sondern unsere Bevölkerung fürchtet sich vor den Verbrechern und verlangt, dass sie bestmöglich vor den Verbrechern geschützt wird.
Das sollte einfach, wenn man auch manchmal innerlich abwägt, doch künftig noch stärker die Richtschnur unseres Denkens und vor allem unseres Handelns sein. Ich kann Ihnen umgekehrt erneut versprechen, dass Baden-Württemberg dann weiterhin sein hohes Niveau bei der inneren Sicherheit halten wird.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich gehe davon aus, dass der Antrag Drucksache 12/4702 für erledigt erklärt werden kann. – Dem ist so.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung – Drucksache 12/5001
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt.
Herr Präsident, meine Damen und meine Herren! Bei unserem Gesetzentwurf geht es um das Kenntnisgabeverfahren in der Landesbauordnung. Wir haben in diesem Hause schon wiederholt über dieses Verfahren diskutiert, zuletzt im Herbst 1997. Trotzdem möchte ich das Problem, um das es geht, zunächst kurz umreißen.
Wer ein Gebäude errichten will, braucht im Normalfall dafür eine Baugenehmigung. Seit dem Jahr 1996 ist es aber
unter gewissen Voraussetzungen möglich, statt des klassischen Baugenehmigungsverfahrens das Kenntnisgabeverfahren zu wählen. Man muss nur die vollständigen Pläne einreichen, und dann kann nach drei Wochen gebaut werden. Der Architekt muss bescheinigen, dass diese Pläne alle Ansprüche des Baurechts erfüllen.
Diese Wahlmöglichkeit wurde in der Landesbauordnung zunächst für drei Jahre eingeräumt und wurde im Jahr 1997 um drei weitere Jahre verlängert, sodass diese Wahlmöglichkeit im Jahr 2001 ausläuft. Nach der derzeitigen Gesetzeslage ist es also so, dass nach dem Jahr 2001 für Bauvorhaben, die unter diese Voraussetzung fallen, nur noch das Kenntnisgabeverfahren möglich ist.
Meine Damen, meine Herren, wir Grünen halten dies nicht für richtig. Wir meinen, es gibt gute Gründe gegen das ausschließliche Kenntnisgabeverfahren. Ich möchte zwei dieser Gründe nennen.
Erstens: Der Zeitgewinn durch das Kenntnisgabeverfahren ist keineswegs immer gegeben. Es gibt zum Beispiel den Bauantrag für das Haus, das alle Anforderungen des Bebauungsplans erfüllt. Das ist dann ein harmloser Fall. Da wird auch die Baugenehmigung sicherlich schnell erteilt. Der Zeitvorteil des Kenntnisgabeverfahrens in diesem Fall ist gering. Wenn ein Haus aber nicht alle Bedingungen erfüllt, also Ausnahmen oder Befreiungen benötigt, muss parallel zum Kenntnisgabeverfahren noch ein zusätzliches Baugenehmigungsverfahren laufen. Damit ist der Zeitvorteil in diesem Fall nicht gegeben.
Der zweite Grund, der gegen das ausschließliche Kenntnisgabeverfahren unter den genannten Voraussetzungen spricht, heißt: Die Baugenehmigung schafft eine höhere Rechtssicherheit. Wer eine konkrete Baugenehmigung vorweisen kann, der kann dann auch den Banken gegenüber betonen: „Dieser Bau wird in jedem Fall gemäß Recht und Gesetz errichtet werden“, und die Banken wissen das zu honorieren, indem sie bei den Zinssätzen entsprechend kalkulieren. Das ist ein Vorteil für den Bauherrn, und die Erfahrung zeigt, dass viele Bauherren – und viele Baufrauen, muss man natürlich auch dazu sagen – diese Vorteile zu schätzen wissen, dass sie sagen: „Auch wenn es Baugenehmigungsgebühren kostet, wähle ich lieber die Variante, die etwas kostet; dann habe ich hinterher die höhere Rechtssicherheit.“
Ich ziehe also als erstes Fazit: Es ist für alle am Bau beteiligten Parteien günstiger, wenn die Wahlmöglichkeit erhalten bleibt.
