Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

Ich rufe auf

Kapitel 0321

Fachhochschule Villingen-Schwenningen – Hochschule für Polizei

Wer dem Kapitel 0321 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Stimmt jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das Kapitel einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf

Kapitel 0330

Eingliederung

Wer dem Kapitel 0330 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Das Kapitel ist bei Gegenstimmen mehrheitlich verabschiedet.

Ich rufe auf

Kapitel 0331

Flüchtlingsaufnahme

und dazu den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 12/4834-5. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion Die Republikaner, Drucksache 12/4834-3, auf. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über das Kapitel 0331. Wer dem Kapitel zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Das Kapitel 0331 ist mehrheitlich verabschiedet.

Meine Damen und Herren, wir haben noch über Abschnitt II der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses abzustimmen. Ich darf Sie bitten, von der Mitteilung des Finanzministeriums vom 14. Dezember 1999 betreffend Unterrichtung über die Bewilligung von überplanmäßigen Ausgaben bei Kapitel 0331 Titel 643 03 Kenntnis zu nehmen. – Sie nehmen Kenntnis.

Damit ist die Zweite Beratung zum Einzelplan 03 – Innenministerium – beendet.

Ich rufe Buchstabe e der Tagesordnung auf:

Einzelplan 05: Justizministerium

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 12/4805

Berichterstatter: Abg. Herrmann

Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort?

(Abg. Herrmann CDU: Nein, Herr Präsident!)

Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, für die Beratung des Einzelplans 05 hat das Präsidium eine Gesamtredezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei ein nach Fraktionsstärke gestaffelter Redezeitzuschlag hinzukommt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Rech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es wurde heute, wie nicht anders zu erwarten war, viel vom Sparen geredet. Selbstverständlich steht auch der Justizhaushalt unter dem Diktat der Haushaltskonsolidierung, wie überhaupt jeder Einzelplan auf Einsparmöglichkeiten hin abgeklopft werden muss. Dies ist auch im Finanzausschuss, wie ich den Protokollen entnommen habe, sehr intensiv geschehen.

Nur: Beim Justizhaushalt müssen wir uns vor Augen halten, dass dieser eine ganz besondere Struktur hat. Es handelt sich nämlich in der Tat um einen reinen Verwaltungshaushalt. Dessen Ausgaben sind zu über 95 % personalgebunden. Einsparungen in diesem Bereich wären also ausschließlich über Stellenstreichungen möglich. Aber gerade dies würde unsere Justiz, die ohnehin eine sehr schlanke Verwaltung darstellt, nicht verkraften. Jedenfalls könnte sie bei weiteren Stellenstreichungen ihre Spitzenposition, die sie im Bundesvergleich hat, nicht mehr halten.

Vom Stellenabbauprogramm der Landesregierung ist die Justiz ohnehin mit knapp 600 Stellen betroffen. Es gibt aber Bereiche, in denen wir dringend mehr und nicht weniger Personal brauchen – beispielsweise bei den Gerichtsvollziehern und im Strafvollzug. Der Kollege Bender wird nachher zu diesem Bereich noch etwas sagen. Ich komme aber nachher auf den Bereich der Gerichtsvollzieher noch zurück.

Wenn wir also absolut gesehen bei der Justiz kaum Stellen zugehen lassen können, dann müssen wir deren Modernisierung auf allen Ebenen weiter vorantreiben – Effizienzsteigerung statt Stellenzugang. Eine Alternative haben wir nicht.

Unser Justizhaushalt ist, gemessen am Gesamthaushalt, ohnehin der kleinste im Vergleich unter den alten Bundesländern. Wir müssen also die flächendeckende Ausstattung mit leistungsfähiger EDV, insbesondere beispielsweise der Staatsanwaltschaften und der Amtsgerichte, zeitnah umsetzen. Bei den Staatsanwaltschaften ist dies zwischenzeitlich auch fast gelungen, aber viele Amtsgerichte sind noch nicht vollständig mit EDV ausgerüstet – zum Teil auch deshalb, weil noch nicht sämtliche Gerichtsgebäude verkabelt sind oder weil diese Verkabelung nicht auf dem aktuellen technischen Stand ist.

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal betonen: Unsere Justiz braucht eine moderne Ausstattung. Investitionen in diese Ausstattung sind auch Investitionen in den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Nur über solche Investitionen werden wir auch in Zukunft den hohen Leistungsstandard unserer Justiz aufrechterhalten können.

Aber es gibt Bereiche, in denen wir mit dem vorhandenen Personalbestand die wachsende Arbeitsbelastung nicht mehr auffangen können. Im Justizvollzug – ich habe es gesagt – nur ein Beispiel: Die Überbelegung unserer Justizvollzugsanstalten ist ja hinlänglich bekannt.

Personalmangel – ich sage dies – darf aber gerade in diesem Bereich nicht etwa zu einem Sicherheitsrisiko werden. Wie der Ausbruch beispielsweise von zwei Schwerverbrechern aus der Vollzugsanstalt Bruchsal vor Wochen gezeigt hat, würden wir gerade im Bereich des Werkdienstes in unseren Vollzugsanstalten mehr Personal brauchen. Gerade dort wird Resozialisierung geleistet. Dies ist am wirkungsvollsten über regelmäßige Arbeit der Strafgefangenen möglich. Dazu brauchen wir qualifiziertes und vor allem auch ausreichend Personal.

