Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

Sie stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung an den Landwirtschaftsausschuss zu. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 5 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes – Drucksache 13/3860

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 13/4743

Berichterstatter: Abg. Schneider

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Junginger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wir halten es unverändert für richtig, die Möglichkeit zu schaffen, EU-Bürger, die in Deutschland leben und in der Lage sind, in Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen kommunale Mandate wahrzunehmen, auch in Regionalversammlungen zu entsenden. Das ist der Hintergrund unseres Gesetzentwurfs.

Gegen unseren Gesetzentwurf wurde im Wirtschaftsausschuss und im Innenausschuss vorgebracht, dass Regionalversammlungen staatliche Aufgaben im Bereich der Planung wahrnähmen und dass diese Aufgabe nicht Personen anvertraut werden könne, die keine Deutsche seien. Dazu ist vorgetragen worden, dies ergebe sich aus der Verfassung. Es sind allerdings Formulierungen gewählt worden, die erkennen lassen, dass bei gutem Willen auch eine andere Interpretation dieses Verfassungsauftrags möglich wäre.

Als Kronzeugen benennen wir Dr. Steinacher, den Regionaldirektor des Verbands Region Stuttgart, der nachvollziehbar erklärt, es handle sich um eine kommunale Aufgabe. Das merkt man ständig, besonders im Bereich der Planung. Denn die Gremien, die dort mit ihren Repräsentanten zusammenkommen, verstehen sich nun wirklich als kommunale Gremien.

Deswegen sind wir der Auffassung, auch wenn unser Gesetzentwurf zweimal abgelehnt worden ist: Wer in Sonntagsreden immer Bürgerbeteiligung und europäische Aspekte beschwört, sollte auch den Mut haben – ich weiß nicht, wovor man da Angst hat –, den EU-Bürgern, die bei uns in kommunalen Gremien tätig sind, die Möglichkeit zu geben, auf der nächsten Ebene, im Bereich der Regionalversammlung, mitzustimmen.

Wir stellen unseren Gesetzentwurf neuerlich zur Abstimmung und hoffen, dass die Argumente dafür allmählich auch angekommen sind und man sich weder auf die vermeintliche Verfassungswidrigkeit eines derartigen Gesetzentwurfs noch auf die Erklärung zurückzieht: „Unser politischer Wille ist, dass es so etwas nicht geben soll.“ So ist im Innenausschuss bei einem Abgeordneten der CDU, einem Landrat dieses Landes, erkennbar geworden, dass man einfach nicht will. Wenn man wollte, könnte man. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf in der Zweiten Beratung.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Mack.

(Zuruf von der SPD: Genauso kurz!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die von der SPD-Fraktion begehrte Gesetzesänderung wäre verfassungswidrig.

(Abg. Zeller SPD: Woher wissen Sie das? – Abg. Oelmayer GRÜNE: Wäre!)

Wir haben das kommunale Wahlrecht für Unionsbürger für Gemeinderäte und für Kreisräte. Hier geht es um das passive Wahlrecht in Regionalverbandsversammlungen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Die Regionalplanung ist eine staatliche Aufgabe, Frau Kollegin Haußmann. Sie wussten das bisher noch nicht, aber Sie nehmen das jetzt zur Kenntnis.

(Heiterkeit des Abg. Scheuermann CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wenn ich Sie nicht hätte! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Gut, dass Ihnen das jemand aufgeschrieben hat!)

Bei staatlichen Aufgaben ist dieses passive Wahlrecht nicht möglich.

(Abg. Fleischer CDU: So einfach ist das!)

