Baden-Württemberg hat ganz konkret einen Ausstoß von CO2 pro Kopf und Jahr von ungefähr siebeneinhalb Tonnen. Im Bundesdurchschnitt sind es zehneinhalb Tonnen. Warum? Weil Baden-Württemberg einen doppelt so hohen Kernkraftanteil hat. Das ist mit Händen zu greifen.
Wenn Sie aus der Kernkraft aussteigen, werden Sie die Kernkraft nicht durch regenerative Energien ersetzen können, sondern dann wird es automatisch dazu kommen, dass man entweder die Kernkraft woandersher bezieht oder dass man stärker mit den fossilen Energien in die Offensive gehen muss. Das sind die zwei Alternativen. Ich bin sehr für die Förderung regenerativer Energien.
Damit komme ich zu einem weiteren Punkt. Ich will jetzt keine große Kernkraftdebatte führen. Sie können aber nicht bestreiten – zumindest müssen Sie es anerkennen –, dass es zwischen diesen beiden Punkten, dem Ausstieg aus der Kernenergie und der Reduzierung von CO2-Emissionen, einen Zielkonflikt gibt. Das ist offenkundig.
Jetzt kommt der nächste Punkt: Kohlepolitik, Kohlesubventionspolitik. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern, die Zeit ist ja sehr schnelllebig: Die alte Bundesregierung wollte ja die Kohlesubventionen reduzieren. Sie wollte das aus wirtschaftspolitischen und aus fiskalpolitischen Gründen. Aber es hatte auch einen umweltpolitischen Grund. Ja, wer ist uns, der CDU/CSU-FDP-Koalition, denn damals zusammen in den Arm gefallen?
Wenn Sie dann im Übrigen noch anschauen, was jetzt beispielsweise bei der Ökosteuer gemacht worden ist, wer eine Ausnahme davon bekommt und wer nicht, stellen Sie fest, dass das eine Pro-Kohle-Politik ist. Und eine ProKohle-Politik ist halt keine CO2-Bekämpfungspolitik. Das kann man drehen und wenden, wie man will.
Wenn man einmal sieht, wo die großen Brocken sitzen, dann merkt man: Das sind die Stellen, an denen sich entscheidet, ob die Bundesrepublik das Ziel, das übrigens schon die alte Bundesregierung übernommen hat und das die neue Bundesregierung bestätigt hat, erreichen kann oder nicht.
Jetzt kommt der nächste Brocken. Das ist das Thema: Wie gehen wir mit der Förderung regenerativer Energien um? Wir haben selbst das Stromeinspeisungsgesetz geschaffen. Es hatte in seiner Zeit eine hohe Berechtigung. Aber ich vermute, dass es in der Zukunft aus zwei Gründen nicht mehr diese Berechtigung hat und dass wir deswegen für dasselbe Ziel andere Instrumente brauchen. Es ging seinerzeit darum, überhaupt etwas in Gang zu setzen. Das war mit der Subvention, mit einem garantierten Strompreis, zu
nächst einmal möglich. Aber wir haben heute das Problem, dass wir erstens einen liberalisierten Energiemarkt haben und dass wir zweitens nicht sicherstellen können, dass wir das Ziel eines Anteils von 10 % regenerativen Energien wirklich durchsetzen können. Deswegen müssen wir eigentlich das Ziel fixieren und müssen sagen: Jawohl, wir wollen das. Deswegen müssen wir das in Form eines Mengenziels und nicht in Form eines preislichen Instruments formulieren. Deswegen sagen wir: Wir wollen eine Quote oder ein anderes Instrument haben, das sicherstellt, dass das Ziel eines Anteils von 10 % im Jahr 2010 wirklich herauskommt. Und anschließend überlegen wir, welches ökonomische Instrument wir einsetzen, um das zu realisieren. Das steckt eigentlich dahinter. Die reine Fortschreibung dieses Stromeinspeisungsgesetzes löst das Problem nicht.
Anzeigen für Kapitalanleger gesehen, wonach sie in Windkraftanlagen investieren sollten: 11 % garantierte Rendite und solche Dinge. Dabei fragt man sich schon: Ist das wirtschafts- und energiepolitisch sowie umweltpolitisch eigentlich das richtige Instrumentarium? Ich kann die Subvention natürlich so hoch ansetzen, dass zum Schluss herauskommt, dass man tatsächlich einen erhöhten Anteil an Energie aus Windkraftanlagen hat. Aber die Frage ist doch: Könnten wir nicht mit weniger Geld dasselbe Ziel oder mit demselben Geld ein erweitertes Ziel erreichen, anstatt Kapitalrenditen von 11 % bei denjenigen zu schaffen, die sich da engagieren?
