b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Finanzministeriums – Öffentlich-private Partnerschaften (PPP) in Baden-Württemberg – Drucksache 13/4600 (geänderte Fassung)
Es gelten die für Aktuelle Debatten üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Öffentlich-private Partnerschaften – ich kürze diesen Begriff mit PPP ab – wollen wir deshalb zum Thema machen, weil wir denken, dass PPP-Maßnahmen eine gute Möglichkeit darstellen, um insbesondere bei anstehenden kommunalen Investitionen Kosten zu sparen, Wachstum und Beschäftigung zu fördern – das war ja vorhin ein Thema – und um die Tätigkeiten des Staates, also auch die Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltungen, auf seine Kernaufgaben zurückzuführen.
Der Wirtschaftsminister macht sich, wie Sie wissen, seit einiger Zeit für dieses Thema stark. Man hat im Wirtschaftsministerium nach dem Berliner Beispiel eine so genannte – neudeutsch – Taskforce gegründet. Sie soll Informationen, Impulsveranstaltungen, Pilotprojekte geben. Man will die Rahmenbedingungen verbessern. Es gibt einen Beirat, der aus Vertretern der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Spitzenverbände der Wirtschaft besteht. Auch der Rechnungshof – Thema Kosten – ist richtigerweise dabei.
Der Ministerpräsident hat dieses Thema in seiner Regierungserklärung erfreulicherweise zur Chefsache erklärt. Er hat die Dinge gleich in der ersten Kabinettssitzung im Mai im Sinne einer Umsetzung auf den Weg gebracht. Im September dieses Jahres hat die Landesregierung einen Grundsatzbeschluss gefasst, im Zuwendungsrecht, im Gemeindewirtschaftsrecht die Rahmenbedingungen insgesamt zu verbessern. Man kann sagen: Von den Rahmenbedingungen her können diese neuen Instrumente nun beim Schulhausbau, für Ganztagsschulen – wir wissen ja, dass auf diesem Gebiet Investitionsbedarf besteht –, für Feuerwehrhäuser, Sanierungsmaßnahmen, Ausgleichstock, Krankenhausförderung und anderes mehr eingesetzt werden.
Das Wirtschaftsministerium ist beauftragt worden, eine Standardisierung vorzunehmen. Das ist wichtig, damit man das Rad nicht immer wieder aufs Neue erfinden muss. Man spart damit auch Bürokratiekosten und gibt vor allem dem Mittelstand eine Möglichkeit, in diese neuen Formen der Finanzierung mit einzusteigen.
Insbesondere geht es darum, faire Wirtschaftsvergleiche zwischen konventioneller Finanzierung über den Haushalt und der Finanzierung über diese neuen Formen von Public Private Partnership durchzuführen.
Vor allem soll hierbei die Eigenverantwortung der Kommunen gestärkt werden. In ähnliche Richtung geht auch das
Gesetz im Bundestag zur Beschleunigung solcher Vorhaben. Bei PPP-Gesellschaften sollen insbesondere die Grundsteuer und die Grunderwerbsteuer gleich behandelt werden. Das ist eigentlich sehr vernünftig.
Wir begrüßen das alles und wollen mit dieser Aktuellen Debatte das Thema einfach weiter voranbringen. Es geht vor allem um die so genannte zweite Generation der PPP-Maßnahmen. Das heißt, nicht nur Planung, Finanzierung, Bau, Unterhalt sollen an Private übergeben werden, sondern im Wege eines Lebenszyklus eben auch der Betrieb und gegebenenfalls die Verwertung öffentlicher Leistungen. Das ist neu. Alle Studien gehen davon aus, dass dadurch eine Kosteneinsparung erreicht werden kann, die zumindest zwischen 10 und 20 % liegt. Es gibt ja auch zwei Pilotprojekte im Land – in Friedrichshafen und in Leimen –, bei denen diese 20 % mit mittelständischer Beteiligung erreicht werden können.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: PPP – darauf muss man vorweg hinweisen, weil wir nachher ja auch zu einer Problematik der Aufsichtsbehörden kommen – ist kein Königsweg. Es ist nicht die Wunderwaffe gegen Geldmangel. Das muss man einfach deutlich sagen.
