Norbert Zeller
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie vonseiten der CDU können es nicht länger leugnen: Nach wie vor gibt es an unseren Schulen einen zum Teil erheblichen, gravierenden Unterrichtsausfall, und die Tendenz ist steigend.
Die Ursache, meine Damen und Herren, ist eine falsche Personalpolitik. Noch vor zwei Jahren hatten Sie und die Kultusministerin jeglichen Unterrichtsausfall an badenwürttembergischen Schulen abgestritten; ich füge hinzu: wider besseres Wissen.
Auf Druck von Eltern und von uns mussten Sie Erhebungen zum Unterrichtsausfall durchführen, die all das bestätigten, was wir Ihnen zuvor gesagt hatten.
Am 18. Januar dieses Jahres veröffentlichten Sie eine neue Umfrage mit der Absicht, dass nun ja alles besser dargestellt werden sollte – frei nach dem Motto: „Ist alles halb so schlimm, der so genannte Pflichtunterricht ist gesichert.“ Vom wichtigen Ergänzungsunterricht, den Sie in Ihrer Amtszeit radikal gekürzt haben und der eigentlich wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Erziehung ist, reden Sie schon gar nicht mehr.
Auf besagter Pressekonferenz kündigten Sie, Frau Schavan,
eine weitere Erhebung für die erste Februarwoche an. – Frau Schavan ist gar nicht da. So wichtig nimmt sie offensichtlich dieses Thema.
Sie holt sich wahrscheinlich den höchsten Segen ab.
Frau Schavan kündigte eine erneute Erhebung für die erste Februarwoche an. Aber auch hier Fehlanzeige! Auch hier verfährt Frau Schavan nach dem Prinzip: Hauptsache eine Ankündigung.
Ich sage Ihnen: Sie wusste ganz genau, dass die Zahlen noch schlechter ausfallen würden als die, die heute schon vorliegen.
Als ich Frau Schavan im Schulausschuss gefragt habe, warum es zu dieser Verschiebung komme, hat sie entlarvend gesagt, sie wolle die Erhebung vor der Wahl nicht mehr veröffentlichen. Das war ihre Aussage. Dies nenne ich unseriös, und das ist nichts anderes als eine Täuschung der Öffentlichkeit, der Eltern, der Schüler und der Lehrer.
Aber es kommt noch ein bisschen besser: Frau Schavan und ihre Wahlkampfhelfer reden wider besseres Wissen davon, dass sie in dieser Legislaturperiode mehr Lehrerstellen geschaffen habe, als dies versprochen worden sei.
Auch hier Fehlanzeige! Herr Rau, Sie werden nachher bestätigen müssen: Die Landesregierung hat in dieser Legislaturperiode 1 600 Stellen geschaffen. Wir hatten bei den Haushaltsberatungen die Anträge gestellt, mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, wie Sie das versprochen hatten, und Sie haben diese Anträge damals abgelehnt.
Das nenne ich schlichtweg unseriös.
Es geht noch weiter. Ich will Ihnen nur einmal deutlich machen, mit welchen Tricksereien Sie gegenüber der Öffentlichkeit arbeiten. In einem Interview mit dem „Focus“ in der letzten Woche behauptete Frau Schavan doch allen Ernstes auf die Frage nach dem Lehrermangel – ich zitiere –:
Wir haben in meinem Bundesland längst reagiert: 14 235 Lehrer mehr in fünf Jahren.
Meine Damen und Herren, dieses Interview – ich habe mich gerade erkundigt – war autorisiert. Ich fordere Sie hier auf, anstatt falsche Zahlen zu nennen – –
Sonst sind Sie ja auch immer so fix. Wenn die dpa 5 119 nennt, kommen Sie sofort und sagen, es seien 5 219. Sie hat gesagt, es seien 14 235 Lehrer mehr eingestellt worden. Das ist schlichtweg falsch. Es waren 1 600 und nicht mehr und nicht weniger.
Ich fordere Sie also auf: Kehren Sie zur Wahrheit zurück, und lügen Sie die Öffentlichkeit nicht vor der Wahl noch an!
Sie, meine Damen und Herren, tragen die Verantwortung für den Unterrichtsausfall von über 80 000 Stunden pro Woche, Tendenz steigend!
Sie tragen die Verantwortung für immer größer werdende Klassen, und Sie tragen die Verantwortung dafür, dass unsere Grundschulkinder die geringsten Unterrichtszeiten und keine verlässliche Halbtagsgrundschule haben.
Sie tragen auch die Verantwortung für eine falsche Personalpolitik. Sie haben die Zweidrittelstellen abgeschafft. In einer Zeit, in der wir die jungen Menschen noch zur Verfügung hatten, haben Sie diese Leute nicht eingestellt, sondern haben diese Regelung, die wir in der großen Koalition zusammen getroffen haben, wieder abgeschafft, mit dem Ergebnis, dass Leute mit der Note 1,4 auf der Straße gestanden sind, nicht wussten, was sie tun sollen, und Taxifahrer wurden. Das war Ihre falsche Personalpolitik!
Nein. Am Schluss.
Ich sage Ihnen auch: Sie haben nicht die Chance genutzt, die noch zur Verfügung stehenden Bewerber zu übernehmen. Stattdessen haben Sie sie erneut vor die Tür gesetzt. Manchmal habe ich den Verdacht, dass Sie die Realität an den Schulen nicht wahrnehmen.
Ich hätte jetzt der Frau Schavan gern noch eine Geschichte vorgetragen. Sie war ja erst kürzlich bei den Ordensschwestern in Hegne. Mit denen hat sie diskutiert und damit auch ihr ideologisches Weltbild gezeigt. Ich zitiere kurz aus dem Artikel im „Südkurier“:
„Erziehung ist keine Frage des Geldes, sonders des Charakters“, sagt die studierte Theologin und Pädagogin Annette Schavan in so subtiler Tonart, dass die gastgebende Schulleiterin das Gesicht in ihre Hände vergräbt und Schwester Edith mit rotem Kopf die Finger auf den Podiumstisch trommelt.
