Nichts schadet der Aufnahme der Technik unter der jungen oder sonstigen Generation mehr als eine fehlgeleitete Technik, deren Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben nicht mehr gesteuert werden können.
Das ist der Punkt, den Politik nicht entscheiden, aber vorgeben kann. Politik selbst muss sich für ein Leitbild ent
scheiden, in dem Entwicklung und Anwendung der Technik dem menschlichen Zusammenleben nützt und es nicht überrollt.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Was ist mit Hildesheim? – Gegenruf des Abg. Dr. Puchta SPD: Er heißt Hildebrandt! – Abg. Brinkmann SPD: Offenburg und Karlsruhe liegen nicht in Niedersachsen! – Unruhe)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion ist etwas kurios, nachdem wir schon vor der Mittagspause über die Greencard gesprochen haben.
Aber sie gibt immerhin die Möglichkeit, einiges vor die Klammer zu ziehen und auch Missverständnissen vorzubeugen.
Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass Ausbildung und Weiterbildung – übrigens nicht nur durch die staatlichen Stellen, sondern auch durch die Unternehmen selbst – Vorrang haben. Niemand wird das bestreiten. Natürlich liegt es bei 4 Millionen Arbeitslosen und 40 000 arbeitslosen Ingenieuren nahe, über Umschulungen nachzudenken. Und natürlich kann der Fachkräftemangel mit Sicherheit nicht nur auf das Thema EDV, IT oder Informatik bezogen werden.
Dies gilt aber insbesondere für den Maschinenbau. Wer sich also die Freude macht, bei der Hannover-Messe einmal von Stand zu Stand durchzugehen, der weiß, dass einem das in dramatischer Weise fast an jedem zweiten Stand entgegengehalten wird. Uns fehlen diese hoch qualifizierten Leute.
Natürlich kann es nicht darum gehen, dass man hier gewissermaßen einen Import billiger Arbeitskräfte vornimmt. Ich glaube, darüber sind wir uns auch alle einig.
Dies vorausgeschickt, möchte ich aber doch dafür plädieren, sich einmal nicht mit typisch deutscher, geschärfter Prinzipientreue ständig ins eigene Fleisch zu schneiden,
sondern ausnahmsweise einmal ein bisschen pragmatisch zu denken, so wie das ja die Angelsachsen für sich in Anspruch nehmen.
Dass die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und unserer Unternehmen in zunehmendem Maße von der Entwicklung der Hightechbranche abhängt, das kann ich, glaube ich, in diesem Hause auch als bekannt voraussetzen. Und dass wir in der Vergangenheit Versäumnisse haben, die natürlich erfordern, dass wir gegenüber den USA aufholen müssen, ist unbestritten. Expertenmeinung, insbesondere das Institut für Wirtschaft in Köln, sagt: Dazu braucht ihr zwei bis vier Jahre. Die werdet ihr brauchen, bei allen Anstrengungen, die wir als Prämisse voraussetzen und die zweifelsohne auch bereits begonnen haben. Diese zwei bis vier Jahre zu überbrücken
oder fünf; ich glaube, darauf brauchen wir uns nicht festzulegen –, das ist der Zweck der Greencard. Wir halten diesen Ansatz im Kern für sinnvoll und für richtig, wenn man das pragmatisch betrachtet.
Natürlich sind wir in Baden-Württemberg stolz darauf, dass wir bei Aus- und Weiterbildung Spitzenplätze haben. Dennoch werden – vorhin ist nach der Zahl gefragt worden – in der Region Stuttgart 5 000 hoch spezialisierte EDVKräfte gesucht,
Sie können den Bedarf bestreiten. Sie werden von ihm eingeholt werden; er ist einfach da. Wenn die Unternehmen keine qualifizierten Fachkräfte finden, dann haben sie die Möglichkeit, diese Kräfte auswärts zu suchen. Sie wissen, dass die Lufthansa schon lange in Indien rechnen lässt.
Siemens beschäftigt 400 Informatiker in Bratislava. Auf unserer Wirtschaftsreise durch die baltischen Staaten haben wir Angebote bekommen, das doch auszulagern. Jeder EDV-Platz und hoch qualifizierte Platz, den man hier ansiedelt und hält, bringt zwei, drei andere Arbeitsplätze hinzu.
(Abg. Haas CDU: Was sagt denn der Kommunal- politiker zu den sozialen Folgelasten? – Abg. Deuschle REP: Eben!)
Übrigens sind die Angebote in sich auch zu wenig attraktiv. Diese Hochspezialisten sitzen nicht alle auf gepackten Koffern und warten darauf,
Übrigens ist auch eine Umschulung, so richtig sie wäre, oft nicht möglich. Wenn die Großeltern oder Eltern mit den Kindern Videospiele machen, werden sie sehen, warum das nicht geht. Damit muss man aufgewachsen sein. Da ist nicht Lebenserfahrung, sondern das Reaktionstempo entscheidend. Da kann man nicht einfach umschulen; das sagen alle Fachleute. Ich halte jetzt keine politische Rede, sondern eine, von der ich zutiefst überzeugt bin, dass sie rein von der Sache herrührt.
Wo zu kurz gesprungen wird – und das ist allerdings zu werten –: Ich habe vorhin gesagt, dass auf vielen Feldern Bedarf besteht. Ich habe ein gewisses Verständnis für das Argument: Nun lasst uns doch erst einmal probieren, ob es bei den Informatikern klappt. Aber darüber hinaus ist eine Konzeption notwendig, wie man das ausbaut. Man kann doch nicht nur die Global Players mit ausländischen Fachkräften versorgen
und bei den kleinen und mittleren Betrieben, die auch dringend Fachkräfte brauchen, sagen: Da ist der Bedarf nicht so groß.