Bei solch spektakulären Ausbrüchen wie in Bruchsal reduziert sich die Diskussion zu meinem Bedauern sehr schnell auf die Forderung, bei der Sicherheit unserer Bürger dürfe Geld keine Rolle spielen. Dies, meine Damen und Herren, ist zu einfach. Wir müssen aber die Belastung unserer Justizvollzugsbediensteten, die nun schon seit Jahren in steigendem Maße anhält, sehen, und wir müssen diese über Stellenzugänge ausgleichen, gerade im Bereich des Werkdienstes.

Ein weiterer Bereich, meine Damen und Herren, in dem die nun schon jahrelang anhaltende eklatante Überbelastung zu personellen Konsequenzen führen musste, ist die Vollstreckung, also der Bereich der Gerichtsvollzieher. Im Nachtragshaushalt 1999 wurden dafür insgesamt zehn neue Stellen geschaffen. Im Zuge der Übertragung der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung auf die Gerichtsvollzieher wurden weitere 25 Stellen umgesetzt. Verbesserungen im Umfang von 40 plus 20 Stellen sind vorgesehen. Wir halten dies für unabdingbar und erforderlich und unterstützen unseren Justizminister gerade bei seinen Forderungen in diesem Bereich.

Verantwortliche Justizpolitik, meine Damen und Herren, ist keine Sache für den Marktplatz. Sie ist insbesondere denkbar ungeeignet für Effekthaschereien. Reformen dürfen nicht von einer Kurzatmigkeit der Tagespolitik geprägt sein. Ein Beispiel für eine solche erfolgreiche Reform, also für eine Modernisierung der Justiz, ist das elektronische Grundbuch. Die 60 Millionen DM, die das Land hierin investiert, sind gut angelegt, Herr Justizminister. Banken, Sparkassen, Unternehmen, die öffentliche Verwaltung und auch jeder einzelne Bürger werden von den damit verbundenen Serviceleistungen erheblich profitieren.

Zur neuen Insolvenzordnung habe ich allerdings schon die besorgte Nachfrage, ob die Software in diesem Bereich wirklich schon so läuft, wie wir uns das vorgestellt hatten. Ich hoffe, dass dies auf den Weg gebracht werden konnte, auch wenn es da zu Anfang Reibungsverluste gegeben hat.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch dies sagen – etwas spaßig, wenn Sie dies gestatten, Herr Justizminister –: Unser Justizminister hat nicht nur eine neue, flotte Frisur,

(Abg. Bebber SPD: Ei!)

sondern er hat auch neue Ideen, die uns voranbringen, beispielsweise bei der Reform der Juristenausbildung im juris

tischen Vorbereitungsdienst. Ich bedaure ausdrücklich, dass der Bundesrat den durchaus für eine Erprobung geeigneten Versuch mit der elektronischen Fußfessel jetzt ganz offensichtlich wohl stoppen wird.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Unsere Justiz arbeitet effizient, gut, erfolgreich, und sie arbeitet geräuschlos. Deshalb Dank an den Justizminister und an alle, die Verantwortung für unseren Rechtsstaat tragen, gleich an welchem Platz sie ihren verantwortungsvollen Dienst tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Bebber.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Wir begrüßen, dass vonseiten der Regierungsparteien zusätzliche Stellen im Gerichtsvollzieherbereich und auch im Bereich des Vollzugs geschaffen worden sind. Aber nachdem dies auf Initiative der beiden Regierungsfraktionen geschehen ist, fragen wir uns natürlich: Warum konnte das nicht früher passieren? Sie haben ja gewissermaßen Geld aufgetan, das heißt, auf der Einnahmeseite sind etwa 26 Millionen DM zusätzlich durch erhöhte Einnahmen von Gebühren, Strafen usw. eingestellt worden. Konnte man das nicht früher feststellen? Musste man die Gerichtsvollzieher über einen so langen Zeitraum gewissermaßen am Tropf hängen lassen? Dass das Problem da ist, wussten wir alle. Es wäre gut und sinnvoll gewesen, früher Abhilfe zu schaffen. Aber das soll jetzt nicht die Zufriedenheit darüber mindern, dass neue Stellen in diesem Bereich geschaffen werden. Wir haben dem ja auch im Finanzausschuss zugestimmt und halten das auch für absolut richtig.

Wir sind uns auch einig, Herr Minister, dass der Justizhaushalt nicht sehr viel Gestaltungsspielraum lässt, und wir sind einig mit Ihrer Aussage, dass es umso wichtiger ist, den verbleibenden Spielraum optimal zu nutzen. Aber da ist dann auch schon Ende mit der Einigkeit, weil wir glauben, dass Sie genau diesen Spielraum nicht optimal nutzen. Wir haben dafür gewisse Anhaltspunkte. Ich will nicht auf alles eingehen; das würde den Zeitrahmen sprengen. Aber wir fühlen uns durch den Bericht des Rechnungshofs darin bestätigt, dass Sie die vorhandenen geringen Mittel nicht optimal nutzen.

Sie haben hier im Sommer letzten Jahres noch sehr vollmundig die Modernisierung der Justiz, und zwar nicht nur im technischen Bereich, sondern auch im Managementbereich, als d i e liberale Rechtspolitik reklamiert. Das ist völliger Unsinn. Mit Liberalität hat das nichts zu tun. Das ist auch genau unsere Forderung. Wir sind uns in dem Ziel einig.

(Abg. Brechtken SPD: Wir sind doch die wahren Liberalen, Herr Kollege! – Zuruf des Abg. Oel- mayer Bündnis 90/Die Grünen)