Protokoll der Sitzung vom 09.02.2000

Erstens: Sie erhöhen die Mineralölsteuer. Ich könnte das noch verstehen – ich würde es nicht begrüßen, das sage ich dazu –, wenn Sie dies in einem Maße machten, das spürbar wäre und das auch einen echten Lenkungseffekt ergäbe. Aber das machen Sie ja nicht.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Zahlen! Zah- len! – Zuruf der Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen)

Sie verwenden die vollen Mehreinnahmen, um eine Querfinanzierung einer verfehlten Rentenpolitik zu machen. Nichts anderes passiert!

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Kretschmann und Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn Sie, Herr Kollege Kretschmann, uns dann noch vorwerfen – das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit –, im öffentlichen Personennahverkehr hätte sich nichts getan, dann verkennen Sie, dass wir bundesweit das einzige

Land sind, das beim öffentlichen Personennahverkehr überhaupt noch Zuwächse verzeichnet.

(Zurufe der Abg. Walter und Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Zweitens zum Bereich der Kleinverbraucher und Haushalte: Ich gebe zu, dass das nichts Spektakuläres ist. Da kann man nicht die großen Schaufensterblumentöpfe ernten.

(Zuruf des Abg. Zeiher CDU)

Aber es sind die wahrhaft wirksamen Dinge.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Unbestritten ist doch, dass das größte Einsparpotenzial im Bereich der Altbausanierung und der Wärmedämmung liegt.

(Abg. Moser SPD: Dann tut doch was! – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Und weil dies so ist, haben wir mit dem vorliegenden Haushalt 2000

(Abg. Dr. Caroli SPD: Wer hat denn die Anträge abgelehnt?)

ganz konkret im Bereich der Stadtsanierung die Mittel von 130 Millionen DM auf 275 Millionen DM mehr als verdoppelt. Wir haben im Bereich der Dorfentwicklung, wo es auch um die Sanierung alter Bausubstanz geht, die Mittel von 65 Millionen DM auf 120 Millionen DM nahezu verdoppelt.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Richtig!)

Wir machen in diesem Bereich Energiesparchecks, gemeinsam mit dem Handwerk, was natürlich auch Investitionen auslösen wird, und das Wirtschaftsministerium bietet ein separates Programm zur Altbausanierung in der Größenordnung von 13 bis 14 Millionen DM an. Und jetzt sagen Sie, dass wir dort nichts tun. Das ist ja der blanke Hohn. Aber – das gebe ich zu – das, was wir tun, ist nicht so spektakulär. Man kann wohl ein 100 000-Dächer-Solarprogramm machen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Ein ausgezeichnetes Pro- gramm! – Zuruf des Abg. Moser SPD)

0,5 Promille der Stromerzeugung und der Wärmeerzeugung sind dadurch einzusparen. Aber mit dem, was wir machen, eröffnen sich erhebliche Einsparpotenziale.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu einem weiteren Bereich: Sie, Herr Kretschmann, haben mir immer noch nicht erklären können, übrigens unabhängig davon, ob mit oder ohne Verkauf der EnBW-Anteile, wie Sie ein CO2-Einsparpotenzial erwirtschaften wollen, wenn Sie sukzessive Kernkraftwerke stilllegen.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Richtig! Stimmt!)

Es tut mir Leid, aber man muss einmal über physikalische Fakten reden können. Ihre Argumente werden nicht dadurch wahrer, dass man immer sagt: Wir schalten mal ab, und dann machen wir alles mit regenerativen Energien.

(Beifall des Abg. Seimetz CDU – Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: So ein Blödsinn!)

Sie wissen so gut wie ich, dass wir auch bei Ausschöpfung aller Reserven – das ist dann keine Wirtschaftlichkeitsfrage mehr – maximal – äußerste Obergrenze – 15 % an Reserven haben, die wir im regenerativen Bereich ausschöpfen könnten. Derzeit aber stammen 60 % des gesamten erzeugten Stroms aus der Kernkraft.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Das stimmt doch nicht!)

Dieses Dilemma müssen Sie erst einmal lösen. Aber dazu haben Sie bisher keine Antworten geliefert. Ihnen geht es nur um die Ideologie,

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Ihnen nicht, gell?)

und Ihnen geht es dabei auch nur um eine Schaufensterpolitik nach dem Motto: Jetzt schalten wir erst einmal ab; dann wird sich schon irgendetwas ergeben.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Hauk, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Witzel?

Bitte schön, Herr. Dr. Witzel.

Herr Hauk, können Sie entgegen Ihren eben gemachten Äußerungen zur Kenntnis nehmen, dass das DLR, ein wissenschaftliches Institut hier in Stuttgart, das Potenzial der erneuerbaren Energien – wohlgemerkt: das technische Potenzial – in Deutschland auf 60 % des heutigen Primärenergieverbrauchs schätzt und dass in der Bundesrepublik zusätzlich hohe Einsparpotenziale von etwa einem Drittel bestehen, sodass man durchaus realistisch davon sprechen kann, dass langfristig die gesamte Energieversorgung beim heutigen Standard auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Kollege Witzel, Sie sprechen zu Recht vom technischen Potenzial. Ich halte mich da an eine Empfehlung der Akademie für Technikfolgenabschätzung, die Sie genauso wie wir zur Kenntnis genommen haben. Sie kommt bei Ausschöpfung aller Reserven auf etwa 15 %.

Ich bin – wir dürfen uns da nicht falsch verstehen – dafür, dass wir da etwas tun, und da tun wir ja auch etwas.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Sie haben zu Recht auf die Einsparpotenziale hingewiesen. Aber ich habe etwas dagegen, wenn Sie bei den einfacher machbaren Dingen, nämlich den Einsparpotenzialen, überhaupt keine politischen Signale setzen. Diese Signale gehen ausschließlich und allein vom Land aus.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Das stimmt ja absolut nicht! – Gegenruf des Abg. Kluck FDP/DVP: Doch, das stimmt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Caroli.

(Abg. Haas CDU: Auch bei der zweiten Aktuellen Debatte sieht die Opposition schlecht aus! Eine Niederlage nach der anderen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn über Konsequenzen von Lothar gesprochen wird, dann muss man natürlich als erste unmittelbare Konsequenz ins Auge fassen, dass den Betroffenen schnell und wirksam geholfen wird.

(Abg. Hehn CDU: Das haben wir gemacht!)

Herr Kollege Hehn, Sie wissen auch, dass die bisherigen Hilfen nicht ausreichen.

(Abg. Hehn CDU: Deswegen wollten wir doch auch vom Bund Hilfe haben! Aber die kriegen wir nicht!)

Ich möchte an dieser Stelle nur zwei Dinge sagen. Die individuellen Hilfen für die existenzbedrohten Betriebe sollten in den Vordergrund gerückt werden, und hier sollte auch vom Land der Schwerpunkt gesetzt werden.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Ist doch gemacht! – Abg. Zeiher CDU: Was hat das mit dem Klima- schutz zu tun? – Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

Was die Mittel insgesamt anbelangt, sollte man, meine ich, nicht mit dem Finger auf irgendjemanden zeigen, ohne korrekt gehandelt und einen formalen Antrag gestellt zu haben.