Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Eine weitere wichtige Entwicklung zeichnet sich in Berlin ab. Das ist das Thema Beihilfekosten. Wenn es stimmt, was man in den Zeitungen lesen kann, dann werden wir bei der Beihilfe eine Verpflichtung einführen, wonach zu normalen Sätzen abgerechnet wird. Das ist keine Einsparung zulasten der Beamten, sondern eine Einsparung zulasten der Ärzte. Auch dies wäre ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts.

Wir werden nicht mitmachen, was die CDU und der Finanzminister bei den Immobilien ankündigt haben, nämlich eine Ausgliederung von Immobilien im Wert von 300 Millionen € in eine Ausgliederungsgesellschaft, um dann möglichst schnell das Geld zu kassieren; dann werde man sehen, was mit diesen Immobilien geschieht. Das ist nichts anderes als eine verdeckte Kreditaufnahme, ohne dass man weiß, ob eine private Immobilienmanagementgesellschaft wirklich günstiger ist als das neu eingeführte Immobilienmanagement des Landes.

Wir werden bei den Haushaltsberatungen auch dafür plädieren, die Intransparenz, die in dem Nachtragshaushalt jetzt zutage getreten ist, zu beheben. Wir können leider die Umstrukturierung aufgrund der Verwaltungsreform überhaupt nicht nachvollziehen. Wir haben Alttitel und Neutitel, die überhaupt nicht vergleichbar sind. Ich fordere das Finanzministerium auf, bis zu den Ausschussberatungen die Vergleichbarkeit herzustellen, weil es uns sonst sehr schwer fallen wird, diesen Haushalt sachgerecht zu beraten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass der Landeshaushalt, so wie er uns von CDU und FDP/DVP jetzt hinterlassen wird, nur langfristig konsolidiert werden kann. Deshalb ist neben den Vorschlägen, die wir im Rahmen von Nachtragshaushaltsberatungen machen, uns besonders wichtig, dass wir mittelfristig einen Konsolidierungspfad einschlagen.

Dazu gehört, dass wir auf der Einnahmeseite die Steuerverwaltung weiter stärken. Ich habe das Thema Umsatzsteuerbetrug angesprochen. Nicht die Umschichtung von Personal in der Steuerverwaltung ist die Lösung, sondern ein Stopp des Stellenabbauprogramms in der Steuerverwaltung. Wir brauchen mehr Stellen in der Steuerverwaltung. Die Prüferinnen und Prüfer in der Steuerverwaltung bringen ein Vielfaches in den Landeshaushalt ein im Verhältnis zu dem, was sie kosten.

(Zuruf des Abg. Mack CDU)

Deshalb beantragen wir schon jetzt als ersten Schritt in diesem Nachtragshaushalt mehr Stellen für die Steuerverwaltung. Wir müssen weiterhin neben der Auflösung der Landesstiftung langfristig auch den Beteiligungsbesitz des Landes neu ordnen.

(Abg. Mack CDU: Noch mehr Bürokratie!)

Es gibt keinen Grund, dass das Land beispielsweise am Flughafen Stuttgart dauerhaft beteiligt ist.

Wir müssen aber auch auf der Ausgabenseite weitere Konsolidierungsschritte einleiten. Dazu gehört für uns, dass wir

den Agrarhaushalt der Entwicklung anpassen, die die Landwirtschaft insgesamt genommen hat. Wir haben seit 1991 einen Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe auf ein Drittel. Entsprechend müssen die Gelder im Agrarhaushalt über den Zeitraum der nächsten Jahre angepasst werden. Die überbordende Agrarbürokratie ist leider im Zuge der Verwaltungsreform nur eingeschränkt abgebaut worden.

(Zuruf des Abg. Mack CDU)

Wir wollen auch im Bereich der staatlichen Verwaltung und der Ministerien Personalabbau betreiben.

Insgesamt gehört zur Konsolidierung auf der Ausgabenseite auch, dass wir in der allgemeinen Landesverwaltung – das gilt wiederum insbesondere für die Regierungspräsidien und die Ministerien – über ein Zehnjahresprogramm weitere Stellen abbauen.