Das ist die Realität: Selbst Ordensschwestern nehmen die Ministerin nicht mehr ernst.
Und die anwesenden Erzieherinnen verstanden die Einlassungen im Übrigen als einen Aufruf: „Frauen zurück an den Herd!“ Es ist doch klar, dass es mit einer solchen Ideologie nichts mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden kann, mit einer verlässlichen Halbtagsschule oder mehr Ganztagsschulen. Wer eine solche Denkweise im Kopf hat, der kann keine vernünftige Bildungspolitik machen!
Deswegen sage ich nochmals, dass die Schulwirklichkeit bei der Kultusministerin offensichtlich nicht verankert ist. Eltern werfen der Kultusministerin geschönte Zahlen und eine Verharmlosung vor. Ich finde es nicht nur lobenswert, wenn Eltern gegen den Unterrichtsausfall und wegen fehlender Lehrkräfte protestieren und einen Fackellauf unter dem Motto „Nicht mehr lange fackeln – jetzt Lehrkräfte einstellen“ organisieren. Es ist sogar die Pflicht von Eltern, sich für ihre Kinder einzusetzen und für mehr Bildung und Chancengleichheit zu demonstrieren.
Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam mit den Grünen einen Antrag vorbereitet und Forderungen nach einigen Sofortmaßnahmen vorgelegt, die zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung führen sollen. Ich will jetzt nicht alles im Detail vortragen, aber ich sage Ihnen: Wir brauchen zusätzlich 5 000 Lehrerstellen. Wir brauchen die Anerkennung von Lehramtsabschlüssen der anderen Bundesländer und die Einstellung auch derjenigen Lehrerinnen und Lehrer, die sich bereits über Jahre hinweg als Krankheitsstellvertretungen bewährt haben.
Wir brauchen eine bessere Bezahlung von Hauptschullehrkräften und einen einheitlichen Ausbildungsgang der Sekundarstufe I. Wir brauchen eine leistungsbezogene Bezahlung der Lehrerschaft, und wir brauchen endlich vernünftige Einstellungsverfahren, um hier nicht gegenüber den anderen Bundesländern benachteiligt zu werden. Wir brauchen auch eine Öffnung für Seiteneinsteiger und eine Imagekampagne, damit die Lehrer nicht ständig madig gemacht werden, sondern den Lehrerberuf endlich als eine Chance sehen.
Herr Pfister, nehmen Sie einmal das, was Herr Oettinger gesagt hat: „Faule Hunde“.
Meine Damen und Herren, wir brauchen, um eine gute Schule zu bekommen, mehr Chancengleichheit zu bekommen, mehr Qualität in der Bildungspolitik zu bekommen, nicht nur kleinere Klassen und selbstständige Schulen, sondern vor allem ausreichend viele Lehrkräfte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Präsident.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn der Herr Staatssekretär die fünffache Redezeit beansprucht hat,
war seine Rede nichts anderes als ein Einlullen und nichts anderes als der Versuch, von den Realitäten abzulenken.
Ich frage mich schon: Für wie blöd halten Sie eigentlich die Eltern? Für wie blöd halten Sie eigentlich die Lehrerinnen und Lehrer, wenn Sie so dummes Zeug wie hier gerade eben zum Besten geben?
Ich empfehle Ihnen allen einmal, mit den Lehrern und mit den Eltern zu reden.
Wir hatten erst gestern wieder ein interessantes Gespräch. Dabei haben uns zum Beispiel die Vertreter der beruflichen Schulen erneut bestätigt, dass an den beruflichen Schulen ein Mangel von über 1 000 Lehrkräften besteht. Und dann stellen Sie sich hier hin und lullen die Leute ein, anstatt die Wahrheit zu sagen.
Sie haben nichts dazu gesagt, dass die baden-württembergischen Schülerinnen und Schüler in der Grundschule die geringste Stundenzahl haben. Sie haben nichts dazu gesagt, dass wir nicht nur weit davon entfernt sind, sondern gar nicht daran denken können, in Baden-Württemberg flächendeckend Ganztagsschulen zu haben.
74 Schulen von 4 000 Schulen sind Ganztagsschulen. Herr Rau, Sie wissen: Lügen haben kurze Beine. Das wissen Sie ganz genau.
Und dann stellen Sie, Herr Köberle, sich hier hin und lullen die Leute ein. Das ist genau Ihre Art. Da reden Sie von 5 200 Stellen.
Sie erwecken den Eindruck, als ob alle diese Stellen zusätzlich geschaffen worden wären. Derweil haben Sie in diesem Haushaltsjahr lediglich 800 Stellen und in dieser Legislaturperiode lediglich 1 600 Stellen geschaffen.
Das taten Sie im Gegensatz zu uns, die wir gesagt haben: „Um den steigenden Schülerzahlen zu begegnen und um die verlässliche Halbtagsschule einzuführen, brauchen wir zusätzliche Stellen.“ Wir haben in dieser Legislaturperiode – sauber finanziert – 4 270 Stellen beantragt, die Sie alle abgelehnt haben. Das ist Ihre wahre Bildungspolitik.
Und Sie, meine Damen und Herren, erkennen nicht einmal: An unseren Pädagogischen Hochschulen haben nur noch ein Drittel der Studierenden den Studienschwerpunkt Hauptschule. Fragen Sie sich doch einmal, warum das so gekommen ist. Das ist deswegen so gekommen, weil Sie nicht entsprechend reagiert haben, weil Sie die Leute auf der Straße haben stehen lassen, anstatt sie in einem vernünftigen Verhältnis auf der Basis von Zweidritteldeputaten einzustellen.
