Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abg. Zeller wie folgt:
Zu a: Die Fragestellung betrifft eine Angelegenheit der Bundeszollverwaltung. Die Landesregierung hat nach Artikel 108 Abs. 1 des Grundgesetzes keine eigene Entschei
dungsbefugnis über den Sitz der Zollämter. Vielmehr steht es ausschließlich dem Bundesminister der Finanzen zu, über die Verwaltung der Zölle und damit auch über den Sitz der vollziehenden Ämter zu bestimmen.
Die Landesregierung betrachtet die Überlegungen des Bundes, die ihren Niederschlag in den Empfehlungen der Arbeitsgruppe Strukturplanung zu einer neuen Struktur der Bundesfinanzverwaltung gefunden haben, auch und gerade deshalb mit großer Sorge, weil eben in dieser Sache kein eigener Entscheidungsspielraum besteht.
Zum aktuellen Sachstand der Überlegungen des Bundes steht lediglich in quantitativer Hinsicht fest, in welchem Umfang bundesweit beabsichtigt ist, Standorte bei der Zollverwaltung aufzugeben.
Es handelt sich zusammengefasst um über die Hälfte der Hauptzollämter, um rund zwei Drittel der Hauptzollämter für Prüfungen und der Zollfahndungsämter sowie über ein Drittel der Zollämter.
Es bestehen jedoch nach Informationen des Bundesministers der Finanzen noch keine konkreten Überlegungen, ob und, wenn ja, welche Standorte in Baden-Württemberg im Einzelnen betroffen sein werden. Wir haben hierzu aus dem Bundesministerium der Finanzen die Information, dass man sich bemüht, zu den Standortüberlegungen Ende August/Anfang September konkrete Aussagen vorliegen zu haben.
Die Landesregierung wird – solange der Bund ausdrücklich keine baden-württembergischen Standorte von sich aus infrage gestellt hat – keinesfalls gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen für ein bestimmtes Strukturmodell im Land werben und auf diese Weise, jedenfalls mittelbar, einzelne Standorte ohne Not zur Disposition stellen. Die bisher vorliegenden Überlegungen des Bundes stellen lediglich einen Kriterienkatalog dar, aus dem sich für den Bund eine Zielvorgabe für die künftige Anzahl der Zollämter ableiten lässt.
Es ist daher die vordringlichste Aufgabe des Bundes, jetzt offen zu legen, welche Standorte in Baden-Württemberg konkret betroffen sind.
Die Landesregierung hat nicht die Absicht, es dem Bund bei den anstehenden Standortentscheidungen dadurch leichter zu machen, dass über die Ländergrenzen hinweg Gespräche über die Zusammenlegung von Behörden in der Ortsinstanz – wie vorgeschlagen – geführt werden. Dies hätte nämlich möglicherweise die Folge, dass der Bund diese Anregung aufnimmt und zulasten Baden-Württembergs eine weitere Konzentration der Zollämter anstrebt.
Die möglichen Auswirkungen einer solchen Initiative des Landes im Benehmen mit der Bayerischen Staatsregierung sind unkalkulierbar und beinhalten dazuhin die Gefahr, vom Bund gegeneinander ausgespielt zu werden.
Zu b: Aus den vorgenannten Gründen steht es derzeit nicht im Landesinteresse, offizielle Gespräche mit der Bayerischen Staatsregierung über eine Zusammenlegung zu einem länderübergreifenden gemeinsamen Hauptzollamt im Raum Bodensee/Allgäu aufzunehmen. Andernfalls würde die Landesregierung die Dimension der Strukturplanungen
des Bundes für die Bundesfinanzverwaltung verkennen, deren Auswirkungen sich nicht auf einzelne Regionen beschränken lassen, sondern sich vielmehr zu einem Landesinteresse verdichten. Aus diesem Grunde hat sich der Finanzminister des Landes bereits im Mai dieses Jahres an den Bundesfinanzminister gewandt und ihn eindringlich gebeten, die strukturpolitischen Interessen unseres Landes, das als einziges Flächenland der Bundesrepublik auch nach der vorgesehenen EU-Osterweiterung eine echte EU-Außengrenze besitzt, angemessen zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat der Finanzminister darum gebeten, dass der Bundesminister der Finanzen die Planungen des Bundes zur Strukturreform der Bundesfinanzverwaltung den Ländern in einer der nächsten Sitzungen der Finanzministerkonferenz detailliert vorstellt und erläutert.
Nach alledem ist die Landesregierung der festen Überzeugung, dass es angesichts der noch offenen Hausaufgaben des Bundes in dieser Sache im Hinblick auf die bestehenden Landesinteressen kontraproduktiv wäre, zum jetzigen Zeitpunkt in bilateralen Gesprächen Teile des Bundeskonzepts gleichsam vorauseilend zu vollziehen. Dafür bitte ich Sie, Herr Abg. Zeller, namens der Landesregierung um Verständnis.
Sie dürfen sicher sein: Wir fühlen uns in dieser Frage – ähnlich wie heute Vormittag, als es um Standorte der Bundeswehr ging – mit Ihnen in einem Boot.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass es darum geht, Länderinteressen geltend zu machen, bevor Entscheidungen getroffen werden, also bevor eine Planungsentscheidung seitens des Bundes getroffen wird, eine Anmeldung in Sachen Hauptzollämter deutlich zu machen, um damit auch eine größere Einflussnahme ausüben zu können?
Zweitens: Haben Sie davon Kenntnis, dass die Bayerische Staatsregierung genau die von mir vorgetragene Position teilt? So schreibt zum Beispiel der zuständige bayerische Staatsminister einer Kollegin, die dieselbe Anfrage wie ich hatte:
Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir im Interesse der heimischen Wirtschaft nach tragbaren Lösungen suchen müssen und deshalb auch die von Ihnen favorisierten Alternativen von länderübergreifenden Hauptzollämtern in Betracht ziehen.
