Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die gesetzlichen Grundlagen für die heutige Beratung dieses Gesetzentwurfs gibt es eigentlich schon seit 1997. Im Januar 2000 trat die entsprechende europäische Richtlinie in Kraft, die die Staaten bis Juli 2001 zur Umsetzung in nationales Recht verpflichtet.
Ich habe bei den Redebeiträgen der Vorredner festgestellt, dass es hier eigentlich keinen Dissens gibt. Alle sind damit einverstanden, dass wir diese moderne Form einführen.
Nun freut es mich natürlich ganz besonders, dass BadenWürttemberg die Nutzung in einigen ausgewählten Bereichen wie zum Beispiel dem Melde-, dem Schul- und dem Bauwesen erprobt. Der Herr Minister hat vorhin gesagt, dass dies eine Stärkung des Medienstandorts Baden-Württemberg darstellt. Das Land, meine Damen und Herren, zeigt damit, dass Bürger und Unternehmen eine effiziente, leistungsfähige und vor allem – und das ist natürlich ganz besonders wichtig – kundenorientierte Verwaltung vorfinden, die den wachsenden Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft gerecht werden will.
Die Landesverwaltung und die Kommunen im Land nutzen moderne Informations- und Kommunikationstechniken wie etwa Multimedia, Bürokommunikation, Sprachdatenintegration und selbstverständlich auch das Internet. Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass einige Kommunen im Land Baden-Württemberg hier Pionierarbeit leisten. Ich darf zum Beispiel aus unserem Enzkreis die kleine Gemeinde Sternenfels anführen, die auf diesem Gebiet ganz hervorragende Arbeit leistet, die zusammen mit anderen Gemeinden neue Programme für die Kommunen entwickelt und natürlich wirklich in erster Linie für den Bürger da ist. Das freut mich, und mich freut es natürlich auch, dass das Land Baden-Württemberg hier nachzieht.
Der Herr Justizminister hat mir vorhin mitgeteilt, dass zum Beispiel das Amtsgericht Stuttgart auch schon diese Verfahren anwendet, und zwar mit gutem Erfolg. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind hier auf einem guten Weg.
Der Einsatz von technischen Hilfsmitteln und auch der elektronischen Signatur ist für eine moderne und dienstleistungsbewusste Verwaltung im Interesse ihrer Bürger und der Wirtschaft unverzichtbar.
Herr Kollege Jacobi, vorhin wurde immer wieder die Frage der Sicherheit angesprochen. Ich meine, der Empfänger einer digitalen Signatur sollte sicher sein, von wem sie kommt. Er weiß aber auch aufgrund der Verschlüsselung, dass das übermittelte Dokument authentisch ist, also nicht von Dritten verändert oder mitgelesen wurde. Das scheint mir ein ganz wichtiger Punkt in der Diskussion zu sein.
Zunächst einmal noch eine grundsätzliche Bemerkung: Der volkswirtschaftliche Nutzen der digitalen Unterschrift wird die Summe der Nachteile bei weitem übertreffen – diese Nachteile, Frau Netzhammer, haben Sie ja auch angeführt –: Tausende neuer Geschäftsideen werden möglich, und Experten erwarten einen Nachfrageboom beim Onlineshopping und bei der Hardwareindustrie, die die erforderlichen Chipkarten, Lesegeräte usw. herstellt.
Doch nicht zuletzt – und das ist natürlich ganz besonders wichtig – ergibt sich ein enormer Vorteil für den Verbraucher: vom Kauf eines Pkw über die Kfz-Meldestelle bis hin zur Steuererklärung oder dem Shopping im Ausland.
Die grenzüberschreitende Übermittlung ist allerdings nicht so unproblematisch, wie es der Gesetzentwurf der Regie
rung erscheinen lässt. Wenn ich mit der in Baden-Württemberg anerkannten Signatur nicht in Frankreich oder in den USA in einer Firma online einkaufen kann, bringt das natürlich nichts. Auch hier muss nachgerüstet werden.
Ein richtiger Erfolg kann die digitale Unterschrift daher nur dann werden, wenn sie auch global anerkannt wird, und ich nehme an, Herr Innenminister, wir sind hier auf einem guten Weg.
Zum Schluss noch ein Wort zu den Kosten: Wirtschaft und Staat müssen für eine breite Akzeptanz und das nötige Vertrauen sorgen. Sie müssen aber auch deutlich machen, dass nicht alles im und aus dem Internet kostenlos ist. Der Presse habe ich entnommen, dass derzeit die Jahresgebühr für die Signaturchipkarte bei ca. 100 DM plus Anmeldegebühr liegt.