PPP kann die Kommunen auch nicht vor Steuereinbrüchen, vor einem Anstieg der Sozialausgaben, vor dem Haushaltsgebaren von Bund und Ländern schützen. Aber es kann ihnen eine zusätzliche Hilfestellung zur Lösung ihrer Probleme geben.
Natürlich wirken sich PPP-Finanzierungen langfristig ähnlich aus wie Schulden. Insofern handelt es sich durchaus auch um kreditähnliche Finanzierungen. Deshalb muss die Kommunalaufsicht natürlich schon sehen, dass man nicht alles machen kann, sondern dass das im Rahmen des Vertretbaren geprüft wird.
Was uns aber wichtig ist, und deshalb haben wir dieses Thema zum Gegenstand einer Aktuellen Debatte gemacht: Wir wollen, dass aus all der richtigen Risikobetrachtung heraus die Aufsichtsbehörden zusammen mit den Kommunen nicht blockierend tätig sind nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht“, – „dat freet he nich“, sagen die Norddeutschen –, sondern versuchen, im konkreten Einzelfall die Bereitschaft einer solchen Finanzierung zu erreichen.
In der zweiten Runde möchte ich deutlich machen, wie man da abwägen muss. Es gibt ein paar Fälle, in denen es Klagen gibt. In Freiburg liegt die Aufsichtsbehörde mit der Stadt im Clinch. Solche Dinge sollten geklärt werden können. Eines ist klar: Einfach das Lamento über die gegenwärtige Finanzlage anzustimmen, die Hände in den Schoß zu legen und zu sagen: „Ach Gott, ach Gott, wie ist die Welt schlecht“, hilft den Kommunen auch nicht weiter. Es muss etwas getan werden, und dafür setzen wir uns ein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Regierung Schröder hat die Rahmenbedingungen für den deutschen Kapitalmarkt und die Finanzinstitutionen nachhaltig gestärkt. Neben einer Reihe von Finanzmarktgesetzen und der integrierten Allfinanzaufsicht gehört als letzte Großtat auch das so genannte ÖPP-Beschleunigungsgesetz dazu, das nicht zuletzt auch dank der Beratertätigkeit unseres früheren Oberbürgermeisters Böhme zustande gekommen ist.
Ziel dieses Gesetzes ist es, die Partnerschaft von Privatinvestoren und öffentlichem Sektor bei Investitionsvorhaben und Sanierungsvorhaben auf kommunaler und staatlicher Ebene zu unterstützen und Hemmnisse abzubauen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind dank dieses Gesetzes jetzt so ausgestaltet, dass es keine Wettbewerbsnachteile mehr für PPP-Modelle im Vergleich zu konventionellen Finanzierungen gibt. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, denn allein an rechtlichen Hemmnissen soll ein solches PPP-Modell nicht scheitern.
Wir als SPD-Fraktion sind der Auffassung, dass diese gleichen Ausgangsbedingungen dazu genutzt werden müssen, im jeweiligen Einzelfall genau zu prüfen, was sich für die öffentliche Hand rechnet: das konventionelle, direkt über den Haushalt finanzierte Modell oder das Eingehen einer Partnerschaft mit einem privaten Investor. Dazu müssen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen angestellt werden, bei denen aber immer die Gesamtlaufzeit der Finanzierung beachtet werden muss und bei denen auch beachtet werden muss, dass das, was über die Jahre hinweg an einen privaten Investor geleistet werden muss, nichts anderes sind als verdeckte Schuldzinsen. Wir nehmen, ökonomisch gesprochen, bei solchen Investorenmodellen natürlich immer auch Schulden auf, die in der Zukunft abgezahlt werden müssen – zwar nicht direkt über Schuldtitel, aber über Mietzahlungen oder andere Entgelte.
Wir kennen im Haushalt des Landes für den staatlichen Hochbau schon Investorenmodelle. Insofern ist das alles nichts Neues und auch in der Landesverwaltung und im zuständigen Finanzministerium gängige Praxis.
Das so genannte Betreibermodell der zweiten Generation ist erst im Werden. Ich weise aber darauf hin, dass der Finanzminister in der Beantwortung unserer parlamentarischen Anfrage dargestellt hat, dass der Barwertvorteil sich immer nur in einem engen Bereich zwischen 0 % und 5 % bewegt hat. Kosteneinsparungen in der Größenordnung zwischen 10 und 20 % konnten bei diesen Maßnahmen nicht festgestellt werden. Und dann fährt das Finanzministerium vorsichtig fort:
Die Erfahrungen in anderen Ländern … bei Realisierung von Maßnahmen der zweiten Generation sollen gezeigt haben, dass Einsparungen in den genannten Größenordnungen erzielt werden können.