Ich kritisiere das Thema Ökosteuer jetzt einmal spezifisch unter ökologischen Gesichtspunkten und will Ihnen sagen: Was tut Frankreich? Frankreich tut genau das, was man machen könnte, wenn man wirklich Klimaschutz meint, wenn man also Ökologie meint. Frankreich orientiert sich nämlich – das ist jetzt seit einigen Wochen vorgesehen, vielleicht auch unter dem Eindruck von Lothar; ich weiß nicht, ob er in Frankreich auch so heißt, aber seis drum – an einer CO2-bezogenen Abgabe. Das heißt, jede Tonne CO2 wird gleichermaßen behandelt. Das Ökosteuersystem, das Sie einführen, bedeutet, dass die CO2-Emissionen aus der Kohle überhaupt nicht besteuert werden, dass es beim Benzin dann 120 DM sind und dass es bei anderem irgendwo dazwischen liegt. Da ist doch keine Orientierung an einem ökologischen Ziel gegeben,...
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Kretschmann Bündnis 90/Die Grü- nen meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke des Präsidenten)
... sondern – sofort – Sie gehen davon aus: Womit bekomme ich das meiste Geld in die Kasse? Dieses Geld wollen Sie auch gar nicht für ökologische Ziele verwenden. Das ist der zweite Fehler. Auch da ist Frankreich vorbildlich, indem es sagt: Das Geld, das so hereinkommt, soll dann auch für ökologische Ziele verwendet werden. Weder beim Aufkommen noch bei der Verwendung des Geldes gibt es bei Ihnen eine ökologische Zielsetzung, sondern es geht nur ums Kassieren. – Bitte schön.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass es zur Zeit der Regierung Kohl/ Waigel insbesondere auf Druck des damaligen Bundesfinanzministers Waigel zu keiner europaweiten CO2-Steuer gekommen ist und dass im Nachgang dazu auch die USA gesagt haben?: Solange die EU das nicht macht, machen wir es auch nicht. Ist es nicht ein bisschen spät, wenn Sie jetzt, nach neun Jahren, die Nichteinführung der CO2-Steuer beklagen?
Ich kann das im Moment nicht bestätigen. Ich weiß es nicht. Ich nehme aber an, es stimmt so, wie Sie sagen.
Dann bedaure ich das, das ist überhaupt keine Frage. Das ist ein Fehler. Auch wir sind nicht frei von Fehlern.
(Beifall des Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Das wissen wir! – Abg. Birgit Kipfer SPD: Alles ein Fehler bei Ihnen!)
Einen nächsten Punkt möchte ich noch ansprechen: Förderprogramme seitens der Bundesregierung. Sie reden vom 100 000-Dächer-Programm und davon, dass Sie dafür 1 Milliarde DM aufwenden.
Wenn ich mir vorstelle, was ich mit einer Milliarde machen könnte, um CO2 zu bekämpfen, würden mir effektivere Maßnahmen einfallen als dieses Programm, das nicht einmal angenommen wird.
Wenn Sie schon bereit sind, eine Milliarde in die Hand zu nehmen – das ist ja wirklich eine respektable Summe –, dann verwenden Sie sie doch für Dinge, bei denen schlicht mehr herauskommt für dieses Ziel, anstatt sich an einer Geschichte festzuhalten, die sich zwar in der politischen Rhetorik ganz gut macht, die aber erstens nichts bringt und zweitens real schlicht ein Schlag ins Wasser war.
(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Das ist doch Kappes! Das ist eine Zukunftstechnologie, über die man doch nicht einfach hinweggehen kann!)
Das sind Punkte, die ich an der Politik der Bundesregierung kritisiere, aber auch Wünsche in Bezug auf den Bund.
Im Übrigen will ich jetzt zum Land kommen. Wenn ich das einordne, was das Land tun kann, stelle ich sehr schnell fest, dass das eher die Stelle hinter dem Komma als die vor dem Komma verändert. Über die großen Brocken haben wir ja gerade gesprochen. Ich will damit nicht sagen, dass wir von eigenen Verpflichtungen frei sind – das ist keine Frage. Aber den Güterverkehrsanteil auf der Schiene zu erhöhen, den Wärmeverbrauch in den Gebäuden und den Kraftstoffverbrauch der Autos zu reduzieren – das alles können wir nicht im Land bewirken. Das muss man einfach noch einmal feststellen.
Ich will zunächst einmal unterstreichen: Das Klimaschutzkonzept des Jahres 1994 war nicht falsch. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn Sie daraus etwas vorlesen.
Die Frage ist, wie wir mit diesen Instrumenten, die in einem breiten Kasten von ganz unterschiedlichen kleinen Maßnahmen damals genannt worden sind, weil wir die großen Maßnahmen nicht ergreifen können, heute umgehen.