Bitte.
Herr Kollege Wieser, ich habe immer gedacht, dass Sie zu den Menschen gehören, die ein etwas längeres Gedächtnis haben. Aber ich helfe Ihnen gern nach.
Jetzt müssen Sie aber schon zuhören, nachdem Sie mich gefragt haben.
Wir haben vor der letzten Wahl gesagt, dass wir im Rahmen der Haushaltsmöglichkeiten neue Stellen schaffen werden.
Wir haben sie nicht quantifiziert. Es war aber für uns immer klar, dass wir einen Schwerpunkt auf die Bildungspolitik legen und dafür zusätzliche Stellen schaffen werden.
Jetzt sage ich Ihnen noch eines, Herr Wieser: Wir beide waren ja jeweils bei den Verhandlungen in der großen Koalition dabei.
Damals waren Sie noch für Bildungspolitik zuständig. Jetzt dürfen Sie das ja nicht mehr machen. Aber ich sage Ihnen: Sie wissen ganz genau, wer gebremst hat, als wir in der Zeit der großen Koalition die zusätzlichen Stellen geschaffen haben. Sie wissen, wer da ständig gebremst hat, wer da von Ihrer Seite aus ständig gesagt hat:
„Wir erhöhen die Arbeitszeit; das ist die richtige Regelung“, anstatt mehr Stellen zu schaffen. Das waren nämlich Sie.
Bevor ich zum Schluss komme, meine Damen und Herren, will ich Ihnen kurz noch etwas zum Thema Planungssicherheit sagen. Herr Köberle hat hier ja so groß die Planungssicherheit dargestellt. Da ist ja nicht arg viel da. Ich will Ihnen jetzt aber kurz anhand einiger Punkte etwas dazu sagen.
Ich will das zum Abschluss noch sagen, Herr Präsident.
Am 31. Januar 2000 gab es eine Pressemitteilung des Kultusministeriums: „Ausblick für das Jahr 2000“. Ich zitiere sinngemäß: Für das Jahr 2000 rechnet das Kultusministerium mit weit über 3 000 Neueinstellungen. Wir werden 2 250 Stellen schaffen. Die sind prognostiziert.
Am 20. Juni 2000 gilt plötzlich eine neue Zahl: 4 000 seien notwendig. Und am 7. September heißt es, 5 000 seien notwendig.
Das ist die Realität, wie Sie Planung vorantreiben. Sie hatten von Januar bis September eine Steigerung auf das Doppelte, und da stellen Sie sich hier hin und sagen, das sei Planungssicherheit!
Weder Eltern noch Lehrer wissen, was auf sie zukommt, was sie von Ihnen erwarten können. Da reden Sie von Planungssicherheit, anstatt eine vernünftige, vorausschauende Bildungspolitik zu betreiben.
Herr Köberle, ist Ihnen bekannt, dass es in Freiburg diesbezüglich einen Arbeitsgerichtsprozess gibt, der zurzeit läuft? Wie beurteilen Sie die dortige Situation?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Grundschule ist die Schule, in die alle Kinder gehen.
Sie hat damit auch eine große Leistungsbreite. Ihre Schüler haben unterschiedliche soziale Herkünfte, und daraus folgt, dass Unterricht zieldifferent erfolgen muss. Grundschule hat einen eigenständigen Bildungsauftrag, meine Damen und Herren. Ich möchte hinzufügen: Die Lehrerinnen und Lehrer leisten dort eine hervorragende Arbeit,
obwohl Schulen, Lehrkräfte und Eltern von der Kultusministerin immer wieder in neue, unausgewogene Projekte getrieben werden.
Ich will dies an einigen wenigen Beispielen belegen. In fünf Minuten kann ich das leider nicht so ausführen, wie ich es gern machen würde.
Die so genannte verlässliche Halbtagsschule, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als eine Worthülse und eine Mogelpackung.
Es gibt keine zusätzlichen Unterrichtsstunden.
Herr Haas, bei Ihnen hat man es gemerkt, dass es nicht notwendig ist.
Baden-Württemberg hat im Vergleich zu den anderen Bundesländern die geringste Anzahl von Unterrichtszeiten. Die Folge ist, meine Damen und Herren, dass für eine zusätzliche Betreuung im Gegensatz zu den anderen Bundesländern die Kommunen und die Eltern die Zeche zahlen müssen,
bis zu 180 DM pro Monat.
In Nordrhein-Westfalen beispielsweise gibt es an 91 % der Schulen Ganztagsunterricht, während in Baden-Württem
berg lediglich 7,3 % der Schülerinnen und Schüler am Betreuungsunterricht teilnehmen.
Das heißt, wir haben zusätzliche Belastungen. Das bedeutet im Übrigen auch, dass, wenn es darum geht, Unterricht zu garantieren, wie Sie das ja zusagen, Zeiten aus dem Ergänzungsbereich genommen werden oder – das können Sie überall an Schulen vor Ort sehen – Unterrichtsstunden von der Hauptschule auf die Grundschule verlagert werden. Und es geht so weit, dass sogar pensionierte Lehrkräfte eingestellt werden müssen.
Sie wollen an den Grundschulen weder kleinere Klassen schaffen
noch zusätzlichen Unterricht gewähren. Das ist Ihr Problem. Sie haben in den letzten Jahren sogar den wichtigen Ergänzungsunterricht abgebaut sowie wichtige Stütz- und Fördermaßnahmen radikal gekürzt. Das war Ihre Grundschulpolitik.
Bei der Einführung des Fremdsprachenunterrichts haben Sie lange Zeit geschlafen.
Bis heute ist die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer völlig unzureichend.
