Aus diesem Grund haben die Landtagspräsidenten auf ihrer jüngsten Konferenz mit Nachdruck gefordert, dass die Landtage an dem nach Nizza neu eröffneten Diskussionsprozess über die Zukunft der Europäischen Union beteiligt werden müssen. Wenn es dabei zur Einrichtung eines Konvents zur Vorbereitung der Regierungskonferenz 2004 kommt, müssen – so die Forderung der Parlamentspräsidentenkonferenz – Vertreter der Landtage dazu gehört werden.
Ich meine: Alle Abgeordneten, die Fraktionsvorsitzenden auf ihren Fraktionsvorsitzendenkonferenzen, die politischen Sprecher auf ihren Fachkonferenzen, aber auch die Landtagspräsidenten auf ihren Konferenzen müssen zusammen daran arbeiten, die Stellung der Landtage zu erhalten und zu verbessern. Dieser Imperativ richtet sich auch an die designierten Mitglieder der Landesregierung, die in ihrer ganz überwiegenden Mehrheit dem Parlament angehören. Vergessen Sie bitte nicht diesen Teil Ihrer Doppelrolle.
Es ist nicht nur guter Brauch und das Recht der Regierung, die grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit mit den anliegenden Grenzregionen und den anderen befreundeten ausländischen Regionen zu pflegen und zu fördern. Vielmehr ist auch der Landtag aufgerufen, sich auf diesem Feld stärker zu engagieren.
Wir haben in dieser Beziehung – das kann ich aufgrund meiner Erfahrungen und Gespräche mit Kollegen anderer Landesparlamente feststellen – in den letzten fünf Jahren einiges bewegt und eine Schrittmacherrolle unter den deutschen Ländern übernommen. Wichtige Marksteine sind ge
setzt worden: die Bildung des Oberrheinrates mit Gewählten aus vier Regionen und drei Nationalstaaten, die Einrichtung der Parlamentarier-Kommission Bodensee mit Vertretern aus mittlerweile zehn Bodenseeanliegerländern und -kantonen. Hinzu gekommen ist das Engagement in europäischen Einrichtungen und Organisationen, allen voran der Ausschuss der Regionen bei der Europäischen Union in Brüssel.
Gerade im Hinblick auf die oben beklagte Bedrohung des föderalen Eigenwerts der Länder halte ich die Mitarbeit im europäischen Rahmen für besonders wichtig. Wir sollen und müssen unsere internationalen Kontakte pflegen, weil wir unter den Regionen Europas die gemeinsame Überzeugung fördern müssen, dass es ein Haus Europa ohne das regionale Fundament nicht geben kann. Diese Einsicht ist umso zwingender, je größer Europa wird.
Ich bin der Landesregierung dankbar, dass sie auf dem Feld der grenzüberschreitenden und interregionalen Zusammenarbeit bisher eng und vertrauensvoll mit dem Landtag kooperiert hat. Ich bin überzeugt, dass Landtag und Landesregierung diese Übung auch in der neuen Wahlperiode in bewährter Manier fortführen.
Die vom Wähler gewollte Verkleinerung des Landtags hat bewirkt, dass sich unsere Arbeitsbedingungen im neuen Landtag wesentlich verbessern. Schon ein Blick in den Plenarsaal genügt, um diese Aussage zu bestätigen. Es ist wieder freier und luftiger im Saal, was der Arbeit und der Würde des Hauses förderlich ist. Ich hoffe, dass wir auch die Sitzverhältnisse des Kollegen Franz Wieser noch verbessern können.
Auch bei der räumlichen Unterbringung der Abgeordneten und der Fraktionen hat sich die Lage entschieden verbessert: Wir konnten alle Abgeordnetenzimmer im Neuen Schloss aufgeben, die Abgeordneten, ohne dass es Engpässe gibt, im Haus der Abgeordneten konzentrieren und dennoch den Fraktionen mehr Räume für ihre Zwecke überlassen.
Wie die dienstälteren Abgeordneten aus Erfahrung wissen, ist unser Plenarsaal in der Sommerpause fast immer eine Baustelle. So wird es auch in diesem Sommer sein, weil notwendige Änderungen in der Möblierung vor der heutigen Sitzung nicht mehr möglich waren.
Für den nächsten Sommer stehen wieder Umbauarbeiten an. Damit sollen für das Fernsehen verbesserte Übertragungsmöglichkeiten geschaffen werden. Außerdem soll die Installation für die Übertragung der Plenardebatten in das Internet erfolgen.
