Protokoll der Sitzung vom 01.12.2005

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wo gibt es denn so was? Das war vielleicht zu Ihrer Zeit so! – Weitere Zurufe von der SPD)

jetzt gibt es ja Langzeitstudiengebühren – und im Grunde genommen die Allgemeinheit über Gebühr belasten. Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, kostet ein Studium durchschnittlich 8 500 € pro Semester. Diese Kosten werden von der Fleischfachverkäuferin, die morgens um 6 Uhr aufsteht und ihre Würstchen verkaufen muss, finanziert.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Da muss ich schon sagen: Die Kosten auf die armen Gruppen unserer Gesellschaft einfach abzuwälzen ist nicht zu rechtfertigen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle – mit Genehmigung des Präsidenten – drei Sätze aus einem 1996 erschienenen Büchlein zitieren.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Lieber nicht! Lieber nicht!)

Darin geht es um die Qualitätssicherung der Universitäten insgesamt in Deutschland. Da wird geschrieben:

Es bleibt nur ein einziger Weg, der gangbar ist: eine Mitfinanzierung des Hochschulsystems durch die, die durch seine Leistungen begünstigt werden, die Studierenden.

Hiergegen werde eine Wand von Argumenten aufgebaut, die mit einem großen sozialen Pathos vorgebracht würden, einer ernsthaften Nachprüfung jedoch nicht standhielten.

Nun die weiteren Zitate:

Besonders wenig durchdacht ist die Argumentationsfigur der Solidarität. Akademiker erzielen weit größere Lebenseinkommen als Nichtakademiker.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Das derzeitige System bewirkt eine Einkommensübertragung von einkommensschwachen auf einkommensstärkere Schichten.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das hat auch Ute Vogt erkannt!)

Der Autor dieses Büchleins ist ein von uns allen sehr anerkannter, leider verstorbener Kollege, nämlich Peter Glotz.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Er ist bei weitem nicht der einzige Sozialdemokrat, meine Damen und Herren, der nach unvoreingenommener Betrachtung die Forderung nach Studiengebühren erhoben hat. Wir wissen alle, dass die SPD-Parteivorsitzende in BadenWürttemberg noch vor zwei Jahren zu Studiengebühren ganz anderer Meinung war

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Die FDP hat auch schon anderes gesagt!)

und auch der Kollege Drexler sich dazu doch sehr differenziert geäußert hat.

(Abg. Alfred Haas CDU: Deswegen ist er auch nicht mehr da!)

Meine Damen und Herren, die Einführung von Studiengebühren wird positive Effekte haben, wie zum Beispiel ein gesteigertes Interesse

(Lachen der Abg. Ursula Haußmann SPD)

der jungen Leute an einer guten Lehre. Dann haben sie auch das Recht – – Es wurde ja bei der Anhörung von den Studenten zum Teil gefragt, ob sie, wenn sie schon bezahlen müssten, sich auch einen ordentlichen Unterricht einklagen könnten.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Wir hoffen, dass tatsächlich Impulse in diese Richtung kommen und sich die Professoren auch bewusst sind, dass sie von ihren jungen Studenten und Studentinnen bezahlt werden.

(Beifall der Abg. Hofer FDP/DVP und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Und die werden von der Wurstverkäuferin bezahlt, ja?)

Die Einführung der Studiengebühren ist selbstverständlich daran gebunden, dass das Geld direkt den Hochschulen zugute kommt. Ich bin der Auffassung, dass wir uns darauf auch verlassen können.

Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Jahren eine Rahmenzielvereinbarung im Lande praktiziert, um die uns viele andere Länder beneidet haben.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Was?)

Sie bedeutete zum Teil eine schwierige Situation für die Hochschulen. Aber es war ein positiver Solidarpakt. Dieser Solidarpakt und diese Verlässlichkeit werden hier im Land selbstverständlich weiterbetrieben.

Übrigens gibt es im Schwäbischen ein nettes Sprichwort, das lautet: Was nix kost’, isch au nix wert.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf der Abg. Carla Bre- genzer SPD – Abg. Rust SPD: Ist die Schule nichts wert, Frau Kollegin? – Abg. Carla Bregenzer SPD: Dann brauchen wir dringend Schulgeld!)

Ich bin der Meinung, die Wertigkeit wird sich mit Sicherheit erhöhen.

Meine Damen und Herren, die Gebühreneinnahmen stehen den Hochschulen als zusätzliche Mittel zu Verfügung, und zwar zweckgebunden für die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen. Sie haben es bereits erwähnt: Wir haben uns bewegt. Es soll nicht nur Mittel für die sächliche Ausstattung, für Tutorien und Bibliotheken, geben. Vielmehr werden wir dadurch in Zukunft auch mehr Personal bekommen – ohne eine entsprechende Kapazitätserhöhung.

Ich bin der Auffassung, dass die Studierenden hier im Land keineswegs rhetorisch und von der Aktivität her eingeschränkt, sondern sehr aktive junge Leute sind. Sie werden sich sicherlich dafür einsetzen, dass die Studiengebühren ihren Vorstellungen entsprechend verwandt werden.

Meine Damen und Herren, wir dürfen keinen sozialen Numerus clausus bekommen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist keine Frage!)

Das steht fest. Das ist auch wirklich die Zielsetzung der FDP/DVP-Landtagsfraktion.

(Lebhafte Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Haußmann: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Deshalb brauchen wir auch nachlaufende Studiengebühren. Wenn bei nachlaufenden Studiengebühren, die ab 1 080 € entsprechend den Modalitäten mit monatlich 50 € zurückgezahlt werden, von einem sozialen Numerus clausus gesprochen wird, ist das, denke ich, weit überzogen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, darüber hinaus wissen Sie, dass die Zahlungspflicht bei gleichzeitigem Bezug von BAföGLeistungen bei einer Schwelle von insgesamt 15 000 € gekappt wird. Also mehr als 15 000 € insgesamt dürfen die Studiengebühren sowieso nicht betragen.

Ich muss im Übrigen auch einmal sagen: Ich habe noch keinen jungen Menschen erlebt, der, obwohl die Führerscheinprüfung inzwischen außerordentlich teuer ist, seinen Führerschein nicht gemacht hat.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Aber unter welchen Anstrengungen!)

Wir haben heute das Problem, dass hier ein Popanz aufgebaut wird und dass wir tatsächlich – –

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist schrecklich von der Lebenswirklichkeit entfernt!)

Liebe Frau Bregenzer, Sie dürfen versichert sein, dass ich der Lebenswirklichkeit sehr nahe bin.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Mehr als manche ande- re!)

Nachdem ich Enkelkinder und genügend Bekannte habe, die mit diesem Problem konfrontiert sind, kann ich das wirklich deutlich sagen.

In keinem Land dieser Welt haben Studiengebühren mittelfristig zu irgendwelchen Rückgängen der Studierendenzahlen geführt. Wir sind ganz sicher, dass das auch bei uns nicht der Fall sein wird.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass Studentinnen und Studenten, die Kinder bis zu acht Jahren erziehen und betreuen, von der Studiengebühr befreit sind. Darüber hinaus wird es höhere Gebührenstipendien für junge Leute geben, die an der Universität aktiv sind und die sich im Grunde genommen durch besondere Begabungen hervorgetan haben. Also hier gibt es Chancen. Durch die Erweiterung der Zahl der Tutorenstellen, die es in Zukunft geben wird, können sich junge Leute besser einbringen.