Auch im Bereich der Orientierungsstufe haben Sie es im Grunde nicht geschafft, dass real eine Durchlässigkeit stattfindet. Die Orientierungsstufe in Baden-Württemberg ist nichts anderes als ein Papiertiger.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat nicht nur keine verlässliche Halbtagsgrundschule geschaffen, die diesen Namen tatsächlich verdient; auch bei den Ganztagsgrundschulen gibt es Fehlanzeige. Darüber hinaus haben Sie es auch nicht geschafft, die Integration behinderter Kinder in das Regelschulwesen voranzubringen. Sie haben nur ein paar Alibiveranstaltungen geschaffen. Im Grunde blockieren Sie, anstatt zu fördern.
Der Nebeneffekt ist, dass wir eine schleichende graue Integration haben. Anstatt Stütz- und Fördermaßnahmen in den Pflichtbereich zu nehmen, haben Sie diesen Bereich im Grunde gekürzt.
Das Fantastische ist doch, meine Damen und Herren, dass Kinder, die vom Kindergarten in die Grundschule kommen, gerne in die Schule gehen; sie wollen etwas leisten.
Aber allzu schnell wird ihnen diese Freude verdorben, auch deswegen, weil die Lernbedingungen eben nicht ideal sind. Wir haben nach wie vor zu große Klassen.
Neuere Untersuchungen der Schulforschung belegen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen dem Lernerfolg und der Klassengröße gibt. Im Übrigen hat das auch etwas mit Chancengleichheit zu tun. Ich empfehle Ihnen, die heutige Pressemitteilung zu lesen, in der Frau Bulmahn und Herr Zehetmair gemeinsam für bessere Bedingungen an der Grundschule kämpfen.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend sage ich Folgendes: Was wir brauchen, ist eine echte Halbtagsgrundschule, die diesen Namen verdient.
Wir brauchen zusätzliche Fremdsprachen, eine wirksame Fortbildung und mehr Zeit für Kinder.
Dass Sie, Herr Haas, nicht viel von Schule verstehen, hat sich herumgesprochen.
Wir brauchen mehr Zeit für Kinder, das heißt zusätzliche Stütz- und Fördermaßnahmen. Wir brauchen eine Orientierungsstufe, die diesen Namen verdient, die Herabsetzung des Klassenteilers und den Ausbau der Kooperation und Integration von Grundschulen und Sonderschulen. Außerdem brauchen wir eine Krankheitsreserve an den Grundschulen.
Erst wenn wir diese Rahmenbedingungen haben, können wir davon ausgehen, dass wir eine gute Grundschule bekommen.
Herr Rau, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir den Fremdsprachenunterricht an Grundschulen schon seit mehreren Jahren fordern?
Früher haben wir die Einführung ab der dritten Klasse gefordert, aber nach einer intensiven Diskussion haben wir durchaus eingeräumt, dass es auch ab der ersten Klasse Sinn macht. Die Ankündigung des Herrn Ministerpräsidenten in der Regierungserklärung lautete, dass der Fremdsprachenunterricht flächendeckend in dieser Legislaturperiode kommen würde, und herausgekommen ist ein klägliches Ergebnis. Sie haben wertvolle Zeit verstreichen lassen und vor allem die Fort- und Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer verschlafen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass der gerade die Sitzung leitende Präsident hier ständig Kommentare abgibt.
Ich frage Sie, Frau Ministerin: Bestätigen Sie die Zahlen, die aus Ihrem Hause gekommen sind und die folgendermaßen lauten: Im Schuljahr 1996/97 gab es 10 940 Stunden für den Stütz- und Förderunterricht, im Schuljahr 2000/ 2001 lediglich noch 7 690 Stunden?
Aus dem Ergänzungsbereich werden ebenfalls Stunden für die Sprachförderung von Ausländern und von Aussiedlern genommen.
Können Sie bestätigen, dass die Zahlen im Schuljahr – –
Können Sie zuhören? Ich fragte, ob Sie bestätigen können – –
Können Sie bestätigen, dass die Zahl der Stunden für die Sprachförderung im laufenden Schuljahr von 21 680 auf 16 488 zurückgegangen ist?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch bei den Ganztagsschulen bildet Baden-Württemberg im Vergleich mit den anderen Bundesländern das Schlusslicht.
Sie von der CDU wollen ständig und stets Tabellenführer sein, sind es aber längst nicht. Ihre Märchen und Behauptungen werden zusehends entlarvt.
Der Städtetag, Herr Scheuermann, viele Eltern und Lehrer wollen, dass das Land aus dem Winterschlaf erwacht, und fordern mehr Ganztagsschulen im Lande. Auch die Wirtschaft sieht in einem ausreichenden Angebot an Ganztagsschulen einen wichtigen Standortfaktor für die Gewinnung von Fachpersonal.
Es ist eine traurige Negativbilanz, die Sie zu verantworten haben: Von den über 4 000 allgemein bildenden Schulen gibt es laut Ihrer Stellungnahme, Frau Ministerin, gerade einmal 54 Ganztagsschulen, zu denen in diesem Schuljahr zehn Schulen hinzukommen, an denen seit einigen Wochen wenigstens die fünfte Klasse Ganztagsunterricht erhält.
Noch im März dieses Jahres hat das Kultusministerium in der Presse verkündet, dass bis zum Schuljahresanfang 120 Ganztagsschulen an Hauptschulen eingerichtet werden sollten. Und dann kommen gerade mal zehn Schulen heraus. Ich sage: Dies ist ein jämmerliches Ergebnis.
Dies ist eine klägliche Bilanz, meine Damen und Herren. Schuld daran sind Sie, Frau Ministerin, da Sie bei der administrativen Umsetzung politischer Ziele schlichtweg unfähig oder überfordert sind.
Offensichtlich haben Sie die Notwendigkeit eines flächendeckenden Angebots an Ganztagsschulen bis heute nicht erkannt, und Ihre Koalitionsvereinbarung ist diesbezüglich das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurde.
