Protokoll der Sitzung vom 04.02.2000

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Ich werde es nicht vergessen!)

Wenn Sie noch Redezeit haben.

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen: Während der Bund die Bürger mit einer jährlich höheren so genannten Ökosteuer schröpft, aber nicht nur keinen Pfennig davon in die Verkehrsinfrastruktur zurückfließen lässt, sondern sogar noch kürzt, richtet er Schaden an. Er ist Bremsklotz im Verkehr bei all den Belangen, die ich zuvor genannt habe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Caroli SPD: Sie wollen hören: Sozialversicherungsbeiträge!)

Meine Damen und Herren, wenn es nach den Grünen ginge und nach den drei Streichungsanträgen, die nachher zur Abstimmung stehen, dann hätten wir nicht nur keinen Neubau von Landesstraßen in diesem Lande, sondern wir hätten sogar ein Minus, das heißt, wir müssten beim Straßenerhalt und in anderen Bereichen, die unbedingt notwendig sind, ebenfalls streichen.

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Wir müssten sie verkaufen!)

Wir halten also, meine Damen und Herren, konsequent Kurs und tun das, was für unser Land und was für die Sicherheit, den Arbeitsmarkt und die Entlastung notwendig ist.

Zweitens: Die Regionalisierung des Schienenverkehrs zeigt sich bei uns im Lande als Erfolgsstory. Wir haben das Fahrgastaufkommen in den ersten drei Jahren um 17 % steigern können. Wir haben jetzt zwar einen Rückgang der Regionalisierungsmittel des Bundes, aber wir werden unsere Politik weiterverfolgen.

Wir haben das Baden-Württemberg-Ticket. In diesen Tagen waren es 100 000 verkaufte Baden-Württemberg-Tickets, in sieben Monaten, und damit – aus unserer Initiative heraus – ein Mehr an Fahrgästen bei der Bahn.

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Herr Scheffold, wer hat das denn beantragt?)

Wir brauchen, lieber Kollege Stolz, eine breitere Infrastruktur im Schienenbereich, auch der großen Strecken. Dazu gehört Stuttgart 21, dazu gehört die Strecke Ulm – Wendlingen, dazu gehört der Ausbau der Gäubahn, und dazu gehört auch die Elektrifizierung der Südbahn. In allen vier Punkten sind wir uns mit der Deutschen Bahn AG einig, aber der Bremsklotz ist Ihre Bundesregierung in Berlin.

(Oh-Rufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg war ebenfalls im Vordergrund bei der steuerlichen Förderung umweltverträglicher, insbesondere schwefelfreier Kraftstoffe. Man hat erreicht, dass zum Jahr 2003 ein erster Schritt ge

tan wird. Das Land ist seit Mai 1998 auch Vorbild, wenn es darum geht, landeseigene Fahrzeuge mit schwefelfreiem Diesel zu betreiben.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung zu dem machen, was Herr Kollege Walter vorhin gesagt hat, und zu seinem Verständnis von Politik. Er hat gesagt, der Minister mache keine Schlagzeilen. Das wirft ein Schlaglicht auf das Verständnis der Grünen, meine Damen und Herren. Wenn Schlagzeilen, unabhängig davon, ob es nun so ist oder nicht, ein Merkmal der Qualität von Politik sind, muss ich sagen: Armes Deutschland!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Mir ist es lieber, meine Damen und Herren, wir machen die richtige Politik – darauf kommt es an –,wir machen in der Sache das Richtige und machen keine Schlagzeilen. Bei einem Minister, der auch für Reaktorsicherheit zuständig ist, ist es uns noch am allerliebsten, wenn er keine Schlagzeilen macht.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei Herrn Minister Ulrich Müller, der eine gute Arbeit macht. Wenn wir, statt auf Schlagzeilen zu schauen, auf eine richtige und gute sachliche Politik achten würden, hätten wir eine bessere und auch eine glaubwürdigere Politik in diesem Land.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Abg. Scheffold, Sie haben erfreulicherweise Zeit zur Beantwortung der Zwischenfragen oder Schlussfragen übrig gelassen.

Herr Abg. Walter, bitte.