Die Reduzierung auf vier Fraktionen gibt uns die Möglichkeit, die Gestaltung unserer Plenarsitzungen, vor allem am Vormittag, zu überdenken. So können wir bei einem Plenarturnus die Zahl der Aktuellen Debatten und vorgezogenen Initiativen ohne weiteres von sechs Tagesordnungspunkten auf vier Tagesordnungspunkte verkürzen. Meines Erachtens ist selbst eine weitere Verkürzung vorstellbar. Die Beratungen über die Reform der Geschäftsordnung geben uns Gelegenheit, darüber nachzudenken.
In der letzten Wahlperiode haben wir den Kommunen in wesentlichen Fragen der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen ein qualifiziertes Mitwirkungsrecht bei Gesetzgebungsberatungen eingeräumt. Nachdem sich die neue Verfahrensweise, wie ich meine, in der Landtagspraxis bewährt hat, können wir jetzt unsere Absicht umsetzen, diese Neuregelung in die Geschäftsordnung des 13. Landtags aufzunehmen.
Im nächsten Jahr wird das Land Baden-Württemberg sein 50-jähriges Jubiläum begehen. Der Landtag von BadenWürttemberg wird sich selbstverständlich an den dazugehörigen Feiern beteiligen. Die Planungen dafür laufen jetzt an. Eine Absicht steht bereits fest: Der Landtag wird im nächsten Frühjahr erstmals eine Landesausstellung des Hauses der Geschichte präsentieren. Das weitere Veranstaltungsprogramm wird selbstverständlich im Präsidium und mit den Fraktionen erörtert.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn die Plenarsitzungen des Landtags öffentlich sind und häufig im Hörfunk und im Fernsehen übertragen werden, ist das Parlament bei seinen Bürgerinnen und Bürgern doch nicht so bekannt, wie es wünschenswert wäre. Aus diesem Grund haben wir in der vergangenen Wahlperiode einen „Tag der offenen Tür“ durchgeführt, der einen großen Erfolg hatte. Über 10 000 Besucherinnen und Besucher strömten ins Haus, um die Arbeitsbedingungen der Abgeordneten und der Fraktionen kennen zu lernen und sich einen eigenen Eindruck von der Infrastruktur eines Parlaments zu verschaffen. Angesichts dieses vollen Erfolgs wollen wir auch in der kommenden Wahlperiode einen „Tag der offenen Tür“ veranstalten.
Der Öffnung des Landtags nach außen haben auch die Veranstaltungsreihen gedient, die wir in der 11. und 12. Wahlperiode durchgeführt haben. Sie haben hohe Resonanz bei den Bürgern und in interessierten Kreisen erfahren.
Ich habe die Absicht, in der neuen Wahlperiode wieder eine Veranstaltungsreihe durchzuführen. Sie soll dazu beitragen, ein hochpolitisches und die Bevölkerung sehr bewegendes Thema aufzuhellen. Es geht um die Erweiterung der Europäischen Union. Ich will hierzu namhafte Repräsentanten der mittel- und osteuropäischen Staaten gewinnen, uns ihre Positionen über die Chancen und Herausforderungen der Osterweiterung, aber auch über deren Risiken darzulegen.
Es gehört zu meiner Lebenserfahrung, dass kleine, scheinbar nebensächliche Mittel häufig eine gute Wirkung entfalten. Zu dieser Sichtweise gehört, dass ich den Austausch von jungen Praktikanten aus Osteuropa für sehr wichtig halte. Aus diesem Grunde habe ich dafür Sorge getragen, dass junge Beamtinnen und Beamte aus Ungarn in diesem und im nächsten Jahr in der Landtagsverwaltung ein Praktikum ableisten können. Ich knüpfe dabei an Erfahrungen an, die wir bereits in der letzten Wahlperiode gesammelt haben. Falls sich der Austausch wieder bewährt, wird er selbstverständlich über das nächste Jahr hinaus fortgesetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Landtag ist die gewählte Vertretung aller Bürgerinnen und Bürger. Wichtig ist, dass wir dabei vor allem die Benachteiligten in unserer
Gesellschaft nicht vergessen. So ist es für uns selbstverständlich, auch in der neuen Wahlperiode einen „Tag der behinderten Menschen“ zu veranstalten. Gerade die Behinderten sollen immer wieder die Möglichkeit haben, uns Politiker unmittelbar anzusprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt an uns, welches Urteil die Bürgerinnen und Bürger in fünf Jahren über uns abgeben werden. Wenn wir die Probleme anpacken und nicht vor uns herschieben, wenn wir zäh und ehrlich an ihrer Lösung arbeiten, wenn wir ständig im Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern bleiben und Politik in deren Interesse machen, ist mir davor nicht bange.