In fünf Jahren ist es dieser Regierung und dieser Kultusministerin immerhin gelungen, ganze zehn neue Ganztagsschulen im Land einzurichten
und deren Zahl von 44 zum Schuljahresbeginn 1996/97 auf jetzt 54 zu steigern. „Bravo!“ kann man da nur sagen. Wenn man Sie in diesem Tempo weitermachen ließe, dann wären bis in 50 Jahren wahrscheinlich sogar schon alle 127 Brennpunktschulen zu Ganztagsschulen umgewandelt, die in Ihrem Schulentwicklungsplan vorgesehen sind.
In nicht einmal 2 % der allgemein bildenden Schulen des Landes wird Ganztagsunterricht angeboten – ein Armutszeugnis, so sage ich, für Ihre Bildungspolitik, ein Hemmschuh für die wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Entwicklung, gerade auch für die Berufstätigkeit von Frauen, und ein Beleg für Ihre ideologische Verbohrtheit, mit der in diesem Land konservative Bildungspolitik betrieben wird.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern – nehmen Sie sich an denen ein Beispiel – haben Sie neben dem fehlenden Willen auch kein schlüssiges Konzept für ein deutlich größeres Angebot an Ganztagsschulen. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Nordrhein-Westfalen.
Ein Drittel der Schulen der Sekundarstufe I in NordrheinWestfalen sind Ganztagsschulen oder haben Ganztagsangebote. Bei den Hauptschulen sind es 60 %, meine Damen und Herren. Und hier sind es gerade mal 2 %.
Unser Land braucht dringend ein flächendeckendes Angebot von Ganztagsschulen und von Ganztagsunterricht, und zwar nicht nur an den so genannten Brennpunktschulen, sondern an allen Schularten.
Sie erweisen im Übrigen auch der Ganztagsschulidee einen Bärendienst, wenn Sie dieses Etikett mit Brennpunktschulen verbinden und ihm damit einen sozialen Makel anheften. Wir wissen doch, dass der Wandel der gesellschaftlichen Anforderungen zu einem neuen Leistungsprofil führt und nicht nur die Stoffvermittlung und das Faktenwissen in den Vordergrund stellt, sondern auch den Erwerb von Schlüsselqualifikationen, von Lernen, von ganzheitlichem Lernen. Kreativität, Fantasie, all dies sind wichtige Bereiche, die soziale Kompetenz, die kulturelle Kompetenz. All dies ist heute in einem Schulwesen notwendig.
Völlig zu Recht lehnt auch die Wirtschaft eine Beschränkung der Ganztagsschulen auf reine Brennpunktschulen ab. Sie fordert – und ich zitiere hier –:
Ein breites Ganztagsangebot an allen Schulformen, das in zumutbarer Entfernung für die Schüler zu erreichen ist, erleichtert Eltern die Entscheidung für die dem Kind gemäße Schulform.
Dies können Sie einer Schrift der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände entnehmen.
Den Bedarf an Ganztagsschulen veranschlagen die Arbeitgeberverbände für die allgemein bildenden Schulen auf mindestens – und jetzt hören Sie bitte genau zu – 20 bis 30 %. Eine Studie des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft aus dem Jahre 1991, also noch zu Zeiten der Kohl-Ära, hatte sogar einen Bedarf von 40 % Ganztagsschulen ermittelt. In Baden-Württemberg – ich sage das zu Ihrer Erinnerung nochmals – sind es nicht einmal 2 %!
Meine Damen und Herren, Sie schaden damit den Kindern und Jugendlichen und verwehren vielen die Chancengleichheit; denn vielen Kindern und Jugendlichen bieten Ganztagsschulen eine echte Chance für bessere Lernbedingungen – für Lehrer und Schüler gleichermaßen –, und sie sind eine hervorragende Voraussetzung für eine bessere und intensivere Erziehungs- und Beziehungsarbeit.
Für viele Väter und Mütter sind Ganztagsschulen eine Chance, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Dies gilt erst recht für Alleinerziehende. In Baden-Württemberg sind zwei Drittel aller Frauen zwischen 20 und 60 Jahren berufstätig, und deutlich über die Hälfte von ihnen haben Kinder im schulpflichtigen Alter. Vor allem diese Familien werden mit ihren täglichen Problemen schmählich von Ihnen im Stich gelassen, wenn es darum geht, Beruf und Familie in Einklang zu bringen.
Auch von der Wirtschaft wird dies längst nicht mehr akzeptiert und als realer Standortnachteil gesehen, weil Ihre Weigerung zur Einrichtung von Ganztagsschulen eben kein Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist und das Potenzial qualifizierter Frauen in der Wirtschaft behindert, anstatt es zu fördern.
Wissenschaftlich erwiesen ist auch, dass Kinder und Jugendliche an Ganztagsschulen größere Lernerfolge erzielen und die Zahl der Schulabbrecher geringer ist. Die Lernbedingungen sind an Ganztagsschulen besser. Sie fördern die soziale Integration.
In Ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag haben Sie nicht im Ansatz die Notwendigkeit der flächendeckenden Errichtung von Ganztagsschulen erkannt, weil Sie Ganztagsschulen sonst nicht lediglich auf so genannte Brennpunktschulen reduziert hätten.
Gefragt nach Ihren Planungen zum Ausbau von Ganztagsschulen reden Sie von der verlässlichen Grundschule und gehen nicht auf das eigentliche Thema ein. In der Schule würde man, wenn man eine solche Antwort bekäme, sagen: Frage nicht beantwortet, setzen.
Die entsprechende Note ergibt sich dann zwangsläufig.
Obwohl die Akzeptanz von Ganztagsschulen nicht nur beim Städtetag, sondern auch beim Handwerk, bei Handel, Gewerbe und der Industrie längst unbestritten ist, sind Sie
nicht in der Lage, die 127 Anträge auf Einrichtung einer Ganztagsschule zu genehmigen. Hier rächt sich, dass Sie unseren Anträgen auf zusätzliche Stellen in den letzten Haushaltsberatungen nicht zugestimmt haben.