Aus diesem Grund gab es Anfang Februar eine Resolution verschiedener Kammern und Organisationen. Ich darf sie nennen: Es waren der Städtetag Baden-Württemberg, der Landkreistag Baden-Württemberg, der Gemeindetag Baden-Württemberg, die Arbeitsgemeinschaft baden-württembergischer Bausparkassen sowie der Landesverband Freier Wohnungsunternehmen. Hinzu kommen die Ingenieurkammer Baden-Württemberg und nicht zuletzt die Architektenkammer Baden-Württemberg. Damit gehen quasi alle wichtigen Beteiligten, die sich um das Bauen kümmern, gemeinsam in eine Richtung. Sie sagen: „Wir wollen
die unbefristete Wahlmöglichkeit.“ Am Anfang ihrer Begründung stellen diese Verbände und Kammern klar, deutlich und unmissverständlich fest – ich darf zitieren –:
Es ist daher aus unserer Sicht jetzt an der Zeit, den alten Grünen-Antrag, den wir vor drei Jahren schon einmal gestellt haben, wieder in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen und zu sagen: Das Land soll sich jetzt einen Ruck geben; wir brauchen jetzt die dauerhafte Wahlmöglichkeit zwischen Kenntnisgabeverfahren und Baugenehmigungsverfahren.
Ich bin diesmal relativ optimistisch, dass dieses grüne Anliegen, dieser Gesetzentwurf der Grünen in diesem Hause nicht auf großen Widerspruch stößt. CDU und FDP/DVP haben schon verklausuliert gesagt, sie seien im Grundsatz auch dafür.
Jetzt liegt hier ein Papier vor; ich habe mir sagen lassen, es handle sich um einen Antrag – dieser Antrag ist vom Präsidenten nicht mit aufgerufen worden – der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP zur Novellierung der Landesbauordnung. Die Koalitionsfraktionen in diesem Hause fordern jetzt die Landesregierung auf, „noch in der laufenden Legislaturperiode dem Landtag ein Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vorzulegen, das das dauerhafte Wahlrecht zwischen Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren verankert...“ Sprich: Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP/DVP schließen sich dem an, was die Grünen im Landtag als Gesetzentwurf eingebracht haben.
(Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen: Dann kön- nen wir es auch so machen wie wir! Warum so umständlich?)
Meine Damen und Herren Zuschauer, Sie erleben hier heute etwas, was man nicht alle Tage hat: Die Regierungsfraktionen schließen sich einem Antrag der Opposition an. – Das verdient etwas Beifall.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Schmiedel SPD: Sich an Zuschauer zu wenden, ist unparlamentarisch!)
Ich will jetzt aber nicht lästern. Ich sage nur: Gute Sachpolitik setzt sich einfach durch. Wir Grünen machen solche Sachpolitik.
Nachdem ich jetzt den Gesetzentwurf meiner Fraktion vorgestellt habe, darf ich die anderen Fraktionen um ihr Votum bitten, damit ich hinterher das Ganze werten kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der vom Herrn Kollegen Dr. Witzel angesprochenen Geschäftsordnungsfrage will ich darauf hinweisen, dass der vorliegende Antrag der beiden Koalitionsfraktionen deshalb nicht aufgerufen wurde, weil nach der Geschäftsordnung Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen
erst zum Schluss der Ersten Beratung zulässig und Abstimmungen zur Sache während der Ersten Beratung nicht möglich sind. Das zur geschäftsordnungsmäßigen Lage.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir sind einmal aus zeitlichen Gründen gehalten, eine Novellierung der LBO durchzuführen. Herr Witzel hat bereits darauf hingewiesen, dass im Jahr 2001 die Übergangsregelung, zwischen Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren wählen zu dürfen, ausläuft. Entsprechend dem von uns eingebrachten Antrag sind aber sinnvollerweise auch noch einige andere Dinge mit zu regeln.
Wir von der CDU haben überhaupt nicht verklausuliert zu erkennen gegeben, wo wir stehen. Ich habe in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses in aller Deutlichkeit das wiederholt, was bereits seit 1992, als in der großen Koalition die Vorbereitungen für die Novellierung liefen, von uns gesagt worden ist, nämlich dass das Wahlrecht wohl die richtige Lösung sei. Dies nur zur Klarstellung, damit nicht der Eindruck entsteht, als sei die CDU verspätet auf irgendeinen Geistesblitzzug der Grünen aufgesprungen.
