kommune ist deutlich über diese Bandbreite hinausgegangen. Insofern hat das Urteil, so wie es bisher vorliegt, überhaupt nichts mit unserer Lernmittelverordnung oder mit der Schulgesetzänderung zu tun.