Schulen und Kommunen, die örtliche Ganztagskonzepte erarbeitet und für ihre Situation Schulprogramme erstellt haben, lassen Sie jämmerlich hängen, weil Ihnen solche Schulen offenbar trotz aller verbalen Sprüche nicht ins Weltbild passen. Anstatt mit den Kommunen zusammenzuarbeiten und sie zu ermuntern, weitere Ganztagsschulen einzurichten, treiben Sie eine unverantwortliche Abwehrbürokratie. Wir im Land brauchen, meine Damen und Herren, ein mit den Kommunen abgestimmtes Konzept für einen flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen für alle Schularten und eine deutliche Reduzierung des Klassenteilers.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wahrheit tut weh.
Wenn wir hier feststellen, Herr Wieser, dass Baden-Württemberg bezüglich der Ganztagsschulen absolutes Schlusslicht
im Vergleich mit anderen Bundesländern ist, so tut dies weh. Dies können Sie nicht wegdiskutieren: Baden-Württemberg ist am Ende
am Ende der Tabelle.
Meine Damen und Herren, dass sich die Ministerin – –
Ja, ja! Meine Damen und Herren, vergleichen Sie einmal die Anzahl der Ganztagsschulen – –
Herr Göbel, dass Sie etwas von Baumschulen verstehen, gestehe ich Ihnen ja zu. Aber von Ganztagsschulen verstehen Sie, glaube ich, nichts.
Ich sage Ihnen eines: Vergleichen Sie einmal die Zahl der Ganztagsschulen in Baden-Württemberg mit den entsprechenden Zahlen der anderen Bundesländer. Dann müssen Sie erkennen – und es nützt nichts, wenn Sie dies wegdiskutieren wollen –: Baden-Württemberg hat auf diesem Gebiet eben einen riesigen Nachholbedarf,
und andere Bundesländer liegen weit vor uns.
Frau Ministerin, Sie haben zu meinem Vorwurf nichts gesagt: Sie kündigten im März dieses Jahres an, Sie wollten die Zahl der Ganztagsschulen in Baden-Württemberg auf über 120 erhöhen. Sie machen große Ankündigungen und Versprechungen, können diese aber letzten Endes nicht halten.
Das ist doch nicht der Fall.
Ich könnte Ihnen zum Beispiel aus meiner Heimatstadt sagen – dort habe ich mich erkundigt –, dass das nicht der Fall ist. Dieser Antrag ist noch unerledigt. Vielleicht haben Sie ihn heute Morgen genehmigt. Das wäre allerdings denkbar.
Das trifft schlichtweg nicht zu.
Im Grunde genommen haben Herr Seimetz und Frau Berroth – sie hat das ja sehr gut beschrieben – deutlich gemacht, wie rückwärts gewandt Sie denken. Herr Seimetz und Frau Schavan, ich empfehle Ihnen einfach einmal die Lektüre dieser Broschüre.
Sie stammt nicht von der Sozialdemokratischen Partei, sondern das ist eine Broschüre der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Darin wird deutlich gefordert – aus anderen Gründen, die wir allerdings auch unterstützen, nämlich aus wirtschaftspolitischen Gründen –, einen Anteil von über 30 % Ganztagsschulen einzurichten.
Darauf sind Sie ebenfalls nicht eingegangen.
Das Fatale ist: Sie beschönigen die Situation, die wir haben, und sind nicht bereit, zu erkennen, dass Sie tatsächlich weit hinten liegen.
Dann kommen Sie noch mit solchen Dingen.
Darauf werden wir sicher bei anderen Gelegenheiten noch zu sprechen kommen.
Sie versuchen jetzt sozusagen, alles rundum in diese Diskussion einzupacken. Ich kann Ihnen sagen: In vielen Bereichen, in vielen bildungspolitischen Detailfragen hinkt Baden-Württemberg weit hinterher. Ich kann Ihnen dies konkret belegen und freue mich auch, Ihnen dies in Diskussionen konkret zu sagen.
Allein bei den Bildungsfinanzierungen liegt Baden-Württemberg im Vergleich zu den anderen Bundesländern nicht an erster, sondern nur an zehnter Stelle. Dies sagt alles aus.
Frau Ministerin, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Zahlen, die ich zitiert habe, von der KMK sind und die Zahlen, die Sie jetzt hier genannt haben, in die Korrektur mit eingeflossen sind?
Dies bedeutet, dass Baden-Württemberg ursprünglich – – Das sind übrigens Ihre eigenen Zahlen gewesen, die Sie angegeben haben. Das ist nicht unsere Erfindung.
Hören Sie doch zu! Ich habe gesagt: „Würden Sie zur Kenntnis nehmen...“
Nach diesen von Ihnen zuerst genannten Zahlen lagen Sie auf Rang 14. Nach Ihrer Korrektur liegen Sie auf Rang 10.
Herr Rau, können Sie uns, nachdem Sie das hier vorgetragen haben, erklären, warum das Buch einerseits als Pflichtlektüre nicht mehr zulässig ist, andererseits aber beim mündlichen Abitur zugelassen wird?
Herr Minister, heißt dies konkret, dass Sie bereit sind, die Kürzungen im Bereich der Sprachförderung zurückzunehmen und hier wieder mehr Geld zu investieren?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht um die Bezuschussung der Hagelprämie durch das Land. Ich frage die Landesregierung:
a) Aus welchem Haushaltstitel will die Ministerin für den ländlichen Raum die wegen der von ihr am 15. September 2000 in Bavendorf gemachten Zusage notwendig gewordenen Finanzmittel für eine Wiederaufnahme der Bezuschussung zur Hagelprämie bereitstellen?
b) Wann und in welcher Höhe wird die Landesbezuschussung der Hagelprämie erfolgen?
