Protokoll der Sitzung vom 19.07.2000

Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht.

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache über den Gesetzentwurf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Wem darf ich in der Allgemeinen Aussprache das Wort erteilen? – Das Wort hat Frau Abg. Lazarus.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich darf mich in aller Kürze auf den heute zur Zweiten Beratung vorgelegten Gesetzentwurf beschränken. Er beinhaltet eine finanzielle und eine inhaltliche Komponente.

Die inhaltliche Komponente sieht vor allem eine Änderung der Abläufe in der Schulverwaltung vor. Letzteres ist nicht unumstritten, wie die Redebeiträge bei der Ersten Beratung im Plenum und bei der Beratung im Schulausschuss gezeigt haben.

Die CDU-Fraktion ist der Meinung: Man kann nicht ständig fordern, Entscheidungen grundsätzlich nach unten zu delegieren – an orts- und basisnahe Institutionen, von der Landes- auf die regionale Ebene, vom Regierungsbezirk auf Landkreise und Kommunen –, aber dann, wenn man dieser Forderung dann tatsächlich nachkommt, plötzlich die große Angst, die Befürchtung haben, dass damit die Vergleichbarkeit der Entscheidungen verloren gehen könne. Man kann auch Angst vor dem eigenen Mut haben.

Deshalb nochmals: Die CDU-Fraktion begrüßt es, dass Entscheidungsbefugnisse vom Kultusministerium auf die Oberschulämter übertragen werden. Dies betrifft zum einen die Zuständigkeit für die Anerkennung von Ersatzschulen. Dazu erfolgt bei den Oberschulämtern eine Begutachtung; also kann dort auch die Entscheidung getroffen werden. Ferner sollen die Oberschulämter in Zukunft auch für die Genehmigung von Prüfungsvorschriften der Ergänzungsschulen zuständig sein.

Die finanzielle Komponente des vorliegenden Gesetzentwurfs ist zum einen fast formaler Art. Es handelt sich dabei um die Anpassung der Privatschulzuschüsse an die Besoldungsstrukturen bei den Beamten. Zum anderen beinhaltet die finanzielle Komponente eine längst fällige Anhebung der Zuschüsse für private berufliche Schulen. Diese Schulen bilden tatsächlich das Schlusslicht bei der Bezuschussung privater Schulen und waren aus diesem Grunde sogar vor Mitte der Neunzigerjahre von den haushaltsstrukturellen Kürzungen ausgenommen. Jetzt sind diese Kürzungen, nämlich die Haushaltsstrukturkürzungen, in einem Schritt rückgängig gemacht worden. Das entsprach immerhin mehr als 40 Millionen DM im Doppelhaushalt, und die Privatschulen konnten dadurch zu Beginn dieses Jahres tief aufatmen.

Nun müssen die privaten beruflichen Schulen ebenfalls etwas aufatmen können. Im Haushalt ist dafür auch schon Vorsorge getroffen. Wir haben unsere Pflicht zu erfüllen, um das heute in der zweiten Lesung auch zur Realisierung zu bringen.

Eine Novellierung des gesamten Privatschulgesetzes werden wir, wie ich beim letzten Mal schon gesagt habe, im Sommer 2001 angehen.

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Erst muss der Wahlerfolg kommen!)

Die Basis dafür ist geschaffen.

Der Antrag der SPD kommt mir vor wie das Aufspringen auf einen fahrenden Zug, den CDU und FDP/DVP – auch mithilfe der Privatschulen – längst unter Dampf gesetzt haben. Meine Damen, meine Herren von der SPD, das Auf

springen auf einen fahrenden Zug ist sehr gefährlich, vielleicht sogar lebensgefährlich.

(Abg. König REP: Und verboten!)

Um Ihnen das Leben zu retten, werden wir diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. König REP: Und das Hinauslehnen auch!)

Das Wort hat Frau Abg. Rudolf.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Vielen Dank, Frau Lazarus, dass Sie so sehr in Sorge um uns sind. Aufspringen auf einen fahrenden Zug ist verboten, und wir tun es auch nicht, weil es wirklich lebensgefährlich ist.

