Wir hätten uns gewünscht, Sie hätten diese Forderung nach Schaffung einer Möglichkeit zur Vernebelung von Kernkraftanlagen von Anfang an unterstützt.
Wir könnten sie schon seit Mitte 2003 haben, wenn das Bundesumweltministerium hier entsprechend vorangegangen wäre.
Wir begrüßen deswegen ausdrücklich, dass es diese Einigung gegeben hat. Wir hoffen, dass die nun vorgesehenen Maßnahmen das Risiko wesentlich reduzieren.
Meine Damen und Herren, es wurde schon gesagt: Eine vorzeitige Abschaltung einzelner Kernkraftwerke, wie Sie dies fordern, halten wir nicht für geboten und vor allen Dingen nicht für verhältnismäßig. Im Grundschutz weisen die Kernkraftwerke in Baden-Württemberg im internationalen Vergleich ein hohes Schutzniveau auf. Eine vorzeitige Stilllegung einzelner Kernkraftwerke in Baden-Württemberg wäre auch deshalb nicht zielführend, da Terroristen sich zahlreiche andere Ziele für ihre Anschläge aussuchen könnten. Im Übrigen stehen Philippsburg 1 und 2 so dicht beieinander, dass es wenig bringt, wenn ich das eine Kraftwerk abschalte und das andere Kraftwerk weiterlaufen lasse. Insofern, glaube ich, sollten wir die Sicherheitsmaßnahmen vornehmen. Das hilft uns mehr, als hier wieder das eine mit dem anderen zu vermischen.
Letztlich würde eine Stilllegung – das kann ich nur unterstützen – einer Kapitulation unserer Gesellschaft vor den Bedrohungen durch den weltweiten Terror gleichkommen. Dies wäre aus meiner Sicht ein falsches Signal. Wir müssen uns eines klar machen: Einen absoluten Schutz gegen kriegerische oder terroristische Bedrohungen wird es nicht geben können. Das von den Betreibern verfolgte Konzept ist deshalb auch kein hundertprozentiger Schutz vor terroristischen Flugzeugangriffen. Es kann aber die Wahrscheinlichkeit von wirksamen Treffern durch terroristische Flugzeugangriffe signifikant senken.
Unser Ziel ist es deshalb, die beabsichtigten Maßnahmen so schnell wie möglich in Baden-Württemberg zu realisieren. Dafür werde ich mich nachdrücklich einsetzen, weil es immer unsere Zielsetzung war und wir uns freuen, dass jetzt auch im BMU angekommen ist, dass die Maßnahmen notwendig sind.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Umweltministerin, es ist schon hanebüchen, was Sie hier loslassen, wenn Sie sagen, wir würden hier ein sensibles Thema an die Öffentlichkeit zerren, obwohl wir es nicht machen sollten.
Jetzt sage ich Ihnen einmal eines: Obwohl ich ein paar Maßnahmen kenne, habe ich keinen einzigen Ton gesagt, was für Maßnahmen es geben kann, um Kernkraftwerke zu schützen, und was angedacht wird. Aber es ist hanebüchen, wenn Sie glauben machen wollen, dass die Terroristen – die ich nicht für allzu intelligent halte, sonst wären sie keine Terroristen – sich nicht überlegen können, eine der wirklich kritischen Einrichtungen, die wir unter den öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Einrichtungen haben – – Das ist sicherlich nicht der Kölner Dom, wie Sie, Kollege Scheuermann, gesagt haben,
(Abg. Scheuermann CDU: Das ist nur ein Beispiel, weil es vergleichbar ist! – Zuruf der Abg. Heidero- se Berroth FDP/DVP)
oder anderes, sondern das sind nun einmal die Kernkraftwerke, die dann, wenn sie beschädigt werden, eine Riesengefahr darstellen, und zwar nicht nur für die Anlieger vor Ort, sondern für einen weiten Umkreis. Sie können doch nicht erzählen, dass Kernkraftwerke gleich zu behandeln seien wie eine kleine Ölraffinerie, der Kölner Dom oder was immer Sie sich vorstellen. Das höchste Risiko geht ganz eindeutig von den Kernkraftwerken aus.
Jetzt sage ich Ihnen von der CDU noch eines. Wir haben gestern gemeinsam den Weg dafür geebnet, dass man in der Terrorismusbekämpfung das eine oder andere im Land anders machen kann. Die Grünen waren noch dagegen. Wir haben aber einiges im Verfassungsschutz geändert, was man nachschauen kann und was man – was Sie als Priorität Nummer 1 bezeichnen – auch machen kann. Aber es gibt nun einmal keinen echten Schutz der Objekte, und gerade angesichts des Risikos, mit dem sie behaftet sind, sollte man das sicherlich nicht außen vor lassen.
Sie treten hier an, Frau Kollegin oder Herr Kollege Scheuermann, und sagen: „Wir wollen eine Laufzeitverlängerung.“ Ich nehme an, Herr Kollege Witzel geht nachher noch darauf ein. Es steht im Atomgesetz drin.
Wenn man bei Philippsburg 1 oder GKN I – das sind ja die gleichen Betreiber – etwas Leistung herausnimmt oder früher, dann kann man sie verlagern. Das hat mit einer Laufzeitverlängerung nichts zu tun. Im Grunde ist es sogar eine Laufzeitverkürzung, weil die jeweiligen zweiten, neuen Blöcke deutlich stärker sind, das heißt die gleiche Leistung an Strom in einer viel kürzeren Zeit abgeben. Das muss man einfach auch einmal zur Kenntnis nehmen. Sie werfen Nebelkerzen und halten uns vor, wir würden ein kritisches Thema, wie Sie gesagt haben, an die Öffentlichkeit zerren. Das ist völliger Nonsens.
