Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

Ich will Ihnen sagen, warum es nicht funktioniert hat. Sie haben garantierte Kontrollen versprochen, und die Kontrollen hatten keine Konsequenzen, wenn sie überhaupt stattgefunden haben. Sie hatten umweltgerechte Wirtschaftsweisen versprochen, und Sie haben den Einsatz von Antibiotika im Pflanzenschutz und in der Tiermast bei Ihrem Zeichen zugelassen. Sie hatten regionale Herkunft garantiert, und die Herkunft war aus aller Welt. Das ist natürlich ein Konzept, das den Verbraucher nicht überzeugt. Jetzt gilt es, hier neu anzufangen.

Auch hier in Baden-Württemberg – bei allen Spitzenleistungen, die Sie immer gerne thematisieren – war der ökologische Anbau ein Stiefkind der Politik. Es waren die Basisinitiativen, es waren die überzeugten Demeter- und Bioland-Landwirte, die den Ökoanbau vorangebracht haben.

(Abg. Hauk CDU: Da empfehle ich den Blick nach Norden! Da sieht man die Realität!)

Sie haben von der politischen Seite wenig gemacht, um den Bereich aus der Nische zu befreien. Sie lesen jetzt in der Zeitung, dass in der Zwischenzeit auch Herr Fischler auf dem Trip ist und dass EU-weit das, was wir auf Bundesebene angesprochen haben, umgesetzt wird.

(Abg. Hauk CDU: Sie haben es doch bekämpft! In Berlin, als wir die Agenda angemahnt haben, ha- ben Sie es doch bekämpft!)

Wir haben es nicht bekämpft. Was EU-weit gemacht wird, ist jetzt teilweise auch die Politik der Bundesregierung. Dass Sie mit Ihrer Politik auf Bundesebene bisher Bremser waren, ist bekannt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD)

Wir müssen auch eines sehen: Man redet hier gerne und oft über den Status quo, aber wir müssen auch einmal über Zu

wachsraten sprechen. Frau Ministerin Staiblin, reden Sie doch einmal bei einem Vergleich von Nordrhein-Westfalen mit Baden-Württemberg zum Beispiel auch über die Zuwachsraten im Bioanbau. Der stagniert in Baden-Württemberg nahezu. Das ist immer das Problem von Vergleichen, wenn wir nur den Status quo betrachten. Wie sieht denn der Zuwachs in Nordrhein-Westfalen aus? Das ist der Maßstab für die aktuelle Politik und nicht die Leistungen, die Sie gar nicht zu verantworten haben.

Worum geht es jetzt? Es geht nicht nur um den Bereich der biologischen Landwirtschaft – der muss jetzt radikal verändert bzw. ausgeweitet werden –, sondern auch die konventionelle Landwirtschaft muss auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden. Ich will fünf Säulen nennen, die unserer Meinung nach hierfür entscheidend sind.

Der erste Punkt ist Transparenz. Wir brauchen vor allem und in erster Linie eine Transparenz der Produktion in der Landwirtschaft. Das setzt effiziente Kontrollen voraus. Das setzt Kontrollen mit Konsequenzen voraus. Das heißt dann auch, wer etwas in Futtermittel hineinmischt, der muss mit entsprechenden Strafen rechnen. Das ist die erste Voraussetzung für eine andere Landwirtschaftspolitik.

Offene Deklaration reicht nicht aus. Wir brauchen eine Positivliste. Hühnerkot kann nicht zum Futtermittel werden. Wir brauchen hier ganz andere Strukturen.

Die zweite Säule ist der Verzicht auf Antibiotika. Es ist klar, dass Medikamente in den Arzneimittelschrank gehören und nicht in den Pflanzenschutz und nicht in die Tiermast.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der dritte Punkt ist eine flächengebundene Tierhaltung.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Schäfer, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Ich habe noch zwei Punkte. Die wollte ich abschließend noch kurz sagen.