(Abg. Ursula Lazarus CDU: Dann ziehen Sie den Antrag zurück! – Abg. König REP: Auf einen SPD-Zug aufzuspringen ist natürlich gefährlich!)

Man muss die Debatte etwas früher ansetzen, als Sie es getan haben, denn der Ursprung unseres Entschließungsantrags liegt in der letzten Legislaturperiode.

(Abg. Ursula Lazarus und Abg. Hauk CDU unter- halten sich.)

Damals war ein Antrag beim Staatsgerichtshof anhängig. Es ging darum, dass die Bezuschussung von privaten Schulen in Baden-Württemberg verfassungswidrig sei. Holen Sie sich Nachhilfe bei Ihrem Kollegen Hauk, wenn Sie mir nicht glauben.

(Abg. Ursula Lazarus CDU: Ich habe nur gefragt, ob Sie da an der Regierung waren! – Abg. Hauk CDU: Die letzte Legislaturperiode war große Ko- alition, Frau Rudolf! Sie müssen vorsichtig sein! – Gegenruf des Abg. König REP: Da war sie aber noch nicht da!)

Ich habe mich über das Thema, das ich hier am Rednerpult behandle, ausführlich informiert und kenne deshalb die Positionen. Wenn Sie mir bis zum Ende zuhören, werden Sie mir sicher Recht geben.

(Zuruf des Abg. Göbel CDU)

In der letzten Legislaturperiode war, wie gesagt, der Antrag beim Staatsgerichtshof anhängig. Es war ein Antrag, der von der SPD mit unterschrieben war. Es gab dann am Ende der großen Koalition eine Vereinbarung, dass es in der nächsten Legislaturperiode eine Änderung des Privatschulgesetzes geben sollte, um die Privatschulen auf den Stand von 80 % der Förderung öffentlicher Schulen zu bringen.

Jetzt sind wir wieder am Ende einer Legislaturperiode, und es gibt wieder Versprechungen für die nächste Legislaturperiode. Erstens, Frau Lazarus, nehmen Sie dabei etwas vorweg, denn wir haben in der Zwischenzeit noch eine Landtagswahl. An dieser Stelle können Sie überhaupt keine Versprechungen abgeben, weil zuerst der Souverän, der Wähler und die Wählerin, das Wort hat

(Abg. List CDU: Gott sei Dank!)

und wir erst danach wieder in diesem Haus zusammenkommen.

Zweitens glaube ich nicht, dass es bei einem Punkt, der schon in die Nähe der Verfassungswidrigkeit gerückt worden ist, sinnvoll ist, eine Entscheidung immer wieder um fünf Jahre zu verschieben.

(Zuruf der Abg. Ursula Lazarus CDU)

Ich habe es schon bei der letzten Aussprache an dieser Stelle gesagt: Wenn die privaten Schulen eine Genehmigung zum Unterrichten mit einer öffentlichen Anerkennung der Abschlüsse bekommen, dann haben wir als Landtag die Verantwortung, dass auch die Kinder und Jugendlichen, die diese Schulen besuchen, die Möglichkeit haben, ihre Schulzeit an einer ordentlich ausgestatteten Schule zu durchleben, und damit auch zu ordentlichen Abschlüssen kommen können.

Es ist unverantwortlich, diese Kinder und Jugendlichen immer wieder auf die nächste Legislaturperiode zu vertrösten. Deswegen halten wir unseren Entschließungsantrag natürlich aufrecht.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganz kurz: Welche Bedeutung die freien Schulen für unsere Bildungslandschaft in Baden-Württemberg haben, habe ich bereits bei der ersten Lesung ausgeführt. Das möchte ich heute nicht wiederholen. Wir werden dem Gesetzentwurf der Landesregierung heute zustimmen, weil er ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Wir stimmen auch dem Entschließungsantrag der SPDFraktion zu. Wir haben selbst in der Beratung des Doppelhaushalts einen Entschließungsantrag mit dem gleichen Inhalt gestellt, in dem wir die Landesregierung angemahnt haben, endlich die aufgrund der Verfassung und der Bedeutung der freien Schulen notwendigen Zuschüsse zu gewähren.