Herr Kollege Scheffold, Sie haben sich in einer zugegebenermaßen nicht sonderlich fundierten Kritik im Zusammenhang mit den Grünen dahin gehend geäußert und beklagt, dass in Laupheim und Umgebung kein Flughafen gebaut werden könne. Könnten Sie mir dann bitte in diesem Zusammenhang beantworten, wer den Bürgermeister dieser Stadt stellt, welcher Partei er angehört, welche Partei den Landrat stellt, welche Partei den Regierungspräsidenten stellt und welche Partei den Ministerpräsidenten? Könnten Sie uns dann erklären, wer Ihrer Meinung nach daran schuld ist, dass der Flughafen nicht gebaut wurde?

Lieber Herr Kollege Walter, wir haben inzwischen einen Verkehrslandeplatz in Biberach, der ausgebaut ist. Wir haben die Schienenstrecke zwischen Ulm und Biberach auf Halbstundentakt gebracht. Wir haben in diesem Bereich drei Anschlüsse an der B 30, die dort vierspurig ist. Wir haben dort inzwischen eine ausgezeichnete Verkehrsinfrastruktur. Seitdem laufen uns die Unternehmen massenweise die Tür ein und wollen sich dort ansiedeln. Aber das war vor Jahren eben anders. Man muss diese Erfahrungen – und da sind die Grünen gegenüber der Realität schlicht und einfach blind – berücksichtigen und Konsequenzen daraus ziehen. Wir haben die Konsequenzen daraus gezogen und ziehen sie weiter. Deswegen dient die Verkehrsinfrastrukturpolitik der CDU in die

sem Lande auch dem Arbeitsmarkt, ein Thema, dem Sie sich in Berlin verweigern, obwohl Sie sich dies 1998 bei der Bundestagswahl auf die Fahne geschrieben haben.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Göschel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zum Thema Landesstraßen etwas sagen. Das war ja der Schwerpunkt der Ausführungen des Kollegen Scheffold.

Im Vorbericht zum Staatshaushaltsplan steht zu lesen, dass eine visuelle Bestandsaufnahme der Landesstraßen stattgefunden und sich der Zustand seit der letzten Bestandsaufnahme erheblich verschlechtert habe. Schon vor Jahren hat beispielsweise der Landrat im Rhein-Neckar-Kreis, der der CDU angehört, gesagt, er könne mit geschlossenen Augen – er fährt mit Chauffeur, er kann also die Augen schließen – erkennen, wann er auf einer Landesstraße fahre, ganz einfach deshalb, weil er dort die stärksten Erschütterungen verspüre.

Zusammengefasst kann man sagen: Der Zustand ist in weiten Teilen recht jämmerlich, deswegen besteht dringender Handlungsbedarf. Wir sind der Auffassung, dass oberstes Ziel zunächst einmal der Substanzerhalt des vorhandenen Straßennetzes sein muss.

Jetzt schauen wir uns einmal an, wie es tatsächlich aussieht. Die CDU feiert ja schon die Erhöhung der Mittel in diesem Bereich als großes Verdienst und großen Erfolg. Man muss auch einmal schauen, was denn tatsächlich notwendig ist. Ausweislich des Generalverkehrsplans bräuchten wir, um den vordringlichen Bedarf zu erfüllen, jährlich durchschnittlich 250 Millionen DM. Da sind wir noch lange nicht dran. Wenn man einmal sieht, was sich in den letzten Jahren abgespielt hat: Man hat fast fünf Jahre gebraucht, um die 250 Millionen DM, die jährlich notwendig wären, zusammenzubekommen. Aus diesem Grunde haben wir im Finanzausschuss den Antrag gestellt, die Mittel für den Aus- und Neubau von Ortsumfahrungen um 20 Millionen DM pro Jahr zu erhöhen, ganz einfach, weil wir einsehen, dass es notwendig ist, den Nachholbedarf, so weit dies finanzpolitisch überhaupt möglich ist, zu befriedigen.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Wenn hier im Hause immer wieder auf die Situation bei den Bundesfernstraßen hingewiesen und immer wieder beklagt wird, was in Berlin geschehe oder nicht geschehe, dann ist dies ein billiges Ablenkungsmanöver, weil man die eigenen Hausaufgaben nicht erledigt

(Abg. Hauk CDU: Überhaupt nicht!)

und jetzt plötzlich entdeckt hat, dass seit dem 28. September 1998 die Bundesautobahnen und die Bundesfernstraßen in schlechtem Zustand sind.