Deshalb macht sich der Finanzminister nicht die uneingeschränkte Unterstützung dieses Betreibermodells zu Eigen. Ich begrüße das. Wir müssen da sehr vorsichtig sein. Denn eines ist doch klar: Auch die privaten Investoren wollen Geld verdienen. Deshalb ist gerade auch bei Betreibermodellen ein sorgfältiges Abwägen von Für und Wider wichtig. Ich habe gehört, dass genau dies auch in Freiburg stattgefunden hat und dass sicher auch große Würfe in diesem Bereich nicht so schnell gelingen werden, sondern einer sorgfältigen Abwägung bedürfen.
Wir sind der Auffassung, dass – anders als von der FDP/ DVP beabsichtigt – diese Diskussion nicht dazu führen kann, hier für die Landespolitik ein Prä für private Betreibermodelle zu postulieren. Das ist kein Feld für ideologische Debatten. Mir ist auch völlig unverständlich, wie zum Beispiel diese Debatte über das Regierungsviertel dazu führen sollte, dass eine Komplettverlagerung von Ministerien
(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Christoph Palmer CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Beden- ken, Bedenken, Bedenken!)
Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Public Private Partnership ist zu einem populären Schlagwort geworden. Weil die immer enger gewordenen Finanzspielräume in den öffentlichen Haushalten – und zwar bei Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen – zu einem dramatischen Problem geworden sind, wird nach Antworten und neuen Wegen gesucht.
Das Land selbst – Sie wissen, dass ich im Finanzministerium in der Verantwortung war – hat in den letzten Jahren im staatlichen Hochbau so genannte PPP-Projekte der ersten Generation durchgeführt. Bei diesen Maßnahmen haben wir Bauleistung, Baumanagementleistung und Finanzierung durch den privaten Bieter aus einer Hand erbringen lassen. Das Land hat diese Leistung jetzt in 20 Jahresraten zurückzuzahlen.
Wir haben uns bemüht, die wirtschaftlichste Lösung zu suchen, indem wir mit so genannten ABC-Ausschreibungen für Einzelgewerke, Generalunternehmer und private Investoren Angebote angefordert haben. Da war es so, dass sich in der Regel in etwa der Hälfte der Fälle die Investorenangebote als wirtschaftlich günstiger dargestellt haben. Dabei hat sich allerdings herausgestellt, dass der Barwertvorteil nur in einer Spannbreite von bis zu 5 % lag.
Dennoch: Diese eigene Praxis hat uns veranlasst, dann als Land auch im Bundesrat Ja zu dem Gesetzentwurf des Bundes zu sagen.
Denn wir wissen sehr wohl: Die Schieflage der öffentlichen Haushalte verlangt eine ganze Reihe von Gegenmaßnahmen: Aufgabenabbau, Konzentration auf Kernaufgaben, Bündelung der Kräfte in einer schlagkräftigen Verwaltungsstruktur. Aber wir haben auch über Parteigrenzen hinweg erkannt, dass Zukunftsgestaltung in unserem Gemeinwesen in zunehmendem Maße von der Maxime ausgehen muss: So viel privat wie möglich, so wenig Staat wie nötig.
Aber im Umkehrschluss heißt das auch: Der Einsatz von PPP der ersten und dann erst recht der zweiten Generation bedarf der selbstkritischen Prüfung des Ob und Wie. Maß und Mitte dürfen nicht verlassen werden.
Insbesondere die langfristige Zukunftsfähigkeit des Gemeinwesens darf nicht infrage gestellt werden.
Deswegen bedarf es in jedem Einzelfall der notwendigen Prüfung: Erstens: Ist diese Maßnahme im Vergleich zur klassischen Haushaltsfinanzierung tatsächlich die wirtschaftlichere Lösung? Zweitens – aus meiner Sicht ist das genauso wichtig –: Kann sich das Land oder die Kommune überhaupt die Folgekosten leisten? Angesichts der jahrzehntelangen Zahlungsverpflichtung muss gefragt werden: Kann sie das der nachfolgenden Generation aufladen?