Ich möchte nur noch ein Wort zu dem Entschließungsantrag der SPD sagen. Sie mahnen hier an, dass die allgemein bildenden Schulen nun auch Zuschüsse in Höhe von 80 % bekommen. Das wird natürlich nicht ausreichen, denn das, was jetzt für die beruflichen Schulen beschlossen wird, sind bei weitem noch nicht die 80-prozentigen Zuschüsse, sondern die Zuschüsse liegen wesentlich darunter. Wir müssen also für die allgemein bildenden Schulen und für die beruflichen Schulen zügig 80-prozentige Zuschüsse erreichen, damit die Schüler und Schülerinnen, die an den freien Schulen unterrichtet werden, dort auch die Rahmenbedingungen bekommen, die sie brauchen, und damit die Eltern, die eine solche Entscheidung für ihre Kinder treffen, nicht in derart extremer Weise finanziell belastet werden, wie das derzeit noch der Fall ist.

Ich bedanke mich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um die Stimme zu schonen, verweise ich auf meine Ausführungen zu dem Gesetzentwurf im Ausschuss, die Ihnen ja in der Drucksache 12/5317 vorliegen.

Nun aber zu dem Antrag der SPD-Fraktion. Als Wirtschaftlerin würde ich sagen, da versucht jemand, WindfallProfits zu nutzen, nämlich aus der Arbeit eines anderen zu profitieren. Sie hätten in der großen Koalition ja durchaus etwas tun können.

(Abg. Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Sagen Sie mir doch einmal, wovon Ihre 80 % gerechnet sind. Der Streit ging nie um den Prozentsatz, sondern der Streit ging um die Berechnungsgrundlage. Diese Berechnungsgrundlage haben wir jetzt miteinander erarbeitet, und deswegen wird es in der nächsten Legislaturperiode da auch ganz schnell eine Änderung geben. Für uns hat das Priorität. Da Sie offensichtlich auch dafür sind, wird das sogar vom Wahlausgang unabhängig sein. Welche Freude! Ich möchte bloß eines sagen: Ich habe mir auch die alten Unterlagen angeschaut. Das Einzige, was die SPD in der großen Koalition für die freien Schulen geleistet hat, ist, dass sie einen dreijährigen Warteanspruch für neue Schulen fixiert hat, was zur Folge hat, dass neue Schulen in freier Trägerschaft praktisch nicht mehr entstehen können.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kluck FDP/ DVP: So ist es! So ist es! So ist es! Pharisäer und Heuchler!)

Das Wort hat Herr Abg. König.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was in diesem Gesetzentwurf den Teil der Erhöhung der Zuschüsse für die Privatschulen anbelangt, so ist klar, dass wir diesem eindeutig zustimmen; denn es ist notwendig, auch die privaten Schulen in etwa vergleichbar mit den allgemeinen öffentlichen Schulen auszustatten. Dabei ist in der Tat kein Streit vorhanden, ob der Deckungsgrad jetzt 65 % oder 80 % betragen soll. Derzeit – das hat mich etwas gewundert, als ich das in der Debatte in der Schulausschusssitzung erfahren habe – sind wir bei einem durchschnittlichen Deckungsgrad von 65 %. Da wir in der Zwischenzeit im beruflichen Schulwesen vereinzelt bei 70,5 % sind, muss es noch andere Felder geben, wo der Deckungsgrad unter 65 % liegt. Wir sind in früheren Debatten immer davon ausgegangen, dass sich der Deckungsgrad etwa bei 70 % einpendeln muss, wobei hier nach Schulart getrennt schon plus/minus 3 % oder gar 5 % möglich sein sollen. Aber, wie gesagt, die Anpassung tragen wir mit.

Ich habe in der ersten Lesung und auch in der Schulausschussdebatte darauf hingewiesen, dass Punkt 2 und 3 dieses Gesetzentwurfs mit der Delegation der Befugnis zur Ernennung und nach drei Jahren zur endgültigen Anerkennung von Privatschulen oder, so sage ich einmal, Schulen in freier Trägerschaft ein Risiko oder sogar eine Gefahr in sich bergen. Die Frau Ministerin hat mir dort erklärt, dass