Protokoll der Sitzung vom 10.02.2000

Herr Kollege, man muss das Parlament so genau informieren, wie gefragt wurde.

Die Flüge zu Sitzungen des Präsidiums der Bundes-CDU, unabhängig davon, ob es Linien- oder Charterflüge oder Flüge mit der Hubschrauberstaffel des Landes sind, sind entsprechend der mit dem Rechnungshof getroffenen Regelung als Dienstreisen zu behandeln – das habe ich ja dargestellt –, und sie sind entsprechend abgerechnet worden.

Das sind die Daten, die wir in der Kürze der Zeit zusammengestellt haben und die mir aktuell vorliegen. Sie können aber schon jetzt erkennen, dass die bisherigen Regelungen und ihre Handhabung überaus korrekt waren. Es besteht daher auch für die Zukunft überhaupt keine Veranlassung, davon abzugehen.

Herr Deuschle.

Herr Staatssekretär, vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass grundsätzlich alle Reisen des Ministerpräsidenten zu Präsidiumssitzungen seiner Partei als dienstliche Reisen anzusehen sind, so zum Beispiel auch, als der noch amtierende CDU-Bundesvorsitzende Schäuble vor kurzem bei einer solchen Sitzung seinen Rücktritt anbot, und kann bei dieser Sitzung vor ein paar Wochen von einem baden-württembergischen Staatsinteresse die Rede sein?

Erstens, Herr Deuschle, steht es Ihnen nicht zu, die Amtszeit unseres Parteivorsitzenden hier zu limitieren. Er ist nicht der noch amtierende Bundesparteivorsitzende, sondern der Bundesparteivorsitzende der CDU.

Zweitens: Der Termin in Berlin am 18. Januar 2000 war sicherlich ein überwiegend parteipolitischer Termin, aber gerade um die schwierige Abgrenzung im Einzelfall zu vermeiden, hat der Rechnungshof einer generellen Regelung mit einer typisierten Betrachtungsweise zugestimmt, sodass im Ergebnis sämtliche Reisen des Ministerpräsidenten zu CDU-Präsidiumssitzungen als durch die amtliche Tätigkeit des Ministerpräsidenten veranlasst und damit als dienstliche Reisen gelten.

Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht dies auch Sinn. Soll man einen Termin in sieben Siebtel auseinanderreißen und sagen: „Da war jetzt ein Siebtel Parteipolitik dabei, und sechs Siebtel waren dienstliche Beanspruchung“? Das ist ein lebensfernes Konstrukt, nach dem Sie gefragt haben. Es sind Mischtermine. Diese gemischten Termine nehmen wir genau, exakt entsprechend der Vereinbarung mit dem Rechnungshof von 1991 wahr.

Herr Krisch.

(Zuruf)

Das Wort erteile ich und nicht Sie.

(Abg. Deuschle REP: Eben! – Heiterkeit)

Sie haben sich zuerst gemeldet. Ich sage das nur, damit es hier kein Missverständnis gibt.

Herr Minister, kann man nach Ihren Worten davon ausgehen, dass der Herr Ministerpräsident in keinem Fall Polizeihubschrauber oder landeseigene Luftfahrzeuge zu Besuchen von Geburtstagsfeiern von CDUMandatsträgern innerhalb des Landes Baden-Württemberg in Anspruch genommen hat?

Es steht vermutlich weitgehend hier im Hause fest, dass Teilnahmen an Geburtstagsfeiern von herausgehobenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens dienstlich veranlasste Terminwahrnehmungen sind. Selbstverständlich hat der Herr Ministerpräsident, wenn es nicht anders geht, dazu den Hubschrauber genommen, und er wird ihn dazu auch weiterhin nehmen.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Deuschle.

Herr Minister, darf ich Sie so interpretieren, dass die Besuche des Herrn Ministerpräsidenten bei Geburtstagen davon unabhängig sind, welcher Partei ein Abgeordneter angehört? Würde der Herr Ministerpräsident auch mich anlässlich meines Geburtstags in einigen Wochen besuchen?