Es steht mir nicht zu, zu beurteilen, ob dies angemessen ist. Die Kosten sollten für alle Beteiligten – –
Das ist zu teuer. Also müssten wir darüber noch diskutieren. – Die Kosten sollten für alle Beteiligten, Herr Jacobi, so sein, dass die erforderlichen Anreize geschaffen werden.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um ein Experiment, aber ich nehme an, dass dieses Experiment gelingen wird. Die Zeit erfordert dies.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem E-Banking und dem E-Commerce kommt jetzt also auch die E-Administration oder, wie das hier in wohltuender heimischer Klangfarbe heißt: E-Bürgerdienste. Die kommen nun auf uns zu. Was wir hier heute machen, ist in der Bedeutung gar nicht so ohne weiteres zu unterschätzen. Unsere Bürokratie, die Verwaltung fußt seit Jahrtausenden auf dem geschriebenen Wort, dem Papier, der Unterschrift, und nun stehen wir in einer Umbruchsituation, uns vom Papier zu lösen hin zu einer digitalen Welt, die sich, wenn man genau hinschaut, in Nullen und Einsen auflöst, die massiv manipulierbar ist, die höchst unsicher ist, also aus einem sicheren Terrain heraus, das wir seit Jahrtausenden kulturell gewohnt sind, hinein in eine neue Technologie mit vielen Unsicherheiten und vielen Risiken.
Das Problem, das wir hier haben, ist, dass wir uns darüber klar werden müssen, dass dieser Schritt mit Risiken verbunden ist.
(Abg. Veigel FDP/DVP: Das wissen wir! – Abg. Brechtken SPD: Man kann auch Unterschriften fäl- schen!)
Die sind hier wirklich schon angesprochen worden. Die Authentizität, die Verschlüsselungstechnologien sind alle schon angesprochen worden. Die Erkenntnis, die sich hiermit verbindet, ist nur die, dass man nicht glauben darf, man hätte ein für alle Mal ein sicheres System, und man hätte mit einer Karte, wie man sie auch immer hübsch nennen möchte, Frau Netzhammer, ein für alle Mal die Lösung für die nächsten 10, 100 oder 150 Jahre. Wir leben jetzt in einer sehr viel dynamischeren Situation.
So ist es aber. Wenn Sie ein System so wechseln, wie Sie es hier wechseln wollen, müssen Sie sich darüber klar werden, dass die jetzige Zukunftstechnologie sehr viel dynamischer ist, und die Frage der Verschlüsselung bzw. des Brechens der Verschlüsselung ist ein Rennen zwischen Hase und Igel. Damit sind Unsicherheiten verbunden. Die müssen Sie zur Kenntnis nehmen, und wenn man sie anspricht, müssen Sie auch zuhören, vor allem, wenn man hier den Glauben zu verbreiten versucht, man hätte mit den vorgeschlagenen Systemen ein für alle Mal die notwendige Sicherheit erreicht.
Auch bei der Umstellung fehlt es noch an der notwendigen Infrastruktur. Die Zertifizierungsstellen sind noch nicht im gewünschten Maß vorhanden. Über die Kosten der Zertifizierung hat mein Vorredner gerade etwas gesagt. Das kann ich mir an dieser Stelle sparen. Das heißt, die Erwartung, die man jetzt in die Sicherheit setzt, wird trügen. Davon bin ich überzeugt. Nichtsdestotrotz ist es notwendig, in einen solchen Versuch einzusteigen, und der Bürger erwartet, viele Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung auch über den Computer wahrnehmen und nutzen zu können. Deshalb halten wir es für richtig, vorsichtig in dieses Terrain einzutreten, in einer Experimentierphase einzelne Gebiete auszuwählen und dort systematisch zu versuchen, Erfahrungen zu sammeln. Der Sprung ins kalte Wasser wäre hier völlig falsch. Wir müssen den Übergang Schritt für Schritt vollziehen.
Bei dieser Gelegenheit stellt man auch fest, wie viele Schriftformerfordernisse, wie viele Unterschriftenerfordernisse es in der Tat gibt. Vielleicht ist diese Umstellung des Systems in der Tat ein Anlass, einmal darüber nachzudenken, ob man mit diesem Schritt auch eine Entbürokratisierung verbinden kann.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs Drucksache 12/5240. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu.
(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gute Idee! – Abg. Brechtken SPD: Vorberatung im Technologieausschuss!)
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Staatsvertrag über die Bildung einer gemeinsamen Einrichtung nach § 6 Abs. 1 Satz 7 des Abfallverbringungsgesetzes – Drucksache 12/5241
Das Präsidium hat für die Aussprache nach der Begründung des Gesetzentwurfs durch die Regierung eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Aber mach es kurz! – Abg. Brechtken SPD: Man muss die Re- dezeit nicht ausschöpfen! – Abg. Bebber SPD: Das schafft er nicht!)
Herr Abg. Brechtken, der Herr Staatssekretär hat keine Beschränkung der Redezeit. Das ist nur ein Wunsch an die Regierung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Zustimmung des Landtags zu dem Staatsvertrag über die Bildung einer gemeinsamen Einrichtung nach § 6 Abs. 1 Satz 7 des Abfallverbringungsgesetzes herbeigeführt werden. Nach der Landesverfassung ist zu einem Staatsvertrag die Zustimmung des Landtags in Gesetzesform erforderlich.
Die Umweltministerkonferenz hat sich im Mai 1998 darauf geeinigt, eine gemeinsame Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 7 des Abfallverbringungsgesetzes des Bundes zur Bearbeitung von Rückholersuchen im Falle gescheiterter oder illegaler Abfallexporte zu bilden und mit dieser Aufgabe auf Dauer das Land Baden-Württemberg zu betrauen.