(Abg. Mack CDU: Dieser Vortrag ist unerträglich!)

Wir haben im Rahmen der ordentlichen Haushaltsberatung zum Doppelhaushalt 2005/2006 entsprechende Vorschläge gemacht. Wir sind auch der Auffassung, dass dieser Personalabbau verknüpft werden muss mit einer wirklichen Verwaltungsstrukturreform, bei der an der Spitze angefangen wird, nämlich bei der Frage der Zusammenlegung von Ministerien.

Wir brauchen auf der Ausgabenseite weitere Konsolidierungsschritte. Ich habe es angesprochen. Dies werden wir aber nicht alleine bewältigen können. Ich teile die Auffassung von Finanzminister Stratthaus, dass die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wichtig sein werden. Ohne Wachstum wird das Land nicht aus der Schuldenfalle herauskommen. Und die Föderalismusreform darf nicht mit dem zu Ende sein, was jetzt auf dem Tisch liegt. Wir brauchen eine eigene Steuerautonomie, damit wir im Landtag darüber entscheiden können, welche Gelder wir für Bildung, Kinderbetreuung und Forschung einsetzen,

(Beifall des Abg. Mack CDU – Abg. Mack CDU: Das stimmt!)

und gegebenenfalls die Bürger mit der Alternative konfrontieren, dass wir bestimmte Steuern erhöhen müssen, um mehr für diese wichtigen Zukunftsaufgaben zu tun.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Abg. Kiefl CDU: Ordnung muss sein, auch wenn es schwer fällt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal wurde heute ein ganz normaler Nachtrag zur Beratung eingebracht, wie er bei einem Doppelhaushalt zwangsläufig – trotz aller Zurückhaltung – schon deshalb zustande kommt, weil es gewisse neue Aufgaben gibt und Veränderungen in einzelnen Haushaltspositionen vorgenommen werden müssen. Es sind im Gesamtumfang lediglich 40 Millionen €, aber immerhin: zusätzliche Planungsmittel für Straßenbauvorhaben in Höhe von 12,5 Millionen €, die Aufstockung der Mittel für vor

und außerschulische Hausaufgabenbetreuung um 3 Millionen €, eine neue Unfall- und Haftpflichtversicherung – ganz wichtig für ehrenamtlich Tätige – mit 0,2 Millionen €, die durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche höhere Förderung der katholischen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen mit 2,4 Millionen €, die Aufstockung der Förderung der Kleinkindbetreuung um 2,6 Millionen €, die wichtige Aufgabe der Beschaffung von Impfstoffen für eine Influenza-Pandemie – immerhin 8,5 Millionen € –, die Aufstockung der Mittel für den Hochwasserschutz um 6 Millionen € und die ersten Komplementärmittel zu der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Exzellenzinitiative für die Universitäten in Höhe von 5 Millionen €.

Ich bin mir sicher, wir werden keinen Antrag der Opposition sehen, auf eines oder mehrere dieser Vorhaben zu verzichten, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Der zweite und wesentliche Grund für den Nachtrag ist, dass wir – der Steuerschätzung vom Mai folgend – für 2006 mit Steuermindereinnahmen von 420 Millionen € rechnen mussten. Auch das ist hier schon vom Finanzminister gesagt worden.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung der vergangenen Woche ändern daran nicht viel, sind aber dennoch bemerkenswert. Für 2005 kann das Land brutto mit Steuermehreinnahmen von 310 Millionen € gegenüber der Mai-Steuerschätzung rechnen. Netto allerdings, nach Berücksichtigung der Finanzausgleichssysteme und dabei insbesondere des Länderfinanzausgleichs, verbleiben davon lediglich 24 Millionen €. Das zeigt: Auch der neue Länderfinanzausgleich ist ungerecht, meine Damen und Herren. Er nivelliert über jedes vernünftige Maß hinaus und bestraft Leistung und Erfolg. Das kann auf Dauer nicht hingenommen werden. Wir müssen uns vorbehalten, im nächsten Jahr die verfassungsrechtliche Haltbarkeit dieses Regelwerks erneut zu prüfen und gegebenenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht eine Klärung herbeizuführen.