Frau Ministerin, habe ich Sie richtig verstanden? Wenn Sie sich bemühen, heißt das dann, dass Sie dieses Geld tatsächlich in Ihrem Haushalt zur Verfügung stellen wollen – die Hälfte, haben Sie gesagt –, und aus welchem Titel stammt diese Summe?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das neue Schuljahr hat begonnen, und noch immer gibt es für die Eltern in Baden-Württemberg keinen Rechtsanspruch auf eine verlässliche Grundschulzeit von vier bzw. fünf Stunden. Noch immer ist Baden-Württemberg eindeutig Schlusslicht mit den erteilten Wochenstunden an den Grundschulen.
Es geht hier nicht um Schlechtreden, Herr Rau. Es geht um Tatsachen. Die Schavan’sche Verlässlichkeit ist nichts an
deres als eine Mogelpackung, bei der die Kommunen und die Eltern die Zeche zahlen müssen.
Herr Rückert, Sie als Finanzer müssen das wissen: Es gibt keine einzige zusätzliche Stunde für die Grundschule.
Was wir haben, ist ein unübersehbarer Flickenteppich. Sie wollen das gerne Vielfalt nennen, obwohl Sie davon ansonsten nicht allzu viel halten. Aber Sie argumentieren ja immer so, wie es Ihnen in den Kram passt.
Wir haben also einen unübersehbaren Flickenteppich von Unterricht und Betreuung – manchmal, das sage ich bewusst dazu, in Form von Aufbewahrung –, anstatt unseren Kindern von zum Beispiel 8 bis 12 Uhr für die ersten beiden Klassen oder von 8 bis 13 Uhr für die dritte und vierte Klasse einen Unterricht zu garantieren, und zwar durch das Land, und dies in Form eines rhythmisierten Konzepts.
Im Gegensatz zu Ihnen sagen wir: Unser grundlegender pädagogischer Gedanke für die Weiterentwicklung der Grundschule zu einer vollen Halbtagsgrundschule lautet: mehr Zeit für Kinder. Kinder und Lehrkräfte brauchen mehr Zeit miteinander, um die Grundlage für eine ganzheitliche schulische Bildung und Erziehung zu schaffen.
Eltern und Kinder, meine Damen und Herren, brauchen zuverlässige, feste tägliche Schulzeiten. Eltern können dadurch die Anforderungen von Beruf und Erziehung besser miteinander verbinden.
Nehmen Sie sich doch einmal ein Beispiel an Bayern, an Rheinland-Pfalz oder an Niedersachsen. Diese Länder stellen alle mehr Stunden für ihre Grundschulen bereit als Baden-Württemberg. Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, sparen an der falschen Ecke. Sie sparen an der bildungspolitischen Ecke, und dies ist falsch.
Bei Ihrem Modell – das haben Sie gerade einräumen müssen – nehmen relativ wenig Kinder die Betreuungszeiten – es geht nicht um Unterricht – in Anspruch, weil zum Teil eben auch erhebliche Kosten für die Eltern entstehen. Wir sind, was diese Kritik angeht, mit der Vorsitzenden des Landeselternbeirats einig.
Bildung, Schule und Unterricht sind öffentliche Aufgaben. Das Land – nicht die Eltern und nicht die Kommunen – hat verlässliche Schulzeiten zu garantieren. Ich betone nochmals: Angesichts einer veränderten Familiensituation ist es aus pädagogischen und sozialen Gründen sogar geboten, allen Kindern bessere Lebens- und Lernchancen zu geben.
Ein der CDU angehörendes Mitglied des Schulausschusses verkündet, bei der verlässlichen Halbtagsgrundschule sei eine finanzielle Beteiligung der Eltern unerlässlich. Ich werfe Ihnen vor und sage Ihnen: Das ist nichts anderes als die Einführung des Schulgeldes durch die Hintertür.
Wir sind uns mit dem Städtetag, den Sie, meine Damen und Herren, ja zitiert haben, mit vielen Lehrerverbänden, der GEW, dem Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter und vielen anderen einig, dass der Fremdsprachenunterricht an den Grundschulen möglichst schnell und flächendeckend, und zwar ab der dritten Klasse, eingeführt werden muss – so, wie es im Übrigen einige Bundesländer bereits sehr erfolgreich praktizieren.
Die Beherrschung von Fremdsprachen ist in einem zusammenwachsenden Europa und in einer globalen Kommunikationsgesellschaft heute wichtiger denn je. Aber welcher Zynismus, wenn sich Frau Schavan innovativ geben will und dies auf dem Rücken von Kindern und Lehrkräften austrägt! Von Ihrer großspurigen Ankündigung zu Anfang dieser Legislaturperiode, wonach der Fremdsprachenunterricht an allen Grundschulen erteilt werden soll, ist außer einigen Modellversuchen wenig übrig geblieben, weil Sie lange Zeit geschlafen und sich jetzt konzeptionell verstiegen haben.
Ich zitiere gern den Städtetag – Herr Rau, hören Sie genau zu –, der unsere Kritik teilt. Der Städtetag äußert wörtlich:
Wir fordern, die flächendeckende Einführung dieses Unterrichts vorzuverlegen und diesen Unterricht dann sofort in allen Klassen anzubieten.
Handeln Sie endlich im Interesse der Kinder und der Eltern, und lassen Sie Ihre bildungspolitischen Luftballons platzen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:
a) Ist die Landesregierung bereit, sich umgehend für ein länderübergreifendes gemeinsames Hauptzollamt im Raum Bodensee/Allgäu im Interesse der Wirtschaft, der Landwirtschaft und der gesamten Region einzusetzen?
b) Wird die Landesregierung diesbezüglich unmittelbare Gespräche mit der Bayerischen Staatsregierung aufnehmen bzw. haben bereits Gespräche stattgefunden, wenn ja, welche Ergebnisse wurden erzielt?
