Wir wollen das Gesetz ja. Aber wir wollen es so sicher formulieren, dass es nicht bei erster Gelegenheit vom Gericht aufgehoben wird.
Das ist schon sehr allgemein gehalten. Ich würde mich mit jedem einzelnen Argument auseinander setzen. Nennen Sie mir einen konkreten Punkt.
(Abg. Bebber SPD: Sie haben es doch schriftlich vorliegen! – Abg. Redling SPD: Sie haben es doch abgelehnt! Das ist doch Scheinheiligkeit!)
Wir haben die Bedenken geprüft und sind der Meinung, dass man diese Entscheidung hier treffen kann. Wir stehen doch in einem Rechtsverfahren. Wir entscheiden, wie ein Gesetz aussieht. Wir meinen, dass man es so beschließen kann.
Er sieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Da haben wir doch einen Sachverständigen, der das Gesetz für verfassungsrechtlich einwandfrei hält. Man kann nicht einfach sagen, alle Sachverständigen hätten Bedenken gehabt. Das stimmt nicht. Manche hatten technische Anmerkungen; die haben wir aufgenommen. Wir haben am Gesetzentwurf gewisse Änderungen vorgenommen, und ich meine, wir sollten dieses Gesetz jetzt riskieren.
Wir setzen es durch und werden dann in der Praxis sehen, ob es funktioniert. Wir meinen, wir sollten das Risiko eingehen; denn der Schutz der Bevölkerung ist uns jetzt wich
tiger. Dieses Risiko müssen wir übernehmen. Das war die Meinung der beiden regierungstragenden Fraktionen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alles, was heute über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Straftäter gesagt wurde,
ist auch schon in der 102. Plenarsitzung am 31. Januar 2001 gesagt worden. Die Ausgangslage für die Zweite Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs ist unverändert. Es ist an der Zeit, dass sich dieses Parlament nicht länger bei einer so wichtigen Frage ausbremsen lässt.
Ich halte den Gesetzentwurf für ausreichend beraten. Wir Republikaner fordern seit Jahren ein solches Gesetz. Für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ist es nebensächlich, ob dieses Gesetz auf bundes- oder auf landesrechtlicher Grundlage beschlossen wird. Die Menschen verstehen den in ihren Augen akademischen Streit der von ihnen ins Parlament gewählten Vertretern darüber, wer letztlich zuständig ist, nicht. Als schlimm empfinden sie die bisherige, jahrzehntelange Untätigkeit der für die innere Sicherheit verantwortlichen Regierungen. Dieser Vorwurf – ich belege ihn mit dem Begriff „Tun durch Unterlassen“ – richtet sich zuerst gegen die CDU.
Es ist Ihre Partei, Herr Innenminister – er ist momentan nicht anwesend –, die sich selbstverliebt als die bestimmende politische Kraft in Baden-Württemberg ausgibt. Da es aber stimmt, was Sie, Herr Dr. Schäuble, am 31. Januar von dieser Stelle aus gesagt haben – ich zitiere –, dass „dieser Gesetzentwurf im Grunde genommen der bestmögliche Opferschutz ist“, müssen Sie sich fragen lassen: Warum haben Sie, der Sie seit über zehn Jahren die Regierungspolitik mit zu verantworten haben, warum hat Ihre Partei als vorgeblich bestimmende Kraft im Land den Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs über 40 Jahre lang diesen bestmöglichen Opferschutz verweigert?
Herr Kollege Bender hat ebenfalls am 31. Januar reklamiert, dass ohne dieses Gesetz der Schutz unserer Bürger und Bürgerinnen für Leib und Leben bewusst aufs Spiel gesetzt werde und dies aus rechtsstaatlicher Sicht nicht hingenommen werden könne. Richtig, Herr Bender. Sie räumen damit aber ein, den beklagten Zustand jahrzehntelang hingenommen zu haben.
Herr Innenminister, wir stimmen dem Gesetzentwurf zu. Nur – und da besteht ein für die Bürger sichtbarer Unterschied zwischen Ihnen und uns –: Sie haben dieses Problem erstmals im Jahr 2001 hier zur Sprache gebracht. Die
Republikaner haben aber bereits 1992 und 1993 auf dieses schon immer bestehende Problem hingewiesen.
Unsere Forderungen wurden damals von den Sozis unter dem Beifall auch Ihrer Parteigänger, Herr Dr. Schäuble, als Beleg für rechtsextremistische Gesinnung und gegen die Menschenwürde gerichtete Agitation verhetzt.