Jetzt sage ich Ihnen noch eines. Der VDEW hat, wenn ich es richtig weiß, 2003 im Haus der Wirtschaft …
… eine Veranstaltung organisiert, bei der viele anwesend waren, die sich mit Kernkraftwerken und Kernenergie beschäftigen. Das waren sicherlich nicht alles Geheimnisträger. Das war auch öffentlich, man konnte sich anmelden. Dort sind dezidiert alle Vorschläge vorgestellt worden, wie man den Schutz von Kernkraftwerken erhöhen kann. Dann können Sie uns doch nicht vorwerfen, wir würden hier ein Thema hochziehen, obwohl wir inhaltlich gar nicht auf die Schutzmaßnahmen eingegangen sind.
Meine Damen und Herren, wir werden nachher über die Anträge abstimmen. Sie werden Ihre Meinung kundtun. Wir werden an unseren Anträgen festhalten. Wir unterstützen auch den Antrag der Grünen, weil er insofern der weiter gehende ist, als er auch konkrete Vorschläge macht, wo man hinverlagert, und fordert, dass man mit den Kernkraftwerksbetreibern versucht, Philippsburg 1 und GKN I abzuschalten und deren Leistung auf die jeweiligen Zweierblöcke zu verlagern. Dann wird man sehen, was dabei herauskommt.
Wenn Sie es aber wirklich ernst meinen würden, dann könnten Sie unseren Anträgen durchaus zustimmen, weil sie ja nur bedeuten, das Land soll alles Mögliche dafür tun, um zu erreichen, dass Kernkraftwerke sicherer werden.
(Beifall bei der SPD – Abg. Blenke CDU: Spätes- tens nach Ihrem Vortrag ist das nicht mehr mög- lich!)
Zunächst, Herr Scheuermann, ist ohne Zweifel richtig: Wir dürfen uns nicht nur über Kernkraftwerke und deren Risiken unterhalten, sondern wir müssen auch über Maßnahmen gegen den Terror reden. Das ist sicherlich ein wichtiger Baustein. Aber ich hatte in meinem Beitrag gesagt: Bislang war dieser Kampf gegen den Terror noch nicht hundertprozentig erfolgreich – wenn ich es einmal neutral sagen darf. Das heißt, von daher besteht weiter ein Risiko, und deshalb müssen wir uns auch mit aller Ernsthaftigkeit über die Risiken der Atomkraftwerke unterhalten.
Zum Zweiten: Stichwort Kölner Dom. Ein Flugzeugabsturz auf den Kölner Dom wäre natürlich ein unersetzlicher Verlust für den Denkmalschutz. Es würden auch viele Menschen betroffen werden. Das wäre fatal, und das muss man verhindern.
Unter diesem Aspekt können wir genauso gut über ein voll besetztes Fußballstadion und über viele andere Menschenansammlungen reden. Aber das mit einem Atomkraftwerk gleichzusetzen verkennt die Tatsachen. Wenn Sie einen erfolgreichen Angriff auf ein Atomkraftwerk durchführen, ist zu erwarten, dass in einem Umkreis von 25, 50 oder 100 – –
(Abg. Fleischer CDU: Es ging doch nur darum, Ih- ren Denkfehler aufzudecken, Herr Witzel! – Ge- genruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ihren Denkfehler!)
Ich wollte gerade das, was Sie einfach unter den Teppich gekehrt haben, aufdecken. Ich will nicht von Denkfehlern sprechen.
dass in großem Maß Radioaktivität freigesetzt wird. Wir haben nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl gesehen: Ganze Landstriche, Hunderte von Quadratkilometern werden nicht nur aktuell bedroht, die Menschen leiden nicht nur aktuell und werden verstrahlt, sondern es gehen auch noch Jahrzehnte ins Land, bis diese Radioaktivität wieder weg ist. Das heißt, riesige Gebiete werden auf lange Zeit unbewohnbar.
Wenn hier durch einen Terrorakt ein Atomkraftwerk in die Luft ginge, wären nicht nur Menschen betroffen, sondern könnten wir auch sagen: Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, ade! Das ist das große Risiko.
Bei aller Liebe zum Kölner Dom und bei allen Tränen, die man um ihn weinen könnte: Ein Flugzeugabsturz auf den Kölner Dom stünde in keinem Verhältnis zu dem, was passieren würde, wenn hier ein Kernkraftwerk in die Luft ginge.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Fleischer CDU: Bei dieser Formulierung ist die Liebe nicht allzu groß!)
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf unseren Vorschlag eingehen. Herr Scheuermann, Sie haben gesagt: „Das bringt nichts, weil Atomkraftwerke ja weiterhin da sind.“ Außerdem sagten Sie auf einmal: „Ja, dann wird ja die Laufzeit länger.“ Herr Scheuermann, Sie als Jurist sollten wissen: Nach dem Atomgesetz bzw. nach dem Atomkonsens geht es um Strommengen und nicht um Laufzeiten. Die Laufzeiten sind als Konsequenz aus dem Atomgesetz irgendwo errechnet worden. Aber im Atomgesetz stehen nur Strommengen. Die Strommengen wiederum wollen wir weder vermindern noch erhöhen. Vielmehr sagen wir: Pacta sunt servanda –