eine Verfassungswirklichkeit gibt, die von einer Verfassungsnorm abweicht, halte ich das, wenn sich diese Verfassungswirklichkeit in 48 Jahren gut bewährt hat, für eine unproblematische Angelegenheit.
(Abg. Deuschle REP: Das hat Kohl auch gesagt! – Abg. König REP: Herr Kollege Herrmann, wenn wir an der Regierung beteiligt sind, gibt es eine Geschäftsordnung! Das sage ich Ihnen zu! – Ge- genruf des Abg. Roland Schmid CDU: Dann gibt es kein Parlament mehr!)
Meine Damen und Herren, aus unserer Sicht hat die Landesregierung auch ohne Geschäftsordnung ihre Geschäfte in den vergangenen Jahren hervorragend abgewickelt.
Es gab dabei keine Probleme. Wir begrüßen auch, dass sich der Staatsminister im Staatsministerium mit den wichtigen Aufgaben des Landes, die auch unsere Bürgerinnen und Bürger betreffen, beschäftigt und nicht mit irgendwelchen formalen Angelegenheiten.
Ich möchte allerdings auch noch eine persönliche Anmerkung machen. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir Artikel 49 Abs. 1 der Landesverfassung entsprechend ändern und die Verfassungsnorm an die seit jetzt 48 Jahren bestehende Verfassungswirklichkeit anpassen würden. Wenn sich dafür die erforderliche Mehrheit hier im Hause findet, wäre aus meiner persönlichen Sicht diese Verfassungsänderung überhaupt kein Problem.
Letzter Punkt: Da, wie eben ausgeführt, durch das Fehlen einer Geschäftsordnung keinerlei Nachteile entstehen, da wir uns auch ansonsten auf allen Ebenen, wo irgend möglich, für Deregulierungen und Vereinfachungen einsetzen, hält es die CDU-Landtagsfraktion nicht für nötig, dass sich die Landesregierung künftig eine Geschäftsordnung gibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Republikaner sorgen sich um die Verfassungstreue der Landesregierung.
Gleichgültig, wer in der Regierung sitzt: Wenn Sie sich um deren Verfassungstreue sorgen, dann klingt das nicht sehr glaubwürdig. Einer Partei, die wegen ihrer verfassungsfeindlichen Tendenzen – übrigens gerichtlich bestätigt – zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet wird, sprechen wir das Recht ab, sich als Verfassungshüter aufzuspielen.
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen – Abg. König REP: Trotz- dem haben wir uns eine Geschäftsordnung gege- ben!)
Dann haben Sie hier die Behauptung aufgestellt, Sie würden in Ihren Informations- und Kontrollrechten behindert.
Das trifft nicht zu. Dritte können durch die Geschäftsordnung nicht verpflichtet oder sonst belastet werden. In dieser Geschäftsordnung können nur organinterne Regelungen getroffen werden. Das ist ein Originalzitat aus einem Kommentar zur Landesverfassung. Der klare Text der Verfassung ist für Nichtjuristen – das gebe ich Ihnen zu – nicht immer verständlich.
Es geht in diesem Satz der Verfassung darum, festzustellen, dass es der Autonomie der Regierung unterliegt, sich eine Geschäftsordnung zu geben.
Das ist aber Kommentar der Verfassungsjuristen. Das müssen Sie halt einmal so akzeptieren. Da können Sie zum Bundesverfassungsgericht oder sonst wohin marschieren.
Es ist so, dass der Erlass einer Geschäftsordnung verfassungsrechtlich allein der Regierung vorbehalten ist und nicht zur Disposition des Gesetzgebers – sprich dieses Parlaments – steht.
Wieder Professoren, richtig, aber Verfassungsrechtler, solche, die auf dem Boden der Verfassung stehen.
(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Im Gegen- satz zu den Reps! – Abg. Dr. Caroli SPD: Alle, die von der Verfassung eine Ahnung haben!)
Im Übrigen ist es natürlich so, dass die Regierung mit ihren Geschäftsordnungsregelungen an die Verfassungsvorgaben gebunden ist, das heißt an die Kompetenzregelungen, die in der Verfassung festgelegt sind, an Richtlinienkompetenz, Ressortprinzip, Kollegialprinzip und was Sie auch sonst noch daraus lesen können.
Noch etwas, und daraus sehen Sie, dass es allein Sache der Regierung ist, sich eine Geschäftsordnung zu geben: Sie kann diese Geschäftsordnung jederzeit und immer in jedem Einzelfall abändern.
Ich sage Ihnen noch etwas: Wenn es keine Geschäftsordnung gibt und sich ein Minister dagegen wehrt, dann hat er tatsächlich die Möglichkeit, sogar per Klage dagegen vorzugehen. Aber nicht das Parlament! Die sollen intern für ihre Ordnung sorgen. Wir können es der Regierung nicht aufgrund verfassungsrechtlicher Vorschriften vorschreiben.
Unabhängig von alldem gilt natürlich, dass der Streit in einer Regierung mit und ohne Geschäftsordnung gemacht wird oder nicht. Das haben wir ja in der jüngsten Zeit gesehen. Das heißt, der Streit um die Beschränkung der Amtszeit des Ministerpräsidenten hätte durch eine Geschäftsordnung nicht verhindert werden können.
Herr Kluck, wir würden dann in der Regierung auch nicht so herumhüpfen, wie Sie das gerade getan haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist eine Tatsache, dass die Verfassung der Landesregierung vorgibt, sich eine Geschäftsordnung zu geben.
Es ist eine Tatsache, dass die Landesregierung gegen diese Vorgabe der Verfassung verstößt. Darum braucht man gar nicht herumzureden. Die Landesregierung weigert sich seit Jahrzehnten konsequent, diesen Auftrag der Verfassung zu erfüllen. Aber, meine Damen und Herren, ich vermute, dass ein einfacher Parlamentsbeschluss, wenn Sie ihn heute fassen würden, keine höhere Autorität als die Autorität der Verfassung entfachen könnte. Das war der erste Punkt.
Der zweite Punkt: Die Qualität der Regierung lässt sich nicht durch eine Geschäftsordnung beeinflussen. Die Geschäftsordnung regelt nicht mehr und nicht weniger als zum Beispiel die Arbeit in den nicht öffentlichen Kabinettssitzungen. Man könnte auch sagen: Die Arbeit der Regierung lässt sich durch eine Geschäftsordnung nicht weiter verbessern.
Das einzige Argument, das für die Regierung und für die Regierungsfraktionen zu bedenken wäre, wären die bekannten Vorgänge um die Parteispenden, um den Parteispendenskandal auf Bundesebene, wo insbesondere die CDU jahrelang gegen das Gebot der Verfassung verstoßen hat, wonach die Parteienfinanzierung öffentlich nachzuweisen ist.