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass es darum geht, Länderinteressen geltend zu machen, bevor Entscheidungen getroffen werden, also bevor eine Planungsentscheidung seitens des Bundes getroffen wird, eine Anmeldung in Sachen Hauptzollämter deutlich zu machen, um damit auch eine größere Einflussnahme ausüben zu können?
Zweitens: Haben Sie davon Kenntnis, dass die Bayerische Staatsregierung genau die von mir vorgetragene Position teilt? So schreibt zum Beispiel der zuständige bayerische Staatsminister einer Kollegin, die dieselbe Anfrage wie ich hatte:
Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir im Interesse der heimischen Wirtschaft nach tragbaren Lösungen suchen müssen und deshalb auch die von Ihnen favorisierten Alternativen von länderübergreifenden Hauptzollämtern in Betracht ziehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:
a) Wie hoch ist der Sachschaden im Bereich der Landwirtschaft, der durch die jüngsten Hagelunwetter in der Bodenseeregion verursacht wurde?
b) Ist die Landesregierung bereit, den geschädigten Landwirten eine Entschädigung zu gewähren, und wird sich die Landesregierung wieder an der Hagelversicherung beteiligen?
Frau Ministerin, können Sie sagen, wie viele Betriebe voraussichtlich durch diesen Hagelschaden in ihrer Existenz betroffen sind? Heißt das definitiv, dass Sie sich im Ministerrat nicht dafür einsetzen werden, dass eine entsprechende Entschädigung erfolgt?
Die zweite Frage: Können Sie sagen, in welcher Größenordnung die Prämien durch das Land sein müssten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir eine bessere Unterrichtsversorgung und zuverlässige Zeiten an unseren Grundschulen erreichen. Das, was Sie, Frau Schavan, mit Ihrem Konzept verfolgen, ist nichts anderes als ein Etikettenschwindel zulasten von Eltern, Schulen und Kommunen.
Ihnen schieben Sie den schwarzen Peter zu, und von Ihnen werden sie allein gelassen.
Der erst neulich in Paris veröffentlichte OECD-Bildungsbericht belegt eindeutig, dass die deutschen Grundschulen im internationalen Vergleich Stiefkinder bei der Bildungsfinanzierung sind.
Vergleicht man noch zusätzlich die einzelnen Bundesländer miteinander, so ist festzustellen, dass Baden-Württemberg eindeutig Schlusslicht aller Bundesländer ist.
Sie lassen unsere Grundschulen sträflich hängen. Die Leidtragenden sind die Kinder und Lehrer. Übrigens müssen die Lehrer in immer größer werdenden Klassen unterrichten.
Wir wollen mehr für unsere Grundschulen tun. Wir wollen eine gesetzlich garantierte pädagogische Arbeit von fünf Zeitstunden an fünf Vormittagen in der Woche.
Wir wollen vor allem Kostenfreiheit für diesen Schulbesuch. Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf einen Rechtsanspruch für alle Grundschulkinder auf kostenfreien Unterricht erreichen.
Was Sie mit Ihrem Konzept vorhaben – Herr Wieser, Ihnen hätte ich ein bisschen mehr zugetraut –, ist nichts anderes, als dass Sie diese garantierte Zeit auf die Eltern und Kommunen abdrücken und damit die Finanzierung des öffentlichen Bildungsauftrags zum Teil verlagern. Das halte ich für unseriös.
Ist Ihnen denn eigentlich entgangen, Herr Wieser, dass die Kosten für diese verlässliche Zeit, die wir beantragen, inzwischen auf 80 bis 130 DM gestiegen sind? Wer zahlt denn das? Das sind doch die Eltern, und ich sage noch einmal: Das nenne ich unsozial, das nenne ich familienfeindlich und im Übrigen auch unchristlich.
Bitte schön.
Herr Hofer, ich habe den Eindruck, dass Sie die Situation in unserem Land nicht richtig kennen.
Würden Sie das tun, was ich mache, nämlich mit den Grundschulen und mit den Eltern sprechen, dann müssten Sie feststellen, dass das, was ich gesagt habe, der Wahrheit entspricht, dass die Eltern inzwischen in einer Größenordnung von 60, 80, ja bis zu 130 DM zur Kasse gebeten werden.
Herr Haas, an Ihrer Stelle wäre ich heute ein bisschen ruhiger.
Meine Damen und Herren, die flächendeckende Einführung der verlässlichen Halbtagsschule an der Grundschule und in der Primarstufe der Sonderschule ist die notwendige Antwort auf eine veränderte Kindheit und auf eine veränderte gesellschaftliche Situation. Wir verfolgen mit unserem Konzept eines garantierten Rechtsanspruchs auf verlässliche Zeiten sowohl ein bildungspolitisches als auch ein familienpolitisches und ein frauenpolitisches Ziel.
Unser Gesetzentwurf ist ein wichtiger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und im Übrigen auch von Familie und ehrenamtlicher Tätigkeit. Unser Gesetzentwurf ist deshalb notwendig, weil sich die Landesregierung bis zum jetzigen Zeitpunkt hartnäckig weigert, eine tatsächlich verlässliche Halbtagsschule einzuführen und vor allem kostenfreien Unterricht von täglich fünf Zeitstunden zu garantieren.
Nach den großspurigen Ankündigungen, meine Damen und Herren, der Ministerin, eine verlässliche Halbtagsschule einführen zu wollen, beschränken sich die nun enttäuschenden Umsetzungskonzepte lediglich darauf, den Nachmittagsunterricht auf den Vormittag zu verlagern und die kostenpflichtige Kernzeitenbetreuung etwas zu erweitern.