Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Zunächst einmal möchte ich nur feststellen: Der Bundesrat hat dem Verfahren mit der Stimme des Landes BadenWürttemberg zugestimmt und gemeint, das sei eine wichtige Sache. Außerdem hat man auch der weiteren Abwicklung zugestimmt, dass man nun einfach einmal Ideen sammelt – zusätzlich zu den Ideen, die schon vorgegeben worden sind –: Was kann man alles tun? Wie Sie wissen, sind 25 Fragen an die Mitgliedsstaaten gestellt worden. Wie kann man das am besten umsetzen?

Mir gefällt an sich, dass diese Fragen wirklich offene Fragen sind. Es handelt sich um Fragen mit Alternativcharakter. Es wird gefragt: Auf welcher Ebene kann man das am besten machen? Es wird selbst die Frage gestellt: Wollen wir das mehr durch Eigenverantwortung oder mehr durch Gesetz machen?

Im Übrigen freut mich sehr: Von der EU wird auch gefragt: Wie kann man da Bürokratie möglichst vermeiden? Man kann sagen: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Aber immerhin: Die Frage wird gestellt.

Ich finde es einen recht guten Ansatz, wenn das so fortgeführt wird.

(Beifall des Abg. Knapp SPD – Abg. Knapp SPD: Gut!)

Man hat dann einige Bedenken, die Sie auch der Unterlage entnehmen können, angefügt. Bei dem einen Bedenken handelt es sich um das, was Frau Brenner vorhin schon gesagt hat. So muss man schon darauf achten, dass man vor lauter Bäumen noch den Wald sieht. Das heißt, wir brauchen ein Gesamtkonzept, dass das einbindet, was nicht nur bei uns in der Bundesrepublik – andere Väter haben auch hübsche Töchter – eben schon gemacht worden ist. Das kommt etwas zu kurz. Das ist auch in der Beratungsunterlage deutlich gemacht worden.

Der Grundsatz der Subsidiarität wird zwar angefragt; er geht aber sehr stark in die Ebenen, und er ist gewissermaßen sehr wertneutral. Wir hätten schon gern, dass man dem

Grundsatz der Subsidiarität, nämlich etwas eigenverantwortlich zu machen, von vornherein einen etwas größeren Stellenwert einräumt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU)

Aber darüber soll man ja gerade auch diskutieren.

Der letzte Punkt: Insbesondere in Baden-Württemberg, dem Land des Automobilbaus, sagt man natürlich – das können Sie sich vorstellen –: Die etwas skeptische Einstellung gegenüber der Motorisierung haben wir selbst nicht so sehr. Wir wollen das auch skeptisch sehen, aber in Richtung der EU. Man kann eben einfach nicht so tun, als würde der eine Verkehrsträger keine Energie benötigen, während der andere sehr viel benötige. Der Satz, der darin steht, ist diskussionswürdig – ob er wirklich stimmt, weiß ich gar nicht –, wonach nämlich die Effizienzunterschiede innerhalb der konkurrierenden Verkehrsträger meist größer sind als zwischen den Verkehrsträgern. Das ist ein interessanter Ansatz. Den sollte man prüfen.

Ich bin einmal gespannt, wo die Grenze gezogen wird zwischen der individuellen Freiheit, die das Automobil – wer wollte das leugnen? – für viele Menschen gebracht hat und noch bringt, und zwischen dem, was man staatlich noch fahren darf: Was ist staatliche Notwendigkeit, und was ist Freiheit?

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ausblick ist der Punkt, dass wir am Anfang stehen. Es gibt noch viel zu diskutieren. Jetzt wird eine Konsultation durchgeführt, die schließlich ausgewertet wird. Dann gibt es einen weiteren Vorschlag, der wiederum der Kommission vorgelegt wird.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Dann kommt vielleicht einmal ein Vorschlag für eine Richtlinie. Dann werden wir wieder diskutieren. Welch Glück, dass wir dies zu später Abendstunde heute nicht mehr tun müssen!

Ich freue mich auf den Beitrag des Staatssekretärs, dem ich mich schon jetzt vollinhaltlich anschließe.

(Heiterkeit des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Ich danke.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

(Zu- und Gegenrufe)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Lieber Mario!)

Lieber Boris! „Energiesparen ist unsere beste Energiequelle.“

(Abg. Röhm CDU: Richtig!)

Das ist ein Spruch aus den Siebziger- und Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts, aber dieser Spruch hat nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt. Das Grünbuch der Kommission zeigt dies. Es beziffert das Potenzial der Energieeinsparung in Europa – also wohlgemerkt: der Energieeinsparung ohne Komfortverzicht – auf 20 %. Oder, um es wirtschaftlich zu sagen: Es geht um ein Einsparvolumen in Höhe von 60 Milliarden €. Oder anders ausgedrückt: Der Verbrauch von Deutschland und Finnland zusammen könnte EU-weit weggespart werden, wenn man das Ziel, das die EU setzt, nämlich 20 % Einsparung, umsetzte.

(Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

Wenn wir im Vergleich damit berücksichtigen, dass wir uns bei den erneuerbaren Energien, Herr Zimmermann, gerade bemühen, deren Primärenergieanteil bis 2010 von 2,5 auf 5 % zu bringen, und wissen, wie schwierig das ist, dann müssen wir sehen, dass im Bereich der Energieeffizienz wesentlich größere Potenziale liegen. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns darum kümmern, und deswegen begrüßen wir Grünen es auch, dass die EU diesen Prozess angestoßen hat und vielfältige Vorschläge zur Diskussion stellt.

