Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, es geht nicht um Ablenkmanöver. Es geht allenfalls um ein Ablenkmanöver hinsichtlich der Versäumnisse der Landesregierung. Wir stehen dazu. Wir werden dem Antrag zustimmen, die Ministerin zu entlassen, um klar zu machen, dass man auch hier im Land bereit ist, aus Fehlern Konsequenzen zu ziehen.

(Beifall bei den Republikanern)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Oettinger.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Sache haben die antragstellenden Fraktionen nichts Neues gewusst. Überraschend war, dass sie sich einig geworden sind. In den letzten Wochen war bei ihnen der Streit. Drexler war verärgert über Salomon, die Grünen sind vorgeprescht. Das heißt, das einzig Neue ist, dass die beiden kurz vor der Wahl zusammenrücken. Sei es drum: Die Argumente überzeugen trotzdem nicht.

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Es gibt Schlimmeres! – Abg. Teßmer SPD: Zum Wohle der Gesundheit! – Zuruf des Abg. Haasis CDU)

Aber eines muss im Nachgang noch einmal aufgegriffen werden. Lieber Kollege Salomon, der Vergleich, der von Ihnen hier eingebracht worden ist,

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das war kein Vergleich!)

ist unpassend, entspricht nicht der Würde des Hauses, entspricht nicht dem Amt eines Ministerpräsidenten – egal, welcher Partei er angehört – und muss deswegen hier zurückgewiesen werden. Mein Rat ist nochmals: Nehmen Sie ihn zurück.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Auch ich mache mir gerne eine bildhafte Sprache zu Eigen, aber man muss nicht zu Honecker greifen, um hier argumentieren zu können. Dieser Vergleich – egal, wie er gemeint war – ist unpassend, ist verunglimpfend und entspricht nicht der Würde dieses Hauses.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen)

Wir bitten Sie, wir fordern Sie auf: Räumen Sie diesen verbalen Missgriff aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen in der Aussprache keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen daher zur Abstimmung.

Zur Abstimmung steht der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 12/5927:

Der Landtag wolle beschließen,

gemäß Artikel 56 der Landesverfassung den Ministerpräsidenten aufzufordern, Frau Gerdi Staiblin aus der Landesregierung zu entlassen.

Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Ministerpräsident Teufel geht zu Ministerin Gerdi Staiblin und gratuliert ihr. – Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Brechtken SPD: Das ist ja perfide! Genau noch sechs Wochen, und dann solch ein Auftritt!)

Meine Damen und Herren, Punkt 4 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Wir treten in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 15:30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 14:18 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 15:30 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Türen zu schließen.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 12/5933

Ich rufe die Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. J o h a n n e s B u c h t e r B ü n d n i s 9 0 / D i e G r ü n e n – U n t e r s u c h u n g z u r „ t e c h n i s c h u n v e r m e i d b a r e n “ V e r m i s c h u n g v e r s c h i e d e n e r K o m p o n e n t e n b e i d e r H e r s t e l l u n g v o n W i e d e r k ä u e r f u t t e r a u s d e m J a h r 1 9 9 5

Herr Abg. Buchter, ich erteile Ihnen das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Trifft es zu, dass das Ministerium Ländlicher Raum das Bundeslandwirtschaftsministerium mit Schreiben vom 14. November 1995 darüber informiert hat, dass bei einer Untersuchung zur „technisch unvermeidbaren“ Vermischung verschiedener Komponenten bei der Herstellung von Wiederkäuerfutter bekannt wurde, dass 70 % dieser Futtermittelproben mit einem Tiermehlanteil von bis zu 1 % belastet waren?

b) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung damals darüber hinaus in fachlicher und strafrechtlicher Hinsicht ergriffen, um das Verbot der unzulässigen Futtermittelvermischung sicherzustellen?

Das Wort zur Beantwortung dieser Mündlichen Anfrage erteile ich Frau Ministerin Staiblin.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Mündliche Anfrage wie folgt:

Wie Sie wissen, wurde im Jahr 1994 das Tiermehlverfütterungsverbot bundesweit eingeführt. Ein Jahr danach hat das Ministerium Ländlicher Raum eine flächendeckende Überprüfung der Betriebe der Futtermittelhersteller vorgenommen, um über diese Sonderaktion festzustellen, ob das im Jahr 1994 getroffene Abkommen zur Tiermehlverfütterung auch eingehalten wird.