(Abg. Hauk CDU: Es geht um die Zukunft!)

Ganz plötzlich sind dort Schlaglöcher aufgetaucht. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Hauk, ganz deutlich: Jedes Schlagloch

in den Schwarzdecken der Landesstraßen ist ein Schlagloch der Schwarzen. Niemand anders ist dafür verantwortlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe, u. a. des Abg. Hauk CDU)

Klar ist auch: Schlaglöcher sind kein Beitrag zur Ökologie, genauso wenig wie Unfallgeschädigte ein Beitrag dazu sind. Deswegen ist für uns in der Abwägung der Landesstraßenbau durchaus von großer Bedeutung.

(Beifall des Abg. Scheuermann CDU)

Ich will nun ein paar Sätze zum öffentlichen Personennahverkehr sagen. Auch wir begrüßen, dass das Angebot im Schienenpersonennahverkehr um 31 % und die Zahl der Kunden in diesem Bereich um 17 % gestiegen sind. Das ist ein erfreuliches Ergebnis, und das muss auch weiterhin entsprechend unterstützt werden. In diesem Zusammenhang halte ich es für wichtig, dass auch die Landesregierung gegenüber Herrn Mehdorn ein deutliches Wort spricht, der sich dafür ausspricht, den Schienenpersonennahverkehr auszudünnen und zu ersetzen.

(Abg. Hauk CDU: Das kann er gar nicht! Die Be- steller sind doch wir!)

Eben. – Hier ist bei Herrn Mehdorn, der ja aus der Wirtschaft kommt, ein merkwürdiges Verständnis vom Verhältnis zwischen Kunden und Anbieter festzustellen. Im Grunde ist das Land als Besteller des Schienenpersonennahverkehrs der Kunde, und wenn der Anbieter, obwohl das Geld bisher mehr als auskömmlich war, entsprechende Leistungen nicht mehr erbringen will, dann bekommt er kein Geld mehr. Insofern müssten wir dann überlegen, wer sonst diese entsprechenden Leistungen bringt.

Lassen Sie mich noch etwas zur Verbundförderung sagen. Es ist durchaus anerkennenswert, dass wir Schritt für Schritt von der Ersetzung eigener Landesmittel durch Regionalisierungsmittel weggekommen sind und Schritt für Schritt wieder Eigenmittel des Landes zur Verbundförderung einsetzen. Da gibt es nach wie vor einen gewissen Nachholbedarf. Wir sind jedenfalls nicht der Meinung, dass – wie verschiedentlich zu hören war – in diesem Zusammenhang eine Deckelung angezeigt wäre; denn das könnte dazu führen, dass die, die zur Verbundförderung bisher schon viel bekommen haben, weiterhin eine Förderung „de luxe“ bekommen, während diejenigen, die neue Verbünde, neue Kooperationen einführen wollen, dann entsprechend benachteiligt werden. Wir wollen also keine ÖPNV-Förderung erster, zweiter und dritter Klasse, sondern eine ausgewogene Förderung im ganzen Land.

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Sagen Sie doch mal, wer am meisten bekommt!)

In diesem Zusammenhang ist es für uns wichtig – – Und es war ein Geburtsfehler bei der Einführung der Regionalisierung und der Zuständigkeit für den ÖPNV, dass das Land nicht stärker Einfluss genommen und kein entsprechendes Konzept zur Festlegung von flächendeckenden Nahverkehrsräumen im Lande beschlossen hat. Dies hätte wiederum dazu dienen können, nachteilige Ergebnisse der jetzi

gen Kooperationen zu vermeiden, zu vermindern, damit eben sinnvolle große Verbünde entstehen und nicht irgendwelche „Kooperatiönle“ und „Verbündle“, die sich eigentlich mehr gegenseitig Konkurrenz machen, statt offensiv dem Individualverkehr Konkurrenz zu machen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Göschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Aber gern.