Wir in Baden-Württemberg haben die meisten Betriebe, die ökologisch wirtschaften. Bei uns sind das 5 % der Betriebe.
In Nordrhein-Westfalen – wer ist dort an der Regierung? – wirtschaftet 1 % der Betriebe ökologisch. Unsere Agrarpolitik, die Agrarpolitik von Gerhard Weiser und der CDULandtagsfraktion, hat also im Hinblick auf die Europäische Union eine Schrittmacherfunktion übernommen:
Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung und auch das HQZ. Das HQZ hat sich bewährt, und am HQZ, dem Herkunfts- und Qualitätszeichen, sollten wir festhalten. Die Kriterien müssen immer wieder überarbeitet werden.
Das Szenario, das Sie uns heute vorgeführt haben, ist nicht geeignet, die Probleme zu lösen. Ich rate Ihnen, Ihre Initiativen an die Bundesregierung und die rot-grüne Koalition zu richten. Die baden-württembergischen Landwirte haben jährlich zusätzliche Einkommensverluste von über 500 Millionen DM
wegen Ihrer Haushaltskürzungen und wegen der Agenda 2000 hinzunehmen. Eine unverantwortliche Politik, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland noch nie da gewesen ist!
Rot-Grün in Berlin und niemand sonst gefährdet die Existenzgrundlage unserer bäuerlichen Familienbetriebe. Konzentrieren Sie sich deshalb auf Berlin, und lassen Sie das dumme Gerede hier im Landtag von Baden-Württemberg!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zukunft baden-württembergischer Agrarpolitik liegt künftig nicht allein in Brüssel, nicht in Labors biotechnischer Unternehmen und nicht in Großmetzgereien oder Viehzentralen, sondern sie liegt zuallererst in den Händen der Verbraucher. Diese Verbraucher aber wollen heute eine andere Politik.
Ich kann Ihnen sagen, heute steht bei uns in der Lokalzeitung: „Biolandwirte können Nachfrage nicht befriedigen.“ Sie wollen eine andere Produktion, eine Produktion, bei der sie sicher sein können, dass sie davon keine gesundheitlichen Schäden bekommen, eine Produktion, die die Umwelt schont und Respekt vor den Nutztieren hat. Auch die Bauern wollen dies. Die Bauern wollen nicht produzieren, um Subventionen zu bekommen, sondern um gerechte Preise für gute Produkte zu erzielen.
Das ist der schlichte Kern dessen, was sich in den Köpfen der Bundesregierung und im Übrigen auch in Bayern vollzogen hat, wenn auch in Bayern
Ich zitiere, was der Ministerpräsident am 13. Dezember, also vor wenigen Wochen, hier in diesem Haus gesagt hat: „Die Landesregierung hat in der Vergangenheit und in der aktuellen Krisensituation alle Maßnahmen getroffen, die notwendig und möglich waren, um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu schützen.“
(Abg. Haas CDU: So war es auch! – Gegenruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wenn ich Haas heißen würde, wäre ich bei dem Thema BSE vorsichtig!)
Aber, Herr Kollege Haas, weil man sieben Wochen vor der Wahl nicht ganz tatenlos vor das Volk treten will, beruft
man einen Staatsrat für Lebens- und Gesundheitsschutz mit weitreichenden Aufgaben und eine Task Force.
Ich fühle mich schier an 007 erinnert, Herr Kollege. Da stellt sich unwillkürlich die Frage, Herr Ministerpräsident: Wer hat Sie eigentlich bisher beraten? Oder haben Sie sich überhaupt beraten lassen?
Es gibt in unserem Land eine Fülle von kompetenten Personen an Instituten und an der Akademie für Technikfolgenabschätzung, die ihren Rat gerne an Sie weitergeben wollten, wenn Sie denn bereit wären, ihnen zuzuhören. Aber es kann sein, denke ich mir, dass Sie vor lauter Klopfen auf die eigene Schulter und vor lauter Reden über die eigenen Ruhmestaten gar nicht mehr zum Zuhören, zum Rat-Annehmen und zum Nachdenken gekommen sind.
Der Herr Staatsrat – so steht es in der Pressemitteilung – soll koordinieren, informieren, Initiativen entwickeln,
(Abg. Reddemann CDU: Das ist doch alles prima! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Haben Sie etwas dagegen? – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen: Ein Multitalent! – Zuruf des Abg. Brechtken SPD)
Ich frage mich: Was hat eigentlich das Staatsministerium bisher getan? Es wäre doch die ureigenste Aufgabe des gesamten Staatsministeriums, so etwas zu tun.
Entweder ist diese Operation, Herr Ministerpräsident, als Beruhigungspille für die Öffentlichkeit wenige Tage vor der Wahl gedacht –
dann kann einem der Herr Staatsrat, der sicherlich ein sehr kompetenter Mensch ist, Leid tun –, oder die Berufung ist ernst gemeint. Aber dann ist es eine schallende Ohrfeige für die gesamte Ministerialbürokratie dieses Landes und auch eine Ohrfeige für Ihre Minister.
Was wir brauchen, ist ein Kurswechsel in der Agrar- und Verbraucherschutzpolitik. Die SPD-Landtagsfraktion hat schon vor zehn Jahren ein Bündnis zwischen Bauern, Ökologen und Verbrauchern haben wollen, wir haben schon
vor zehn Jahren eine naturnahe Landwirtschaft gefordert, wir haben schon vor zehn Jahren eine integrierte Produktion kritisiert, weil damit Verbraucher überhaupt nichts anfangen können,
wir haben schon vor zehn Jahren schärfere Qualitätskriterien für das Herkunfts- und Qualitätszeichen eingefordert, und wir haben auch bereits vor zehn Jahren eine bessere Vermarktungsstrategie und eine bessere Unterstützung der Verbraucherschutzorganisationen gefordert.
Alles haben Sie in den Wind geschlagen, weil Sie auf den falschen Rat gehört haben, auf den Rat von Lobbyisten, von Schmeichlern, auf den Rat von jenen, denen das parteipolitische Hemd näher ist als der Rock, und jetzt plötzlich, kurz vor Toresschluss, soll ein neutraler Professor alles wieder richten. Sie glauben doch nicht im Ernst, Herr Ministerpräsident, dass Ihnen die Menschen dies noch abnehmen.