Lassen Sie mich zwei Punkte ansprechen, zum einen den Bereich der Gebäude. Wir brauchen etwa ein Drittel unserer Energie, um Gebäude zu heizen. Für die so genannte weiße Ware, sprich Kühlschränke und Waschmaschinen, gibt es das Energieeffizienzlabel. Wir wissen, dass diese Auszeichnung der Geräte dazu führt, dass energiesparsamere Geräte gewählt und gekauft werden. Das wird derzeit auf Gebäude übertragen. Die EU hat deshalb die EU-Gebäuderichtlinie erlassen, die nächstes Jahr umgesetzt werden muss. Das ist hoffentlich ein Anreiz, dass auch im Bereich der Gebäude der Energieeffizienzgedanke verstärkt zum Tragen kommt, und das wird hoffentlich dazu führen, dass verstärkt in energiesparende Gebäude investiert wird. Das Grünbuch beziffert, dass auf diese Weise europaweit 250 000 Arbeitsplätze – Vollarbeitsplätze, wohlgemerkt – in diesem Bereich geschaffen werden können.

Meine Damen und Herren, das ist ein Musterbeispiel für ökologisches Wirtschaften. Es werden Arbeitsplätze geschaffen, es wird etwas für die Umwelt getan, und das Ganze wird aus eingesparten Ölkosten finanziert. So etwas würden wir gerne weiter voranbringen, und darum unterstützen wir das, was die EU hier macht.

(Beifall des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Lassen Sie mich den zweiten Bereich ansprechen: Das ist der Individualverkehr. Wir wissen, dass unsere Kraftfahrzeuge einen großen Beitrag zum Energieverbrauch leisten. Wir wissen natürlich auch, dass die Autoindustrie effizientere Fahrzeuge auf den Markt bringt. Aber leider ist es so, dass die zunehmende Effizienz durch die rapide zunehmende Zahl der Fahrzeuge und die zunehmende Zahl der gefahrenen Kilometer aufgefressen wird, sodass unter dem Strich von dieser Energieeffizienz nichts übrig bleibt.

Es ist wichtig, weiterzudenken. Es gibt in diesem Bereich noch weitere Effizienzpotenziale. Ein Vorschlag des Grünbuchs ist es, eine Begrenzung des Flottenverbrauchs einzuführen. Ziel der EU ist es, dass eine Fahrzeugflotte nur 120 Gramm CO2 pro 100 Kilometer ausstößt. Das wäre auch ein wichtiges Ziel für den Klimaschutz, und ich meine, dieses

anspruchsvolle Ziel sollte auch im Autoland Baden-Württemberg Leitlinie sein.

Die Landesregierung dagegen hat über den Bundesrat eher ablehnende Töne eingebracht. Sie postuliert, hier gebe es eine skeptische Haltung gegenüber der Mobilität, wehrt sich etwas dagegen und sagt: Wir müssen erst einmal ausführlich darüber diskutieren, ob wir so etwas machen können. Meine Damen und Herren, man darf dieses Problem nicht auf die lange Bank schieben. Hier muss zügig gehandelt werden, gerade wenn wir in Baden-Württemberg mit unserer Autoindustrie wettbewerbs- und konkurrenzfähig bleiben wollen.

(Beifall des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Lassen Sie mich ein Fazit ziehen. Wir Grünen begrüßen das Grünbuch der EU-Kommission zur Energieeffizienz. Wir werden uns gern an dieser Debatte beteiligen, und wir hoffen, dass diese Debatte bald dazu führt, dass ein Weißbuch vorgelegt wird, das letztendlich in einen konkreten Aktionsplan mündet, damit die großen Energieeinsparungspotenziale, die es europaweit gibt, auch wirklich gehoben werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Sehr gut! )

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Mehrländer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die EU-Kommission verfolgt mit diesem Grünbuch das Ziel, dass in einer breit angelegten systematischen Diskussion in den EU-Mitgliedsstaaten der Erhöhung der Energieeffizienz ein wesentlich höherer Stellenwert beigemessen wird, als das bisher der Fall war.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist auch nötig!)

Dabei geht es ihr darum, geeignete Fördermaßnahmen und Instrumente zu entwickeln, die die Energieeffizienz in einem positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis stärken. Das ist nicht unwichtig.

Es geht der EU-Kommission – das wollte ich hier kurz erwähnen – mit dieser Initiative aber um noch mehr. Es geht ihr darum, auch die Abhängigkeit der EU von Energieleistungen aus Drittländern zu vermindern. Es geht ihr darum, die so genannte Lissabon-Strategie zu unterstützen, mit der mehr wirtschaftliches Wachstum für die europäische Wirtschaft generiert werden soll, und es geht ihr darum, den Klimaschutz zu stärken.

Die Landesregierung begrüßt diese Initiative, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der eben von mir genannten drei Punkte, aber auch vor dem Hintergrund, dass wir vielleicht nicht immer nur über Energieerzeugung diskutieren und streiten sollten, sondern verstärkt die Chance einer effizienteren Energieverwendung nutzen sollten.

(Abg. Birzele SPD: Sehr richtig! – Abg. Knapp SPD: Ja, ja! Dazu gehören auch ältere Kraftwerke!)

(Staatssekretär Dr. Mehrländer)

Zum Beispiel sage ich nur: Zwei Kernkraftwerke mit je 1 300 Megawatt Leistung im Jahr sind allein nötig, um die Stand-by-Verluste auszugleichen.

(Abg. Knapp SPD: Aus ist aus!)

Das muss man im Kopf haben, auch bei dieser Debatte.