(Heiterkeit)

Darf ich die Frage so verstehen, Herr Abg. Deuschle, dass Sie großen Wert darauf legen, dass der Ministerpräsident Sie zu Ihrem nächsten anstehenden runden Geburtstag besucht? Dann würde ich die Frage mitnehmen und sie ihm vorlegen. Es übersteigt hier sicherlich die Möglichkeiten, dass ich Ihnen zusage, dass er Sie dann auch ganz gewiss besucht.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, ist es für den Ministerpräsidenten selbstverständlich, dass die Reiseeinteilung der repräsentativen Anlässe, die er wahrnimmt, nicht nach parteipolitischen Gesichtspunkten vorgenommen wird, sondern nach verantwortlichen und dem Landesinteresse entsprechenden Gesichtspunkten. Deshalb war der Ministerpräsident beispielsweise auch beim 70. Geburtstag des sehr geschätzten Kollegen Alfred Schöffler von der Sozialdemokratischen Partei.

(Zuruf von der SPD: Also bei wichtigen Abgeord- neten!)

Vielen Dank. Es gibt keine weiteren Zusatzfragen.

(Unruhe)

Ich habe Ihre Zusatzfrage zugelassen, Herr Deuschle, obwohl sie durch den Inhalt Ihrer Mündlichen Anfrage nicht abgedeckt war.

(Abg. Deuschle REP: Danke schön!)

(Stellv. Präsident Weiser)

In Ihrer Anfrage wird nicht danach gefragt, wen der Ministerpräsident künftig zu besuchen beabsichtigt. Es war von Ihnen nicht begehrt, diese Antwort zu bekommen. Ich wollte Ihnen trotzdem die Möglichkeit einräumen.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 10 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. U l r i c h D e u s c h l e R E P – P o l i t i s c h e B e w e r t u n g v o n Z e i t s c h r i f t e n d u r c h M i t a r b e i t e r d e s L a n d e s a m t s f ü r V e r f a s s u n g s s c h u t z

Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Inwiefern war ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz autorisiert, öffentlich eine politische Bewertung der Wochenzeitschrift „Junge Freiheit“ vorzunehmen?

b) Bei welchen Zeitschriften wurde diese Art der politischen Bewertung bisher vorgenommen?

Das Wort hat der Herr Innenminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zur ersten Frage: Nach § 4 des Landespressegesetzes sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Darüber hinaus ist es nach § 12 des Landesverfassungsschutzgesetzes Aufgabe des Landesamts für Verfassungsschutz, die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 2 des Landesverfassungsschutzgesetzes zu unterrichten.

Die Anfrage eines Journalisten zu der in den Verfassungsschutzberichten des Landes und des Bundes 1998 erwähnten Zeitschrift „Junge Freiheit“ fällt sowohl unter die Informationspflicht des § 4 des Landespressegesetzes als auch unter den erwähnten § 12 des Landesverfassungsschutzgesetzes.

Zur zweiten Frage verweise ich auf Kapitel B 6, B 8 und B 9 des Verfassungsschutzberichts Baden-Württemberg 1998. Dort können Sie die erforderlichen Angaben entnehmen.

(Beifall des Abg. Kiel FDP/DVP)

Ich erteile Herrn Deuschle das Wort zu einer Zusatzfrage.

Herr Minister, wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass in der Zeitschrift „Junge Freiheit“ wiederholt führende Mitglieder der CDU – wie Heinrich Lummer, Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld oder auch Kollege Arnold Tölg – Interviews gegeben haben oder geben, oder dass prominente konservative Wissen

schaftler aus Baden-Württemberg wie Professor Rohrmoser oder Professor Hornung ständig Gastbeiträge liefern?

(Zuruf von der SPD: Rechtsradikale!)

Ich vermute, dass sich die angesprochenen Persönlichkeiten nicht über den Charakter dieser Zeitschrift im Klaren waren.

(Abg. Rapp REP: Die ist gut, die Zeitung!)

Bitte, Herr Abg. Deuschle.

Herr Innenminister, aus welchen Gründen kommen Sie zu dieser Bewertung, nachdem diese Persönlichkeiten nicht nur einmal oder zweimal dort Interviews gewährt haben, sondern gerade die erwähnten Professoren ständig, das heißt einmal im Monat, Gastbeiträge liefern?

Wie Sie meiner Antwort entnehmen konnten, war das eine persönliche Vermutung von mir. Im Übrigen habe ich mit keiner der genannten Persönlichkeiten darüber gesprochen und auch keinen Grund dazu gehabt.

Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: