Protokoll der Sitzung vom 01.12.2005

Neben dieser Unsicherheit tragen die Hochschulen dann auch noch das volle Risiko: das volle Risiko beim Verwaltungsaufwand, das volle Risiko des Ausfalls und das Risiko der jetzt erfolgten Öffnung der Kapazitätsverordnung. Ich verstehe die Hochschulen gut. Nach der Enttäuschung über das erste Schreiben aus dem Ministerium im Sommer, wonach sie mit den Mitteln kein wissenschaftliches Personal einstellen können, hat das Ministerium jetzt eine kleine Kehrtwendung vollzogen und sagt nun: Okay, man kann auch wissenschaftliche Stellen einrichten, ohne dass sie als kapazitätserweiternd gelten. Sie führen also nicht zu einer Zulassungszunahme. Aber jetzt sollen die Hochschulen mit dem Geld, das sie bekommen, den Bibliotheken ermöglichen, Bücher zu kaufen und Öffnungszeiten zu verlängern, jetzt sollen sie Tutoren einstellen, wissenschaftliche Hilfskräfte einstellen, die Studienberatung verbessern und auch noch Professorinnen und Professoren einstellen. Ja bitte, was denn noch alles? So viel Hoffnung mit dem bisschen Geld! Was ist denn davon real?

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sie wollen also doch mehr! Das „bisschen Geld“! Einmal ist es zu viel, einmal zu wenig!)

Real ist eines, und das ist sicher: Das ist ein tolles Programm zur Beschäftigung von Rechtsanwälten bei der Einklagung von Studienplätzen. Davon haben wir ja schon einige in Baden-Württemberg. Die freuen sich über diesen Gesetzentwurf am meisten.

(Beifall bei der SPD)

Ebenso naiv ist der Glaube, der Staatszuschuss ginge nicht zurück. Ich will ja gar nicht darüber reden, was Sie den Hochschulen in den letzten beiden Jahren schon weggenommen haben; das war schon mehr als das, was Sie ihnen jetzt aufgrund der Studiengebühr wieder zurückgeben.

(Abg. Alfred Haas CDU: Deswegen sind wir im bundesweiten Ranking so weit „hinten“?)

Allein die Aussage, die Sie heute hier getroffen haben, der Staatszuschuss bleibe gleich, heißt bei um 40 % steigenden Studierendenzahlen – was die Kultusministerkonferenz ja

offiziell festgestellt hat – und gleich bleibendem Staatshaushalt, dass die Hochschulen einen dramatischen Rückgang des staatlichen Zuschusses erleben. Also, was jetzt?

(Abg. Alfred Haas CDU: Zum Glück sind Sie nicht in der Regierung!)

Kein Wort dazu, dass Sie dafür ein zusätzliches Programm brauchen.

Die einzigen wirklichen Gewinner dieses Gesetzes sind die L-Bank und das Land. Es ist überhaupt nicht verständlich, warum die L-Bank Studiendarlehen bei gleicher Bonität zu schlechteren Konditionen anbietet als die KfW. Eine gesetzlich gesicherte Kundenbeschaffung kann doch wohl nicht die Aufgabe des Landes Baden-Württemberg sein.

(Beifall bei der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Keiner muss zur L-Bank!)

Weil Sie wissen, dass die Ziele Ihres Gesetzes verfehlt sind, versuchen Sie wider besseres Wissen, das Gesetz durch das Parlament zu peitschen, und lassen die Anhörungen zu einer Farce verkommen. Auch wenn sich die Hochschulen aus verständlichen Gründen über mehr Geld freuen, ist das für die Studierenden, für Studierwillige und Eltern heute ein schwarzer Tag.

Ich fordere Sie auf: Ziehen Sie das Damoklesschwert zurück! Bildung ist ein gesellschaftliches Gut und muss auch in Zukunft von der Gesellschaft bezahlt werden.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Sie schicken wir nach Berlin! – Abg. Drexler SPD: Sehr gut!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wahrscheinlich klatschen die Kollegen – –

(Abg. Kiefl CDU: Das war Ihr Beifall, Frau Vize- präsidentin! – Abg. Capezzuto SPD: Frau Fauser, wollen Sie mitklatschen?)

Frau Kollegin Fauser, ich möchte Ihnen zunächst das Wort erteilen. Sie haben das Wort.

Ich danke Ihnen. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, warum die Kollegen so stark klatschen. Es war ja wirklich eine Rede mit Verve – wohl nicht immer ganz stichhaltig, liebe Frau Kollegin Bregenzer.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Als ob Sie stichhaltig wären! Jetzt kommt die Stichhaltige! – Weitere Zurufe von der SPD)

Aber man muss sagen: Vielleicht wollen Sie alle auch zum Mittagessen. Das könnte ja auch sein.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte um mehr Ruhe.

Ich kann mich nur wundern. Zunächst einmal möchte ich Ihnen allen sagen: Niemand führt gerne für irgendetwas höhere Steuern oder Gebühren ein. Wenn ich höre, wie geplagt die Menschen hier im Land sind, dann muss ich natürlich fragen, wie man dann die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte erhöhen, die Eigenheimzulage abschaffen, höhere Rentenbeiträge einführen und die Pendlerpauschale ebenfalls streichen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Menschen hier im Land werden erheblich belastet.

(Abg. Wichmann SPD: Dann kommt es auf die Stu- diengebühren auch nicht mehr an!)

Es ist bedauerlich, dass wir gerade im Moment die Menschen noch weiter belasten müssen.

Meine Damen und Herren, wir in der FDP/DVP sprechen seit 20 Jahren über nachlaufende Studiengebühren, und wir haben hier im Haus auch schon einige Male über Studiengebühren gesprochen. Ich möchte noch einmal festhalten, dass es ja nicht so ist, dass wir, wenn wir jetzt genügend Mittel über die 1,9 Milliarden € hinaus hätten, dann Gebühren einführen würden. Aber ich möchte Ihnen die wesentlichen Punkte doch noch einmal deutlich machen,

(Zurufe von der SPD: Oh ja!)

damit klar wird, aus welchen Gründen die Hochschulgebühren unumgänglich sind.

Baden-Württemberg ist ein Land mit sehr vielen ausgezeichneten Hochschulen. Wir belegen in internationalen Rankings hervorragende Plätze. Ich bin mir nicht immer so sicher, ob die Hochschulen in den USA flächendeckend tatsächlich ein hohes Niveau erreichen, von einigen Universitäten abgesehen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was sagt uns das?)

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass unsere jungen Studenten und Studentinnen auch in Zukunft – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Entschuldigen Sie, Frau Fauser. Einen Moment bitte!

Meine Damen und Herren, seien Sie doch etwas ruhiger. Sonst kann Frau Fauser nicht verstanden werden. Auch wenn Sie anderer Auffassung sind, so muss Frau Fauser doch die Gelegenheit haben, zu Wort zu kommen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Boris Pal- mer GRÜNE – Abg. Dr. Döring FDP/DVP: Sehr gut, Herr Präsident!)

Wer Qualität und Leistung an unseren Hochschulen sichern und weiter verbessern möchte – das ist unser Wunsch und Wille –, der muss neue Finanzierungsquellen erschließen.

(Abg. Dr. Döring FDP/DVP: Jawohl!)

Eine solche Finanzierungsquelle sind die Studiengebühren.

Frau Bregenzer, man muss doch ganz klar sagen: Herr Minister Frankenberg spricht von 200 Millionen € minus 10 % Gebühren; das ergibt die 180 Millionen €, die er immer wieder anführt.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Sie, meine Damen und Herren, müssen schon ganz klar sagen, woher Sie sonst die 180 Millionen € bekommen wollen, zumal wir ja in Zukunft eine bestmögliche Ausbildung und eine noch höhere Zahl an Studenten hier im Land anstreben.

Von einem Studium, meine Damen und Herren, hat man selbstverständlich – das ist überhaupt nicht von der Hand zu weisen – einen individuellen Nutzen.

(Abg. Drexler und Abg. Capezzuto SPD: Nein! – Abg. Dr. Döring FDP/DVP: Aber nicht bei allen! – Abg. Wichmann SPD: Das schlägt nicht bei jedem durch! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist nicht bei jedem spürbar!)

Viele, die studiert haben, haben dadurch verbesserte Möglichkeiten, Karriere zu machen, ein höheres Einkommen zu erzielen. Sie haben bessere berufliche Perspektiven – das ist überhaupt keine Frage –, und die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes ist auch größer.

Es ist gerechtfertigt, meine Damen und Herren, diejenigen, die von einem Studium profitieren, auch an den Kosten etwas partizipieren zu lassen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es wurde vorhin schon ausgeführt: Es kann nicht sein, dass ein Meister, der 5 000 € für seine Ausbildung bezahlt und am Wochenende arbeitet, diese Gebühren selbstverständlich zu berappen hat – in anderen Ausbildungsbereichen ist es genauso –, während Studenten 20 Semester an der Universität sitzen

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wo gibt es denn so was? Das war vielleicht zu Ihrer Zeit so! – Weitere Zurufe von der SPD)