Protokoll der Sitzung vom 19.07.2000

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Dann haben wir, nicht getrieben, sondern aus eigenem Antrieb, die Interministerielle Arbeitsgruppe „Fortentwicklung der Familienpolitik“ eingesetzt. Der Bericht wurde im Mai abgeschlossen mit Handlungsempfehlungen an die Landesregierung, die wir zum Teil schon in Ministerratsbeschlüsse umgesetzt haben.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Die sind gut!)

Nachdem der Bericht fertig war – darüber muss man nachdenken –, hat die SPD nachgezogen und unter dem Datum 16. Mai dieses Jahres einen Antrag gestellt, in dem sie das, was wir schon gefordert hatten, erweitert hat und gefordert hat, man solle das Landeserziehungsgeld novellieren.

(Abg. Haas CDU: Unglaublich!)

(Minister Dr. Repnik)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon klar, warum die SPD und die Grünen in den letzten Jahren geschwiegen haben. Der Grund ist, dass die Bundesregierung die vor der Wahl geweckten Erwartungen auf erhebliche Steuererleichterungen und Steuersenkungen für Familien eben nicht erfüllt hat.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Ja, eben doch! – Lachen des Abg. Haas CDU)

„Erhebliche“ haben Sie zugesagt. Von der Ankündigung von Bundesfamilienministerin Bergmann, die Einkommensgrenzen um 40 % zu erhöhen, ist nicht viel übrig geblieben. Die Novellierung des Bundeserziehungsgeldgesetzes wurde lange aufgehalten. Das trifft auch für andere für Familien wichtige Gesetzgebungsverfahren, wie zum Beispiel die BAföG-Reform, zu.

Unser Ministerpräsident Erwin Teufel

(Abg. Bebber SPD: Wo ist er denn?)

hat schon in seiner Regierungserklärung am 9. Dezember 1998 eine Anhebung der Einkommensgrenzen für das Landeserziehungsgeld in Anlehnung an eine Anpassung beim Bundeserziehungsgeld angekündigt.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Olle Kamelle!)

Selbstverständlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, freue ich mich, dass inzwischen auch die SPD das von ihr über viele Jahre hinweg bekämpfte und immer kritisierte Landeserziehungsgeld befürwortet.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Frau Bender hatte schon Recht!)

Das hat zwar sehr lange gedauert, aber trotzdem freue ich mich, denn, wie man so schön sagt: Besser spät als gar nicht.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Da- bei kommt ihr wie die alte Fasnet hinterher!)

Dass die Novellierung des Bundeserziehungsgelds kein politischer Durchbruch für Familien ist, wird von allen Fachleuten so gesehen.

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Richtig!)

Die Anhebung der Einkommensgrenze ist viel zu gering ausgefallen. Sie wird sogar nivelliert – Frau Blank hat es gesagt – durch eine höhere Anrechnung der Minderungsgrenzen. Die verschärfte Degression ist einer der faulen Tricks der Novellierung des Bundeserziehungsgelds. Nach Berechnungen der L-Bank fällt somit die Zielgruppe der Familien mit einem Kind und einem mittleren Einkommen von ca. 43 000 bis 46 000 DM im Jahr ganz aus dem Bezug des Bundeserziehungsgelds heraus.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Schwarze Oppositionspolitik macht spendabel, gell? – Abg. Wieser CDU: Wir haben es eingeführt in Baden-Württemberg!)

Liebe Frau Bender, ich habe mir von Ihnen viel angehört, und jetzt müssen Sie sich die Wahrheit halt auch anhören.

Die Wahrheit tut manchmal auch weh. Aber es sind Tatsachen, die ich hier anführe.

(Beifall des Abg. Haas CDU – Abg. Haasis CDU: X-mal gab es den Antrag der Opposition, das zu streichen!)

In breiten Einkommensbereichen, denen unter 43 500 DM pro Jahr, wird es für eine größere Zielgruppe aufgrund einer schärferen Degression äußerst geringe Erhöhungsbeträge geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu einem familienpolitischen Durchbruch hätte auch gehört, neben einer deutlichen Anhebung der Einkommensgrenzen und der Freibeträge den Zahlbetrag des Bundeserziehungsgelds zu erhöhen. Seit der Einführung des Bundeserziehungsgelds durch die CDU-geführte Bundesregierung im Jahr 1986 ist der Betrag unverändert bei 600 DM geblieben.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Wer hat es denn nicht verändert?)