Das ergibt sich aus Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes. Wenn man dem Gesetzentwurf der SPD folgen wollte, müsste man entweder das Grundgesetz ändern oder die Europäische Union zu einem Staat machen. Dann könnte Ihrem Anliegen entsprochen werden. Aber solange dies nicht kommt,

(Abg. Fleischer CDU: Sehr innovativ!)

so lange wäre die von Ihnen gewollte Gesetzesänderung verfassungswidrig. Deswegen können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Junginger SPD: Sie wollen nicht!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich schätze Herrn Dr. Steinacher sehr. Aber wenn das Justizministerium und das Innenministerium sagen, die begehrte Änderung sei verfassungsrechtlich nicht zulässig, hat das für mich noch etwas mehr Bedeutung als die Aussage des von mir sehr geschätzten Herrn Dr. Steinacher.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Ich möchte aber für diejenigen, die daran noch Zweifel haben – und Zweifel darf man auch bei Rechtsmeinungen oft haben –, sagen: Wir sind in einem Punkt völlig einig: dass wir, wenn sich der Gesetzentwurf auch auf den Verband Region Stuttgart auswirken soll, eine Grundgesetzänderung brauchen.

(Abg. Junginger SPD: Jawohl! Das ist ein anderes Thema!)

Wenn das Grundgesetz nicht entsprechend geändert wird und Sie ein solches Gesetz umsetzen, wie Sie es wollen, dann besteht in der Folge in allen Regionalverbänden das passive Wahlrecht, aber nicht im Verband Region Stuttgart,

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

für den es eine Direktwahl gibt. Selbst die Opposition kann ein derartiges Zweiklassenwahlrecht nicht wollen

(Abg. Junginger SPD: Ein Entsendungsrecht, Herr Kollege!)

und kann nicht 176 000 EU-Ausländer in der Region Stuttgart anders behandeln wollen als die EU-Ausländer in den übrigen Regionalkreisen. Das widerspricht auch jeder Vernunft. Insofern können Sie selbst auch nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Fleischer CDU: Glauben Sie, dass Herr Steinacher das bedacht hat?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oelmayer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Fraktion des Hauses verfolgt ein legitimes Anliegen. Es geht um die Partizipation von EU-Bürgerinnen und -Bürgern in unserem Land.

(Abg. Mack CDU: Bei der Regionalplanung!)

Herr Kollege Mack, ich weiß nicht, wo bei Ihnen Partizipation beginnt und wo sie aufhört.

(Abg. Fleischer CDU: Das verraten wir euch nicht!)

Bei uns ist Partizipation allgemein und umfassend. Deswegen sind wir mit dem Grundanliegen des Gesetzentwurfs einverstanden und sind auch der Meinung, dass in einem europäischen Zusammenhang die Partizipation nicht beschränkbar ist, sondern wir diese grundsätzlich ermöglichen müssen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Als Jurist ist mir natürlich sehr wohl bekannt, dass es immerhin eine Art Gutachten, wenn ich so sagen darf, gibt,

(Abg. Fleischer CDU: Jetzt wird das Eis dünn!)

das zwischen Innenministerium und Justizministerium – das heute nicht mehr hier vertreten ist – abgestimmt ist. So steht es jedenfalls hier. Das, was da ausgeführt wird, entspricht – das ist sicher von der Herleitung und von der Prüfung her zunächst nicht zu kritisieren – der Argumentation, die jetzt auch der Kollege Mack gebraucht hat. Er hat es nicht ausgeführt, aber er hat die Gesetzesänderung als „verfassungswidrig“ bezeichnet und kommt zu dem Ergebnis, dass das passive Wahlrecht für die Regionalversammlungen verfassungsrechtlich nicht zulässig sei.

Meine Damen und Herren, die Bedenken, die hier vorgetragen wurden, will ich nicht abweisen. Ich will die Bedenken durchaus insoweit berücksichtigen, dass ich sage, sie seien nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Auch das Gutachten – wenn man es als Gutachten bezeichnen darf – kommt zu dem Ergebnis, dass das verfassungsrechtlich nicht zulässig sei. Als Jurist aber weiß ich sehr wohl, dass zwischen der Frage der Verfassungswidrigkeit und einer