(Beifall der Abg. Hofer FDP/DVP und Herrmann CDU)

Nun, meine Damen und Herren, ein Wort zur Föderalismusreform. In der ersten Runde wurde ja die Neugestaltung der Finanzierung zwischen Bund und Ländern ausgeklammert. Die FDP wird ja, Herr Kollege Kretschmann – anders als die Grünen –, für die entsprechenden verfassungsmäßigen Änderungen im Bundesrat gebraucht.

(Heiterkeit des Abg. Mack CDU)

Wir haben uns als „Länder-FDP“ vorbehalten, dass diese Finanzierungsfrage in der zweiten Runde als Zustimmungsvorbehalt für die Föderalismusreform mit aufgenommen wird.

(Abg. Drexler SPD: Das ist katastrophal! Das kann dann möglicherweise kaputtgehen!)

Das ist erforderlich, Herr Kollege Drexler.

Meine Damen und Herren, für 2006 können wir nach der jüngsten Steuerschätzung netto – –

(Abg. Drexler SPD: Dann wird es möglicherweise nicht beschlossen wegen Ihres komischen Vorbe- halts aus Horb!)

Nicht aus Horb, sondern aus Baden-Württemberg. Mit den anderen Ländern wird durchgesetzt, was dringend erforderlich ist.

(Abg. Drexler SPD: Das wird es nicht! Sie setzen den ganzen Kompromiss aufs Spiel! – Gegenruf des Abg. Wieser CDU)

Der Kompromiss wird kommen, wenn SPD und CDU bereit sind, sehr geehrter Herr Kollege Drexler, die notwendigen Veränderungen der Finanzverfassung vorzunehmen. Eine Föderalismusreform ohne eine Veränderung der Finanzverfassung ist keine wirkliche Föderalismusreform.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich appelliere an Sie und an Ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde, hier mitzuziehen. Denn wenn Sie das zum Scheitern bringen, dann haben Sie das auch zu verantworten.

(Abg. Drexler SPD: Nein! Sie verantworten das! Sie brauchen sich hier nicht herauszureden! Sie machen die Föderalismusreform kaputt, schlicht- weg! Sie machen das kaputt! – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sind Sie nicht bereit, das zu ändern?)

Für 2006, meine Damen und Herren, können wir nach der jüngsten Steuerschätzung netto mit Mehreinnahmen in einer Größenordnung von 30 Millionen € rechnen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD – Glocke der Präsi- dentin)

Das Wort hat Herr Abg. Theurer, meine Damen und Herren.

(Abg. Drexler SPD: Das mag ja sein, aber er muss halt darauf eingehen! – Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Drexler stört!)

Ich bin darauf eingegangen. Das war ausreichend.

(Abg. Drexler SPD: Nein, Sie sind nicht darauf ein- gegangen! Unmöglich, was er da anzettelt!)

Wir werden diese Mehreinnahmen nicht mit den Mindereinnahmen aufgrund der jüngsten Mai-Steuerschätzung verrechnen und die Einsparnotwendigkeiten damit, wenn auch nur geringfügig, reduzieren, sondern werden bei den aufgrund der jüngsten Steuerschätzung gefassten Beschlüssen bleiben und die Mehreinnahmen des Jahres 2006 zur Reduzierung der Neuverschuldung einsetzen.

Das ist nur ein kleiner Posten. Dies räume ich hier freimütig ein. Aber er zeigt eben doch: Wir wollen runter von der Neuverschuldung, und wir wollen dies schneller und entschlossener, als es in der uns vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre nach 2006 vorgezeichnet ist.

(Abg. Schmid SPD: Die wird aber vom Kabinett verabschiedet! – Zuruf des Abg. Rückert CDU)