Sie haben den Betrag nicht angehoben. Liebe Frau Wonnay, Rot und Grün in Berlin hätten jetzt die Möglichkeit gehabt, den Betrag anzuheben.

(Zuruf der Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben es eben nicht getan. Also reden Sie hier nicht, sondern tun Sie es.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Bebber SPD: Alles Fehler, die Sie ge- macht haben, 16 Jahre lang!)

Für die CDU und für die Regierung im Land ist klar, dass eine wirkliche Familienpolitik die größtmögliche Wahlfreiheit der Eltern fördern muss. Mit einem Bundesfamiliengeld müssen Väter und Mütter, die Kinder erziehen, langfristig besser unterstützt werden.

Die Bundesregierung hat es versäumt, das Bundeserziehungsgeld zu erhöhen. Sie hat auch keinerlei Anstrengungen unternommen, die Diskrepanz zwischen dem dreijährigen Erziehungsurlaub und der zweijährigen Bezugsdauer des Bundeserziehungsgelds aufzuheben.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sehr richtig!)

Konsequent wäre gewesen – nachdem Sie schon so rufen –, auch im dritten Lebensjahr des Kindes Bundeserziehungsgeld zu gewähren.

Folgendes sollte man sich auch noch auf der Zunge zergehen lassen: Tatsache ist, dass nur in CDU- und in CSU-geführten Ländern – in Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen und Bayern – Mütter oder Väter ein Landeserziehungsgeld im dritten Lebensjahr ihres Kindes erhalten. Wenn Sie das, was Sie hier vorgetragen haben, wirklich ehrlich und ernsthaft fordern, sollten Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in den von der SPD und von Rot-Grün regierten Ländern zumindest einmal fragen, ob sie nicht auch etwas für die Familie tun wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

(Minister Dr. Repnik)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu dem kommen, was wir in Baden-Württemberg machen. Das ist, glaube ich, weitaus erfreulicher.

Der Ministerrat hat gestern beschlossen – der heute von der CDU-Fraktion und der FDP/DVP-Fraktion eingebrachte Antrag unterstützt dies noch –,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Rechtzeitig vor der Landtagswahl!)

Familien mit drei oder mehr Kindern künftig ein höheres Landeserziehungsgeld zu gewähren. Künftig erhalten Familien mit drei oder mehr Kindern für Geburten ab dem 1. Januar 2001 – natürlich muss man ein Datum einsetzen, weil auch eine Vorlaufzeit notwendig ist – statt 400 DM 600 DM. Ich meine, angesichts der angespannten Haushaltssituation ist dies eine ganz beachtliche Kraftanstrengung.

Die Familien sind uns dies auch wert. Sie sind uns Mehrausgaben von langfristig 26 Millionen DM für diesen Bereich und von insgesamt über 50 Millionen DM durch die Anhebung der Einkommensgrenzen wert. Ich glaube, wir müssen diese Leistung für unsere Familien erbringen, weil sie das Herzstück unserer Gesellschaft sind, ob es einem passt oder nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Wir haben damit eine gewisse Planungssicherheit für Kinder im dritten Lebensjahr.

Familien haben im Vergleich zu Ehepaaren ohne Kinder ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen von nur 50 %. Familien mit drei Kindern haben kaum mehr – im Durchschnitt nur 3 900 DM – als Familien mit einem Kind. Deswegen haben wir gesagt: Wir müssen Mehrkinderfamilien noch mehr stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Ingrid Blank CDU: Keine Gießkanne!)

Ich bin daher stolz darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es gelungen ist, diesen Kraftakt für die Familien durchzusetzen. Wir in Baden-Württemberg handeln eben nach dem Motto „Taten statt Worte“. Wir handeln, während andere reden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Na ja! – Zuruf des Abg. Dr. Walter Müller SPD)

Die Landesregierung hat in ihrer gestrigen Ministerratssitzung im Zusammenhang mit dem Landeserziehungsgeld auch die Anhebung der Einkommensgrenzen und der Kinderfreibeträge beschlossen. Nach der Anhebung liegt die Einkommensgrenze für Verheiratete mit einem Kind für Geburten ab dem 1. Januar 2001 bei einem Nettogehalt von 2 700 DM monatlich statt bei 2 500 DM und damit über dem Betrag, den die SPD gefordert hat.

Auch die Freibeträge für weitere Kinder werden schrittweise erhöht, und zwar auf 350 DM für Geburten ab dem