Heute rätseln wir, was so furchtbar Extremistisches wir seinerzeit gefordert haben, nachdem unsere Forderungen jetzt im Gesetzentwurf der Landesregierung vorliegen.
Wir haben damals den betreffenden Straftätern weder die Menschenwürde noch das Recht auf körperliche Unversehrtheit aberkannt.
Wir haben nicht wie eine Gliederung Ihrer Partei im Kreis Göppingen 1996 vom Büro des Bundestagsabgeordneten Riegert aus gefordert – ich zitiere –, „einer solchen Bestie das Recht auf körperliche Unversehrtheit und ein Leben in Freiheit zu verwehren“, und – ich zitiere weiter – „die chemische Triebeinschränkung des Täters um jeden Preis“, Forderungen, die ein Funktionär der Jungen Union als erlaubte, bewusste Provokation bei einem solchen Thema rechtfertigt
und die Ihr Abgeordneter Birk als Vorsitzender der Jungen Union Nordwürttemberg laut „NWZ“ Göppingen nur als „wohl etwas brutal dargestellt“ kommentiert hat.
Auch die Aussage Ihres Bundestagsabgeordnetenkollegen Riegert, wonach es wohl das Vorrecht der Jugend sei, einen Sachverhalt etwas verschärft darzustellen, spricht für sich.
Fakt ist: Von dieser öffentlich gegen die Menschenwürde und das Grundgesetz betriebenen Agitation haben sich weder der CDU-Abgeordnete Birk noch der Landesvorsitzende der CDU unmissverständlich distanziert.
Auch Sie, Herr Innenminister, der Sie mit dem Brevier Ihres Verfassungsschutzes unter dem Arm wie mit einer Monstranz durchs Land laufen, haben Ihrem Parteinachwuchs diese menschenverachtenden Entgleisungen großzügig durchgehen lassen. Ihre Zurückhaltung ist nachvollziehbar. Auch Sie sprachen am 31. Januar wörtlich von „Bestien, um die es geht“. Der von Ihnen für Menschen verwendete Begriff „Bestien“ ist eines auf die Achtung der Menschenwürde verpflichteten Ministers unwürdig.
Ihre Wortwahl legt zudem offen, was Sie anderen nur allzu gern umhängen, nämlich rechtsextremistische und menschenverachtende Einstellung.
Trotzdem: Nicht Ihnen, sondern den Menschen in diesem Land zuliebe stimmen wir dem Gesetzentwurf zu, zumal wir unsere Forderungen endlich erfüllt sehen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schutz der Allgemeinheit vor besonders gefährlichen Straftätern ist eine, wenn nicht gar die zentrale kriminalpolitische Herausforderung. Die Landesregierung hat dazu einen ausgewogenen Gesetzentwurf eingebracht, und der Kollege Schäuble hat ihn bei der ersten Lesung engagiert und eingehend begründet.
Meine Damen und Herren, das Ziel dieses Gesetzentwurfs ist es, zukünftige Opfer von Straftaten zu vermeiden. Es geht um Prävention. In unseren Gefängnissen sitzen immer wieder Straftäter, die wir – das ist eine Tatsache – bei der jetzigen Rechtslage zum Strafende entlassen müssen, obwohl wir sicher sind, dass diese Täter nach ihrer Entlassung erhebliche Straftaten begehen werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte keinem Opfer sagen müssen: Wir wussten zwar, dass der Täter hinterher mit großer Wahrscheinlichkeit neue schwere Straftaten begehen wird, aber wir hatten Bedenken; wir hatten Bedenken wegen der Zuständigkeit, wegen der Verhältnismäßigkeit; wir hatten Angst, vor dem Verfassungsgericht verklagt zu werden.
Dieses Kompetenzgeschiebe hin und her verstehen die Leute draußen nicht. Sie haben kein Verständnis dafür, dass man Angst vor jedem Risiko hat, dass man etwas, was man als vernünftig erkannt hat, aufgrund von tausend Bedenken nicht macht. Das überzeugt niemanden.
Wir haben etwas anderes gemacht. Wir haben Für und Wider dieses Gesetzentwurfs sorgfältig gegeneinander abgewogen. Sie wissen, dass ich Ihnen jede Frage zum Gesetzentwurf beantworten kann.