Die ganze Problematik dieses Themas hat eine lange Geschichte. Wir seitens der CDU haben bereits in der großen Koalition nachdrücklich darauf hinzuwirken versucht, das Wahlrecht definitiv und endgültig einzuführen. Wir haben uns dann aber der Ansicht der Regierung angeschlossen, man sollte sich im Hinblick darauf, dass in den Landkreisen und in den großen Stadtkreisen in den unteren Baurechtsbehörden unterschiedliche Praktiken festzustellen sind, bei der Wahrnehmung dieser Möglichkeit sogar prozentual sehr unterschiedliche Praktiken, noch eine Übergangsfrist gönnen, um zu schauen, ob von der freien Willensentscheidung des Bauherrn her das eine oder andere Verfahren landeseinheitlich favorisiert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind aus zwei Gründen überzeugt, dass unsere seit vielen Jahren dargelegte Auffassung, das Wahlrecht sollte endgültig festgeschrieben werden, die richtige Lösung ist. Zum einen spricht dafür die sehr sachliche und sehr sachkundige Stellungnahme der kommunalen Landesverbände und der einschlägigen Kammern und Verbände. Mich hat schon beeindruckt, dass es den kommunalen Landesverbänden gelungen ist, in dieser Frage mit dieser Einheitlichkeit zu sprechen. Das macht auch die Stärke ihrer Argumente deutlich.
Zum anderen ist für mich aber noch wichtiger, dass das Wahlrecht zwischen Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren nach meiner Auffassung die liberalste Lösung ist. Wir haben einerseits der Deregulierung das Wort geredet, indem wir bürgerfreundlich die Möglichkeit einräumen, in Gebieten mit genehmigten Bebauungsplänen auf den langen und manchmal umständlichen Weg des Baugenehmigungsverfahrens zu verzichten. Wir haben andererseits aber auch dem uns immer wieder signalisierten Sicherheitsbedürfnis von Bauherren und Architekten Rechnung getragen, die in vielen Fällen eben nicht diesen
Weg beschreiten wollen. Ich meine, dass dem Ziel des Gesetzgebers, die Deregulierung durchzuführen, in dem Angebot in ausreichender Weise Platz eingeräumt ist und zum Beispiel auch dem Willen der Architektenkammer, in das normale Genehmigungsverfahren gehen zu dürfen, Rechnung getragen wird.
Es ist auch darauf zu verweisen, dass in den meisten Bauanträgen auch eine Befreiung von bestimmten Beschränkungen verlangt wird. Dann sind wir im normalen Baugenehmigungsverfahren mit allen zeitlichen Konsequenzen. Der richtige Weg müsste sein, uns darum zu bemühen, bei den Kommunen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, soweit wir dazu überhaupt aufgerufen sind, dass die Bebauungspläne transparenter, einfacher und für den einfachen Bürger auch in ihren Auswirkungen nachvollziehbarer gestaltet werden. Solange die Bebauungspläne in vielen Bereichen noch so schwer nachzuvollziehen und so schwer zu durchschauen sind, kann auf jeden Fall nicht allein auf das Kenntnisgabeverfahren verwiesen werden. Das wäre ein Fall der politisch aufgedrängten Bereicherung – ein Weg, den wir nicht gehen wollen.
Der zweite Punkt ist, dass auch von der Sache her einiges angepasst werden sollte. Ich möchte nur einen Punkt, nämlich das barrierefreie Bauen, anführen. Wir haben das alle zusammen in der guten Absicht ermöglicht, dass auch unseren Behinderten zu den öffentlichen Gebäuden und zu den Gebäuden, zu denen sie Zugang haben müssen, die Zugangsmöglichkeiten eröffnet werden. Durch die geplante Novellierung soll dieses Ziel in keiner Weise verwässert oder ihm gar entgegengetreten werden. Aber wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass sich dieses gut gemeinte Ziel durch teilweise zu stringente und überzogene Anforderungen gerade in das Gegenteil verkehrt und damit gegen die Behinderten gerichtet hat.
Ein praktisches Beispiel, das ich auch schon im Wirtschaftsausschuss nannte, ist mir auf den Schreibtisch gekommen: Ein Sportverein will ein Sportlerheim mit zwei Geschossen – Erdgeschoss und erstes Geschoss – bauen. Nun müsste dieser Sportverein ohne Ausnahmemöglichkeit – was ich zuerst glaubte – aufgrund der derzeitigen Aussage der LBO einen Aufzug für 120 000 DM einbauen. Das hat zur Folge, dass der Bau überhaupt nicht realisiert wird. Und wer ist der Gelackmeierte? Natürlich der Behinderte, der keine Möglichkeiten hat – es handelt sich um einen Fußballverein –, bei schlechtem Wetter dort unterzuschlupfen, obwohl im ersten Geschoss überhaupt keine Behindertenräume vorgesehen waren. Diese waren vielmehr im Erdgeschoss und nicht im ersten Geschoss vorgesehen.
Aus diesem Fall können Sie vielleicht ersehen, dass es einfach wichtig ist, die Dinge noch einmal sorgfältig zu überprüfen, gerade auch im Interesse der Behinderten, weil hier Regelungen getroffen worden sind, bei denen Steine statt Brot gegeben worden sind.