Dabei haben wir festgestellt, dass erstens – so heißt es in diesem Brief vom 14. November 1995, von dem Sie, Herr Buchter, soeben gesprochen haben, der an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gerichtet wurde – in keiner der untersuchten Futtermittelproben Tiermehle als Komponente nachgewiesen werden konnten, dass zweitens Verschleppungen von Tiermehlen mit weniger als 1 % bei mindestens 70 % der Proben auftraten, also sehr häufig sind und sich auch nicht absolut vermeiden lassen, dass drittens Verschleppungen nur ausgeschlossen werden können, wenn für die Verwendung von Tiermehl in anderem Mischfutter als für Wiederkäuer gesonderte Lager, Mahl- und Mischanlagen, Transporteinrichtungen und Fahrzeuge eingesetzt werden oder ganz auf Tiermehl verzichtet wird, und dass viertens Tiermehl nur an den Knochen- oder Haarpartikeln erkannt werden kann; da bei diesen Produkten der Knochenanteil stark variiert, kann der Tiermehlanteil nur annäherungsweise bestimmt werden.

Dies war Tatbestand dessen, was wir in Baden-Württemberg schon im Jahr 1995 über diese Verschleppungen festgestellt haben. Ich weise weiter darauf hin, dass meine Kollegin Höhn die gleichen Feststellungen, die wir im Jahr 1995 getroffen haben, in einem Brief vom 28. Juni 1999 gleichfalls an das Bundesministerium richtete, in dem sie sinngemäß das Gleiche in ihrem Land beklagte. Sie schrieb darin allerdings nicht von 70 %, sondern dass bei 50 % der Proben auch in ihrem Bundesland Nordrhein-Westfalen

(Ministerin Gerdi Staiblin)

Verschleppungen von 1 % bis 0,5 % und weniger festgestellt wurden.

Ich möchte eine Anmerkung machen und mich dabei auch auf das beziehen, was heute Morgen diskutiert worden ist: Sie werden ja wohl nicht glauben, dass diese Verschleppungen in Nordrhein-Westfalen erst im Jahr 1999 so vorgekommen sind. Vielmehr sind sie genauso in den Jahren zuvor vorgekommen, wie wir schon im Jahr 1995 durch die flächendeckende Untersuchung festgestellt haben.

Daraufhin wurde auf Referentenebene bei Bund-LänderBesprechungen immer wieder darauf hingewiesen: Entweder – das wurde auch heute Morgen diskutiert – sollte von der Bundesregierung offiziell eine Toleranzgrenze festgelegt werden, oder es sind vonseiten des Bundes – und das war die Forderung in unserem Schreiben – die gesetzlichen Regelungen zu erlassen, dass hier eine Nulltoleranz gewährt wird. Dadurch hätten dann in den Ländern sicherlich weitere Schritte unternommen werden können.

Vielen Dank.

Zusatzfrage, Herr Abg. Buchter.

Frau Ministerin Staiblin, ist Ihnen bekannt, dass mit der Richtlinie 95/53 des Rates der EG vom 25. Oktober 1995 für die Mitgliedsstaaten die Verpflichtung ausgesprochen worden ist, dann, wenn festgestellt wird, dass Vermischungen stattgefunden haben – die ja zugegebenermaßen, wie Sie vorhin ausgeführt haben, in Bezug auf das Futter von Wiederkäuern verboten sind –, eine unschädliche Beseitigung anzuordnen?

Ich kann zum Jahr 1995 keine Antwort geben, weil ich damals noch nicht die Verantwortung im Ministerium hatte.

Zum Zweiten haben wir die Bundesregierung genau deswegen aufgefordert, weil dies dem Referat und der Abteilung bekannt war und wir darauf hinweisen wollten, dass es keine gesetzliche Regelung gab und EU-rechtlich eine Nulltoleranzgrenze bestand.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Halt!)

Sie müssen sich zu Wort melden, Herr Schäfer.

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Das habe ich!)