Sie haben keine Redezeit mehr. Deshalb müssen Sie Ihre Rede jetzt beenden.

(Abg. König REP: Ohne die zwei Punkte? Das ist hart!)

Der dritte Punkt wäre eine flächengebundene Tierhaltung.

Der vierte Punkt für uns ist eine artgerechte Tierhaltung.

Der fünfte und entscheidende Punkt ist der Verzicht auf die Gentechnik.

(Abg. Behringer CDU: Redezeit ist beendet!)

Wir wollen keine zusätzlichen Risiken in der Landwirtschaft. Die Risiken mit dem Tiermehl haben uns völlig ausgereicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Reddemann.

(Abg. Dagenbach REP: Redezeit einhalten, gell! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ab- schiedsrede! Alles Gute!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist die Bewältigung der BSE-Krise eine große Herausforderung, vor allem für die Politik, aber auch für die Wissenschaft. Wir, das Bundesland Baden-Württemberg, haben als bisher einziges Bundesland ein Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht.

(Abg. Behringer CDU: So ist es!)

Dies war notwendig und richtig. Mit einer Politik der Verunglimpfung, Herr Kollege Schäfer, lösen wir die Probleme nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Drautz FDP/DVP – Abg. Behringer CDU: Sehr gut! – Abg. Drautz FDP/DVP: Guter Mann!)

Die Landesregierung hat mit der Zustimmung der CDUFraktion ein Maßnahmenpaket beschlossen, das unbestritten geeignet ist, die Krise irgendwann einmal in den Griff zu bekommen.

(Abg. Teßmer SPD: Ja, nach der Wahl!)

Oberste Priorität dieser Maßnahmen ist ein umfassender Verbraucherschutz, der hier an erster Stelle steht.

Die Untersuchungskapazitäten sind gewaltig ausgeweitet worden. Zurzeit werden 1 000 Untersuchungen täglich vorgenommen. Die Futtermittelkontrollen sind gewaltig verstärkt worden.

(Abg. Teßmer SPD: Angefangen worden!)

Es war übrigens auch eine Initiative der Landesregierung gegenüber der Europäischen Union, dass das befristete Tiermehlverfütterungsverbot aufgehoben und durch ein absolutes Tiermehlverfütterungsverbot ersetzt wird.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Zu spät, Herr Kollege, zu spät!)

Hinzu kommen die direkten Hilfen für die insbesondere Betroffenen, für die Landwirte, indem hier ein Soforthilfeprogramm und ein Liquiditätshilfeprogramm für das Agrargewerbe aufgelegt worden sind.

Anlässlich des Besuchs des Ausschusses für Ländlichen Raum und Landwirtschaft auf der Grünen Woche hatten wir in unserer Landesvertretung ein interessantes Gespräch mit einem Experten aus dem Landwirtschaftsministerium in Berlin, Herrn Dr. Fiedler.

Erste Feststellung: Die Übertragungswege von BSE sind nach wie vor ungeklärt.

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Auch die Grü- nen kennen die nicht!)

Zweiter Punkt: Am lebenden Rind ist BSE nach wie vor nicht feststellbar.

Welche Schlussfolgerungen müssen wir daraus ziehen? Hier sind Forschung und Wissenschaft gefordert.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Deswegen kann man doch die Entscheidung, die wir heute hier in diesem hohen Hause, im Landtag, getroffen haben, dass Herr Professor Dr. Dr. Beyreuther jetzt zum Staatsrat für Lebens- und Gesundheitsschutz berufen wurde, nur begrüßen und unterstützen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich hoffe, wir wünschen ihm gemeinsam viel Erfolg bei seiner Arbeit.

Herr Schäfer, Sie haben die Wende angesprochen. Ich kann nur noch einmal darauf verweisen: Bäuerliche Familienbetriebe sind ein Markenzeichen von Baden-Württemberg

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)