Wir verneinen aber die Frage, ob in der jetzigen Phase – so haben wir Ihre Anfrage verstanden – offizielle Verhand
lungen mit angrenzenden Bundesländern geboten sind. Wir meinen, dass es um ein Thema geht, das die Struktur der Zollverwaltung im ganzen Land betrifft, sodass wir jetzt nicht einen Teilbereich, eine Region herausgreifen können, um darüber bereits konkrete Verhandlungen zu führen, bevor der Bund überhaupt konkrete Aussagen über seine Vorstellungen zur Veränderung der Gesamtstruktur gemacht hat.
Heißt das, dass inoffizielle Kontakte stattgefunden haben? Und können Sie uns darüber unterrichten, welcher Art diese inoffiziellen Kontakte waren?
Sie haben von mir ja gehört, dass unser Finanzminister auf den Bundesfinanzminister zugegangen ist – nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich – und ihm bedeutet hat, wie wichtig uns dieses Thema im Ganzen ist, nicht nur auf eine Region bezogen, sondern im Ganzen.
Im Übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass Gespräche des Finanzministers auf Arbeitsebene auch vorbereitet werden.
Gibt es inoffizielle Kontakte oder welche auch immer zur Bayerischen Staatsregierung, und welcher Art sind diese gegebenenfalls?
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. N o r b e r t Z e l l e r S P D – H a g e l s c h ä d e n i n d e r B o d e n s e e r e g i o n
a) Wie hoch ist der Sachschaden im Bereich der Landwirtschaft, der durch die jüngsten Hagelunwetter in der Bodenseeregion verursacht wurde?
b) Ist die Landesregierung bereit, den geschädigten Landwirten eine Entschädigung zu gewähren, und wird sich die Landesregierung wieder an der Hagelversicherung beteiligen?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung beantwortet die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu a: Das Hagelunwetter am 7. Juli 2000 verursachte in der Bodenseeregion vor allem Schaden an Tafelobst und Hopfenkulturen. Im Erwerbsobstbau reicht die Schädigung je nach Betrieb von geringfügigem Schaden bis zum Totalausfall. Betroffen von dem Ereignis sind über 3 000 Hektar; bei etwa 600 Hektar, vor allem im Bereich Tettnang/ Friedrichshafen, ist ein Totalschaden an Tafelware zu erwarten. In der Kernzone des Unwetters kann auf einzelnen Flächen aufgrund der starken Holzschädigung sogar eine Rodung erforderlich sein.
Die Hagelereignisse der vergangenen Monate in der Bodenseeregion haben in 3 500 bis 4 000 Hektar Erwerbsobstanlagen Schäden hervorgerufen. Dies entspricht rund 50 % des gesamten Erwerbsobstbaus der Region. Die Schadenshöhe im Erwerbsobstbau ist nach derzeitigem Stand nur annähernd zu schätzen; insbesondere sind die mit angemessenem Aufwand zu gewinnenden Anteile an Tafelobst und Industrieware noch nicht zu beziffern. Der Schaden kann die Größenordnung eines zweistelligen Millionenbetrags erreichen.
Im Hopfenanbaugebiet Tettnang sind über 1 000 Hektar Hopfen vom Schadensereignis betroffen. Die Ertragsverluste einzelner Betriebe erreichen bis zu 70 % des Ertrags einer Durchschnittsernte. Durchschnittlich ist der Verlust mit 20 bis 25 % des Durchschnittsertrags zu beziffern. Der Schaden durch die zu erwartenden Ernteausfälle kann eine Größenordnung von mehreren Millionen Mark erreichen.
Der Weinbau der Region hat vergleichsweise geringere Ertragsverluste in rund 220 Hektar Rebanlagen hinzunehmen. Der Schaden kann sich auf einige Hunderttausend Mark belaufen.
Zu b: Landeshilfen bei Unwetterereignissen im Bereich der Landwirtschaft können nach den Richtlinien des Ministeriums Ländlicher Raum über Landeshilfen nach schweren Naturereignissen und Unglücksfällen im landwirtschaftlichen Bereich durch die Einräumung „Unwetterhilfe Landwirtschaft“ gewährt werden. Für die Anwendung der Richtlinie ist Voraussetzung, dass außergewöhnliche Schadensereignisse nach Zahl und Umfang außergewöhnliche Schäden in einem großen Gebiet des Landes verursacht haben. Die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzung obliegt dem Ministerrat.
Grundsätzliche Haltung der Landesregierung ist es jedoch, für versicherbare Schäden keine Landeshilfen zu gewähren. Wie ich durch einen Bericht im Fernsehen kurz nach dem Hagelschaden erfahren habe, hat der Präsident des Landeserwerbsobstbauverbandes die Aussage getroffen, dass er damit rechnet, dass ca. 40 % der Obstbauern gegen Hagelschaden versichert sind. Wir haben in diesem Jahr auch in Fellbach Hagelschäden erlitten. Auch dort war nur ein Teil der Winzer versichert. Wir haben also die Situation, dass man sich gegen diesen Schaden versichern kann und dass derjenige, der nicht versichert ist, weiß, dass er dann das Schadensrisiko eingeht.
Bereits im Jahre 1994 hat die Arbeitsgruppe der Haushaltsstrukturkommission vorgeschlagen, die Förderung der Hagelversicherung einzustellen. Der Rechnungshof hat im Jahre 1996 durch Prüfungsmitteilungen ebenfalls darge