Packen wir es also an, nehmen wir die parlamentarische Arbeit auf! In diesem Sinne bitte ich Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, daran mitzuwirken, dass der 13. Landtag von Baden-Württemberg seine Funktion zum Nutzen unseres Volkes und unseres Landes ausüben kann und die ihm zustehende Rolle als zentrales Verfassungsorgan des Landes erfüllt. Als Präsident verspreche ich, mich mit ganzer Macht und Kraft dafür einzusetzen.
Meine Damen und Herren, nach § 4 Abs. 6 der Geschäftsordnung werden die stellvertretenden Präsidenten und Präsidentinnen in getrennten Wahlgängen nach demselben Verfahren wie der Präsident gewählt. Dabei steht nach parlamentarischem Gewohnheitsrecht das Vorschlagsrecht den Fraktionen in der Reihenfolge ihres Stärkeverhältnisses nach dem d’hondtschen System zu, wobei allerdings andere Vorschläge aus der Mitte des Hauses gemacht werden können.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, Ihnen wünsche ich für die nächste Amtszeit, die nächsten fünf Jahre, weiterhin eine glückliche Hand, und Ihnen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen und insbesondere den neuen Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich einen guten Start, den wir am besten alle gemeinsam miteinander haben sollten.
Ihnen liegt schriftlich ein Antrag zur Wahl der Vizepräsidenten vor. Wir schlagen vor, dass, wie bereits geschehen, die stärkste Fraktion den Präsidenten stellt und dass jede weitere Fraktion – das sind in diesem Fall drei Fraktionen – einen Vizepräsidenten stellt.
Ich will Ihnen kurz begründen, warum wir das für einen demokratischen Vorschlag, für einen sinnvollen Vorschlag halten, der im Übrigen genau so in anderen Parlamenten, in anderen Landtagen und auch im Bundestag praktiziert wird. In der letzten und in der vorletzten Legislaturperiode haben wir aus gutem Grunde darüber nicht diskutiert, weil keiner von uns wollte, dass die Republikaner, die Rechtsradikalen in der Repräsentation des Hauses nach außen mit vertreten sind. Dieser Beweggrund ist weggefallen. Darüber sind wir alle froh. Jetzt steht eigentlich dem Anliegen, gemeinsam dieses Haus nach außen zu repräsentieren, nichts mehr im Wege. Da möchte ich Bezug nehmen auf die Reden des Alterspräsidenten und auch von Ihnen, Herr Präsident. Wir alle sind Volksvertreter. Wir alle sind vom Volk gewählt. Und insbesondere in der Krise des Föderalismus ist es wichtig, dass sich die Institution Landtag selber ernster nimmt. Deshalb ist es auch wichtig, dass alle Fraktionen bei der Repräsentanz des Hauses nach außen beteiligt werden. Das ist meines Erachtens keine Geschmacksfrage.
Das ist eine Frage des demokratischen Verständnisses. Wir laufen Gefahr, dass wir immer mehr zum Regierungsparlament werden, dass die Regierung ein Übergewicht hat. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass die eigentliche Kontrolle der Regierung natürlich ganz stark auf den Schultern der Opposition lastet. Deshalb ist es, glaube ich, eine bare Selbstverständlichkeit, dass die Opposition bei der Repräsentanz des Hauses, des Landtags, nach außen angemessen beteiligt wird.
Jetzt wäre das ja alles, meine Damen und Herren, ganz einfach, wenn man sich darauf einigen könnte. In unserer Geschäftsordnung steht geschrieben, dass sich in parlamentarischen Angelegenheiten das Präsidium in der Form der Verständigung entscheidet. Das ist nicht geschehen. Stattdessen ist ein Sündenfall geschehen. Die FDP/DVP-Fraktion hat in ihrer Not, weil sie in den Koalitionsverhandlungen nicht richtig vorankam,
Staatssekretärposten, die die CDU gerne gehabt hätte, gegen das Amt eines Vizepräsidenten verhandelt.
Herr Kollege Pfister, die Absicht, dass jede Fraktion bei den Vizepräsidenten vertreten ist, verstehe ich wohl. Aber das Mittel, so etwas in Koalitionsverhandlungen zu verhandeln, ist, denke ich, ein Sündenfall. Es ist die ureigenste Angelegenheit
des Parlaments, des Landtags, des Präsidiums in diesem Fall, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Dadurch aber, dass Sie das zum Gegenstand von Koalitionsverhandlungen gemacht haben, ist das Kind in den Brunnen gefallen. Das Ergebnis ist, dass sich die CDU erpresst fühlt und eigentlich gar nichts machen will,